Begriff und rechtliche Einordnung der Fälschung beweiserheblicher Daten
Definition und Abgrenzung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein Straftatbestand im deutschen Strafrecht, der insbesondere das Unrecht der Manipulation bzw. Erfindung elektronisch gespeicherter Informationen sanktioniert, die für den Rechtsverkehr Beweisfunktion besitzen. Gemeint sind Daten, die geeignet sind, den Beweis über rechtserhebliche Tatsachen zu führen, beispielsweise Transaktionsdaten, Steuerungsdaten oder Protokolle in automatisierten Systemen.
Die Vorschrift wird im Strafgesetzbuch (StGB) unter § 269 geregelt und stellt das elektronische Gegenstück zur klassischen Urkundenfälschung nach § 267 StGB dar. Während bei der Urkundenfälschung ein körperliches Dokument im Fokus steht, betrifft die Fälschung beweiserheblicher Daten immaterielle, nicht unmittelbar wahrnehmbare Informationen.
Gesetzliche Regelung
§ 269 StGB – Fälschung beweiserheblicher Daten
Der Straftatbestand lautet:
„(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, dass bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegt, wird […] bestraft.“
Der Gesetzgeber statuiert damit die Strafbarkeit solcher Manipulationen, die im digitalen Zeitalter in ihrer inhaltlichen Aussage mit einer gefälschten Urkunde gleichgesetzt werden können.
Tatobjekt: Beweiserhebliche Daten
Begriff der „beweiserheblichen Daten“
Beweiserhebliche Daten sind in § 269 Abs. 1 StGB als Informationen definiert, die geeignet und bestimmt sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen. Ihnen fehlt jedoch die Verkörperung, die klassische Urkunden auszeichnet.
Typische Beispiele:
- Protokolle elektronischer Zahlungsvorgänge
- Digitale Fahrtenbücher
- Verfahrensbeschreibungen in computergestützten Systemen
Abgrenzung zu anderen Daten
Nicht sämtliche Computerdaten sind erfasst, sondern nur solche, denen im Rechtsverkehr eine Beweisfunktion zukommt. Reine Steuerungsdaten unterfallen dem Tatbestand nur, wenn sie zugleich der Beweisführung dienen.
Tathandlung: Speichern oder Verändern
Manipulationstatbestände
Nach dem Gesetz wird bestraft, wer beweiserhebliche Daten speichert oder verändert, wobei eine Täuschung im Rechtsverkehr intendiert sein muss.
Speichern
Darunter fällt das erstmalige Einbringen von manipulierten, erfundenen oder unwahren Daten in ein System.
Verändern
Dies betrifft die nachträgliche Manipulation bestehender, ursprünglich zutreffender Daten.
Subjektiver Tatbestand: Vorsatz und Täuschungsabsicht
Der Täter muss mit Vorsatz handeln, das heißt, wissentlich und willentlich die Manipulation vornehmen. Weiterhin ist erforderlich, dass er zur Täuschung im Rechtsverkehr handelt. Das Merkmal der Täuschungsabsicht unterscheidet die strafbare Handlung von bloßen „versehentlichen Fehlern“ oder unbeabsichtigten Datenänderungen.
Rechtsgut: Schutz des Beweisverkehrs und der Rechtssicherheit
Der Tatbestand schützt das Vertrauen auf die Richtigkeit und Authentizität elektronisch gespeicherter Informationen, soweit diese im Rechtsverkehr als Beweismittel dienen. Dies dient der Rechtssicherheit in modernen IT-gestützten Rechtsbeziehungen.
Strafandrohung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten wird gemäß § 269 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bedroht. In besonders schweren Fällen, etwa in Zusammenhang mit Amtsträgern oder bandenmäßiger Begehung, kann die Strafe gemäß § 269 Abs. 3 StGB auf bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe erhöht werden.
Versuch und Vollendung
Der Versuch der Fälschung beweiserheblicher Daten ist strafbar (§ 269 Abs. 2 StGB). Die Vollendung liegt vor, sobald die Daten gespeichert oder verändert wurden, unabhängig davon, ob sie tatsächlich im Rechtsverkehr verwendet wurden oder nicht.
Verhältnis zu verwandten Straftatbeständen
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ergänzt die klassische Urkundenfälschung um den Bereich der elektronisch gespeicherten Informationen. Überschneidungen sind möglich, etwa bei digitalisierten Dokumenten.
