Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Fälschung technischer Aufzeichnungen

Fälschung technischer Aufzeichnungen


Begriff und rechtliche Einordnung der Fälschung technischer Aufzeichnungen

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen ist ein Straftatbestand nach deutschem Strafrecht und zählt zu den Urkundsdelikten. Sie ist im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt und bezieht sich auf die Manipulation oder Herstellung unrichtiger technischer Aufzeichnungen, die als Beweismittel in Rechtsbeziehungen dienen können. Dieses Delikt ist insbesondere im digitalen Zeitalter von hoher praktischer Bedeutung, da viele technische Systeme in der Lage sind, Aufzeichnungen unabhängig vom menschlichen Einfluss zu generieren.


Gesetzliche Regelung

Strafgesetzbuch (§ 268 StGB)

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen ist im § 268 des Strafgesetzbuchs normiert. Dort heißt es:

Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine technische Aufzeichnung herstellt, die unrichtig ist, oder eine solche technische Aufzeichnung gebraucht, um einen anderen zu täuschen, wird bestraft.

Dabei definiert das Gesetz technische Aufzeichnungen als solche, die durch ein technisch automatisiertes Verfahren ohne unmittelbare Mitwirkung eines Menschen hervorgebracht wurden und zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet oder bestimmt sind.


Tatbestandsmerkmale

1. Technische Aufzeichnung

Eine technische Aufzeichnung liegt vor, wenn eine Information (z. B. Text, Bild, Datenprotokoll) durch einen automatisierten technischen Vorgang erzeugt wird. Typische Beispiele sind Kassenbons, elektronische Fahrkarten, Messprotokolle von Maschinen, digitale Protokolldateien sowie Kamera- und Alarmaufzeichnungen.

Merkmale technischer Aufzeichnungen:

  • Sie werden automatisch, d. h. ohne die unmittelbare Steuerung des Inhalts durch den Menschen, erstellt.
  • Sie müssen objektivierbar und reproduzierbar sein.
  • Sie dienen zur Beweisführung im Rechtsverkehr.

2. Fälschungshandlung

Die Fälschung besteht in der bewussten Herstellung einer unrichtigen technischen Aufzeichnung oder im Verfälschen einer bereits existierenden. Hierzu zählt nicht nur die erstmalige Erstellung, sondern auch die nachträgliche Veränderung, Löschung oder Manipulation von Dateninhalten.

Beispiele für Fälschungshandlungen:

  • Eingriff in elektronische Messsysteme (z. B. Manipulation von Fahrtenschreibern)
  • Manipulation von Überwachungskameraaufzeichnungen
  • Veränderung von digitalen Protokolldateien

3. Tathandlung: Gebrauchen

Neben der Herstellung oder Manipulation ist auch das Gebrauchen einer gefälschten technischen Aufzeichnung strafbar, sofern dies zur Täuschung im Rechtsverkehr erfolgt.


Subjektiver Tatbestand

Für die Strafbarkeit ist Vorsatz erforderlich. Der Täter muss sich der Unrichtigkeit der Aufzeichnung bewusst sein und mit der Absicht handeln, einen anderen im Rechtsverkehr zu täuschen.


Strafrahmen und Rechtsfolgen

1. Strafe

Der Gesetzgeber sieht für die Fälschung technischer Aufzeichnungen eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. In besonders schweren Fällen, etwa wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, kann die Strafe höher ausfallen.

2. Versuch

Der Versuch der Fälschung technischer Aufzeichnungen ist nach § 268 Abs. 4 StGB ebenfalls strafbar.

3. Verhältnis zu anderen Straftatbeständen

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen steht in einem besonderen Verhältnis zu anderen Urkundsdelikten wie Urkundenfälschung (§ 267 StGB). Sie ergänzt diese Normen, wenn keine schriftliche Urkunde, sondern eine automatisiert erzeugte technische Aufzeichnung im Fokus steht.


