Begriff und rechtliche Einordnung der Fälschung beweiserheblicher Daten
Der Begriff der „Fälschung beweiserheblicher Daten“ bezeichnet eine strafbare Handlung im Kontext der Manipulation elektronischer Daten, die für Beweisführungen oder Entscheidungen von rechtlicher Bedeutung sind. Die Norm findet sich im deutschen Strafgesetzbuch (§ 269 StGB) und ist Teil der Vorschriften zum Schutz der Sicherheit und Integrität des Datenverkehrs. Sie erfasst sowohl das unerlaubte Erzeugen als auch die Veränderung elektronischer Daten mit Täuschungsabsicht, sofern diese Daten fähig sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen.
Historische Entwicklung
Der Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten wurde durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Bekämpfung der Computerkriminalität (Computerstrafrechtsänderungsgesetz vom 15. August 1986) eingeführt. Die Einführung zielte auf eine Anpassung des Strafrechts an die fortschreitende Digitalisierung und an neu entstandene Tatmodalitäten, denen durch traditionelle Fälschungsdelikte, insbesondere die Urkundenfälschung (§ 267 StGB), nicht ausreichend begegnet werden konnte.
Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB)
Gesetzliche Grundlage und Schutzzweck
Laut § 269 StGB macht sich strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, dass bei ihrer Wahrnehmung eine falsche, inhaltlich unwahre oder verfälschte, beweiserhebliche Tatsache als echt erscheint. Ziel des Gesetzgebers ist der umfassende Schutz der Authentizität und Integrität elektronisch gespeicherter Beweismittel im Wirtschaftsleben und Rechtsverkehr.
Geschützte Rechtsgüter
Im Mittelpunkt steht das Rechtsgut der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Beweisverkehrs mittels Datenverarbeitung. Es geht um das Vertrauen in die Echtheit und Unverfälschtheit tatbestandsrelevanter elektronischer Beweismittel.
Objektiver Tatbestand
Beweiserhebliche Daten
Beweiserhebliche Daten sind solche, die geeignet und bestimmt sind, im Rechtsverkehr Tatsachen zu beweisen. Zu diesen zählen elektronisch gespeicherte Informationsinhalte, die in einem späteren (Rechts-)Verfahren als Nachweis für ein tatsächliches Geschehen dienen könnten. Keine Rolle spielt dabei, ob die Daten tatsächlich schon Beweisfunktion haben oder konkret als Beweisstück vorgesehen sind – ausreichende ist ihre generelle Eignung und Bestimmbarkeit für die Beweisführung.
Tathandlung: Speichern oder Verändern mit Täuschungsabsicht
Die Tathandlung besteht im Erstellen, Speichern, Verändern oder Löschen von Daten, mit dem Ziel, sie als scheinbar unverfälschte, richtige oder originalgetreue Beweismittel zu präsentieren. Nicht erfasst ist das bloße Löschen von Daten ohne Täuschungsabsicht. Wesentlich ist der Wille, durch die Manipulation eine andere Person über die inhaltliche Richtigkeit der Daten zu täuschen.
Täuschungseignung
Die Manipulation muss objektiv geeignet sein, im Rechtsverkehr eine andere Person irrezuführen. Es genügt, wenn bei gewöhnlicher Verwendung der Daten eine Täuschung möglich erscheint. Ein tatsächlicher Erfolg, also eine tatsächlich eingetretene Täuschung, ist nicht erforderlich.
Subjektiver Tatbestand
Erforderlich ist Vorsatz. Der Täter muss bewusst und gewollt handeln, also insbesondere die Beweiserheblichkeit der Daten kennen und mit dem Ziel der Täuschung im Rechtsverkehr speichern oder verändern. Ein Irrtum über die Beweiserheblichkeit kann den Vorsatz ausschließen.
Versuch und Vollendung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein Unternehmensdelikt. Die Tat ist vollendet, sobald die Daten in manipulierter Form gespeichert sind, unabhängig davon, ob eine Täuschung erfolgt oder ein Schaden eintritt. Der Versuch ist nach § 269 Abs. 2 StGB strafbar und setzt ein unmittelbares Ansetzen zur Manipulation voraus.
Strafrahmen und mögliche Rechtsfolgen
Der Strafrahmen beträgt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. In besonders schweren Fällen, insbesondere bei gewerbsmäßigem oder bandenmäßigem Handeln, kann das Strafmaß erhöht werden. Daneben können weitergehende Maßnahmen wie Einziehung von Tatmitteln oder Tatprodukten greifen.
