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Fälschung von Impfausweisen


Fälschung von Impfausweisen – Rechtliche Einordnung und Konsequenzen

Die Fälschung von Impfausweisen stellt eine spezielle Form der Urkundenfälschung dar und erlangte insbesondere im Zuge der COVID-19-Pandemie erhebliche gesellschaftliche und rechtliche Relevanz. Die Thematik umfasst zahlreiche straf- und verwaltungsrechtliche Aspekte sowie Fragestellungen rund um den Gesundheits- und Infektionsschutz.

Rechtliche Grundlagen der Fälschung von Impfausweisen

Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch (StGB)

Urkundenfälschung (§ 267 StGB)

Die zentrale Vorschrift im Zusammenhang mit der Fälschung von Impfausweisen ist § 267 des Strafgesetzbuchs (StGB). Nach dieser Bestimmung macht sich strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht. Ein Impfausweis gilt per Definition als Urkunde im Sinne des Gesetzes, da er dazu bestimmt ist, Beweis über eine durchgeführte Impfung zu erbringen.

Besondere Schutzvorschriften: § 277 und § 278 StGB

Das Strafgesetzbuch enthält mit § 277 StGB („Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse“) und § 278 StGB („Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse“) spezielle Regelungen für Gesundheitszeugnisse, wozu auch Impfausweise zählen. Diese Vorschriften adressieren insbesondere das Ausstellen und den Gebrauch von falschen Impfausweisen durch medizinisches Personal sowie Privatpersonen:

  • § 277 StGB ahndet das Ausstellen eines unrichtigen Zeugnisses durch Ärztinnen und Ärzte sowie andere zur Heilkunde zugelassene Personen.
  • § 278 StGB stellt die Vorlage eines solchen unrichtigen Gesundheitszeugnisses bei einer Behörde oder Versicherung unter Strafe.
Strafbarkeitsverschärfung im Rahmen der Pandemie

Im Zuge der Corona-Pandemie wurden die gesetzlichen Regelungen zum Schutz vor gefälschten Impfausweisen im November 2021 nochmals verschärft. Der neue § 275 StGB („Fälschung von Impfausweisen“) kriminalisiert explizit das Fälschen, Verfälschen und das Gebrauchen gefälschter oder verfälschter Impfdokumente, auch in digitaler Form.

Übersicht über die relevanten Straftatbestände

| Tatbestand | Norm | Strafrahmen |
|———————————————|———————–|————————|
| Urkundenfälschung | § 267 StGB | Freiheitsstrafe bis 5 Jahre oder Geldstrafe |
| Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse | § 277 StGB | Freiheitsstrafe bis 2 Jahre oder Geldstrafe |
| Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse | § 278 StGB | Freiheitsstrafe bis 1 Jahr oder Geldstrafe |
| Fälschung von Impfausweisen | § 275 StGB | Freiheitsstrafe bis 2 Jahre oder Geldstrafe |

Tatbestandsvoraussetzungen

Was ist ein Impfausweis?

Ein Impfausweis (z.B. der „Internationale Impfpass“ nach WHO-Standard) gilt als Gesundheitsdokument und erfüllt die rechtliche Definition einer Urkunde. Somit kommen sämtliche urkundsbezogenen Straftatbestände zur Anwendung. Auch digitale Impf- und Genesenenzertifikate zählen hierzu.

Tathandlungen

Tathandlungen im Sinne des Gesetzes sind insbesondere:

  • Das Herstellen eines gefälschten Impfausweises (vollständige oder teilweise Eigenproduktion)
  • Das Verfälschen eines echten Impfausweises (zum Beispiel durch Nachtragen einer nicht durchgeführten Impfung)
  • Das bewusste Nutzen und Vorlegen eines gefälschten oder verfälschten Impfausweises (Gebrauch als echt)
  • Das Ausstellen falscher Impfausweise durch medizinisches Personal

Subjektiver Tatbestand

Voraussetzung ist immer ein vorsätzliches Handeln mit Täuschungsabsicht im Rechtsverkehr, etwa um Zugang zu bestimmten Einrichtungen, Reisemöglichkeiten oder anderen Vorteilen zu erschleichen.

Strafmaß und Sanktionen

Je nach Schwere des Einzelfalls variieren die gesetzlichen Strafrahmen. Eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren ist insbesondere in schweren Fällen – etwa bei massenhafter Verbreitung falscher Impfdokumente oder gewerbsmäßigem Handeln – möglich. Auch ein Verstoß ohne kommerziellen Hintergrund oder bei einmaligem Gebrauch kann empfindliche Geldstrafen zur Folge haben.

