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Fälschung technischer Aufzeichnungen


Begriff und Bedeutung der Fälschung technischer Aufzeichnungen

Der Begriff Fälschung technischer Aufzeichnungen bezeichnet im deutschen Recht die Manipulation, Veränderung oder Herstellung von technischen Aufzeichnungen in einer Weise, dass hierdurch eine Täuschung im Rechtsverkehr hervorgerufen wird. Rechtlich geregelt ist der Tatbestand in § 268 Strafgesetzbuch (StGB). Technische Aufzeichnungen besitzen eine zunehmende Bedeutung in automatisierten und digitalisierten Prozessen sowie in der elektronischen Dokumentation.

Rechtliche Einordnung

Gesetzliche Grundlage: § 268 StGB

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen ist im deutschen Strafgesetzbuch unter § 268 StGB normiert. Dort ist geregelt, dass nicht nur die Fälschung von Urkunden unter Strafe gestellt wird, sondern auch die Fälschung von sogenannten technischen Aufzeichnungen, die von technischem Gerät erzeugt werden.

Zweck dieser Vorschrift ist es, den erhöhten Stellenwert und die Beweisfunktion von technischen Aufzeichnungen unabhängig von menschlichem Einfluss zu schützen.

Wortlaut des § 268 StGB (Auszug)

Nach § 268 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte technische Aufzeichnung herstellt oder eine echte technisch veranlasste Aufzeichnung verfälscht, gebraucht oder zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

Abgrenzung zu Urkundenfälschung

Während § 267 StGB die Fälschung von Urkunden betrifft, deckt § 268 StGB solche Fälle ab, in denen die Aufzeichnung nicht vom Menschen unmittelbar, sondern automatisiert durch technisches Gerät erstellt wird. Von einer technischen Aufzeichnung ist zu sprechen, wenn der Aufzeichnungsvorgang aufgrund eines automatischen, nicht unmittelbar menschlich beeinflussbaren technischen Prozesses erfolgt.

Beispiele sind Messprotokolle, Fahraufzeichnungen eines digitalen Tachographen, Datenausdrucke von automatischen Messanlagen oder medizinische Überwachungsdaten.

Tatbestand der Fälschung technischer Aufzeichnungen

Tatobjekt: Technische Aufzeichnung

Eine technische Aufzeichnung im Sinn des § 268 StGB ist jede Darstellung von Daten, Messwerten, Ereignissen oder Vorgängen, die durch ein technisches, automatisiertes Gerät ohne unmittelbare Einflussnahme durch den Menschen erzeugt und geeignet ist, Beweis im Rechtsverkehr zu erbringen. Sie kann schriftlich, visuell oder elektronisch vorliegen (z.B. Ausdruck, digitaler Datensatz, Sensorprotokoll).

Beispiele für technische Aufzeichnungen

  • Fahrtenschreiberscheiben und digitale Fahrerkarten
  • Radarfotos und Geschwindigkeitsmessprotokolle
  • Kontodrucke von Bankautomaten
  • Kassensystemausdrucke
  • Medizinische Langzeitüberwachungsprotokolle

Tathandlungen

Der Straftatbestand umfasst drei zentrale Handlungsvarianten:

  1. Herstellung einer unechten technischen Aufzeichnung: Hier wird eine technische Aufzeichnung erzeugt, ohne dass der angebliche technische Herstellungsprozess tatsächlich stattgefunden hat.
  2. Verfälschung einer echten technischen Aufzeichnung: Es werden nachträglich Veränderungen an einer vorhandenen, ursprünglichen technischen Aufzeichnung vorgenommen.
  3. Gebrauch einer unechten oder verfälschten technischen Aufzeichnung: Die manipulierte oder verfälschte Aufzeichnung wird im Rechtsverkehr verwendet, um Dritte zu täuschen.

Subjektiver Tatbestand

Vorausgesetzt wird Vorsatz, insbesondere das Bewusstsein und der Wille, eine unechte oder verfälschte technische Aufzeichnung zur Täuschung im Rechtsverkehr herzustellen oder zu gebrauchen.

Rechtsfolgen

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen ist ein Offizialdelikt und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist ebenfalls strafbar (§ 268 Abs. 4 StGB).

In besonders schweren Fällen, etwa wenn die Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begangen wird, kann gemäß § 268 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren verhängt werden. Ist in der Tat auch eine andere Straftat wie Betrug verwirklicht, so kommen Strafschärfungen oder -verschärfungen aufgrund weiterer Vorschriften in Betracht.