Abgrenzung zu verwandten Tatbeständen
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Anders als bei der Urkundenfälschung liegt bei der Fälschung beweiserheblicher Daten kein körperschaftlich festes, verkörpertes Dokument vor. Die Datenexistenz im elektronischen Raum genügt. Überschneidungen sind möglich, sobald elektronische Daten in Körperurkunden transferiert werden (wie etwa Ausdrucke gefälschter Dokumente), was eine Qualifikation als Urkundsdelikt nach sich ziehen kann. Im Regelfall verdrängt jedoch die speziellere Norm § 269 StGB die allgemeine Urkundenfälschung.
Datenveränderung (§ 303a StGB) und Computersabotage (§ 303b StGB)
§ 303a StGB stellt allgemein das unbefugte Verändern, Löschen oder Unterdrücken von Daten unter Strafe, unabhängig vom Beweiswert. Entscheidend für § 269 StGB ist, dass die Daten eine konkrete Beweiseignung aufweisen und das Handeln täuschungsgerichtet ist. Computersabotage nach § 303b StGB zielt auf die Beeinträchtigung von Datenverarbeitungsvorgängen ab und ist regelmäßig kein Beweismittelfälschungsdelikt.
Praktische Relevanz und Fallkonstellationen
Beispiele für die Fälschung beweiserheblicher Daten finden sich etwa im betrügerischen Erstellen elektronischer Kontoauszüge, dem Manipulieren von Finanzbuchhaltungen, dem Verfälschen von Logfiles oder in der Erstellung von manipulativen Messwertprotokollen. Gerade im betrieblichen Kontext, etwa bei Wirtschaftsstraftaten, haben elektronische Datenbeweismittel enorme praktische Bedeutung. Die zunehmende Digitalisierung und der Einsatz elektronischer Signaturen und Zertifikate führen zu einer steigenden Anzahl potenzieller Tatmodalitäten.
Internationaler Vergleich
Andere Staaten verfügen über vergleichbare Normen zum Schutz der Integrität elektronischer Beweismittel. Auf EU-Ebene bestehen harmonisierende Richtlinien, insbesondere im Zusammenhang mit der Computer- und Cyberkriminalität.
Fazit
Die Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 StGB stellt eine zentrale Norm zum Schutz der Integrität elektronischer Beweismittel im digitalen Zeitalter dar. Sie geht über das klassische Urkundsdelikt hinaus und trägt der fortschreitenden Digitalisierung Rechnung. Täterische Handlungen können mit erheblichen Sanktionen geahndet werden, wobei der Straftatbestand eine bedeutende Rolle im modernen Wirtschaftsleben und Rechtsverkehr einnimmt.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Fälschung beweiserheblicher Daten?
Die Fälschung beweiserheblicher Daten stellt in Deutschland eine Straftat nach § 269 StGB (Fälschung beweiserheblicher Daten) dar. Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so manipuliert, dass bei deren weiterer Verarbeitung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Der Versuch ist ebenfalls strafbar. Der Straftatbestand ist dem der Urkundenfälschung nach § 267 StGB nachgebildet, bezieht sich jedoch speziell auf Daten, die nicht unbedingt in verkörperter, sondern auch in digitaler Form vorliegen. Neben strafrechtlichen Folgen können auch arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Kündigung und berufsrechtliche Folgen, etwa ein Verlust der Berufszulassung, drohen. Zudem können durch die Fälschung gezogene Vorteile zurückgefordert werden (zivilrechtliche Rückabwicklung), und es können Schadensersatzansprüche entstehen.
Welche Daten gelten im Sinne des § 269 StGB als „beweiserheblich“?
Beweiserheblich ist eine elektronische Aufzeichnung oder sonstige Daten, wenn sie geeignet und bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen wie zum Beispiel elektronische Verträge, digitale Signaturen, Buchhaltungsdaten oder auch E-Mails, die zur Dokumentation bestimmter Vorgänge oder Erklärungen dienen. Es kommt hierbei darauf an, dass die Daten in einem potentiellen Streitfall oder in einem Verwaltungsverfahren einen maßgeblichen Beweis darstellen könnten. Es ist erforderlich, dass die Echtheit oder inhaltliche Korrektheit der Daten für eine Rechtsfolge relevant sein kann. Technische Daten, die keinen Beweiswert für rechtserhebliche Vorgänge haben, fallen nicht unter diesen Schutz.