Abgrenzung und Besonderheiten

Unterschied zur Urkundenfälschung

Die Urkundenfälschung bezieht sich auf von Menschen erstellte Schriftstücke, während die Fälschung technischer Aufzeichnungen ausschließlich für automatisch generierte Dokumente gilt. Entscheidend ist, ob ein Mensch den eigentlichen Informationsgehalt bestimmt oder dieser von einer technischen Einrichtung autonom erzeugt wird.

Besondere Erscheinungsformen

Mit der fortschreitenden Digitalisierung und Automatisierung in Wirtschaft und Verwaltung nimmt die praktische Bedeutung des Delikts zu. Besonders in der Industrie, im Transportwesen, in der Medizintechnik und bei digitalen Geschäftsmodellen kommt der Fälschung technischer Aufzeichnungen eine erhebliche Relevanz zu.


Praktische Beispiele aus der Rechtsprechung

  • Manipulation eines Fahrtenschreibers: Eine Person verändert die Aufzeichnungen eines digitalen Fahrtenschreibers, um Lenk- und Ruhezeiten von Berufskraftfahrern zu fälschen.
  • Gefälschte Alarmanlagenprotokolle: Eine Alarmfirma verändert Protokolle, um einen falschen Sicherheitsnachweis zu erbringen.
  • Digitale Kassenbons: Durch gezielte Änderung von Kassensoftware werden unrichtige Umsatzbelege erzeugt.

Bedeutung der Fälschung technischer Aufzeichnungen im modernen Strafrecht

Angesichts der Digitalisierung gewinnt § 268 StGB zunehmend an Bedeutung. Automatisierte Systeme und deren elektronische Aufzeichnungen sind essenzielle Beweismittel in vielen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Die Norm schützt die Sicherheit und Zuverlässigkeit dieser Systeme und garantiert die Integrität technischer Beweismittel. Eine Manipulation bedroht sowohl das Vertrauen in technische Einrichtungen als auch die Funktionsfähigkeit des Rechtsverkehrs.


Zusammenfassung

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen stellt einen eigenständigen, bedeutenden Straftatbestand im deutschen Strafrecht dar. Sie schützt die Echtheit und Beweiskraft maschinell erstellter Dokumente und begegnet den Herausforderungen der Digitalisierung. Die Vorschrift findet in immer mehr Lebensbereichen Anwendung und trägt dazu bei, digitale und automatisierte Prozesse vor Manipulationen zu bewahren.


Literatur und weiterführende Quellen:

  • § 268 Strafgesetzbuch (StGB)
  • Gesetzesbegründungen und Kommentare zum StGB
  • Relevante Entscheidungen der deutschen Gerichte (vgl. BGH, OLG)
  • Literatur zur Computer- und Wirtschaftskriminalität

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechtsfolgen drohen bei der Fälschung technischer Aufzeichnungen?

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen ist nach deutschem Recht gemäß § 268 StGB eine Straftat und kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden. In besonders schweren Fällen – etwa wenn die Tat gewerbsmäßig oder von Mitgliedern einer Bande verübt wird – sieht das Strafgesetzbuch sogar eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Neben einer strafrechtlichen Verurteilung drohen Täterinnen und Tätern oft auch berufsrechtliche Konsequenzen, insbesondere wenn sie über eine besondere berufsrechtliche Zulassung verfügen (z. B. Ingenieure oder Mediziner). Zusätzlich können Schadensersatzforderungen aus zivilrechtlicher Sicht entstehen, sofern durch die Fälschung Dritten ein finanzieller Schaden entstanden ist. Bei Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst sind außerdem disziplinarrechtliche Maßnahmen, bis hin zur Entfernung aus dem Dienst, möglich.

In welchen Bereichen des täglichen Lebens findet der Straftatbestand der Fälschung technischer Aufzeichnungen Anwendung?

