Fälschung beweiserheblicher Daten
Begriff und rechtliche Einordnung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein Straftatbestand im deutschen Strafgesetzbuch (StGB), der insbesondere im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung an Bedeutung gewonnen hat. Sie stellt eine besondere Form der Datenmanipulation dar, die darauf abzielt, elektronische Daten zu verändern oder herzustellen, um einen Beweis im Rechtsverkehr zu beeinflussen. Dieser Straftatbestand ist in § 269 StGB geregelt und stellt das elektronische Pendant zur Urkundenfälschung (§ 267 StGB) dar.
Tatbestandsmerkmale
Daten
Im Sinne des § 269 StGB sind unter „Daten“ sämtliche codierten Informationen zu verstehen, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert oder übermittelt werden und für die Speicherung, Verarbeitung oder Übermittlung bestimmt sind. Dazu zählen etwa Computerdateien, E-Mails, Datensätze in Datenbanken oder digitale Dokumente.
Beweiserheblichkeit
Die Beweiserheblichkeit der Daten ist ein zentrales Tatbestandsmerkmal. Beweiserhebliche Daten sind solche, die geeignet und bestimmt sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen – also wie eine Urkunde zum Beweis rechtlich erheblicher Tatsachen eingesetzt werden können. Typische Beispiele sind elektronische Kontoauszüge, digitale Verträge oder digital erstellte Zeugnisse.
Tathandlungen
Der Straftatbestand umfasst drei alternative Tathandlungen:
- Fälschen beweiserheblicher Daten: Hierunter fällt das Verfälschen oder Herstellen von Daten mit dem Ziel, sie als echt erscheinen zu lassen.
- Gebrauchen gefälschter beweiserheblicher Daten: Die gefälschten Daten werden als echt verwendet, um im Rechtsverkehr einen Beweis zu erbringen.
- Zugänglichmachen gefälschter Daten: Die gefälschten Daten werden einem anderen zugänglich gemacht, damit sie im Rechtsverkehr zur Täuschung verwendet werden können.
Die Tathandlung muss darauf gerichtet sein, im Rechtsverkehr einen Beweis zu erbringen: Die Absicht der Täuschung über die Echtheit oder den Urheber der Daten ist daher Tatbestandsvoraussetzung (Täuschungsabsicht).
Abgrenzung zur Urkundenfälschung
Der Straftatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) wurde eingeführt, um eine Strafbarkeitslücke zu schließen, die sich im digitalen Bereich bei der herkömmlichen Urkundenfälschung ergeben hat. Während § 267 StGB die Manipulation physischer Urkunden betrifft, fokussiert sich § 269 StGB auf elektronische Daten, die nicht verkörpert sind. Beide Vorschriften stehen in einem subsidiären Verhältnis: Liegt zugleich eine Urkunde (etwa ein ausgedrucktes, unterschriebenes Dokument) und elektronische Daten vor, ist § 267 StGB vorrangig anzuwenden.
Strafrahmen und Verfolgung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten wird nach § 269 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In besonders schweren Fällen – wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt – kann der Strafrahmen erhöht werden (vergleiche § 263 Abs. 3 StGB analog). Die Tat wird von Amts wegen verfolgt.
Versuch und Vorbereitung
Der Versuch der Fälschung beweiserheblicher Daten ist nach § 269 Abs. 2 StGB strafbar. Auch der Versuch der Gebrauchs- oder Zugänglichmachungshandlung fällt darunter. Eine eigenständige Strafbarkeit der bloßen Vorbereitungshandlung besteht jedoch nicht, außer in den gesetzlich besonders geregelten Fällen.
Verhältnis zu anderen Delikten
Die Fälschung beweiserheblicher Daten kann mit anderen Straftatbeständen zusammentreffen, darunter Datenveränderung (§ 303a StGB) und Computerbetrug (§ 263a StGB). Je nach Einzelfall ist eine Bewertung im Rahmen der Gesetzeskonkurrenz erforderlich. Meist tritt der Straftatbestand hinter die Urkundenfälschung zurück, wenn beide Tatbestände gleichzeitig erfüllt sind.
Praxisrelevanz
Im digitalen Geschäftsverkehr gewinnt die Fälschung beweiserheblicher Daten fortlaufend an Relevanz. Typische Fallgestaltungen sind das Manipulieren von digitalen Arbeitszeitnachweisen, die Veränderung elektronischer Bankunterlagen oder das Erstellen gefälschter E-Mails zu Beweiszwecken in Gerichtsverfahren. Gerade im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung von Geschäftsprozessen und Behördengängen ist der Straftatbestand von großer praktischer Bedeutung.
