Begriffsdefinition: Falsche Anschuldigung
Die falsche Anschuldigung beschreibt im rechtlichen Kontext die unzutreffende Behauptung, eine Person habe eine Straftat oder ein anderes gesellschaftlich normwidriges Verhalten begangen. Ziel einer solchen Anschuldigung kann es sein, das Verfahren einer Behörde beziehungsweise eines Gerichts gegen die zu Unrecht beschuldigte Person in Gang zu setzen. Die falsche Anschuldigung kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen und entfaltet erhebliche rechtliche Konsequenzen für den Beschuldiger wie auch den zu Unrecht Angezeigen.
Rechtsgrundlagen der Falschen Anschuldigung
Strafrechtliche Einordnung
Im deutschen Strafrecht wird die falsche Anschuldigung unter anderem durch folgende Tatbestände geregelt:
- § 164 Strafgesetzbuch (StGB) – Falsche Verdächtigung: Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht verdächtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
- § 187 StGB – Verleumdung: Wer wider besseren Wissens eine unwahre Tatsache über eine andere Person behauptet oder verbreitet, welche geeignet ist, diese verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.
- § 145d StGB – Vortäuschen einer Straftat: Wer eine Straftat vortäuscht oder vorgetäuscht anzeigt, macht sich ebenfalls strafbar.
Tatbestand und Voraussetzungen
Objektiver Tatbestand
Der objektive Tatbestand verlangt die Bezichtigung einer bestimmten oder bestimmbaren Person durch den Beschuldiger. Die zur Anzeige gebrachte oder behauptete Straftat muss tatsächlich unwahr sein. Es kann sich hierbei um eine fiktive Tat oder um die falsche Behauptung der Tätereigenschaft handeln. Die Anschuldigung muss bei einer dienstlich zuständigen Stelle eingereicht werden.
Subjektiver Tatbestand
Voraussetzung ist, dass die Anschuldigende Person wider besseres Wissen handelt – also bewusst und absichtlich eine falsche Tatsachenbehauptung abgibt. Fahrlässige Falschanzeigen sind in der Regel nicht strafbar, können aber zivilrechtliche Folgen nach sich ziehen.
Abgrenzung zu ähnlichen Tatbeständen
Unterschied zur üblen Nachrede und Verleumdung
Während bei der üblen Nachrede (§ 186 StGB) auch wahre, nicht nachweislich unwahre Behauptungen erfasst sind, ist bei der Verleumdung (§ 187 StGB) und der falschen Verdächtigung (§ 164 StGB) entscheidend, dass wissentlich die Unwahrheit behauptet wird. Die falsche Anschuldigung betrifft typischerweise Aussagen gegenüber Behörden zur Einleitung eines Verfahrens.
Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB)
Hierbei wird eine Straftat insgesamt erfunden, auch wenn keine konkrete Person beschuldigt wird. Die falsche Anschuldigung hingegen bezieht sich auf eine tatsächlich existierende, benannte oder bestimmbare Person.
Verfahren und Folgen einer falschen Anschuldigung
Strafrechtliche Konsequenzen
Die falsche Anschuldigung ist mit hohen Strafen bedroht. Neben Freiheits- oder Geldstrafen können weitere Nebenfolgen, etwa Schadensersatz- oder Unterlassungsansprüche des zu Unrecht Beschuldigten, entstehen. In besonders schweren Fällen, etwa bei einem erheblichen Eingriff in die Persönlichkeit des zu Unrecht Beschuldigten, kann auch eine zivilrechtliche Klage auf Schmerzensgeld Erfolg haben.
Folgen für die Betroffene Person
Personen, die zu Unrecht beschuldigt werden, können erheblichen immateriellen und materiellen Schaden erleiden – von Reputationsverlust bis hin zu negativen Auswirkungen im Berufs- und Privatleben. Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren können dabei langfristige Auswirkungen haben, selbst bei später erfolgter Rehabilitation.