Nebenstrafrechtliche und verwaltungsrechtliche Konsequenzen

Neben der strafrechtlichen Ahndung sind weitere Rechtsfolgen denkbar:

  • Berufsrechtliche Konsequenzen für medizinisches Personal (z.B. Verlust der Approbation oder sonstige berufsrechtliche Maßnahmen)
  • Verwaltungsrechtliche Sanktionen wie der Entzug von Rechten, die an den Impfschutz geknüpft sind (z.B. Rücknahme erlangter Reiseerlaubnisse)
  • Arbeitsrechtliche Maßnahmen, etwa eine fristlose Kündigung bei Vorlage gefälschter Impfnachweise im Arbeitsverhältnis

Versuch und Teilnahme

Auch der Versuch der Fälschung oder des Gebrauchs eines gefälschten Impfausweises kann gemäß § 267 Abs. 2 i.V.m. § 23 StGB strafbar sein. Das gilt ebenso für die Beihilfe oder Anstiftung zu dieser Straftat.

Digitalisierung und IT-Komponente

Mit der Einführung digitaler Impfzertifikate und QR-Codes wurden Gefahren und Rechtsfragen der digitalen Fälschung zunehmend virulent. Die elektronische Manipulation, Erstellung oder Verbreitung gefälschter digitaler Zertifikate fällt ebenfalls unter § 275 StGB und kann zudem von Vorschriften des Computerstrafrechts (z.B. § 202a StGB – Ausspähen von Daten) betroffen sein.

Abgrenzung und Verhältnis zu anderen Dokumentenfälschungen

Die Fälschung von Impfausweisen ist abzugrenzen von der Fälschung anderer Gesundheitszeugnisse, etwa Atteste, Testnachweise oder sonstige medizinische Bescheinigungen. Durch die Pandemie bedingte besondere Regelungen greifen jedoch vor allem im Zusammenhang mit der Dokumentation von Immunitäts- oder Infektionsschutznachweisen.

Europarechtliche und internationale Aspekte

Die Akzeptanz und Überprüfung von Impfausweisen – insbesondere im Reiseverkehr – bringt auch internationale Vorschriften und Standards zur Anwendung (z.B. WHO-Vorgaben, EU Digital COVID Certificate). Fälschungen mit Auslandsbezug können somit zu grenzüberschreitenden Ermittlungen und strafrechtlicher Verfolgung führen.

Schutzmaßnahmen und Prävention

Staatliche und privatwirtschaftliche Akteure setzen zunehmend auf digitale und fälschungssichere Dokumente sowie Prüfverfahren zur Überprüfung der Echtheit von Impfausweisen. Die Implementierung sicherer IT-Lösungen und Aufklärungskampagnen sind wesentliche präventive Maßnahmen, um die Verbreitung gefälschter Impfausweise zu verhindern.


Fazit:
Die Fälschung von Impfausweisen ist ein vielschichtiger Straftatbestand, der zahlreiche strafrechtliche, verwaltungsrechtliche und berufsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Gesetzliche Neuerungen und die fortschreitende Digitalisierung stellen den Gesetzgeber weiterhin vor Herausforderungen, um einen wirksamen Schutz vor Manipulationen und Missbrauch sicherzustellen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Straftatbestände können bei der Fälschung von Impfausweisen erfüllt sein?

Bei der Fälschung von Impfausweisen kommen verschiedene Straftatbestände in Betracht. Zentral ist hierbei § 277 StGB (Fälschung von Gesundheitszeugnissen), wonach das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse mit dem Ziel der Täuschung im Rechtsverkehr strafbar ist. Daneben greifen regelmäßig § 267 StGB (Urkundenfälschung), da es sich beim Impfausweis um eine Urkunde im strafrechtlichen Sinne handelt. Wird zudem ein gefälschter Impfausweis gegenüber Behörden oder Versicherungen verwendet, kommt § 279 StGB (Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse) zur Anwendung. In bestimmten Fällen kann auch der Straftatbestand des Betrugs (§ 263 StGB) erfüllt sein, etwa wenn mit dem gefälschten Dokument unrechtmäßig finanzielle oder sonstige Vorteile erlangt werden. Die Einordnung im Einzelfall hängt von der konkreten Ausgestaltung der Handlung und dem verwendeten Dokument ab.

Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Fälschung von Impfausweisen?

