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Fälschung beweiserheblicher Daten


Begriff und rechtliche Einordnung der Fälschung beweiserheblicher Daten

Die Fälschung beweiserheblicher Daten stellt in Deutschland einen eigenständigen Straftatbestand dar, der im Rahmen der Digitalisierung von Lebens- und Rechtsverhältnissen an Bedeutung gewonnen hat. Während das klassische Urkundenstrafrecht vor allem auf körperliche Dokumente Bezug nimmt, schützt der Straftatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten insbesondere elektronische Daten und sorgt so für eine Anpassung des Strafrechtsschutzes an moderne technische Entwicklungen. Die Regelungen finden sich primär in § 269 des Strafgesetzbuches (StGB).

Historische Entwicklung und Gesetzeszweck

Die Einführung des Straftatbestands im Jahr 1986 erfolgte im Zuge des Computerstrafrechtsänderungsgesetzes (1986), um die durch Digitalisierung entstehenden Schutzbedürfnisse im Beweis- und Rechtsverkehr zu adressieren. Ziel ist es, dem Missbrauch digitaler Informationsverarbeitung entgegenzuwirken und die Integrität elektronischer Dokumente zu wahren.

Tatbestand und Voraussetzungen (§ 269 StGB)

Objektiver Tatbestand

Der objektive Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten besteht aus mehreren Merkmalen:

Daten

Unter den Begriff „Daten“ fallen alle gespeicherten oder übermittelten Informationen, die elektronisch, magnetisch oder ähnlich nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert oder übermittelt werden und zur Beweisführung im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt sind. Typische Beispiele sind digitale Dokumente, elektronische Unterschriften oder sonstige elektronische Aufzeichnungen.

Tathandlung

Der Gesetzestext unterscheidet zwei primäre Tathandlungen:

  • Herstellen unechter Daten: Hierbei werden Daten erstellt, deren Existenz oder Inhalt auf einer Täuschung beruht und die geeignet sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen.
  • Verfälschen echter Daten: Dies meint die nachträgliche Veränderung vorhandener, ursprünglich wahrer und beweiserheblicher Daten mit dem Ziel, diese im Rechtsverkehr falsch erscheinen zu lassen.

Der Eintritt einer Täuschung im Rechtsverkehr ist nicht erforderlich; es genügt bereits das Handeln mit Fälschungsabsicht.

Zum Täuschen im Rechtsverkehr bestimmt

Das Tatobjekt muss zur Täuschung im Rechtsverkehr bestimmt sein. Es genügt, wenn der Täter die Absicht hat, mittels der Daten einen anderen über eine rechtlich erhebliche Tatsache irrezuführen.

Subjektiver Tatbestand

Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist Vorsatz, wobei bedingter Vorsatz ausreicht. Zusätzlich muss der Täter mit dem Vorsatz handeln, zur Täuschung im Rechtsverkehr zu agieren.

Konkurrenzen und Abgrenzungen

Verhältnis zur Urkundenfälschung (§ 267 StGB)

Der Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten ergänzt das klassische Delikt der Urkundenfälschung, das ausschließlich körperliche Dokumente betrifft. Seit der gesetzlichen Klarstellung werden Informationsinhalte, die rein elektronisch vorliegen, unter die Fälschung beweiserheblicher Daten subsumiert. Kommt es sowohl zur Beeinflussung eines körperlichen Dokuments als auch der zugrundeliegenden elektronischen Information, liegt regelmäßig Tateinheit vor.

Unterschied zu Datenveränderung (§ 303a StGB)

Während sich die Fälschung beweiserheblicher Daten auf die Beweisfunktion von Daten bezieht, schützt § 303a StGB die Integrität von Daten an sich (sog. Datenveränderung), ohne dass eine Beweiseignung erforderlich ist. Liegt eine Beeinflussung der Beweisfunktion vor, wird § 269 StGB als speziellere Norm vorrangig angewendet.

