Begriff und Rechtsgrundlage der Fälschung beweiserheblicher Daten
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein strafrechtlicher Tatbestand, der insbesondere im Zusammenhang mit dem Einsatz informationstechnischer Systeme, digitalen Datenverarbeitungsprozessen sowie elektronischer Beweismittel von wachsender Bedeutung ist. Hierbei geht es um die unbefugte Manipulation, Erzeugung oder Veränderung von digitalen Daten, die im Rechtsverkehr als Beweismittel verwendet werden können, mit dem Ziel, einen anderen über rechtlich erhebliche Tatsachen zu täuschen und dadurch einen Vermögensvorteil oder eine andere rechtswidrige Begünstigung zu erlangen.
Gesetzliche Regelung
Der Tatbestand ist in Deutschland insbesondere in § 269 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Dort wird die Fälschung beweiserheblicher Daten als eigenständiges Delikt neben die klassische Urkundenfälschung nach § 267 StGB gestellt.
Gesetzestext (§ 269 StGB, Stand 2024):
„Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, dass bei ihrer späteren Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Schutzzweck der Norm
Der Tatbestand dient dem Schutz der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs, insbesondere im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung und den Einsatz elektronischer Beweismittel. Der Gesetzgeber trägt mit der Norm der Tatsache Rechnung, dass klassische Urkundenfälschungstatbestände nicht auf digitale Informationen anwendbar sind, obwohl auch diese eine Beweisfunktion im Rechtsverkehr erfüllen können.
Tatbestandsmerkmale der Fälschung beweiserheblicher Daten
Beweiserhebliche Daten
Beweiserhebliche Daten sind elektronische oder digital gespeicherte Informationen, die dazu bestimmt sind, Beweis für rechtlich erhebliche Tatsachen zu erbringen. Dazu zählen insbesondere Daten, die im Geschäftsverkehr, in behördlichen oder gerichtlichen Verfahren sowie in privaten Willenserklärungen zur Beweisführung dienen. Typische Beispiele sind elektronisch geführte Urkunden, digitale Rechnungen oder E-Mails mit dokumentarischem Charakter.
Tathandlung
Die Tathandlung umfasst das Speichern oder Verändern beweiserheblicher Daten:
- Speichern bedeutet das Erzeugen neuer Daten mit beweisbestimmender Funktion in manipulierter Form.
- Verändern ist die nachträgliche Manipulation bereits vorhandener, originär zutreffender Daten.
Beide Handlungen müssen nach § 269 StGB zur Täuschung im Rechtsverkehr erfolgen und geeignet sein, einen rechtlich erheblichen Irrtum zu bewirken.
Unechtheit oder Verfälschung digitaler Urkunden
Im digitalen Raum gelten als „unecht“ Daten, wenn sie nicht vom vermeintlichen Aussteller stammen, d.h., wenn eine Person vorgibt, Daten stammen von einer anderen Person. Eine „Verfälschung“ ist die nachträgliche, unbefugte Veränderung authentischer Daten, die deren Aussagegehalt verändert.
Täuschungsabsicht und Vorsatz
Erforderlich ist, dass die Tathandlung mit dem Vorsatz erfolgt, im Rechtsverkehr zu täuschen. Einfache Veränderungen ohne Täuschungsabsicht (z.B. versehentliche Fehlbearbeitung) erfüllen das Merkmal nicht. Hinzukommen muss das Bewusstsein, dass die manipulierten Daten zur Täuschung im Rechtsverkehr geeignet sind.
Rechtsfolge: Strafrahmen
Der Strafrahmen des § 269 StGB sieht Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. In besonders schweren Fällen – insbesondere bei gewerbsmäßiger Begehung oder erheblichem Schaden – kann eine höhere Strafzumessung einschlägig sein. Es handelt sich um ein Offizialdelikt, d.h., die Strafverfolgung erfolgt von Amts wegen und ist grundsätzlich nicht vom Strafantrag abhängig.
Abgrenzung zu anderen Delikten
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Die klassische Urkundenfälschung setzt eine körperliche Verkörperung der Erklärung voraus, während es bei § 269 StGB ausschließlich um nicht verkörperte, also elektronische oder digitale Daten geht. Schnittmengen können dann vorliegen, wenn digitale Daten letztlich in einer Urkunde materialisiert werden.
Datenveränderung (§ 303a StGB)
Im Gegensatz zur Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) stellt § 303a StGB (Datenveränderung) die unbefugte Löschung, Unterdrückung oder Veränderung von Daten unter Strafe, unabhängig davon, ob diese beweiserheblich sind und mit Täuschungsabsicht gehandelt wird.