Das Strafmaß hängt vom angewendeten Tatbestand ab. Bei einer Urkundenfälschung nach § 267 StGB drohen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Für die Fälschung eines Gesundheitszeugnisses (§ 277 StGB) sieht das Gesetz Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor, ebenso für den Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 279 StGB). In schweren Fällen, etwa bei gewerbsmäßigem Handeln oder bandenmäßiger Begehung, kann das Strafmaß deutlich erhöht werden. Bei einem nachgewiesenen Betrug (§ 263 StGB) richtet sich das Strafmaß nach dem verursachten Schaden und kann bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe betragen. Darüber hinaus sind Nebenfolgen wie die Eintragung ins Führungszeugnis oder Berufsverbote möglich.

Wer macht sich bei der Fälschung eines Impfausweises strafbar?

Strafbar machen sich nicht nur Personen, die einen Impfausweis eigenhändig fälschen, sondern auch diejenigen, die einen gefälschten Ausweis bewusst verwenden (Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse nach § 279 StGB). Ebenso können sich Personen strafbar machen, die gefälschte Impfausweise vertreiben oder in Umlauf bringen. Ärzte oder medizinisches Personal, die vorsätzlich unrichtige Einträge im Impfausweis vornehmen, erfüllen den Tatbestand des § 278 StGB (Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse). Auch Mittäter oder Gehilfen können nach den allgemeinen Regeln der Beteiligung (§§ 25 ff. StGB) strafbar sein.

Kann auch der Versuch der Fälschung von Impfausweisen strafbar sein?

Der Versuch ist bei den meisten relevanten Straftatbeständen einschließlich der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) strafbar, vgl. § 23 StGB. Das bedeutet, dass bereits das Ansetzen zur Tat, etwa durch das Vorbereiten oder Manipulieren eines Impfausweises zum Zweck der Täuschung, unter Strafe stehen kann, auch wenn es nicht zur Vollendung kommt. Ausgenommen davon ist jedoch § 277 StGB, da hier der Versuch nicht ausdrücklich unter Strafe gestellt ist. Die genaue Beurteilung hängt von dem jeweils angewendeten Straftatbestand ab.

Welche Rolle spielen digitale Impfausweise im strafrechtlichen Kontext?

Im Kontext des Strafrechts werden digitale Impfzertifikate wie das EU-weit gültige digitale COVID-Zertifikat als elektronische Urkunden angesehen. Auch deren Fälschung und missbräuchlicher Gebrauch sind nach § 267 StGB (insbesondere Abs. 3 für technische Aufzeichnungen) strafbar. Hinzu kommen datenschutzrechtliche Überlegungen, falls personenbezogene Daten unbefugt verwendet oder manipuliert werden. Die Strafbarkeit bezüglich digitaler Dokumente ist damit grundsätzlich mit der von analogen Impfausweisen vergleichbar und umfasst sowohl die Fälschung als auch die Verwendung gefälschter Zertifikate.

Welche Bedeutung hat der Vorsatz bei der Strafbarkeit?

Im deutschen Strafrecht ist Vorsatz in der Regel Voraussetzung für die Strafbarkeit bei Fälschungsdelikten. Der Täter muss wissentlich und willentlich handeln, das heißt, er muss Kenntnis davon haben, dass es sich um einen gefälschten Impfausweis handelt, und bewusst darauf abzielen, diesen im Rechtsverkehr zu verwenden oder in Umlauf zu bringen. Fahrlässiges Verhalten reicht meist nicht aus, sofern nicht ausdrücklich eine fahrlässige Strafbarkeit vorgesehen ist. Das Maß und die Art des Vorsatzes (direkter oder bedingter Vorsatz) können Einfluss auf das Strafmaß und die Einordnung der Tat haben.

Kann ein gefälschter Impfausweis auch als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden?

Die Herstellung oder Verwendung eines gefälschten Impfausweises stellt in der Regel eine Straftat dar und keine bloße Ordnungswidrigkeit. Ordnungswidrigkeiten kommen lediglich in Betracht, wenn die Voraussetzungen eines Straftatbestandes nicht erfüllt sind, etwa bei geringfügigen Verstößen ohne Täuschungsvorsatz. Da jedoch der Gesetzgeber auf das hohe Schutzinteresse der öffentlichen Gesundheit und das erhebliche Täuschungspotenzial abgestellt hat, werden entsprechende Handlungen fast immer strafrechtlich verfolgt und nicht lediglich als Ordnungswidrigkeit behandelt.