Fälschung beweiserheblicher Daten – Rechtslage, Voraussetzungen und Folgen
Definition und Bedeutung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein Begriff aus dem Strafrecht, der insbesondere im Zusammenhang mit der digitalen Welt und dem Schutz vor Manipulation elektronischer Informationen von zentraler Bedeutung ist. Gemeint ist die bewusste und rechtswidrige Verfälschung von Daten, die im Rahmen eines Beweisverfahrens herangezogen werden können, oder deren Erstellung zur Täuschung über rechtserhebliche Tatsachen dient. Dieser Tatbestand ist vor allem im Zeitalter der Digitalisierung von großer Relevanz, da viele Beweise nicht mehr nur in schriftlicher Form, sondern in elektronischen Daten gespeichert werden.
Gesetzliche Grundlage
Strafgesetzbuch (StGB) § 269
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist in Deutschland nach § 269 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Dieser Paragraph trägt die Überschrift „Fälschung beweiserheblicher Daten“ und schafft eine digitale Entsprechung zu § 267 StGB, welcher die Urkundenfälschung regelt.
Wortlaut des § 269 StGB:
„Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, dass bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Schutzgut
Das zentrale Schutzgut dieses Straftatbestands ist die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Beweisverkehrs, insbesondere hinsichtlich elektronisch gespeicherter Informationen, die im Rechtsverkehr dieselbe Beweisfunktion zukommt wie klassischen Urkunden.
Tatbestandsvoraussetzungen
Die Fälschung beweiserheblicher Daten setzt mehrere Voraussetzungen voraus:
Beweiserhebliche Daten
Beweiserhebliche Daten sind solche digitalen Informationen, die dazu bestimmt sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen. Sie müssen geeignet sein, rechtserhebliche Tatsachen zu belegen, wie sie typischerweise im Geschäftsverkehr, Behördenverkehr oder Gerichtsverfahren von Bedeutung sind. Insbesondere handelt es sich um Daten, die für die Erstellung elektronischer Dokumente verwendet werden oder im Rahmen digitaler Authentifizierungsverfahren eingesetzt werden.
Tathandlung
Die Tathandlung besteht im
- Speichern unechter oder gefälschter Daten,
- Verändern vorhandener beweiserheblicher Daten in manipulativer Weise.
Wesentlich ist, dass durch diese Handlung beim Auslesen bzw. Wahrnehmen der Daten die Vorstellung entsteht, es handle sich um eine echte, unveränderte, den tatsächlichen Begebenheiten entsprechende Tatsache.
Täuschung im Rechtsverkehr
Der Vorsatz muss darauf gerichtet sein, im Rechtsverkehr zu täuschen. Es genügt die Absicht, eine andere Person zu einem rechtserheblichen Verhalten durch die Manipulation zu veranlassen, nicht jedoch eine erfolgreiche Täuschung.
Gleichstellung mit Urkundenfälschung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten wird funktional der Urkundenfälschung gleichgestellt. Dem Gesetzeswortlaut nach soll der Tatbestand für alle Konstellationen gelten, in denen die entsprechende Manipulation nicht auf einer materiellen Urkunde, sondern auf digitalen Daten stattfindet.
Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen
Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
Urkundenfälschung betrifft ausschließlich körperlich vorhandene Beweismittel, während § 269 StGB die digitale Welt adressiert. Besteht jedoch die Möglichkeit, dass Daten ausgedruckt und als Urkunde verwendet werden, kann eine Strafbarkeit nach beiden Vorschriften in Betracht kommen.
Datenveränderung (§ 303a StGB)
§ 303a StGB schützt das Integritätsinteresse des Dateneigners an seinen Daten vor unbefugter Veränderung oder Löschung und verfolgt keinen täuschungsbezogenen Schutz des Rechtsverkehrs. Die Abgrenzung zur Fälschung beweiserheblicher Daten liegt dementsprechend im der spezifischen Täuschungsabsicht.
Strafmaß und Rechtsfolgen
Eine Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein Vergehen, das mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bedroht ist. Der Versuch ist gemäß § 269 Absatz 2 StGB ebenfalls strafbar.
In schweren Fällen oder bei gewerbsmäßiger Begehung kann der Strafrahmen durch § 263 StGB (Betrug) in Verbindung mit § 269 StGB überschritten werden, beispielsweise im Rahmen krimineller Betrugshandlungen unter Nutzung gefälschter digitaler Nachweise.
Versuch und Vorbereitung
Der Versuch einer Fälschung beweiserheblicher Daten ist nach dem Gesetz strafbar. Die Vorbereitung eines entsprechenden Angriffs, wie das bloße Verschaffen von Mitteln oder Kenntnissen, hingegen nicht, sofern keine anderen Delikte, wie die Vorbereitung des Ausspähens und Abfangens von Daten (§ 202c StGB), erfüllt sind.
Täterkreis
Täter im Sinne des § 269 StGB kann jede natürliche Person sein. Auch Mittäter- und Teilnehmerkonstellationen sind möglich, also etwa Gehilfen oder Anstifter. In Unternehmen kann die Verantwortlichkeit auf verantwortliche Individuen (zum Beispiel IT-Administratoren) zurückgeführt werden.
Mögliche Tatmodalitäten
Praktische Anwendungsfälle sind beispielsweise:
- Manipulation von E-Mail-Verläufen, um einen Vertragsschluss zu fingieren
- Verfälschung digitaler Zeiterfassung zur Vorteilsgewährung
- Manipulation von Log-Dateien mit Relevanz in Straf- oder Zivilverfahren
- Anpassung von Einträgen in digitalen Registern zur Sicherung von Berechtigungen oder Ansprüchen
Prozessuale Besonderheiten
Im Strafverfahren kommt der Beweisführung im Zusammenhang mit der Fälschung beweiserheblicher Daten eine besondere Bedeutung zu. Digitale Beweise erfordern regelmäßig die Sicherstellung und forensische Auswertung der entsprechenden Datenträger, um Authentizität und Herkunft der Daten nachweisen zu können.