Versuch und Vollendung
Der Versuch der Fälschung beweiserheblicher Daten ist gemäß § 269 Absatz 2 StGB strafbar. Die Vorbereitungshandlung bleibt hingegen straflos, solange sie nicht in den Bereich des vollendeten oder versuchten Delikts fällt.
Die Tat ist vollendet, wenn die manipulativen Daten im System gespeichert oder verändert wurden und dadurch die Möglichkeit geschaffen wurde, im Rechtsverkehr eine Täuschung zu bewirken.
Strafprozessuale Besonderheiten
Für die Aufdeckung und Verfolgung dieses Delikts spielt die forensische IT-Analyse eine zentrale Rolle. Die Sicherung und Auswertung digitaler Beweismittel erfordert spezielle technische Werkzeuge und eine entsprechende Qualifikation der Ermittlungsbehörden, da Originaldaten im digitalen Raum leichter modifiziert werden können als physische Dokumente.
Bedeutung im internationalen Kontext
Auch in anderen Staaten existieren Rechtsnormen, die vergleichbaren Schutz für elektronische Beweismittel bieten. Im europäischen Raum harmonisieren etwa die Regelungen der Cybercrime-Konvention (Budapester Übereinkommen) und entsprechende EU-Richtlinien die strafrechtlichen Vorschriften. Insbesondere im internationalen Geschäfts- und Rechtsverkehr wächst die Bedeutung einer effektiven Strafverfolgung digitaler Beweisfälschungen.
Praxisbeispiele und typische Anwendungsfälle
- Manipulation von Abrechnungsdaten durch Mitarbeiter zur Täuschung von Prüfbehörden oder Wirtschaftsprüfern
- Fälschung von E-Mails oder elektronischen Verträgen zur Durchsetzung angeblich bestehender Forderungen
- Veränderung von Daten in elektronischen Fahrtenbüchern, um Steuerhinterziehung zu ermöglichen
- Unbefugte Änderung von digitalen Patientendaten im Gesundheitswesen
Rechtspolitische Diskussion und Entwicklung
Mit dem stetigen Fortschreiten der Digitalisierung und der Automatisierung im Rechts- und Geschäftsverkehr steigen die Herausforderungen im Umgang mit beweiserheblichen digitalen Daten. Die Bewertung und Verwertbarkeit digitaler Beweismittel werden zunehmend Thema rechtswissenschaftlicher und rechtspolitischer Debatten, insbesondere im Hinblick auf Integrität, Authentizität und Manipulationssicherheit elektronischer Dokumente.
Literatur
- Fischer, Strafgesetzbuch, Kommentar, § 269 StGB
- Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Kommentar, § 269 StGB
- MüKo-StGB, Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 269 StGB
Fazit
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein zentrales Delikt des modernen Datenstrafrechts und schützt das Vertrauen in die Authentizität sowie Integrität elektronischer Beweismittel. Angesichts fortschreitender technischer Entwicklungen bleibt die Weiterentwicklung und Anpassung dieses Straftatbestandes an neue digitale Realitäten für den Gesetzgeber und die Rechtsprechung eine kontinuierliche Aufgabe.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Regelungen gelten für die Fälschung beweiserheblicher Daten in Deutschland?
Im deutschen Recht wird die Fälschung beweiserheblicher Daten insbesondere durch § 269 Strafgesetzbuch (StGB) erfasst. Der Tatbestand schützt die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Beweisverkehrs im Rechtsleben auf elektronischem Weg. Er umfasst sowohl das unbefugte Herstellen unechter beweiserheblicher Daten als auch die Verfälschung solcher Daten. Ergänzend dazu können auch weitere Normen wie § 267 StGB (Urkundenfälschung), § 274 StGB (Vernichtung beweiserheblicher Daten oder Urkunden) und § 303a StGB (Datenveränderung) einschlägig sein. Zu beachten ist, dass es sich bei § 269 StGB um ein eigenständiges Delikt handelt, das an die digitalisierte Beweisführung angepasst wurde, insbesondere im Hinblick auf elektronische Daten und digitalen Geschäftsverkehr. Weiterhin können je nach Kontext auch Spezialgesetze oder europarechtliche Vorschriften, wie etwa die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), eine Rolle spielen, sofern im Zuge der Fälschung personenbezogene Daten betreffend widerrechtlich gehandhabt werden.
Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Fälschung beweiserheblicher Daten?
Der Strafrahmen nach § 269 StGB reicht – wie bei der klassischen Urkundenfälschung – von Geldstrafe bis Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Die konkrete Strafzumessung bemisst sich anhand verschiedener Faktoren, wie dem Ausmaß der Fälschung, dem daraus entstandenen Schaden, sowie etwaigen Vorstrafen des Täters. Im besonders schweren Fall, insbesondere wenn die Handlung gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande erfolgt, kann sich das Strafmaß erhöhen. Auch versuchte Tatbegehung ist strafbar. Neben strafrechtlichen Sanktionen kommt häufig die Einziehung von Tatmitteln, Schadensersatzpflichten und berufliche Konsequenzen, beispielsweise Ausschluss aus Kammern, hinzu.
