Fahreignungs-Bewertungssystem: Begriff, Zweck und Einordnung
Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist ein bundesweit angewandtes Bewertungssystem für Verkehrsverstöße mit Bezug zur Verkehrssicherheit. Es dient dazu, die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu überwachen und schrittweise zu bewerten. Grundlage sind registrierte Verstöße, für die Punkte vergeben werden. Auf dieser Basis werden abgestufte behördliche Maßnahmen ergriffen, die von Hinweisen bis zur Entziehung der Fahrerlaubnis reichen. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist hierfür der Ausdruck „Punkte in Flensburg“ geläufig.
Rechtsrahmen, Zuständigkeiten und Funktionsweise
Das System ist gesetzlich geregelt und wird zentral im Fahreignungsregister beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) geführt. Dort werden relevante Entscheidungen deutscher Behörden und Gerichte zu Verkehrsverstößen gespeichert. Die Bewertung knüpft an rechtskräftige Entscheidungen an und ist als verwaltungsrechtliches Instrument mit präventiver Ausrichtung angelegt. Es ergänzt Bußgelder, Fahrverbote oder Strafen, ersetzt diese aber nicht.
Die Datenverarbeitung folgt festgelegten Speicher-, Lösch- und Zugriffsregeln. Zugriffsberechtigt sind insbesondere Fahrerlaubnisbehörden sowie weitere Stellen, soweit dies zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben erforderlich ist. Betroffene können Auskunft über ihre gespeicherten Daten erhalten.
Erfassung von Verstößen
Welche Taten erfasst werden
Erfasst werden Verkehrsverstöße mit Relevanz für die Verkehrssicherheit. Dazu zählen bestimmte Ordnungswidrigkeiten und Straftaten aus dem Straßenverkehr, sofern sie einen Bezug zur Fahreignung aufweisen. Nicht erfasst sind reine Verwaltungsverstöße ohne Sicherheitsbezug.
Voraussetzung der Eintragung
Eine Eintragung setzt eine rechtskräftige Entscheidung voraus, etwa einen bestandskräftigen Bußgeldbescheid oder eine gerichtliche Entscheidung. Die Eintragung erfolgt durch das KBA nach Mitteilung der zuständigen Stelle.
Territorialer Anwendungsbereich
Erfasst werden grundsätzlich Verstöße, die in Deutschland begangen wurden. Verstöße im Ausland führen regelmäßig nicht zu Eintragungen, es sei denn, sie sind Gegenstand einer in Deutschland relevanten Entscheidung. Auch im Ausland wohnhafte Personen können eingetragen werden, wenn sie in Deutschland verkehrsrechtlich auffällig werden.
Punktevergabe und Maßnahmestufen
Punktearten
- 1 Punkt: Ordnungswidrigkeiten mit Bezug zur Verkehrssicherheit.
- 2 Punkte: Grobe Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverbot oder Verkehrsstraftaten ohne Entziehung der Fahrerlaubnis.
- 3 Punkte: Verkehrsstraftaten mit Entziehung der Fahrerlaubnis oder Sperre.
Pro Tat werden 1 bis 3 Punkte vergeben. Die Höhe richtet sich nach der rechtlichen Einordnung des Verstoßes und seiner sicherheitsrelevanten Schwere.
Schwellenwerte und behördliche Reaktionen
- 1 bis 3 Punkte: Beobachtungsphase ohne Maßnahmenstufe.
- 4 bis 5 Punkte: Ermahnung durch die Fahrerlaubnisbehörde.
- 6 bis 7 Punkte: Verwarnung durch die Fahrerlaubnisbehörde.
- 8 Punkte: Entziehung der Fahrerlaubnis mit anschließender Sperrfrist bis zur möglichen Neuerteilung.
Ermahnung und Verwarnung sollen auf die Entwicklung des Punktestands hinweisen. Bei Erreichen von 8 Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Die Sperrfrist beträgt regelmäßig mindestens mehrere Monate; eine Neuerteilung setzt ein gesondertes Verfahren voraus.
Fahreignungsseminar und Punktereduktion
Die freiwillige Teilnahme an einem Fahreignungsseminar kann unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Reduktion um 1 Punkt führen. Dies ist nur bei einem Punktestand von 1 bis 5 und nur einmal innerhalb von fünf Jahren möglich. Ab 6 Punkten ist eine Reduktion durch Seminar nicht vorgesehen.
Tilgung, Überliegefrist und Datenverarbeitung
Tilgungsfristen
- 1-Punkt-Eintragungen: Tilgung nach 2,5 Jahren.
- 2-Punkte-Eintragungen: Tilgung nach 5 Jahren.
- 3-Punkte-Eintragungen: Tilgung nach 10 Jahren.
Jede Eintragung hat eine eigene Frist; neue Eintragungen verlängern die Tilgungsfristen älterer Eintragungen nicht. Nach Ablauf der Tilgungsfrist werden Eintragungen gelöscht.
Überliegefrist
Nach Ablauf der Tilgung bleiben Eintragungen für eine begrenzte Überliegefrist gespeichert. In dieser Phase dürfen sie nicht mehr zum Nachteil der betroffenen Person verwendet werden; sie dienen ausschließlich verwaltungsinternen Zwecken, etwa zur richtigen Zuordnung zeitlicher Abläufe.
Betroffenenrechte und Verfahren
Auskunfts- und Berichtigungsrechte
Betroffene haben das Recht, Auskunft über ihren Punktestand und die zugrunde liegenden Eintragungen zu erhalten. Unrichtige oder unzulässig gespeicherte Daten sind zu berichtigen oder zu löschen. Das KBA prüft entsprechende Anliegen und erteilt Auskunft nach Identitätsnachweis.