Rechtspolitische Entwicklung
Die Schaffung des § 269 StGB im Jahr 1986 war eine Reaktion auf die fortschreitende Computerisierung und die damit einhergehende Notwendigkeit, Straftaten im Umgang mit elektronischen Informationen effektiv sanktionieren zu können. Die Regelung hat sich als wichtiger Baustein im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung auf dem Feld der Cyberkriminalität erwiesen und wird durch ständige Weiterentwicklungen im IT-Strafrecht flankiert.
Gerichtliche Entscheidungspraxis
Die Auslegung des Straftatbestands erfolgt in der Rechtsprechung stets im Lichte technischer Entwicklungen. Insbesondere werden Fragen der Beweiserheblichkeit und der Verkörperung digitaler Daten immer wieder kontrovers diskutiert. Gerichte greifen regelmäßig auf technische Sachverständige zurück, um die Erkennbarkeit und Manipulierbarkeit elektronischer Daten bewerten zu können.
Zusammenfassung
Der Straftatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) dient dem Schutz der Authentizität und Integrität elektronischer Informationen im Rechtsverkehr. Wegen der zunehmenden Digitalisierung und der Relevanz elektronischer Beweismittel gewinnt dieser Straftatbestand kontinuierlich an Bedeutung und ist ein zentrales Instrument zur Bekämpfung der Computerkriminalität in Deutschland. Eine genaue Anwendung und Abgrenzung zu ähnlichen Delikten ist im Einzelfall essenziell, um den gesetzlichen Schutzmechanismus effektiv greifen zu lassen.
Häufig gestellte Fragen
Was versteht man unter dem Tatbestandsmerkmal der Beweiserheblichkeit im Zusammenhang mit gefälschten Daten?
Das Tatbestandsmerkmal der Beweiserheblichkeit bezieht sich im rechtlichen Kontext auf die Relevanz der Daten für einen Beweisvorgang im Rahmen eines Rechtsverhältnisses. Daten sind dann beweiserheblich, wenn sie zum Nachweis einer rechtlich erheblichen Tatsache bestimmt oder zumindest geeignet sind. Es genügt, dass das Dokument oder die Information, in dem bzw. der die Veränderung vorgenommen wurde, im Rechtsverkehr als Beweismittel verwendet werden kann, unabhängig davon, ob sie tatsächlich herangezogen werden. Entscheidend ist dabei meist die objektive Eignung der Daten zur Beweisführung, nicht zwingend die subjektive Absicht des Täters. Beispiele für beweiserhebliche Daten sind unter anderem Buchhaltungsunterlagen, Prüfberichte, digitale Verträge, Protokolle, Rechnungen und andere elektronische Dokumente, die im Rahmen behördlicher oder geschäftlicher Abläufe als Nachweis dienen können. Beweiserheblichkeit setzt voraus, dass ohne die Daten ein Nachweis schwer oder nicht geführt werden kann und dass der Rechts- oder Geschäftsverkehr typischerweise auf deren Richtigkeit vertraut.
Welche gesetzlichen Vorschriften regeln die Fälschung beweiserheblicher Daten im deutschen Recht?
Im deutschen Recht ist die Fälschung beweiserheblicher Daten im Wesentlichen in § 269 Strafgesetzbuch (StGB) normiert. Dieser Tatbestand, auch als „Fälschung beweiserheblicher Daten“ bezeichnet, wurde im Rahmen der Computer- und Internetkriminalität eingeführt, um eine Strafbarkeitslücke zur klassischen Urkundenfälschung (§ 267 StGB) zu schließen. Während bei der Urkundenfälschung auf körperliche Dokumente abgestellt wird, konzentriert sich § 269 StGB auf Datensätze, die keine unmittelbare körperliche Form aufweisen müssen, aber zur Beweisführung im Rechtsverkehr geeignet sind. Strafbar ist gemäß § 269 Abs. 1 StGB das unbefugte Herstellen, Verändern, Löschen oder Unterdrücken beweiserheblicher Daten mit Täuschungsabsicht. Die Strafe liegt dabei bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe. Auch der Versuch ist nach § 269 Abs. 2 StGB strafbar, was die Schutzausdehnung dieses Tatbestands ebenfalls unterstreicht.
Sind auch versuchte Fälschungen beweiserheblicher Daten strafbar?
