Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Fälschung beweiserheblicher Daten

Fälschung beweiserheblicher Daten


Fälschung beweiserheblicher Daten

Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein Straftatbestand im deutschen Strafrecht, der die unbefugte Manipulation von Daten unter Strafe stellt, wenn diese Daten Beweisfunktion für den Rechtsverkehr haben. Im Mittelpunkt steht dabei das digitale Pendant zur Urkundenfälschung. Die Vorschrift wurde durch das 6. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Bekämpfung der Computerkriminalität – eingeführt, um neuartige Tathandlungen im digitalen Raum erfassen zu können.


Gesetzliche Grundlage und systematische Einordnung

§ 269 StGB – Fälschung beweiserheblicher Daten

Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist in § 269 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Die Norm schützt, vergleichbar mit der Urkundenfälschung (§ 267 StGB), die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Beweiswesens, erweitert diesen Schutz jedoch explizit auf elektronische und digitale Dokumente sowie Datensätze.

Wortlaut des § 269 StGB:

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, dass bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.


Tatbestandsmerkmale

Subjektiver Tatbestand

Die Tat kann nur vorsätzlich begangen werden. Zum subjektiven Tatbestand gehört der Vorsatz hinsichtlich sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale sowie die Absicht, im Rechtsverkehr zu täuschen. Die Täuschungsabsicht orientiert sich am klassischen Urkundenbegriff und verlangt, dass der Täter darauf abzielt, im Rechtsverkehr einen Irrtum über die Echtheit oder den Inhalt der Daten hervorzurufen.

Objektiver Tatbestand

Für die Verwirklichung des Straftatbestandes müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Beweiserhebliche Daten: Es muss sich um Daten handeln, die zu Beweiszwecken im Rechtsverkehr bestimmt sind oder geeignet erscheinen. Dazu zählen elektronische Dokumente, E-Mails, digitale Verträge, Patientendaten, Transaktionsdaten etc.
  • Speichern oder Verändern: Die Daten müssen unrichtig gespeichert oder bestehende Daten durch Manipulation verändert werden. Die Manipulationen sind typischerweise darauf gerichtet, die Daten zu einem späteren Zeitpunkt als (digitale) Urkunde erscheinen zu lassen.
  • Täuschung im Rechtsverkehr: Die Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs ist Voraussetzung für die Strafbarkeit. Die Handlung ist darauf ausgerichtet, einen anderen über die Echtheit oder den Inhalt der Daten zu täuschen.
  • Bei Wahrnehmung unechte/verfälschte Urkunde: Die gespeicherten/veränderten Daten müssten beim Auslesen oder Sichtbarmachen dem Betrachter den Eindruck einer echten oder verfälschten Urkunde vermitteln.

Versuch und Vollendung

§ 269 StGB stellt bereits den Versuch unter Strafe. Die Tat ist vollendet, wenn die Manipulation abgeschlossen und die Daten gespeichert sind – unabhängig davon, ob die Daten tatsächlich verwendet wurden oder nicht.


Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Die Fälschung beweiserheblicher Daten steht in einem systematischen Zusammenhang mit weiteren Vorschriften:

  • Urkundenfälschung (§ 267 StGB): Betrifft klassische physische Urkunden wie Schriftstücke.
  • Datenveränderung (§ 303a StGB): Erfasst jede unbefugte Manipulation von Daten, unabhängig von deren Beweisfunktion.
  • Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 StGB): Bezieht sich auf technische Aufzeichnungen, jedoch nicht auf beweiserhebliche Daten.
  • Computerbetrug (§ 263a StGB): Sanktioniert unter anderem das Verwenden verfälschter Daten zur Erlangung eines Vermögensvorteils.

Die Fälschung beweiserheblicher Daten dient als digitale Ergänzung zur Urkundenfälschung und greift immer dann, wenn eine Urkunde im klassischen Sinne nicht vorliegt, da das Schriftstück fehlt, jedoch die Beweisfunktion durch Daten ersetzt wird.