Strafmaß und Rechtsfolgen

Nach § 269 Abs. 1 StGB wird die Fälschung beweiserheblicher Daten mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet. Der Versuch dieser Straftat ist gemäß § 269 Abs. 2 StGB ebenfalls strafbar.

Besonders schwere Fälle, beispielsweise bei gewerbsmäßigem oder bandenmäßigen Handeln, können nach § 269 Abs. 3 StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren geahndet werden.

Täterkreis und Teilnahmeformen

Sowohl natürliche als auch juristische Personen können den Straftatbestand verwirklichen, sofern die jeweiligen Handlungen im Innenverhältnis rechtswirksam zugerechnet werden können. Auch Anstiftung und Beihilfe zur Fälschung beweiserheblicher Daten sind strafbar.

Versuch, Vollendung und Beendigung

Der Versuch ist strafbar. Vollendung tritt ein, sobald die gefälschten oder verfälschten Daten zur Täuschung im Rechtsverkehr bestimmt hergestellt worden sind, unabhängig davon, ob sie bereits im Rechtsverkehr Verwendung gefunden haben.

Rechtstatsachen und Bedeutung in der Praxis

Mit der zunehmenden Verlagerung rechtsverbindlicher Kommunikation und Dokumentation in digitale Sphären gewinnt der Straftatbestand stetig an Bedeutung. Beispiele aus der Praxis umfassen gefälschte Zertifikate, manipulierte digitale Urkunden, modifizierte E-Mail-Beweismittel oder veränderte Datenbanken mit Rechtsfolgen.

Rechtspolitische Bewertung und Reformdiskussion

Gesetzgeber und Rechtsprechung stehen kontinuierlich vor der Herausforderung, am technischen Fortschritt orientierte Anpassungen vorzunehmen. Debatten betreffen insbesondere Anforderungen an die beweiserhebliche Eigenschaft digitaler Medien sowie die Angemessenheit des Strafrahmens in Zeiten zunehmender professioneller Cyberkriminalität.

Literaturverzeichnis

  • Fischer, Strafgesetzbuch Kommentar, § 269
  • Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch Kommentar, § 269
  • BT-Drucksache 10/5058, Gesetzesbegründung zur Einführung des Computerstrafrechts
  • Joecks/Miebach, Studienkommentar StGB

Hinweis: Dieser Artikel dient Informationszwecken und bildet den Stand der Gesetzgebung und Rechtsprechung bis einschließlich Juni 2024 ab.

Häufig gestellte Fragen

In welchen Rechtsbereichen spielt die Fälschung beweiserheblicher Daten eine Rolle?

Die Fälschung beweiserheblicher Daten betrifft vorrangig das Strafrecht, da sie als Straftatbestand die Integrität des Rechtsverkehrs gefährdet. Insbesondere das Strafgesetzbuch (StGB) normiert im § 269 StGB die „Fälschung beweiserheblicher Daten“ als eigenständigen Straftatbestand. Aber auch im Zivil- und Verwaltungsrecht kann die Vorlage gefälschter Daten zu zivilrechtlichen Ansprüchen, wie etwa Schadenersatz oder Rückabwicklung von Verträgen, führen. Zudem können disziplinarrechtliche Folgen im Berufsrecht (beispielsweise für Ärzte, Rechtsanwälte oder Beamte) entstehen, wenn im Zusammenhang mit der Berufsausübung beweiserhebliche Daten manipuliert werden.

Welche Folgen drohen bei einer Verurteilung wegen Fälschung beweiserheblicher Daten?

Eine Verurteilung nach § 269 StGB zieht strafrechtliche Sanktionen nach sich. Das Gesetz sieht hierfür Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. In besonders schweren Fällen, etwa bei gewerbsmäßigem oder bandenmäßigem Vorgehen, kann das Strafmaß erhöht werden. Neben der strafrechtlichen Sanktion kann das Urteil auch berufsrechtliche Konsequenzen wie den Entzug von Approbationen, Kammerausschluss oder weitere Disziplinarmaßnahmen nach sich ziehen. Darüber hinaus ist eine zivilrechtliche Haftung möglich, insbesondere wenn durch die Fälschung einem Dritten ein finanzieller Schaden entstanden ist. Die Eintragung der Verurteilung ins Führungszeugnis kann langfristige Auswirkungen auf das soziale und berufliche Leben haben.