Verteidigungsmöglichkeiten bei falscher Anschuldigung
Verfahren zur Rehabilitation
Beschuldigte können sich mit Gegenanzeigen, insbesondere wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB), zur Wehr setzen. In strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist es wesentlich, die Unwahrheit der erhobenen Behauptungen nachzuweisen und die eigenen Interessen wirkungsvoll zu schützen.
Beweislast und Beweiserhebung
Bei Falschanzeigen gilt grundsätzlich der Grundsatz „in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten. Die Belastung für den Beschuldigten kann dennoch erheblich sein, da Ermittlungs- und Gerichtsverfahren regelmäßig in die Privatsphäre und die Berufsbiografie eingreifen.
Internationale Perspektiven
Auch in anderen Rechtsordnungen ist die falsche Anschuldigung als strafbares Verhalten anerkannt. Die konkrete Ausgestaltung der Strafbarkeit und die Tatbestandsmerkmale variieren jedoch im Detail; in vielen Ländern wird zwischen bewusster Falschanschuldigung und fahrlässigen oder leichtfertigen Falschaussagen unterschieden.
Prävention und gesellschaftliche Bedeutung
Falsche Anschuldigungen stellen nicht nur ein erhebliches Problem im Hinblick auf den individuellen Rechtsschutz dar, sondern gefährden auch das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit sowie die Funktionsfähigkeit der Strafverfolgungsbehörden. Eine konsequente Verfolgung solcher Delikte dient daher dem Schutz der Betroffenen, der Integrität des Rechtswesens und der Wahrung der öffentlichen Ordnung.
Siehe auch:
- Strafprozessrecht
- Verleumdung
- Üble Nachrede
- Falschaussage
- Schutz der Persönlichkeitsrechte
Häufig gestellte Fragen
Was kann ich tun, wenn ich zu Unrecht einer Straftat beschuldigt werde?
Wenn Sie zu Unrecht einer Straftat beschuldigt werden, ist es ratsam, zunächst keine Angaben zur Sache zu machen und von Ihrem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Kontaktieren Sie umgehend einen Strafverteidiger, der Akteneinsicht beantragen und zusammen mit Ihnen die Vorwürfe prüfen kann. Sie sollten jegliche Kommunikation mit Ermittlungsbehörden oder der beschuldigenden Person vermeiden, solange Ihr Verteidiger nicht informiert und anwesend ist. Es ist zudem wichtig, entlastende Beweise (z.B. Zeugen, Dokumente, Aufzeichnungen) zu sammeln und Ihrem Anwalt zur Verfügung zu stellen. In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, Strafanzeige wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB) oder übler Nachrede (§ 186 StGB) gegen den Anzeigenden zu erstatten. Darüber hinaus stehen Ihnen rechtliche Möglichkeiten zum Schutz Ihrer Persönlichkeitsrechte, z.B. Unterlassungsansprüche oder Gegendarstellungen, offen.
Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen einer Person, die falsch beschuldigt?
Wer eine andere Person bewusst und absichtlich zu Unrecht einer Straftat bezichtigt, macht sich nach § 164 StGB strafbar (falsche Verdächtigung). Das Gesetz sieht hierfür eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Schwere Fälle können zu einer höheren Freiheitsstrafe führen, insbesondere wenn durch die falsche Verdächtigung ein Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren ausgelöst wurde. Auch der Versuch, eine falsche Verdächtigung zu begehen, ist strafbar. Zusätzlich können zivilrechtliche Schadensersatzansprüche, etwa wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts oder übler Nachrede (§ 186 StGB), auf den Beschuldigenden zukommen.
Wie läuft ein Strafverfahren bei einer falschen Anschuldigung ab?