Tatobjekte: Beweiserhebliche Daten

Definition der Beweiserheblichkeit

Beweiserhebliche Daten sind Informationen, die durch die ordnungsgemäße Verwendung als Beweismittel im Rechtsverkehr fungieren können. Anders als bei der Urkunde, bei der die Verkörperung erforderlich ist, genügt bei § 269 StGB die elektronische Form. Beispiele sind:

  • Verträge, die ausschließlich elektronisch abgeschlossen werden
  • Elektronische Rechnungen, Quittungen, Buchungsbelege
  • Digital gespeicherte Auftrags- und Lieferdokumentationen
  • Authentifizierungsprotokolle im Online-Banking

Technische Aspekte

Die Manipulation kann durch Veränderung von Dateninhalten, deren Zuordnung zu bestimmten Personen (z. B. durch die Änderung von Metadaten) oder durch die Beeinflussung von Verarbeitungsmechanismen erfolgen. Erfasst sind sowohl Eingriffe in strukturierte Datenbanken als auch in Einzeldokumente.


Rechtliche Folgen und Sanktionen

Strafmaß

Das Gesetz sieht für die Fälschung beweiserheblicher Daten eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Der Versuch der Tat ist gemäß § 269 Abs. 2 StGB ebenfalls strafbar.

Zusammentreffen mit anderen Delikten

Die Fälschung beweiserheblicher Daten kann mit weiteren Delikten zusammentreffen, insbesondere mit Computerbetrug, Datenveränderung sowie Urkundenfälschung, wenn zusätzlich Dokumente in Papierform erzeugt werden.


Praktische Bedeutung

Die Vorschrift des § 269 StGB gewinnt vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung zunehmend an Bedeutung. In der Praxis betrifft dies:

  • Manipulation von digitalen Zeugnissen (Schul- und Arbeitszeugnisse)
  • Fälschung von Rechnungen und Zahlungsbelegen im Online-Handel
  • Veränderungen in Patientendaten oder Gesundheitsakten
  • Verfälschte Logdateien bei IT-Sicherheitsvorfällen

Gerichte orientieren sich bei der Auslegung der Beweiserheblichkeit an praktisch-materiellen Gesichtspunkten und der Beweisfunktion der jeweiligen Daten im tatsächlichen Rechtsverkehr.


Rechtspolitische Hintergründe

Mit der Einführung des § 269 StGB wurde der verfassungsgemäße Schutz des Beweisverkehrs an die neuen Anforderungen der elektronischen Kommunikation und Dokumentation angepasst. Die Norm dient der Schließung von Strafbarkeitslücken, die sich aus der fortschreitenden Abkehr von Schriftform und Papierurkunde ergeben.


Fazit

Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein zentrales Schutzinstrument für die Integrität digitaler Beweismittel im Rechtsverkehr. Die Vorschrift gewährleistet die Gleichbehandlung analoger und digitaler Beweisformen und trägt dadurch maßgeblich zur Rechtssicherheit im digitalen Zeitalter bei. Sie ist zugleich Ausdruck eines modernen, an die technische Entwicklung angepassten Strafrechtsschutzes.


Siehe auch


Literatur

  • Fischer, T.: Strafgesetzbuch und Nebengesetze. Kommentar, aktuelle Auflage, § 269 StGB
  • Hilgendorf, E.; Valerius, B. (Hrsg.): Handbuch IT- und Informationsstrafrecht, 2021
  • Satzger, H.: Internationales und Europäisches Strafrecht, Vahlen 2023

Weblinks

Häufig gestellte Fragen

Wie kann eine Fälschung beweiserheblicher Daten im Strafverfahren nachgewiesen werden?

Der Nachweis einer Fälschung beweiserheblicher Daten im Strafverfahren erfolgt in der Regel durch eine Kombination technischer und rechtlicher Beweismittel. Zunächst wird oft auf die forensische Analyse elektronischer Daten zurückgegriffen. Experten untersuchen dabei digitale Spuren, wie etwa Metadaten, Versionshistorien oder Protokolldateien, um Manipulationen zu identifizieren. Zusätzlich können Zeugenvernehmungen, etwa von IT-Administratoren oder Sachbearbeitern, zur Aufklärung des Geschehens beitragen. Es werden auch regelmäßig Gutachten von IT-Sachverständigen eingeholt, um die Authentizität der Daten zu prüfen. Aus rechtlicher Sicht kommt es darauf an, ob die Manipulation tatsächlich eine Täuschung über beweiserhebliche Tatsachen zur Folge hatte und ob ein Vorsatz zur Fälschung bestand. Die Beweislast obliegt hierbei der Strafverfolgungsbehörde, die über die genannten Beweismittel nachweisen muss, dass eine Fälschung mit dem Ziel der Beweisbeeinflussung erfolgte.

Welche Strafen drohen bei einer Fälschung beweiserheblicher Daten nach deutschem Recht?

Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist nach § 269 StGB (Strafgesetzbuch) strafbar. Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so verfälscht, dass bei ihrer gedanklichen Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In besonders schweren Fällen, beispielsweise bei gewerbsmäßigem Handeln oder bei großem Ausmaß der Fälschung, kann das Strafmaß entsprechend erhöht werden. Ein besonders schwerer Fall liegt etwa vor, wenn der Täter aus Gewinnsucht handelt oder seine Handlung zur Vorbereitung einer Straftat von erheblicher Bedeutung dient.

Wer ist Tatbeteiligter im Sinne der Fälschung beweiserheblicher Daten?

Im rechtlichen Kontext können sowohl unmittelbare Täter als auch Mittäter, Anstifter und Gehilfen belangt werden. Unmittelbare Täter sind Personen, die eigenhändig Daten fälschen oder manipulieren. Mittäter sind solche, die gemeinschaftlich mit anderen handeln, während ein Anstifter jemanden zu der Tat bestimmt. Gehilfen leisten Hilfe, indem sie beispielsweise Werkzeuge zur Verfügung stellen, technische Zugangsdaten übermitteln oder durch Beratung zur Tatausführung beitragen. Maßgeblich ist dabei jeweils die individuelle Beteiligungsform und der Nachweis, dass der jeweilige Beteiligte zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt hat, also die Beweisbeeinflussung zumindest billigend in Kauf genommen hat.

Welche Rolle spielen IT-Forensik und Sachverständigengutachten im Prozess?

IT-forensische Untersuchungen sind von zentraler Bedeutung beim Nachweis von Datenfälschungen. Sachverständige werden regelmäßig durch das Gericht beauftragt, die Authentizität und Integrität der betreffenden Daten zu überprüfen. Die Gutachten umfassen typischerweise eine Analyse technischer Besonderheiten, wie zum Beispiel Änderungen an Dateiattributen, Manipulationen an Datenbanken oder Anomalien im digitalen Ablaufprotokoll. Das erstellte Gutachten liefert eine fundierte Entscheidungsgrundlage für das Gericht, um zu beurteilen, ob und wie eine Fälschung erfolgt ist sowie in welchem Umfang die Daten beeinträchtigt wurden.

Ist der Versuch einer Fälschung beweiserheblicher Daten strafbar?

Nach deutschem Recht ist nicht nur die vollendete Fälschung beweiserheblicher Daten, sondern auch der Versuch strafbar. Der Versuch liegt vor, wenn die tatsächliche Manipulation zwar eingeleitet, aber noch nicht vollständig ausgeführt wurde, die Handlung jedoch bereits geeignet ist, eine konkrete Gefährdung für die Rechtssicherheit hervorzurufen. Voraussetzung ist weiterhin, dass zumindest bedingter Vorsatz vorliegt und die Tat aus freien Stücken abgebrochen wird, bevor ein Erfolg eintritt, um von einem Rücktritt sprechen zu können.

Wie behandelt das Gericht mögliche Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe?

Im Strafverfahren sind stets auch mögliche Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe zu prüfen. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn die Tat unter Zwang, auf Anordnung einer Behörde oder zur Gefahrenabwehr (beispielsweise zur Abwendung eines größeren Schadens) geschah. Die Rechtsprechung ist hierbei jedoch sehr restriktiv und verlangt einen detaillierten Nachweis, dass wirklich ein Rechtfertigungsgrund – wie beispielsweise Notwehr oder Notstand – vorlag. Liegen solche Gründe nicht vor, wird die Manipulation in der Regel als strafbare Handlung bewertet.

Gibt es Besonderheiten im Umgang mit Fälschung digitaler Daten im Zivilprozess?

Im Zivilprozess wird die Fälschung beweiserheblicher Daten häufig im Rahmen der Beweiserhebung relevant. Der Verdacht einer Datenmanipulation kann zur Ablehnung von Beweisanträgen oder zur Nichtberücksichtigung entsprechender Urkunden führen. Darüber hinaus kann das Gericht aus einer nachgewiesenen Fälschung negative Schlussfolgerungen zulasten der Partei ziehen, die die Manipulation begangen hat (sogenannte Beweisvereitelung). Eine strafrechtliche Ahndung erfolgt jedoch ausschließlich im Rahmen des Strafverfahrens; im Zivilprozess geht es primär um die Bewertung der Beweiskraft und Glaubwürdigkeit der vorgelegten Daten.