Begriff und rechtliche Einordnung der Fälschung beweiserheblicher Daten
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein strafrechtlich relevantes Verhalten, das insbesondere mit dem Fortschreiten der Digitalisierung und der zunehmenden Bedeutung elektronischer Dokumente eine erhebliche praktische Relevanz entfaltet hat. Der Straftatbestand findet sich in Deutschland in § 269 Strafgesetzbuch (StGB) und erweitert den Schutz des Rechtsverkehrs vor verfälschten Beweismitteln auf nichtkörperliche, digitale Informationen.
Gesetzliche Grundlage (§ 269 StGB)
§ 269 StGB regelt die Fälschung beweiserheblicher Daten als eigenständige Norm des Urkundsdelikts. Der Straftatbestand setzt sich zum Schutz des Beweisverkehrs im digitalen Raum neben die klassischen Urkundendelikte wie die Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB.
Gesetzestext (Stand Juni 2024)
„Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, dass bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Tatbestandsvoraussetzungen
Für die Verwirklichung des Straftatbestandes der Fälschung beweiserheblicher Daten sind folgende Voraussetzungen zu prüfen:
1. Beweiserhebliche Daten
Beweiserheblich sind Daten dann, wenn sie geeignet und bestimmt sind, im Rechtsverkehr als Beweis für rechtlich erhebliche Tatsachen zu dienen. Hierbei handelt es sich um Informationen, die in der Weise gespeichert sind, dass sie mit Hilfe weiterer Einrichtungen (z.B. Computer, Ausleseprogramme) menschenlesbar gemacht werden können und dazu bestimmt sind, eine Erklärung abzugeben, die rechtsgeschäftliche oder rechtserhebliche Bedeutung hat. Typische Beispiele sind elektronische Verträge, E-Mails mit verbindlichen Inhalten, digitale Rechnungen und andere computerbasierte Erklärungen.
2. Handeln zur Täuschung im Rechtsverkehr
Eine Täuschungsabsicht ist erforderlich. Die Tat muss darauf gerichtet sein, im Rechtsverkehr einen Irrtum über die Echtheit oder Unverfälschtheit von Daten hervorzurufen und dadurch die Beweisführung zu beeinflussen.
3. Speichern oder Verändern
Tatbestandsmäßig ist das Speichern neuer, falscher Daten oder das Verändern bereits vorhandener wahrer Daten. Entscheidend ist, dass das technische Ergebnis einer unechten oder verfälschten Urkunde entspricht, also beim Auslesen der Daten der Eindruck einer echten und unverfälschten Erklärung erweckt wird.
4. Erfolg: Wahrnehmbarkeit einer unechten oder verfälschten Urkunde
Für die Strafbarkeit genügt, dass die gespeicherten oder veränderten Daten auf diese Weise abrufbar, also „wahrnehmbar“ sind; sie müssen nicht tatsächlich abgerufen worden sein.
5. Vorsatz
Der Täter muss vorsätzlich, also wissentlich und willentlich, handeln. Fahrlässigkeit ist nicht ausreichend.
Verhältnis zur Urkundenfälschung (§ 267 StGB) und Abgrenzung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten unterscheidet sich von der klassischen Urkundenfälschung dadurch, dass bei ersterer keine Verkörperung der Erklärung in einem körperlichen Gegenstand erforderlich ist. Während bei der Urkundenfälschung eine tatsächlich existierende, scheinbare Beweisurkunde vorliegen muss, bezieht sich die Fälschung beweiserheblicher Daten auf digital gespeicherte Informationen, die für den Beweis im Rechtsverkehr vorgesehen sind.
Praktische Beispiele
- Manipulation von E-Mail-Korrespondenzen zur Vorlage im Gerichtsverfahren
- Verfälschung von digitalen Dokumenten, etwa Rechnungen oder Verträgen, durch Änderung der Datenfelder
- Fälschung von digitalen Zeugnissen oder Prüfungsbescheiden
Strafrahmen und Rechtsfolgen
Für die Fälschung beweiserheblicher Daten sieht das Gesetz einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor. Ebenso wie bei der Urkundenfälschung ist auch der Versuch strafbar (§ 269 Abs. 2 StGB).
Die Rechtsfolge kann auch weitere Nebenfolgen, wie den Eintrag ins Führungszeugnis und im Einzelfall Nebenstrafen (z. B. Berufsverbot), nach sich ziehen.
Verfahrensrechtlicher Kontext und Anzeige
Die Tat wird grundsätzlich als Offizialdelikt verfolgt, das heißt, die Verfolgung erfolgt von Amts wegen. Ein Strafantrag ist nicht Voraussetzung für die Strafverfolgung.
