Begriff und Allgemeines zur Fälschung beweiserheblicher Daten
Die Fälschung beweiserheblicher Daten stellt eine besondere Form der Urkundenfälschung im deutschen Strafrecht dar, die sich speziell auf elektronische oder digitale Daten bezieht. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung der Computerkriminalität wurde § 269 Strafgesetzbuch (StGB) eingeführt, um der zunehmenden Bedeutung digitaler Informationssysteme bei der Beweisführung im Rechtsverkehr Rechnung zu tragen. Die Strafvorschrift ergänzt damit den Schutzbereich der klassischen Urkundenfälschung (§ 267 StGB) und soll Manipulationen von Daten, die als Beweismittel dienen können, unter Strafe stellen.
Gesetzliche Regelung und Tatbestand
Normierung im Strafgesetzbuch
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist in § 269 StGB geregelt. Die Vorschrift ist Teil des 23. Abschnitts „Urkundenfälschung und verwandte Straftaten“ und lautet auszugsweise:
„Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, dass bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Tatbestandsmerkmale
Umfasst sind folgende zentrale Elemente:
- Beweiserhebliche Daten: Daten, die geeignet und bestimmt sind, als Beweis im Rechtsverkehr zu dienen (z. B. elektronische Dokumente, Buchungen, Protokolldaten).
- Speichern oder Verändern: Das erstmalige Festlegen oder das nachträgliche Abändern solcher Daten.
- Täuschung im Rechtsverkehr: Die Absicht, im Rechtsverkehr über rechtlich erhebliche Tatsachen zu täuschen.
- fiktive Urkunde: Das Manipulat der Daten muss dazu geeignet sein, den Anschein einer echten, bislang so nicht existenten Urkunde zu erwecken.
Schutzgut und Bedeutung
Der Schutz erstreckt sich auf die Echtheit und Unverfälschtheit digitaler Beweis-Daten, die zunehmend klassische Urkunden als Beweismittel ersetzen. Der Gesetzgeber wollte hiermit dem Missbrauch digitaler Techniken begegnen und eine Strafbarkeitslücke schließen, die sich durch die Digitalisierung und den vermehrten Einsatz elektronischer Dokumente eröffnet hatte.
Abgrenzung zu verwandten Tatbeständen
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Von der Datenfälschung ist die klassische Urkundenfälschung zu unterscheiden: Während § 267 StGB auf verkörperte Erklärungen (Papierurkunden) abzielt, besteht der Unterschied bei § 269 StGB darin, dass die Falschbeurkundung im Bereich unkörperlicher Daten erfolgt.
Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 StGB)
§ 268 StGB schützt technische Aufzeichnungen (z. B. Messprotokolle), die unmittelbar durch Geräte erstellt werden und nicht für menschliche Erklärungen bestimmt sind. Die Abgrenzung liegt hier im besonderen Schutz technischer, maschinengenerierter Daten.
Computerbetrug (§ 263a StGB)
Der Computerbetrug ist von der Fälschung beweiserheblicher Daten abzugrenzen; bei § 263a StGB steht die unbefugte Benutzung von Datenverarbeitungsanlagen zum Zwecke der Täuschung über Vermögenswerte im Vordergrund, während § 269 StGB auf die Beweiseignung der Daten abstellt.
Tathandlung und Taterfolg
Speicherung oder Veränderung beweiserheblicher Daten
Die Tathandlung erfasst sowohl das erstmalige Erzeugen (Speichern) als auch das nachträgliche Abändern (Verändern) beweiserheblicher Daten. Die Handlung muss darauf gerichtet sein, eine gedankliche Erklärung vorzuspielen, die zuvor nicht vorlag oder abgeändert wurde.
Täuschungsabsicht
Es ist erforderlich, dass der Täter mit Täuschungsabsicht handelt, das heißt, es muss eine Absicht bestehen, im Rechtsverkehr einen Irrtum über die Echtheit oder den Inhalt der Daten hervorzurufen. Ein Beispiel ist die nachträgliche Manipulation von Protokolldateien, Geschäftsbüchern oder Zahlungsanweisungen.
Beweiserhebliche Daten
Als beweiserheblich gelten Daten, die im Rechtsverkehr Beweisfunktionen übernehmen, wie etwa in digitalen Buchhaltungen, Protokollen, Kontoauszügen oder elektronischen Verträgen. Private, nicht beweisbezogene Daten fallen dagegen nicht unter den Anwendungsbereich.
Versuch und Vollendung
Die Vollendung der Tat liegt bereits mit dem Abspeichern oder Verändern der Daten zu Täuschungszwecken vor; ein tatsächlicher Eintritt eines Schadens oder eine Benutzung der Daten als Beweis ist nicht erforderlich.