Datenveränderung (§ 303a StGB)
Die Vorschrift § 303a StGB schützt die Integrität von Daten allgemein vor unbefugter Veränderung. Während § 269 StGB auf die Beweisfunktion abstellt, erfasst § 303a StGB generell jede Datenmanipulation, unabhängig von der Beweisrelevanz.
Täuschung im Rechtsverkehr durch unrichtige Datenverarbeitung (§ 270 StGB)
Nach § 270 StGB wird die Täuschung im Rechtsverkehr durch den Einsatz unrichtiger oder verfälschter Daten in maschinell gesteuerten Beweisvorgängen unter Strafe gestellt, selbst wenn kein menschlicher Adressat getäuscht wird.
Tatmodalitäten und praktische Relevanz
Typische Sachverhaltskonstellationen
- Manipulation von Logfiles
- Erstellung fiktiver Transaktionsdatensätze
- nachträgliche Abänderung von elektronischen Protokollen in Zugangs- oder Bezahlsystemen
Besonders bedeutsam ist der Straftatbestand im Bereich von Online-Banking, E-Government oder digitalen Vertragsabschlüssen.
Strafverfahren und Beweislast
Im Ermittlungs- und Strafverfahren ist es Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, die Fälschung und deren beweiserhebliche Wirkung nachzuweisen. Dabei spielen forensische IT-Analysen, Auswertung digitaler Spuren sowie die Beurteilung der Relevanz der Daten im jeweiligen Rechtsverkehr eine zentrale Rolle.
Bedeutung für Unternehmen und Privatpersonen
Für Unternehmen ergibt sich aus dem Straftatbestand die Verpflichtung, IT-Systeme gegen unbefugte Datenmanipulation zu schützen. Für Privatpersonen besteht die Gefahr, durch ein solches Verhalten im digitalen Geschäftsverkehr erhebliche strafrechtliche Konsequenzen zu erleiden.
Fazit
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein bedeutender Straftatbestand zum Schutz der Authentizität und Integrität digitaler Beweismittel und gewährleistet die Verlässlichkeit elektronischer Informationen im Rechtsverkehr. Insbesondere angesichts fortschreitender Digitalisierung kommt diesem Tatbestand eine stetig wachsende praktische Relevanz zu.
Literatur und weiterführender Hinweis
- Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Kommentar, § 269 StGB
- Fischer, Strafgesetzbuch, § 269 StGB
- Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, § 269 StGB
Dieser Artikel dient der sachlichen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Vorschriften regeln die Fälschung beweiserheblicher Daten in Deutschland?
Die strafrechtliche Relevanz der Fälschung beweiserheblicher Daten wird hauptsächlich durch § 269 StGB (Strafgesetzbuch) abgedeckt. Dieser Paragraf regelt die „Fälschung beweiserheblicher Daten“ und knüpft an die Manipulation oder Herstellung von Daten an, die im Rechtsverkehr dieselbe Beweisfunktion wie eine Urkunde übernehmen. Wesentlich ist hierbei, dass das Gesetz nicht mehr nur den klassischen Urkundenbegriff, sondern speziell die digitale Beweisführung berücksichtigt. Für eine Strafbarkeit müssen demnach Daten so verfälscht oder so hergestellt worden sein, dass sie als echt erscheinen und damit im Rechtsverkehr zur Täuschung im Rechtsverkehr über beweiserhebliche Tatsachen benutzt werden können. Neben § 269 StGB sind auch die Vorschriften zur Urkundenfälschung (§ 267 StGB) und zur mittelbaren Falschbeurkundung (§ 271 StGB) bei bestimmten Sachverhalten relevant, wenn es um analoge Dokumente oder besondere Formen der Beurkundung geht.
Welche Arten von Daten fallen unter den Begriff „beweiserhebliche Daten“?
Beweiserheblich sind jene Daten, denen im Rechtsverkehr eine ähnliche Beweisfunktion zukommt wie einer Urkunde. Das betrifft beispielsweise elektronische Dokumente wie E-Mails, digitale Verträge, digitale Abrechnungen, aber auch Datensätze aus Computersystemen, die relevante Informationen für eine rechtliche Bewertung enthalten (z.B. Zugangskontrollsysteme, Fahrdaten, Zeiterfassungssysteme). Unerheblich ist dabei, ob die Daten dauerhaft gespeichert oder vorübergehend elektronisch verarbeitet werden. Entscheidend ist die materielle Beweisfunktion im Sinne einer Gedankenerklärung, die dem Beweis einer Tatsache im Rechtsverkehr dienen soll. Auf bloße Dateien, die nur zur internen Verarbeitung ohne Beweisfunktion erstellt wurden, finden die Vorschriften in der Regel keine Anwendung.