Technische Besonderheiten und Herausforderungen bei der Beweisführung
Insbesondere im Bereich der digitalen Forensik stellen die Nachweisbarkeit der Datenmanipulation sowie die Zuordenbarkeit zum Täter Herausforderungen dar. Digitale Signaturen und Log-Files sind wichtige Mittel, um Authentizität und Integrität elektronischer Dokumente nachzuweisen oder Fälschungen zu erkennen.
Internationale Perspektive
Auch auf internationaler Ebene wird die Fälschung digitaler beweiserheblicher Daten zunehmend strafrechtlich geahndet. Viele Staaten haben vergleichbare Regelungen eingeführt oder bestehende Urkundsdelikte entsprechend erweitert, um auf die Herausforderungen der Digitalisierung im Beweisverkehr angemessen zu reagieren.
Abgrenzung zu anderen Delikten
Datenveränderung (§ 303a StGB)
Während § 269 StGB auf die Beweisfunktion abzielt und Täuschungsabsicht voraussetzt, stellt § 303a StGB das unbefugte Löschen, Verändern oder Unterdrücken von Daten unter Strafe, auch wenn keine Beweisrelevanz vorliegt.
Computerbetrug (§ 263a StGB)
Beim Computerbetrug steht die Schädigung des Vermögens mittels Manipulation an Daten oder Programmen im Vordergrund, während bei § 269 StGB die Täuschung über die Echtheit oder Unverfälschtheit von Beweisdaten geschützte Rechtsgüter sind.
Gesetzesentwicklung und Rechtsgeschichte
Die Aufnahme des Straftatbestandes erfolgte durch das Gesetz zur Bekämpfung der Computerkriminalität im Jahr 1986. Ziel war es, digitale Daten – angesichts der fortschreitenden Verarbeitung und Archivierung elektronischer Dokumente – in den strafrechtlichen Schutzbereich des Urkundenrechts einzubeziehen.
Relevanz im Alltag und für Unternehmen
Vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung gewinnen präventive Maßnahmen gegen Datenfälschung etwa durch digitale Signaturen und Verschlüsselung an Bedeutung. Unternehmen, die im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit auf digitale Beweismittel angewiesen sind, müssen ihre IT-Infrastruktur und interne Kontrollsysteme entsprechend absichern.
Zusammenfassung: Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein eigenständiges Straftatbestand im deutschen Strafrecht, das digitale Beweismittel vor Manipulation schützt. Sie knüpft an die klassischen Urkundendelikte an, trägt jedoch den technischen Entwicklungen Rechnung und stellt digitale Informationen unter einen vergleichbaren strafrechtlichen Schutz. Neben den spezifischen Tatbestandsmerkmalen sind Abgrenzungen zu verwandten Delikten sowie technische und verfahrensrechtliche Herausforderungen von besonderer Relevanz.
Häufig gestellte Fragen
Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen bei der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist im deutschen Strafrecht insbesondere § 269 StGB („Fälschung beweiserheblicher Daten“) geregelt. Die Strafandrohung sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Im besonders schweren Fall, etwa wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder die Tat zur Ermöglichung einer Straftat von erheblichem Ausmaß begangen wird, kann das Strafmaß noch höher ausfallen. Bereits der Versuch der Tat ist strafbar. Neben der eigentlichen Strafe können auch weitere strafrechtliche Konsequenzen wie Einziehung von Tatmitteln, Berufsverbote sowie disziplinarrechtliche Folgen bei Amtsträgern eintreten. Die Tat kann darüber hinaus zivilrechtliche Folgen, etwa Schadensersatzansprüche oder Anfechtungsrechte, nach sich ziehen, sofern durch die Fälschung Vermögens- oder Reputationsschäden entstanden sind.
Unter welche Voraussetzungen ist eine Fälschung beweiserheblicher Daten gemäß § 269 StGB strafbar?
Die Strafbarkeit setzt voraus, dass elektronische oder digital gespeicherte Daten so manipuliert, hergestellt oder verfälscht werden, dass sie im Rechtsverkehr Beweisfunktion erlangen können oder ihre Beweisfunktion verlieren. Es müssen objektiv beweiserhebliche Daten betroffen sein, das heißt, sie müssen geeignet sein, im Rechtsverkehr als Beweismittel zu dienen. Weiterhin muss die Handlung mit Täuschungsabsicht erfolgen, also mit dem Bestreben, im Rechtsverkehr einen rechtlich erheblichen Nachteil oder Vorteil zu bewirken. Subjektiv ist Vorsatz erforderlich, eine fahrlässige Begehung ist nicht strafbar. Der Täter muss die Daten nicht nur manipulieren, sondern auch mit dem Willen, dass diese im Rechtsverkehr als Beweismittel verwendet werden können.