Der Versuch der Fälschung beweiserheblicher Daten ist nach § 269 Abs. 2 StGB strafbar. Der Versuch liegt bereits vor, wenn mit der Manipulation oder Speicherung begonnen, diese aber noch nicht abgeschlossen wurde.
Strafandrohung
Die Strafandrohung sieht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. In besonders schweren Fällen, etwa wenn gewerbsmäßig oder von einer Bande gehandelt wird, greifen die allgemeinen Strafschärfungen des Strafrechts.
Strafprozessuale Aspekte und Verfolgung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein sogenanntes Offizialdelikt, das heißt, sie wird von den Strafverfolgungsbehörden auch ohne Strafantrag verfolgt. Ermittlungen können auf Anzeige, aber auch durch Eigeninitiative der Behörden erfolgen.
Im Strafverfahren kommt die besondere Bedeutung der Datenforensik und IT-Beweismittelsicherung zum Tragen, da der Nachweis der Manipulation oft spezielles technisches Sachwissen und Auswertung digitaler Spuren erfordert.
Praxisbeispiele
Typische Anwendungsfälle sind etwa die Manipulation von elektronischen Handelsregistern, Online-Banking-Transaktionen, digitalen Warenwirtschaftssystemen oder elektronischen Fahrtenbüchern.
Beispiel: Eine Person ändert in einem EDV-System nachträglich die Protokolleinträge eines elektronischen Kassenbuchs, um einen zu niedrigen Kassenbestand zu verschleiern.
Verhältnis zu internationalen Regelungen
Im internationalen Kontext finden sich vergleichbare Straftatbestände im „Übereinkommen über Computerkriminalität“ (Budapester Konvention), das auf eine Harmonisierung der Strafvorschriften im Bereich der Computerkriminalität abzielt.
Literatur und Weiterführendes
Für die vertiefte Auseinandersetzung empfiehlt sich das Studium einschlägiger Fachliteratur zum Computerstrafrecht, Kommentierungen zum § 269 StGB sowie der aktuellen Rechtsprechung.
Mit dieser Übersicht sollen alle wesentlichen rechtlichen Aspekte der Fälschung beweiserheblicher Daten im Sinne einer umfassenden Rechtslexikon-Eintragung abgedeckt und eine fundierte Grundlage für weitergehende Nachforschungen bereitgestellt werden.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Folgen drohen bei einer Fälschung beweiserheblicher Daten?
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist gemäß § 269 StGB strafbar und zieht erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich. Im Strafgesetzbuch wird die Tat wie die Fälschung von Urkunden behandelt. Die Strafe reicht von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen, beispielsweise bei gewerbsmäßigem Vorgehen oder erheblichem Schaden, kann die Strafe noch höher ausfallen. Neben strafrechtlichen Sanktionen drohen zivilrechtliche Konsequenzen wie Schadensersatzansprüche oder die Anfechtung von Verträgen, wenn die gefälschten Daten in zivilrechtlichen Angelegenheiten verwendet wurden. Zudem können weitere rechtliche Maßnahmen wie Entzug einer Gewerbeerlaubnis oder disziplinarrechtliche Schritte im öffentlichen Dienst erfolgen.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Strafbarkeit wegen Fälschung beweiserheblicher Daten vorliegt?
Für eine Strafbarkeit nach § 269 StGB müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Zunächst muss eine beweiserhebliche Datenverarbeitung vorgenommen werden: Es muss also ein digitales Dokument oder Datensatz erstellt, verändert oder gebraucht werden, der im Rechtsverkehr als Beweis dienen kann. Die vorgenommenen Veränderungen müssen täuschend echt erscheinen und geeignet sein, im Rechtsverkehr über beweiserhebliche Tatsachen zu täuschen. Außerdem ist ein Täuschungsvorsatz erforderlich, das heißt, der Täter muss mit dem Willen handeln, einen Irrtum hervorzurufen und dadurch einen rechtlichen Vorteil zu erlangen oder einen Nachteil für einen anderen zu bewirken. Handelt es sich dagegen um versehentliche Falschangaben ohne Täuschungsabsicht, liegt keine Strafbarkeit nach § 269 StGB vor.
Unterscheidet sich die Strafbarkeit der Fälschung beweiserheblicher Daten von der klassischen Urkundenfälschung?
