Begriff und rechtliche Einordnung der Fälschung beweiserheblicher Daten
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein strafrechtlicher Tatbestand des deutschen Strafgesetzbuches (StGB). Sie steht in engem Zusammenhang mit der fortschreitenden Digitalisierung und beschreibt die unbefugte Manipulation digitaler Daten, die im Rechtsverkehr als Beweismittel verwendet werden können. Der Straftatbestand wurde 1997 mit dem 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) neu gefasst und findet sich in § 269 StGB.
Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten
Objektive Tatbestandsmerkmale
Die Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 StGB setzt voraus, dass eine Täterschaft unechte oder verfälschte Daten von rechtserheblicher Bedeutung im Rechtsverkehr gebraucht oder erstellt. Eine Besonderheit des Tatbestands ist, dass sich dieser ausdrücklich auf „beweiserhebliche“ Daten bezieht, womit alle digitalen Informationen gemeint sind, die im Rechtsverkehr zur Erbringung eines Beweises vorgesehen oder geeignet sind.
Für die Vollendung des Straftatbestandes genügt die Erzeugung oder Manipulation von Daten, sodass bei ihrer ordnungsgemäßen Anwendung eine Täuschung über einen rechtlich erheblichen Umstand hervorgerufen werden kann. Die Beweiserheblichkeit beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweisführung im Zivil- oder Strafprozess.
Subjektiver Tatbestand
Für eine Strafbarkeit gem. § 269 StGB ist Vorsatz erforderlich. Der Vorsatz muss sich sowohl auf die Manipulation oder Erzeugung unechter Daten als auch auf deren Beweiseignung im Rechtsverkehr beziehen. Die Motivation des Täters ist hingegen unerheblich.
Tathandlungen
- Herstellen unechter Daten: Das Erstellen digitaler Daten, die inhaltlich unwahr sind und einen falschen Eindruck eines realen Geschehens erwecken.
- Verfälschen echter Daten: Nachträgliche Veränderung ursprünglich wahrer Daten.
- Gebrauchmachen von gefälschten Daten: Das Verwenden der manipulierten Daten im Rechtsverkehr, etwa durch Einreichen vor Gericht.
Beweiserheblichkeit
Beweiserheblich sind Daten dann, wenn sie im Rahmen eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens Beweisfunktion erfüllen können. Typische Beispiele sind digitale Unterschriften, E-Mails mit Vertragsinhalten oder elektronische Protokolle.
Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Die Fälschung beweiserheblicher Daten bezieht sich ausschließlich auf digitale Daten. Demgegenüber erfasst die Urkundenfälschung § 267 StGB ausschließlich körperliche Dokumente.
Datenveränderung (§ 303a StGB)
Während § 269 StGB auf die Beweiserheblichkeit und Täuschung im Rechtsverkehr abstellt, erfasst § 303a StGB jede rechtswidrige Manipulation digitaler Daten ohne Rücksicht auf deren Beweiseignung. Überschneidungen können auftreten, insbesondere wenn eine Datenveränderung gleichzeitig eine Fälschung beweiserheblicher Daten darstellt.
Strafmaß und Rechtsfolgen
Gemäß § 269 Absatz 1 StGB wird die Fälschung beweiserheblicher Daten mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Der Versuch ist gemäß § 269 Absatz 2 StGB ebenfalls strafbar. In besonders schweren Fällen können höhere Strafen verhängt werden.
Bedeutung in der Praxis
Mit zunehmender Digitalisierung und dem Ersatz papiergebundener Urkunden durch elektronische Systeme gewinnt der Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten stetig an Bedeutung. Anwendungen finden sich insbesondere in den Bereichen E-Commerce, E-Government, digitalen Bankgeschäften sowie bei digitalen Nachweisen und Signaturen.
Ein präventiver Schutz ist unter anderem durch technische Sicherungsmaßnahmen gegeben, beispielsweise durch Verschlüsselung, digitale Signaturen und Zugriffskontrollen.