Bedeutung in der Praxis

Relevanz in unterschiedlichen Lebensbereichen

Die praktische Relevanz erstreckt sich über zahlreiche Branchen und Anwendungsbereiche, in denen technische Aufzeichnungen Beweis- und Dokumentationsfunktion besitzen. Typische Anwendungsfelder umfassen:

  • Verkehrsüberwachung (z.B. Manipulation von Tachografen, Fahrerkarten)
  • Wirtschaftskriminalität (z.B. Veränderung von Registrierkassen-Ausdrucken zur Steuerhinterziehung)
  • Telekommunikation (z.B. Manipulation von Gesprächsaufzeichnungen)
  • Medizin (z.B. Änderung von Messwertprotokollen diagnostischer Geräte)

Strafverfolgung und Beweisfragen

Ermittlungsbehörden stützen ihre Nachweise häufig auf Sachverständigengutachten und technologische Spurenanalyse, um das Vorliegen einer Manipulation nachzuweisen. Die Ermittlung der Authentizität oder Veränderung von technischen Aufzeichnungen bedarf regelmäßig spezialtechnischer Überprüfung.

Abgrenzung zu anderen Delikten

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen ist von anderen Delikten wie der Datenveränderung (§ 303a StGB) oder der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) abzugrenzen. Während sich die Urkundenfälschung auf vom Menschen geschaffene Beweismittel bezieht und die Datenveränderung auf bloße digitale Inhaltseingriffe fokussiert, betrifft die Fälschung technischer Aufzeichnungen gerade die von Maschinen erzeugten, beweisgeeigneten Dokumente.

Zusammenwirken mit anderen Delikten

Häufig geht die Fälschung technischer Aufzeichnungen mit Betrugs- oder Steuerdelikten einher, insbesondere wenn das Ziel die Erlangung eines Vermögensvorteils oder die Täuschung von Behörden ist.

Strafverteidigung und Besonderheiten

Im Strafverfahren stehen Besonderheiten im Beweisverfahren und bei der technischen Analyse im Vordergrund. Die Authentizität und Unversehrtheit der technischen Aufzeichnung sowie die Feststellung einer Manipulation erfordern eine sorgfältige technische und rechtliche Prüfung.

Internationale Aspekte

Vergleichbare strafrechtliche Regelungen existieren auch in anderen europäischen Ländern, unterscheiden sich jedoch in Reichweite und Definition. Im internationalen Rechtsverkehr gewinnen die Beweiskraft und technische Integrität solcher Aufzeichnungen mit fortschreitender Digitalisierung weiter an Bedeutung.

Zusammenfassung

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen gemäß § 268 StGB schützt die besondere Beweisfunktion von durch technische Geräte erzeugten Aufzeichnungen im Rechtsverkehr. Erforderlich ist eine manipulative Einflussnahme auf von Maschinen generierte Dokumentationen oder Protokolle, um dadurch eine rechtserhebliche Täuschung zu bewirken. Die Norm begegnet der zunehmenden Digitalisierung, indem sie automatisierte Aufzeichnungsprozesse strafrechtlich unter Schutz stellt und so einen essenziellen Beitrag zur Integrität technischer Dokumentation im Rechtsverkehr leistet.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei der Fälschung technischer Aufzeichnungen?

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen stellt gemäß § 268 Strafgesetzbuch (StGB) in Deutschland eine eigenständige Straftat dar und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Liegt ein besonders schwerer Fall vor, etwa wenn große Vermögenswerte gefährdet oder die Fälschung gewerbsmäßig begangen wurde, kann die Freiheitsstrafe auch über fünf Jahre hinausgehen. Neben der strafrechtlichen Sanktionierung können auch berufsrechtliche Maßnahmen, wie der Entzug von Zulassungen oder berufsbezogenen Lizenzen, drohen. Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche können von geschädigten Parteien geltend gemacht werden, insbesondere wenn durch die Fälschung Personen oder Sachen zu Schaden gekommen sind.

Muss die Fälschung technischer Aufzeichnungen vorsätzlich erfolgen?

Grundvoraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 268 StGB ist, dass die Fälschung vorsätzlich erfolgt, das heißt, der Täter muss mit Wissen und Wollen arbeiten. Fahrlässige Handlungen reichen für eine Strafverfolgung nach diesem Tatbestand nicht aus. Im Detail bedeutet dies, dass der Täter mindestens billigend in Kauf nehmen muss, dass die technische Aufzeichnung manipuliert oder verfälscht wird, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen oder eine Täuschung hervorzurufen. Fahrlässige Fehleingaben beispielsweise in eine Verkehrskontrollanlage würden daher grundsätzlich nicht zu einer Strafbarkeit nach diesem Paragraphen führen, könnten aber unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten relevant sein.

Welche Arten von technischen Aufzeichnungen sind durch das Gesetz geschützt?

Das Gesetz schützt sämtliche technischen Aufzeichnungen, die mittels eines technischen Geräts erstellt werden und geeignet sind, Beweis zu erbringen. Dazu zählen etwa Radaraufnahmen von Geschwindigkeitsmessanlagen, digitale Fahrtschreiber in LKWs oder EDV-basierte Produktionsprotokolle in Industriebetrieben. Auch medizinisch-technische Befunde oder protokollierte Daten von Prüfgeräten fallen grundsätzlich unter den Schutzbereich, sofern sie ohne menschliches Zutun erzeugt oder gespeichert wurden und als objektives Beweismittel dienen können. Von Hand gefertigte Aufzeichnungen fallen hingegen nicht unter § 268 StGB.

Wer kann Täter einer Fälschung technischer Aufzeichnungen sein?

Täter kann grundsätzlich jede verantwortliche natürliche Person sein, die Zugang zu der technischen Aufzeichnung besitzt und diese verfälscht, verändert, löscht oder in sonstiger Weise unbefugt beeinflusst. In der Praxis betrifft dies vor allem Personen mit spezifischem technischen Wissen oder Zugriff auf die jeweiligen Geräte, also etwa Mitarbeiter von Prüfeinrichtungen, Werkstätten, Verkehrsbetrieben, medizinischem Personal oder IT-Fachkräfte. Auch organisatorisch verantwortliche Personen, die die Fälschung anordnen oder gezielt ermöglichen, können strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Wie werden Fälschungen technischer Aufzeichnungen im Gerichtsverfahren festgestellt und bewertet?

Im Rahmen strafrechtlicher Verfahren erfolgt regelmäßig eine gutachterliche Begutachtung der betreffenden Aufzeichnungen. Spezialisten analysieren, ob Spuren einer Manipulation vorhanden sind – dies kann beispielsweise durch forensische Untersuchungen digitaler Daten, Auswertung von Änderungsprotokollen oder durch technische Rekonstruktionen geschehen. Die Gerichte stützen sich auf die vorgelegten Gutachten, Zeugenaussagen und weitere Indizien, um festzustellen, ob eine Fälschung vorliegt, ob und in welchem Umfang der Beschuldigte vorsätzlich gehandelt hat und inwiefern der Tatbestand des § 268 StGB erfüllt ist.

Gibt es Verjährungsfristen bei der Fälschung technischer Aufzeichnungen?

Ja, wie bei anderen Straftaten auch, unterliegt die Fälschung technischer Aufzeichnungen der strafrechtlichen Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre. Liegt ein besonders schwerer Fall vor, kann eine längere Verjährungsfrist relevant werden. Die Verjährung beginnt mit dem Tag, an dem die Tat beendet ist. Bei länger andauernden Manipulationen kann dies zu erheblichen Abweichungen zwischen dem Zeitpunkt der Fälschung und dem Beginn der Verjährungsfrist führen.

Welche Bedeutung hat die Fälschung technischer Aufzeichnungen im wirtschaftlichen Kontext?

Im wirtschaftlichen Kontext kann die Fälschung technischer Aufzeichnungen erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Folgen haben. Neben dem strafrechtlichen Risiko für die handelnden Personen drohen Unternehmen finanzielle Schäden durch Sanktionen, Vertragsstrafen, Rückforderungen oder Verlust von Aufträgen und Zulassungen. Die Integrität und Glaubwürdigkeit eines Betriebs kann durch solche Taten nachhaltig geschädigt werden, was wiederum zivilrechtliche Schadenersatzklagen oder Reputationsschäden nach sich ziehen und sogar die Existenz gefährden kann. Dabei ist besonders zu beachten, dass neben einzelnen Mitarbeitern auch Unternehmen selbst nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) belangt werden können.