Obwohl die Fälschung beweiserheblicher Daten vielfach mit der klassischen Urkundenfälschung (§ 267 StGB) verglichen wird, gibt es wesentliche Unterschiede. Bei der Urkundenfälschung handelt es sich um die Manipulation oder Herstellung von physischen Dokumenten, die im Rechtsverkehr Beweisfunktion haben. Die Fälschung beweiserheblicher Daten bezieht sich hingegen ausschließlich auf elektronische Daten, die zur Beweisführung verwendet werden. Das Gesetz stellt beide Tatbestände in Bezug auf die Strafandrohung gleich, erkennt aber die technischen Unterschiede an, die sich aus der Digitalisierung ergeben. Gerade im Zuge der zunehmenden Nutzung elektronischer Dokumente eröffnet der Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten eine Möglichkeit, diese moderne Form der Täuschung rechtlich zu ahnden.
Besteht die Möglichkeit einer Strafbarkeit durch Unterlassen bei Fälschung beweiserheblicher Daten?
Eine Strafbarkeit durch Unterlassen ist bei der Fälschung beweiserheblicher Daten grundsätzlich – wie im gesamten Bereich der Urkundendelikte – nur dann möglich, wenn eine entsprechende Garantenstellung vorliegt. Das bedeutet, wer rechtlich verpflichtet ist, einen bestimmten Zustand zu erhalten (beispielsweise ein Systemadministrator, der Manipulationen erkennt, aber nicht verhindert oder meldet), könnte sich in Ausnahmefällen durch Unterlassen strafbar machen. In der Regel setzt der Tatbestand jedoch ein aktives Handeln voraus, also das gezielte Herstellen oder Verändern von Daten zum Zwecke einer Täuschung. Nur in besonderen Konstellationen – etwa bei Ingerenz oder enger Pflichtbindung – kann auch ein unterlassenes Einschreiten strafbar sein.
Wie wird der Nachweis einer Fälschung beweiserheblicher Daten im Strafverfahren geführt?
Der Nachweis einer Datenfälschung stellt im Strafverfahren besondere Anforderungen, da digitale Daten manipulierbar sind und Spuren verwischt werden können. In der Praxis kommen häufig IT-forensische Untersuchungen zum Einsatz, um etwa die Zeitpunkt der Manipulation, die verwendeten Tools und die Verantwortlichen zu identifizieren. Dazu werden insbesondere Protokolldateien, Metadaten sowie Backups ausgewertet. Die Beweissicherung und sorgfältige Dokumentation des Datenzustands vor und nach der mutmaßlichen Tat sind essenziell. Sachverständige sind häufig beteiligt, um die Nachweisführung zu unterstützen und vor Gericht technische Sachverhalte nachvollziehbar zu machen. Die Beweisführung muss dabei den allgemeinen strafprozessualen Anforderungen, insbesondere dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“, genügen.
Können auch juristische Personen für die Fälschung beweiserheblicher Daten haftbar gemacht werden?
Juristische Personen, wie Unternehmen oder Vereine, sind selbst strafrechtlich nicht direkt haftbar, da das deutsche Strafrecht an das persönliche Verschulden anknüpft. Allerdings kann das Unternehmen bußgeldrechtlich gemäß § 30 OWiG oder durch sogenannte Verbandssanktionen erheblich belangt werden, wenn Vertreter oder leitende Angestellte solche Taten begehen und das Unternehmen daraus Vorteile zieht. Zusätzlich können Nebenfolgen wie der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren, Reputationsschäden und die Anordnung von Aufsichtspflichten oder organisatorischen Maßnahmen gegen das Unternehmen verhängt werden.
Welche Rolle spielt die Einwilligung bei der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Die Einwilligung einer berechtigten Person in die Herstellung oder Veränderung beweiserheblicher Daten kann unter Umständen die Strafbarkeit entfallen lassen, sofern kein Dritter getäuscht oder geschädigt wird und kein Rechtsverkehr betroffen ist. Ist jedoch der Zweck auf die Täuschung Dritter im Rechtsverkehr gerichtet, bleibt die Einwilligung des unmittelbar Betroffenen ohne rechtliche Bedeutung. So ist eine Einwilligung stets kritisch daraufhin zu überprüfen, welche Interessen tatsächlich betroffen sind. Ist der Rechtsverkehr betroffen, ist die Tat objektiv strafbar; die Einwilligung kann diesen Umstand nicht heilen.
Welche Verjährungsfristen gelten bei der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Die Verjährungsfrist für die Fälschung beweiserheblicher Daten richtet sich nach § 78 StGB und beträgt für Straftaten mit einem Strafmaß von bis zu fünf Jahren regelmäßig fünf Jahre ab Vollendung der Tat. In Fällen mit höherer Strafandrohung kann die Frist entsprechend länger sein. Die Frist beginnt mit dem Abschluss der Tathandlung, bei fortgesetzter Begehung mit der letzten relevanten Manipulation. Wird die Tat entdeckt und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, kann es aufgrund von Unterbrechungshandlungen durch die Strafverfolgungsbehörden zu einer Verlängerung der effektiven Verjährungszeit kommen.