Verhältnis zu internationalen Regelungen
Im Rahmen der internationalen Strafverfolgung ist die Fälschung beweiserheblicher Daten mit Richtlinien und Übereinkommen abgestimmt, insbesondere mit dem Übereinkommen des Europarats über Computerkriminalität (Budapester Übereinkommen), das eine Harmonisierung der materiellen Strafvorschriften hinsichtlich der Datenfälschung anstrebt.
Verjährung
Die Verfolgungsverjährung für die Fälschung beweiserheblicher Daten richtet sich nach § 78 Absatz 3 Nr. 4 StGB und beträgt in der Regel fünf Jahre.
Zusammenfassung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein eigenständiger Straftatbestand zum Schutz der Integrität digitaler Beweismittel im Rechtsverkehr. Sie trägt den Anforderungen der digitalen Welt Rechnung, grenzt sich klar von der Urkundenfälschung und allgemeinen Datenveränderung ab und stellt ein zentrales Instrument zur Bekämpfung von Computerkriminalität dar. Der Gesetzgeber trägt damit der zunehmenden Verlagerung des Rechtsverkehrs in digitale Umgebungen Rechnung und schafft ein hohes Schutzniveau für die Verlässlichkeit digitaler Dokumentation und Kommunikation.
Häufig gestellte Fragen
Welche Sanktionen drohen bei der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Wer beweiserhebliche Daten fälscht, muss mit erheblichen strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Gemäß § 269 StGB (Fälschung beweiserheblicher Daten) droht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. In besonders schweren Fällen, beispielsweise bei einer gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Begehungsweise, sind auch höhere Strafen möglich. Neben der strafrechtlichen Verfolgung kann es auch zivilrechtliche Folgen geben, etwa Schadensersatzforderungen durch geschädigte Dritte. Ausschlaggebend für das Strafmaß sind die Umstände der Tat, der entstandene Schaden, das Maß der kriminellen Energie sowie die Vorstrafen des Täters. Häufig erfolgt zusätzlich ein Eintrag im Führungszeugnis, was weitreichende berufliche Konsequenzen haben kann. Darüber hinaus stehen auch berufsrechtliche Sanktionen im Raum, wie etwa der Verlust bestimmter Zulassungen oder Approbationen, insbesondere bei besonders vertrauenswürdigen Berufsgruppen wie Ärzten, Anwälten oder Notaren.
Ist ein Versuch der Fälschung beweiserheblicher Daten ebenfalls strafbar?
Anders als bei einigen anderen Delikten ist bei der Fälschung beweiserheblicher Daten auch der Versuch strafbar. Schon der Versuch der Täuschung, also das bloße Vorbereiten und Verändern von Daten mit dem Ziel, im Rechtsverkehr einen Irrtum zu erregen, genügt für die Strafbarkeit. Es muss also nicht zum tatsächlichen Schaden oder zur Verwendung der gefälschten Daten gekommen sein. Das Gesetz sieht bereits im Versuch eine potentielle Gefahr für die Integrität und Sicherheit des Rechtsverkehrs. In der Praxis wird dies oft dann relevant, wenn beispielsweise Daten manipuliert werden, bevor sie überhaupt einer Stelle oder einer Person zur Beweisführung vorgelegt werden. Die Strafe für den Versuch richtet sich nach § 23 StGB und kann gemildert werden, bleibt aber in der Regel deutlich spürbar.
Welche Unterschiede bestehen zwischen Fälschung beweiserheblicher Daten und Urkundenfälschung?
Die Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 StGB ist eng verwandt mit der klassischen Urkundenfälschung nach § 267 StGB, unterscheidet sich jedoch im Tatobjekt. Während sich die Urkundenfälschung auf physisch existierende Dokumente mit Beweisfunktion bezieht, zielt die Fälschung beweiserheblicher Daten auf digitale Informationen ab, die keine verkörperte Form besitzen. Das betrifft unter anderem E-Mails, digitale Dateien, Datensätze oder elektronische Belege, die für den Rechtsverkehr Beweisbedeutung haben. Bei beiden Straftaten ist entscheidend, dass eine Täuschungshandlung vorliegt, um eine beweiserhebliche Tatsache vorzuspielen oder zu verfälschen. Weiterhin sind bei der Fälschung beweiserheblicher Daten spezifische Manipulationshandlungen an den Daten selbst erforderlich, etwa durch Löschen, Verändern oder Hinzufügen von digitalen Informationen.