Was versteht man unter „beweiserheblichen Daten“ im Sinne des Gesetzes?
Im Sinne des Gesetzes sind beweiserhebliche Daten solche Daten, die geeignet und bestimmt sind, rechtserhebliche Tatsachen zu belegen. Dazu zählen vor allem elektronische Dokumente, Protokolle, digitale Nachweise, Rechnungen, E-Mails oder sonstige Dateien, die in digitalen Geschäftsprozessen eine Beweisfunktion ausüben. Unerheblich ist dabei, ob die Daten ausschließlich in elektronischer Form bestehen oder auch ausgedruckt werden können. Entscheidend ist, dass sie im Rechtsverkehr – etwa vor Gericht oder gegenüber Behörden – Beweisfunktion haben oder haben könnten. Nicht darunter fallen rein interne oder rein private Daten, die keinen Bezug zur Beweisführung im Rechtsverkehr aufweisen.
Gibt es Besonderheiten bei der Strafverfolgung im Bereich der IT-Forensik?
Ja, die Aufklärung und Strafverfolgung von Fälschungen beweiserheblicher Daten erfordert häufig den Einsatz spezieller IT-forensischer Methoden. Die Ermittlungsbehörden greifen auf digitale Spuren, wie Logfiles, Metadaten, Dateiänderungshistorien und forensische Sicherungen zurück, um Manipulationen nachzuweisen. Es kommen Sachverständige zum Einsatz, die die Echtheit und den zeitlichen Ablauf der Datenänderungen beurteilen. Die Beweisführung gestaltet sich technisch und juristisch komplex, vor allem bei Cloud- oder Blockchain-Anwendungen, weshalb der Nachweis der Täteridentität und der Nachweis der Beweisrelevanz besonders gesichert werden müssen. Häufig sind internationale Rechtsbeziehungen relevant, etwa bei Serverstandorten im Ausland.
Welche Unterschiede bestehen zwischen der Fälschung beweiserheblicher Daten und Urkundenfälschung?
Die Urkundenfälschung (§ 267 StGB) bezieht sich auf verkörperte Gedankenerklärungen, also auf physische Dokumente und Schriftstücke, während die Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) auf elektronische oder digital gespeicherte Daten abzielt. Im Kern unterscheiden sich die Tatbestände dahingehend, dass bei der Urkundenfälschung das äußere Schriftstück geändert oder verfälscht wird, wohingegen § 269 StGB den Schutz digitaler Beweismittel unabhängig von einem Ausdruck vorsieht. Beide Vorschriften können jedoch nebeneinander anwendbar sein, z.B. wenn eine Urkunde manipuliert und anschließend eingescannt und digital weiterverbreitet wird.
Wann ist die Fälschung beweiserheblicher Daten verjährt?
Straftaten nach § 269 StGB unterliegen der regulären Verjährungsfrist für Vergehen gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, die in der Regel fünf Jahre beträgt. Die Verjährung beginnt mit dem Tag der Beendigung der Tat, also dem Zeitpunkt, an dem die Manipulation der Daten abgeschlossen und der Täter keinen Einfluss mehr auf das Tatobjekt nimmt. Bei fortgesetztem oder wiederholtem Handeln beginnt die Verjährung erst mit dem letzten relevanten Tatzeitpunkt. Kommen erschwerende Umstände hinzu, z.B. gewerbsmäßiges Handeln, kann eine längere Verjährungsfrist einschlägig sein. Zudem können Ermittlungen oder Anklageerhebung die Verjährungsfrist unterbrechen.
Welche prozessualen Rechte stehen einem Beschuldigten im Ermittlungsverfahren wegen Fälschung beweiserheblicher Daten zu?
Ein Beschuldigter hat, wie in jedem Strafverfahren, das Recht auf anwaltlichen Beistand und das Recht zu schweigen. Er muss keine Angaben zur Sache machen und hat Zugang zu wesentlichen Akteninhalten nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen (Akteneinsichtsrecht). Der Beschuldigte kann Beweisanträge stellen und muss vor polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Maßnahmen, wie Durchsuchung oder Sicherstellung digitaler Geräte, informiert werden. Etwaige richterliche Anordnungen, etwa für die Durchsuchung von IT-Systemen, sind zu beachten, und unrechtmäßig erlangte Beweise können im Verfahren unter Umständen einem Verwertungsverbot unterliegen. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt auch im digitalen Kontext uneingeschränkt.