Wie unterscheidet sich die Fälschung beweiserheblicher Daten von der klassischen Urkundenfälschung?
Während die Urkundenfälschung (§ 267 StGB) sich auf schriftlich verkörperte Erklärungen bezieht, fokussiert § 269 StGB auf elektronische Daten, die einen Erklärungsgehalt tragen und dem Beweis im Rechtsverkehr dienen. Die Fälschung beweiserheblicher Daten erfasst insbesondere Tatbestände der Datenmanipulation, bei denen keine sichtbare Urkunde erstellt wird, sondern beispielsweise digitale Dokumente oder Datenbanken manipuliert werden. Die Tathandlung besteht also im Verfälschen, Herstellen oder Speichern von Daten mit dem Ziel, im Rechtsverkehr zu täuschen. Beide Straftatbestände ähneln sich im Unrechtsgehalt, unterscheiden sich aber im Tatobjekt.
Welche Tathandlungen werden von § 269 StGB erfasst?
§ 269 StGB umfasst das Herstellen, Verfälschen, Speichern oder Gebrauchen von beweiserheblichen Daten, die einen von der Wahrheit abweichenden Inhalt haben. Auch der Versuch, etwa das Vorbereiten oder das Abspeichern manipulierter Daten, ist strafbar. Die Manipulation muss mit der Absicht erfolgen, im Rechtsverkehr zu täuschen. Ein Beispiel ist das Verändern eines digitalen Vertrags, das Einfügen gefälschter Buchungssätze in einer Finanzbuchhaltung oder das Erstellen von gefälschten Zertifikaten mittels Softwaretools. Auch der Gebrauch, also die Nutzung der gefälschten Daten zur Täuschung in einem Verfahren, ist tatbestandlich erfasst.
Wer kann Opfer einer solchen Straftat werden?
Grundsätzlich kann jeder, der im Rechtsverkehr auf die Echtheit und Unverfälschtheit digitaler Daten angewiesen ist, Opfer einer Fälschung beweiserheblicher Daten werden. Dies betrifft Unternehmen, Behörden, Gerichte, aber auch Privatpersonen. Besonders betroffen sind Sektoren, in denen digitale Nachweise entscheidende Bedeutung haben, etwa der Finanzsektor, das Gesundheitswesen, der Online-Handel und die öffentliche Verwaltung. Die Geschädigten können sowohl unmittelbare Vermögensschäden (z. B. durch betrügerische Geldtransfers) als auch immaterielle Schäden (z. B. Vertrauensverlust, Imageschäden) erleiden.
Wie wird die Fälschung beweiserheblicher Daten nachgewiesen?
Der Nachweis einer Fälschung beweiserheblicher Daten erfolgt meist durch Sachverständigengutachten, die etwa Manipulationen in digitalen Aufzeichnungssystemen oder die Unstimmigkeit von Datensätzen belegen können. Zudem kommen Logfiles, Datenbankprotokolle, Vergleichsprüfungen und softwaretechnische Analysen zum Einsatz. Die Beweisführung gestaltet sich oft technisch komplex und erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Justiz, IT-Forensik und ggf. betroffenen Unternehmen. Wichtig für den Nachweis ist die Feststellung, dass die datenverarbeitenden Systeme tatsächlich manipuliert und die Daten im Rechtsverkehr eingesetzt wurden. Dokumentierte Zugriffskontrollen oder Audit-Trails spielen eine große Rolle im Ermittlungsprozess.
Gibt es rechtliche Unterschiede bei der Fälschung beweiserheblicher Daten im privaten und öffentlichen Bereich?
Grundsätzlich gilt § 269 StGB für alle Bereiche des Rechtsverkehrs, unabhängig davon, ob sie im privaten oder im öffentlichen Bereich stattfinden. Allerdings können im öffentlichen Bereich noch weitere Straftatbestände hinzutreten, wie etwa Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB), Amtsanmaßung (§ 132 StGB) oder Tatbestände aus dem Verwaltungsrecht. Das Maß der Strafverfolgung und die zu erwartende Strafe können sich anhand der Schadenshöhe, des betroffenen Rechtsguts und der individuellen Umstände unterscheiden. Im öffentlichen Bereich sind die Folgen oft weitreichender, insbesondere bei Vertrauensverlust in staatliche Institutionen und Amtsträger.