Wie wird im Strafprozess die Echtheit beweiserheblicher Daten überprüft?

Im Strafprozess liegt die Beweiswürdigung bei Gericht. Zur Überprüfung der Echtheit beweiserheblicher Daten werden oft Sachverständige, insbesondere IT-Forensiker, hinzugezogen. Diese analysieren Metadaten, Datei-Herkünfte, Veränderungen oder rekonstruieren Abläufe digitaler Bearbeitungen. Weitere Maßnahmen können die Beschlagnahme technischer Geräte, Einsicht in Logdaten, Rückverfolgung von Zugriffen sowie Zeugenvernehmungen umfassen. Der Nachweis der Fälschung kann zudem über forensische Software erfolgen, die Veränderungen an digitalen Dokumenten nachvollziehbar macht.

Was unterscheidet die Fälschung beweiserheblicher Daten von der Urkundenfälschung?

Auch wenn beide Delikte – Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) und Urkundenfälschung (§ 267 StGB) – den Schutz des Beweisverkehrs im Rechtsleben bezwecken, unterscheiden sie sich durch das zu schützende Objekt. Während die Urkundenfälschung sich auf physische oder elektronische Urkunden bezieht, stellt § 269 StGB gezielt auf beweiserhebliche Daten ab, die nicht notwendigerweise in einer verkörperten Form vorliegen müssen. Damit wurde der Straftatbestand an die Bedürfnisse der digitalen Gesellschaft angepasst und schützt insbesondere Daten, die als Beweismittel im Rechtsverkehr genutzt werden, aber nicht den Urkundenbegriff erfüllen.

Welche Handlungsmuster erfüllen den Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten?

Der Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten wird durch das Manipulieren, Verändern, Löschen oder Erstellen unechter oder verfälschter Daten erfüllt, sofern diese geeignet sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen. Darunter fallen beispielsweise das Verändern von E-Mail-Inhalten, das Manipulieren von Logfiles oder medizinischer Befunddaten, das Anfertigen gefälschter elektronischer Dokumente oder das gezielte Löschen von Informationseinträgen, um einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Anschein zu erwecken oder ein Geschehen zu verschleiern. Wesentlich ist, dass die Handlung mit Täuschungsabsicht und zum Gebrauch als Beweismittel erfolgt.

Gibt es Möglichkeiten der Strafmilderung oder Straffreiheit?

Wie bei anderen strafrechtlichen Delikten auch, gibt es unter Umständen Möglichkeiten für eine Strafmilderung. Dies ist etwa der Fall, wenn der Täter sich frühzeitig offenbart, die Tat gestanden und zur Aufklärung beigetragen hat, oder wenn er den entstandenen Schaden freiwillig wiedergutmacht. Im Einzelfall können besondere persönliche und soziale Umstände strafmildernd berücksichtigt werden. Das Gericht entscheidet unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls über das Strafmaß. Bei minder schwerem Fall kann das Gericht die Strafe nach unten hin abmildern.

Wie lange kann die Fälschung beweiserheblicher Daten strafrechtlich verfolgt werden?

Die Verfolgungsverjährung richtet sich nach § 78 StGB. Der Grundtatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) unterliegt normalerweise einer Verjährungsfrist von fünf Jahren. In besonders schweren Fällen oder bei Tatbeteiligung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung kann sich dieser Zeitraum entsprechend der Schwere der Tat verlängern. Die Frist beginnt mit dem Abschluss der Tat, also dem letzten Manipulationsakt, zu laufen. Innerhalb der Verjährungsfrist kann die Tat verfolgt und der Täter angeklagt werden.