Ja, nach § 269 Abs. 2 StGB ist nicht nur die vollendete, sondern bereits die versuchte Fälschung beweiserheblicher Daten unter Strafe gestellt. Dies bedeutet, dass bereits der Versuch, einer der im Gesetz genannten Tathandlungen (Herstellen, Verändern, Löschen oder Unterdrücken beweiserheblicher Daten) vorzunehmen, strafbar ist, sofern der Täter mit Täuschungsabsicht handelt und die Daten zur Täuschung im Rechtsverkehr bestimmt sind. Die Versuchsstrafbarkeit weitet den Schutz des Tatbestands erheblich aus und soll verhindern, dass Täter durch frühzeitiges Erkennen und Eingreifen der Straferfolg entzogen bleibt. Die Strafandrohung ist hierbei dieselbe wie bei einer vollendeten Tat, jedoch kann das Gericht gemäß § 23 Abs. 2 StGB eine mildere Strafe verhängen.
Welche Strafen drohen bei der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Die Fälschung beweiserheblicher Daten wird gemäß § 269 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Die konkrete Strafzumessung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach dem Ausmaß des verursachten Schadens, dem Umfang der Täuschung, der kriminellen Energie des Täters sowie etwaigen Vorstrafen. In besonders schweren Fällen, beispielsweise bei erheblichem wirtschaftlichen Schaden oder organisierter Kriminalität, ist auch die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung möglich. Daneben können auch Nebenfolgen wie Einziehungsmaßnahmen oder berufsrechtliche Konsequenzen eintreten. Werden die Daten im Rahmen eines Dienstverhältnisses gefälscht, können auch arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie eine fristlose Kündigung, folgen.
Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen Urkundenfälschung und der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Die Urkundenfälschung nach § 267 StGB und die Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 StGB stehen in einem komplementären Verhältnis zueinander. Während die Urkundenfälschung das Herstellen oder Verändern körperlicher Dokumente betrifft, die im Rechtsverkehr Beweisfunktionen erfüllen (z. B. Ausweise, Verträge in Papierform), bezieht sich die Fälschung beweiserheblicher Daten auf elektronische oder digitale Daten, die dieselbe Beweisfunktion haben, aber nicht physisch verkörpert sind. Seit der Anpassung an die digitale Realität ermöglicht § 269 StGB die strafrechtliche Verfolgung von Manipulationen an Computerdaten, die früher nicht unter das klassische Urkundsstrafrecht gefallen wären. Beide Delikte sind grundsätzlich gleichwertig hinsichtlich der Strafandrohung, zielen jedoch auf unterschiedliche Erscheinungsformen von Beweismitteln ab. Eine Abgrenzung ist insbesondere dort erforderlich, wo eine elektronische Datei zugleich als „elektronische Urkunde“ im Sinne der Gesetzgebung zu werten ist.
Wie wird die Täuschungsabsicht im Sinne von § 269 StGB geprüft und nachgewiesen?
Für eine Strafbarkeit nach § 269 StGB ist eine Täuschungsabsicht erforderlich, das heißt, der Täter muss mit dem Vorsatz handeln, durch die manipulierend veränderten Daten im Rechtsverkehr einen Irrtum zu erregen und dadurch den Rechtsverkehr zu schädigen. Diese subjektive Komponente wird unabhängig von der tatsächlichen Täuschungshandlung beurteilt; bereits die Absicht, durch manipulierte Daten als Beweismittel einen Irrtum hervorzurufen, genügt. Der Nachweis erfolgt meist durch Indizien, wie Kommunikationsinhalte, Verhaltensweisen des Täters, technische Spuren oder Motive. Eine rein hypothetische Möglichkeit des Missbrauchs reicht hingegen nicht aus; vielmehr muss die konkrete Täuschung zumindest intendiert sein. Zugleich ist zu beachten, dass auch ein bedingter Vorsatz genügen kann, sofern der Täter eine Täuschung zumindest billigend in Kauf nimmt.
Kann auch das bloße Unterdrücken oder Löschen von Daten strafbar sein?
Ja, auch das unbefugte Unterdrücken oder Löschen von beweiserheblichen Daten kann gemäß § 269 StGB strafbar sein. Diese Handlungen sind dann strafbar, wenn dadurch die Bestimmtheit oder die Beweisfunktion der Daten im Rechtsverkehr unterdrückt wird. Ein typischer Fall ist etwa das Löschen von Aufzeichnungen in einem Unternehmen, um eine spätere Prüfung zu erschweren oder zu verhindern. Entscheidend ist hierbei, dass die Handlung mit Täuschungsabsicht erfolgt und die gelöschten oder unterdrückten Daten im Rechtsverkehr eine beweiserhebliche Funktion haben. Das bloße versehentliche Löschen ohne Täuschungsabsicht ist hingegen nicht vom Straftatbestand erfasst.