Wie unterscheidet sich die Fälschung beweiserheblicher Daten von der Urkundenfälschung?
Während die Urkundenfälschung (§ 267 StGB) die Herstellung, Verfälschung oder Gebrauchmachung einer unechten oder verfälschten Urkunde erfasst, bezieht sich § 269 StGB auf den Missbrauch technischer Mittel, insbesondere in der Datenverarbeitung. Die Fälschung beweiserheblicher Daten umfasst speziell jene Fälle, in denen keine körperliche Urkunde, sondern elektronische bzw. digital gespeicherte oder übertragene Daten betroffen sind. Der zentrale Unterschied besteht somit im Beweisobjekt: Die digitale Welt wird von § 269 StGB erfasst, wohingegen § 267 StGB weiterhin auf die klassische Urkunde abzielt. Die rechtliche Wertung beider Delikte ist im Übrigen ähnlich, so dass ebenfalls Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe droht.
Kann bereits der Versuch der Fälschung beweiserheblicher Daten strafbar sein?
Ja, nach dem Wortlaut des § 269 Abs. 2 StGB ist auch der Versuch strafbar. Das bedeutet, dass bereits das Ansetzen zu einer solchen Tat, etwa das Beginnen mit der Manipulation von Daten mit dem Ziel, diese als beweiserheblich zu präsentieren, eine Strafbarkeit begründen kann, auch wenn die eigentliche Fälschung letztlich nicht vollendet wird oder auffliegt, bevor die Daten verwendet werden. Diese Vorschrift dient der besonderen Sicherung des Rechtsverkehrs im digitalen Zeitalter und hat präventive Wirkung, da ein erheblicher Gefährdungsschwerpunkt bereits im Stadium der Vorbereitung liegt.
Welche Rolle spielt die Täuschungsabsicht bei der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Für die Strafbarkeit ist erforderlich, dass die Fälschung mit der Absicht erfolgt, im Rechtsverkehr zur Täuschung über eine rechtlich erhebliche Tatsache zu nutzen. Das bedeutet, die bloße Manipulation von Daten genügt für eine Strafbarkeit nach § 269 StGB nicht, wenn nicht gleichzeitig das Ziel verfolgt wird, einen anderen im Rechtsverkehr zu täuschen. Fehlt es an dieser sogenannten „Täuschungsabsicht“, reduziert sich das Verhalten gegebenenfalls auf andere Ordnungswidrigkeiten oder bleibt, soweit keine anderen Tatbestände erfüllt sind, straflos.
Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Fälschung beweiserheblicher Daten?
Das Gesetz sieht für die Fälschung beweiserheblicher Daten gemäß § 269 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Bei besonders schweren Fällen – etwa wenn die Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begangen wird – kann das Strafmaß noch darüber hinausgehen. Die konkrete Strafzumessung hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter Tatumfang, Schadenshöhe, kriminelle Energie sowie etwaige Vorstrafen des Täters. Daneben sind zivilrechtliche Schadensersatzansprüche oder arbeitsrechtliche Konsequenzen, etwa im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, möglich.
Welche prozessualen Folgen hat der Nachweis gefälschter beweiserheblicher Daten in einem Gerichtsverfahren?
Wird nachgewiesen, dass in einem Verfahren beweiserhebliche Daten gefälscht wurden, kann dies nicht nur strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf das betreffende Zivil-, Straf- oder Verwaltungsverfahren. Das Gericht kann solche Daten vom Beweis ausschließen, sie als unglaubwürdig oder irrelevant werten oder den Prozessgegner im Rahmen freier Beweiswürdigung bevorzugen. Zudem kann die Fälschung bei der Feststellung der Prozesskosten oder der Verfahrensführung berücksichtigt werden. In Extremfällen kann eine Partei auch die Verwirkung von prozessualen Rechten riskieren, etwa den Verlust des Anspruchs auf ein bestimmtes Prozessziel.