Der Straftatbestand der Fälschung technischer Aufzeichnungen ist sehr weit gefasst und kommt regelmäßig in unterschiedlichsten technischen und beruflichen Bereichen zur Anwendung. Besonders relevant ist er im Zusammenhang mit der Manipulation von Messgeräten (z. B. Tachographen in LKW, Stromzählern, Wasseruhren), in der Kraftfahrzeugtechnik (z. B. Tachomanipulation), in Medizin und Forschung (z. B. gefälschte Laborwerte oder Messprotokolle), in Logistik und Transport (z. B. Verwiegen von Ladungen oder Fahrzeitenaufzeichnungen), sowie im Zusammenhang mit Überwachungs- und Sicherheitstechnik, etwa bei Videoüberwachungsanlagen. Auch EDV-Systeme und elektronische Datenaufzeichnungen, beispielsweise bei der Buchführung oder in Kassensystemen, können unter den Tatbestand fallen.

Wer kann Opfer einer Fälschung technischer Aufzeichnungen werden?

Als Opfer einer Fälschung technischer Aufzeichnungen kommen sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen und staatliche Institutionen in Betracht. Betroffen sind typischerweise diejenigen, die auf die in den Aufzeichnungen enthaltenen Informationen vertrauen – etwa Geschäftspartner, Kunden, Behörden, Versicherungen, oder Justizorgane. Oftmals resultieren aus der Fälschung Vermögensschäden, etwa durch zu Unrecht gezahlte Leistungen, rechtswidrig erlangte Zertifikate oder Zulassungen, oder durch Manipulationen im Zusammenhang mit technischen Prüfungen. Aber auch das Gemeinwohl kann betroffen sein, insbesondere wenn durch gefälschte Prüfdokumente Sicherheitsstandards unterlaufen oder Umweltauflagen umgangen werden.

Gibt es strafrechtliche Unterschiede zwischen der Fälschung technischer Aufzeichnungen und der Urkundenfälschung?

Ja, es bestehen erhebliche strafrechtliche Unterschiede zwischen der Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 StGB) und der klassischen Urkundenfälschung (§ 267 StGB). Während sich die Urkundenfälschung auf schriftliche Dokumente bezieht, die darauf abzielen, Erklärungen von Menschen festzuhalten und die Beweiskraft über eine Tatsache haben, richtet sich die Strafnorm der Fälschung technischer Aufzeichnungen ausdrücklich auf maschinell oder automatisch erzeugte und gespeicherte Dokumentationen, die ohne direkte Mitwirkung eines Menschen entstehen (z. B. Maschinenprotokolle, elektronische Messwerte). Die rechtliche Abgrenzung ist im Einzelfall relevant, da die Tatbestände unterschiedliche Voraussetzungen und mitunter abweichende Strafrahmen aufweisen.

Können auch versuchte Taten im Sinne der Fälschung technischer Aufzeichnungen strafbar sein?

Ja, auch der Versuch der Fälschung technischer Aufzeichnungen ist strafbar. Nach § 268 Abs. 4 StGB wird der Versuch genauso wie bei der Urkundenfälschung ausdrücklich unter Strafe gestellt. Das bedeutet, bereits das unmittelbare Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandes, etwa das Vorbereiten technischer Manipulationen an einem Messgerät, kann eine Strafbarkeit begründen, auch wenn die Manipulation aus bestimmten Gründen nicht zum Erfolg führt. Die Strafzumessung richtet sich dabei nach den allgemeinen Grundsätzen des Versuchsstrafrechts, wobei der Strafrahmen milder ausfallen kann als bei vollendeter Tat.

Wann ist eine technische Aufzeichnung im rechtlichen Sinn „gefälscht“?

Eine technische Aufzeichnung gilt im strafrechtlichen Sinne dann als gefälscht, wenn sie in ihrer Herstellung, Veränderung oder Verwendung in einer Weise beeinflusst wurde, dass ein falscher Eindruck über den tatsächlichen Ablauf eines bestimmten technischen Vorgangs entsteht. Dies kann durch Manipulation der technischen Geräte selbst (z. B. durch das Einbringen manipulierten Codes in Messsysteme) oder durch nachträgliche Änderungen an den erzeugten Aufzeichnungen (beispielsweise durch Editieren von digitalen Protokollen) geschehen. Entscheidend ist stets, dass der gefälschten Aufzeichnung objektiv Beweisbedeutung zukommt und sie geeignet ist, im Rechtsverkehr eine Aussage über tatsächliche Geschehnisse vorzutäuschen.