Wer ist tauglicher Täter einer Fälschung beweiserheblicher Daten?
Tauglicher Täter im Sinne des § 269 StGB kann grundsätzlich jede natürliche Person sein, die über die technischen Mittel und Fähigkeiten verfügt, elektronische Daten zu erzeugen, zu verändern oder zu manipulieren. Dies umfasst sowohl Privatpersonen als auch Personen, die sich im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten Zugang zu beweiserheblichen digitalen Daten verschaffen können, wie etwa IT-Spezialisten, Verwaltungsmitarbeiter oder Mitglieder von Rechts- oder Verwaltungseinrichtungen. Juristische Personen können im deutschen Strafrecht grundsätzlich nicht Täter sein, jedoch kann gegen diese unter Umständen ein Unternehmensgeldbuße verhängt werden, sofern die Tat einer Leitungsperson zugerechnet werden kann (§ 30 OWiG).
Welche Daten gelten als beweiserheblich nach deutschem Recht?
Beweiserhebliche Daten sind nach § 269 StGB solche, denen im Rechtsverkehr die gleiche Beweisfunktion wie einer Urkunde zukommt. Darunter fallen elektronische Aufzeichnungen, Dateien, E-Mails, digitale Bild- oder Klangaufnahmen sowie andere computerbasierte Informationen, die geeignet und bestimmt sind, Beweis für rechtlich relevante Tatsachen zu erbringen. Die Beweiserheblichkeit wird dabei nach objektiven Maßstäben beurteilt, das heißt, es muss darauf abgestellt werden, ob die Daten im Rechtsverkehr als Grundlage für die Klärung eines Rechtsverhältnisses herangezogen werden könnten. Die Form der Datenspeicherung ist dabei unerheblich; entscheidend ist allein die Beweisfunktion.
Welche Unterschiede bestehen zwischen der Fälschung beweiserheblicher Daten und der klassischen Urkundenfälschung?
Die klassische Urkundenfälschung (§ 267 StGB) bezieht sich auf die Herstellung, Veränderung oder Nutzung von körperlichen, schriftlichen Beweisstücken. Die Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) hingegen erfasst explizit rein elektronische Informationen, die keine verkörperte Form haben, aber dennoch beweiserheblich sind. Während sich § 267 StGB primär auf schriftliche Dokumente erstreckt, zielt § 269 StGB auf die integritätswahrende Funktion von elektronischen Daten im Rechtsverkehr. Beide Delikte stehen im Verhältnis der Subsidiarität zueinander: Liegt sowohl eine Urkundenfälschung als auch eine Fälschung beweiserheblicher Daten vor, geht die Strafbarkeit nach § 267 StGB grundsätzlich vor.
Gibt es Unterschiede in der Strafbarkeit im Versuch und bei der Vollendung der Tat?
Sowohl der Versuch als auch die vollendete Fälschung beweiserheblicher Daten sind strafbar. Bereits das ernsthafte Ansetzen zur Tatbegehung, also zum Herstellen unechter oder zum Verfälschen echter beweiserheblicher Daten, ist gemäß § 269 Abs. 2 StGB als Versuch strafbar. Die Strafzumessung beim Versuch kann milder ausfallen als bei der vollendeten Tat, hängt jedoch vom Einzelfall sowie der jeweiligen Tathandlung und deren Gefährlichkeit ab. Die bloße Vorbereitung, wie zum Beispiel das Beschaffen von notwendigen Werkzeugen, ist hingegen nicht strafbar, es sei denn, diese erfüllt selbständig einen Straftatbestand (z.B. Vorbereiten eines Ausspähens von Daten).
Welche Rolle spielt die Absicht oder Motivation des Täters bei der Strafverfolgung?
Für die Strafbarkeit gemäß § 269 StGB ist der Vorsatz zwingende Voraussetzung. Der Täter muss mit Wissen und Wollen handeln, also zielgerichtet und bewusst falsche oder verfälschte beweiserhebliche Daten herstellen oder speichern. Ein bloßes Versehen oder eine fahrlässige Datenveränderung genügen nicht für die Erfüllung des Straftatbestands. Die Motivation, sei sie bereicherungs-, rache- oder schadenorientiert, ist für die Tatbestandsverwirklichung nicht erforderlich, kann aber bei der Strafzumessung Berücksichtigung finden und strafschärfend oder strafmildernd wirken.