Ein Strafverfahren beginnt meist durch eine Anzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft. Im Fall einer falschen Anschuldigung wird zunächst gegen den vermeintlichen Täter ermittelt. Dieser kann sich mit Hilfe eines Anwalts verteidigen. Werden im Verlauf der Ermittlungen entlastende Beweise gefunden, wird das Verfahren eingestellt (§ 170 Abs. 2 StPO). Sollte sich der Verdacht gegen den falschen Anzeigenerstatter erhärten, wird ein separates Ermittlungsverfahren gegen diese Person eingeleitet. Die falsche Anschuldigung wird dann unter § 164 StGB als Straftat verfolgt, wobei Zeugen befragt, Beweise ausgewertet und gegebenenfalls ein Gerichtsverfahren durchgeführt werden. Abschließend entscheidet ein Richter über Schuld und Strafe.
Kann ich Schadensersatz oder Schmerzensgeld bei einer falschen Beschuldigung verlangen?
Ja, nach §§ 823 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) haben zu Unrecht Beschuldigte grundsätzlich Anspruch auf Schadensersatz und in vielen Fällen auch auf Schmerzensgeld, sofern durch die falsche Anschuldigung ein nachweisbarer materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist. Voraussetzung ist, dass dem Beschuldigten durch die unwahre Behauptung ein wirtschaftlicher Nachteil (z.B. Verdienstausfall) oder eine Persönlichkeitsrechtsverletzung (z.B. soziale Ausgrenzung, Rufschädigung) entstanden ist. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach Umfang und Schwere der erlittenen Nachteile und muss vor Zivilgericht geltend gemacht werden.
Welche Rolle spielen Zeugen bei der Aufklärung einer falschen Anschuldigung?
Zeugen sind im Strafverfahren von zentraler Bedeutung, sowohl für die Entlastung als auch für die Belastung des Beschuldigten. Sie können zum Beispiel Angaben zum Tatzeitpunkt, Tatort, Verhalten der Beteiligten oder zu den Umständen der behaupteten Tat machen. Entlastende Zeugen können entscheidend dazu beitragen, die Unschuld des Beschuldigten nachzuweisen und die Glaubwürdigkeit der Anschuldigung zu erschüttern. Das Gericht bewertet dabei nach dem Prinzip der freien Beweiswürdigung jedes Zeugnis auf seine Glaubhaftigkeit und Relevanz. Werden Zeugen bewusst falsch ausgesagt haben, droht ihnen selbst eine Strafverfolgung wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB) oder Meineid (§ 154 StGB).
Wie lange dauert es, bis eine falsche Anschuldigung rechtlich geklärt ist?
Die Dauer, bis eine falsche Beschuldigung aufgeklärt und abschließend juristisch bewertet ist, hängt vom Einzelfall ab. Faktoren wie die Komplexität des Sachverhalts, die Zahl der Beteiligten, Umfang der Ermittlungen, Auslastung der Justizbehörden und ggf. notwendige Gutachten spielen eine Rolle. Ein Ermittlungsverfahren kann wenige Monate bis über ein Jahr dauern; ein sich anschließendes Gerichtsverfahren nimmt je nach Verfahrensart (Strafverfahren, Zivilverfahren) und Instanzenzug weitere Zeit in Anspruch. In der Zwischenzeit sollten Betroffene sich regelmäßig mit ihrem Rechtsbeistand über den aktuellen Stand des Verfahrens informieren.
Gehört eine falsche Anschuldigung ins Führungszeugnis?
Ob eine falsche Anschuldigung im Führungszeugnis erscheint, richtet sich danach, ob der Beschuldigte wegen dieser Tat rechtskräftig verurteilt wurde und welches Strafmaß verhängt wurde. Freiheitsstrafen von mehr als drei Monaten (bei Erwachsenen) oder Jugendstrafe ab zwei Jahren werden grundsätzlich in das Führungszeugnis aufgenommen. Bei geringeren Strafen kann es in bestimmten Fällen ebenfalls eingetragen werden, insbesondere wenn Wiederholungsdelikte vorliegen. Ein Freispruch oder die Einstellung des Verfahrens erscheinen jedoch nicht im Führungszeugnis. Eine unberechtigte Anschuldigung schadet daher nur, wenn es zu einer Verurteilung kommt; der Herkunft der Anschuldigung kommt keine direkte Bedeutung zu.