Information und Anhörung
Bei Erreichen bestimmter Schwellenwerte werden Betroffene von der Fahrerlaubnisbehörde informiert. Vor der Entziehung der Fahrerlaubnis ist eine Anhörung vorgesehen, in der die maßgeblichen Umstände berücksichtigt werden.
Rechtsmittel
Gegen Entscheidungen, die zu Eintragungen führen, sowie gegen daraus folgende Maßnahmen stehen ordentliche Rechtsbehelfe offen. Die Ausgestaltung hängt von der Art der Entscheidung ab; maßgeblich sind die einschlägigen Verfahrensordnungen und Fristen.
Verhältnis zu anderen Maßnahmen
Das Fahreignungs-Bewertungssystem steht neben Bußgeldern, Fahrverboten, Geld- und Freiheitsstrafen. Punkte sind keine zusätzliche Buße, sondern Teil eines eigenständigen, präventiven Bewertungssystems. Ein Fahrverbot ist zeitlich begrenzt und lässt die Fahrerlaubnis bestehen; die Entziehung der Fahrerlaubnis beendet die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen und erfordert eine Neuerteilung.
Besondere Konstellationen
Fahranfänger in der Probezeit
Neben dem Punktesystem gelten spezielle Regelungen für die Probezeit. Maßnahmen wie Aufbauseminare und Probezeitverlängerungen sind eigenständig und können zusätzlich zu punktebezogenen Maßnahmen ausgelöst werden.
Berufliche Nutzung
Das System gilt einheitlich für alle Inhaber einer Fahrerlaubnis. Berufliche Nutzung führt nicht zu abweichenden Punkteregeln, kann aber im Einzelfall für die Folgen behördlicher Maßnahmen von praktischer Bedeutung sein.
Ausländische Fahrerlaubnisse
Auch Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse können in das Register eingetragen werden, wenn sie in Deutschland verkehrsrechtlich auffällig werden. Die Wirkung behördlicher Maßnahmen richtet sich nach den deutschen Regelungen, soweit sie im Inland Anwendung finden.
Praktische Bedeutung und Zielsetzung
Das Fahreignungs-Bewertungssystem schafft Transparenz über die Entwicklung verkehrsrelevanter Auffälligkeiten. Durch klare Tilgungsfristen und abgestufte Maßnahmen fördert es nachhaltige Verkehrssicherheit und stellt sicher, dass wiederholte oder gravierende Verstöße angemessen berücksichtigt werden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Fahreignungs-Bewertungssystem
Was ist der Zweck des Fahreignungs-Bewertungssystems?
Es dient der präventiven Überwachung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Verkehrsverstöße mit Sicherheitsbezug werden mit Punkten bewertet, um bei wiederholten oder schwerwiegenden Auffälligkeiten abgestufte Maßnahmen bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis zu ermöglichen.
Wie viele Punkte werden für einen Verstoß vergeben?
Je nach Schweregrad werden 1, 2 oder 3 Punkte vergeben. Ordnungswidrigkeiten mit Sicherheitsbezug führen zu 1 Punkt, grobe Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverbot oder bestimmte Straftaten ohne Entziehung zu 2 Punkten, Straftaten mit Entziehung der Fahrerlaubnis zu 3 Punkten.
Ab wann ergreifen die Behörden Maßnahmen?
Bei 4 bis 5 Punkten erfolgt eine Ermahnung, bei 6 bis 7 Punkten eine Verwarnung. Ab 8 Punkten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Ermahnung und Verwarnung sollen auf die Entwicklung des Punktestands hinweisen.
Wie lange bleiben Punkte gespeichert?
Eintragungen mit 1 Punkt werden nach 2,5 Jahren getilgt, solche mit 2 Punkten nach 5 Jahren, mit 3 Punkten nach 10 Jahren. Die Tilgung erfolgt eintragungsbezogen; neue Eintragungen verlängern die Tilgungsfristen älterer Einträge nicht. Nach der Tilgung beginnt eine befristete Überliegefrist.
Können Punkte abgebaut werden?
Eine Reduktion um 1 Punkt ist durch die freiwillige Teilnahme an einem Fahreignungsseminar möglich, sofern der Punktestand zwischen 1 und 5 liegt. Dies ist nur einmal innerhalb von fünf Jahren vorgesehen. Ab 6 Punkten ist eine Reduktion durch Seminar nicht vorgesehen.
Werden ausländische Verkehrsverstöße erfasst?
Grundsätzlich werden nur in Deutschland begangene Verstöße erfasst. Auslandsverstöße führen regelmäßig nicht zu einer Eintragung, es sei denn, sie sind Gegenstand einer für das Register relevanten inländischen Entscheidung.
Wer verwaltet die Punkte und wer hat Zugriff?
Die Verwaltung erfolgt durch das Kraftfahrt-Bundesamt im Fahreignungsregister. Zugriff haben insbesondere Fahrerlaubnisbehörden und weitere berechtigte Stellen, soweit dies zur Erfüllung gesetzlicher Aufgaben erforderlich ist. Betroffene können Auskunft über ihre eigenen Daten erhalten.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen gegen Eintragungen und Maßnahmen?
Gegen Entscheidungen, die zu Eintragungen führen, sowie gegen darauf basierende Maßnahmen bestehen gesetzlich vorgesehene Rechtsbehelfe. Umfang und Fristen richten sich nach der jeweiligen Verfahrensordnung und der Art der Entscheidung.