Welche Rolle spielt das Motiv des Täters bei der Strafzumessung?
Das Motiv des Täters ist bei der Strafzumessung ein wichtiger Aspekt, allerdings ist es für die bloße Strafbarkeit nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist, dass die Manipulation vorsätzlich erfolgt und darauf abzielt, im Rechtsverkehr eine Täuschung zu bewirken. Wohl aber kann das Motiv als strafmildernder oder strafschärfender Umstand gewertet werden. Handelt es sich etwa um Bereicherungsabsicht, drohen strengere Strafen. Werden Daten aus geringfügigen Beweggründen, wie etwa einer unbedachten Gefälligkeit, manipuliert, kann dies mildernde Wirkung haben. In Fällen, in denen die Tat aus einer Notlage heraus erfolgt, wird dies gegebenenfalls ebenfalls strafmildernd berücksichtigt. Auch Reue, Schadenswiedergutmachung und ein Geständnis vor Entdeckung können sich günstig auf das Strafmaß auswirken.
Wie werden digitale Beweise im Gerichtsprozess bewertet?
Digitale Beweise, die im Zusammenhang mit der Fälschung beweiserheblicher Daten eine Rolle spielen, unterliegen im Gerichtsprozess einer besonders sorgfältigen Prüfung. Das Gericht muss feststellen, ob die vorgelegten Daten tatsächlich authentisch und unverändert sind. Hierfür werden häufig Sachverständige hinzugezogen, die beispielsweise durch forensische Analysen feststellen, ob Manipulationen vorgenommen wurden. Die Beurteilung der Beweisqualität hängt von Faktoren wie der Speicherung, Aufbewahrung und den Zugriffsprotokollen der digitalen Daten ab. Bei begründetem Verdacht auf eine Fälschung kann das Gericht eine umfassende technische Überprüfung der Dateien anordnen. Nur wenn die Echtheit der Daten hinreichend bewiesen werden kann, finden diese im Strafprozess Berücksichtigung.
Gibt es Verjährungsfristen bei der Strafverfolgung der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Wie bei anderen Straftatbeständen gilt auch für die Fälschung beweiserheblicher Daten eine Verjährungsfrist, innerhalb derer das Delikt strafrechtlich verfolgt werden kann. Nach § 78 StGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist fünf Jahre. Die Frist beginnt mit Beendigung der Tat, also etwa ab dem Zeitpunkt, zu dem die Fälschung abgeschlossen ist. Sollte besonders schwerer Betrug oder eine andere schwere Straftat im Zusammenhang stehen, können abweichende Verjährungsfristen Anwendung finden. Wird die Tat entdeckt, beginnt die Verjährungsfrist nicht erneut zu laufen, allerdings kann die Ermittlungsdauer oder eventuelle Unterbrechungshandlungen durch die Staatsanwaltschaft die Frist zeitweise aussetzen.
Welche Mitwirkungspflichten treffen Unternehmen im Falle eines Verdachts auf Fälschung beweiserheblicher Daten?
Unternehmen, in deren Verantwortungsbereich ein Verdacht auf Fälschung beweiserheblicher Daten aufkommt, sind verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten. Sie müssen relevante Daten sichern, Aufzeichnungen und interne Protokolle zur Verfügung stellen und gegebenenfalls interne Untersuchungen einleiten. Es besteht zudem eine Pflicht zur Anzeige bei schwerwiegenden Verdachtsmomenten – insbesondere im Bereich der Finanzwirtschaft oder bei börsennotierten Unternehmen können Meldepflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder anderen aufsichtsrechtlichen Regelungen bestehen. Gleichfalls müssen Unternehmen arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen verdächtige Mitarbeiter prüfen, um sich nicht dem Vorwurf einer Beihilfe oder Mittäterschaft auszusetzen. Je nach Sachlage sind auch Datenschutzbestimmungen aus der DSGVO zu beachten, zum Beispiel bei der Weitergabe von personenbezogenen Daten an Behörden.