Verjährung
Gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB beträgt die Verjährungsfrist für die Fälschung beweiserheblicher Daten grundsätzlich fünf Jahre.
Internationale Bezüge
Auf europäischer Ebene sind vergleichbare Schutznormen im Übereinkommen über Computerkriminalität (Budapester Übereinkommen) und der Cybercrime-Konvention zu finden. In anderen Rechtssystemen existieren ähnliche Straftatbestände im Bereich „Computer Fraud“, die einen vergleichbaren Schutz digitaler Beweisführungen bieten.
Zusammenfassung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten gemäß § 269 StGB schützt die Integrität und Glaubwürdigkeit digitaler Beweismittel im Rechtsverkehr und stellt ein zentrales Delikt im Kontext moderner Informationstechnologien dar. Die Vorschrift stellt eine funktionale Entsprechung zur Urkundenfälschung im elektronischen Bereich dar und gewährleistet dadurch den Schutz vor Manipulationen, die das Vertrauen in digitale Dokumente und Datenbestände empfindlich stören könnten. Die Strafandrohung und Strafbarkeit auch des Versuchs dienen der wirksamen Bekämpfung digitaler Täuschungshandlungen, deren Bedeutung mit zunehmender Digitalisierung weiterhin wächst.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist in Deutschland vor allem durch § 269 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt und wird als eigenständiges Delikt („Fälschung beweiserheblicher Daten“) behandelt. Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten – das heißt solche, die im Rechtsverkehr Beweisfunktion besitzen – so verfälscht, dass bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. In besonders schweren Fällen ist auch eine höhere Strafbarkeit möglich (z.B. bandenmäßige Begehung oder großer Schaden). Die Strafbarkeit kann schon bei dem Versuch beginnen und ist unabhängig davon, ob tatsächlich ein Schaden eingetreten ist. Zusätzlich zur strafrechtlichen Sanktionierung kann der Täter zivilrechtlich haftbar gemacht werden, etwa auf Schadensersatz, wenn durch die Fälschung Vermögensschäden entstanden sind. Im öffentlichen Dienst oder bei besonderen Berufsgruppen können disziplinarrechtliche Maßnahmen wie Entlassung oder Berufsverbot hinzukommen.
Wie unterscheidet sich die Fälschung beweiserheblicher Daten von der klassischen Urkundenfälschung?
Während die klassische Urkundenfälschung (§ 267 StGB) darauf abzielt, eine schriftliche verkörperte Gedankenerklärung zu verfälschen oder herzustellen, richtet sich die Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) auf elektronische oder digital gespeicherte Informationen, denen im Rechtsverkehr Beweisfunktion zukommt. Es handelt sich also um eine Anpassung des traditionellen Urkundenbegriffs an digitale Beweisformen. Beide Delikte schützen das Vertrauen in die Echtheit und Unverfälschtheit von Beweismitteln im Rechtsverkehr, unterscheiden sich aber hinsichtlich des Beweisobjekts (Urkunde aus Papier vs. digitale Daten). Der Unrechtsgehalt und die Strafandrohungen sind ähnlich gelagert.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 StGB vorliegt?
Voraussetzung ist zunächst, dass es sich um sogenannte beweiserhebliche Daten handelt, also um elektronische oder in anderer Form nicht unmittelbar wahrnehmbare Daten, die geeignet und bestimmt sind, in Rechtsverkehr Beweis zu erbringen. Der Täter muss diese Daten mit Täuschungsabsicht so manipulieren, dass bei ihrer anschließenden sinnlichen Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorläge, d.h. der tatsächliche Datenbestand wird so verändert, dass er eine falsche Beweisfunktion erfüllt. Subjektiv ist Vorsatz und eine Täuschungsabsicht erforderlich, der Täter muss also wissentlich und willentlich die Manipulation zur Täuschung vornehmen. Es ist nicht erforderlich, dass ein Dritter tatsächlich getäuscht wurde oder ein Schaden eingetreten ist.
Sind auch bloße Versuche der Fälschung beweiserheblicher Daten strafbar?
Ja, der Versuch der Fälschung beweiserheblicher Daten ist gemäß § 269 Abs. 2 StGB ebenso strafbar wie die vollendete Tat. Das bedeutet, dass schon der Versuch, beweiserhebliche Daten entsprechend den Tatbestandsvoraussetzungen zu manipulieren – auch wenn es noch nicht zu einem vollendeten Erfolg kommt oder der Täuschungserfolg ausbleibt -, für eine Strafbarkeit ausreicht. Dies dient insbesondere der frühzeitigen Ahndung von Betrugshandlungen im Bereich der digitalen Daten und soll den Schutz des Rechtsverkehrs verstärken.
Welche Rolle spielen beweiserhebliche Daten in Gerichtsverfahren und wie wird ihre Echtheit geprüft?
Beweiserhebliche Daten gewinnen in Gerichtsverfahren zunehmend an Bedeutung, etwa bei elektronischen Vertragsschlüssen, E-Mails, digitalen Unterschriften oder digitalen Akten. Die Echtheit solcher Daten wird im Prozess nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen geprüft. Das Gericht muss sich davon überzeugen, dass die vorgelegten Daten tatsächlich von der erklärten Person stammen und unverfälscht sind. Häufig bedient sich das Gericht Sachverständiger oder externer Gutachter, die die Herkunft und Integrität der Daten durch technische Analysen (z.B. Prüfung von Metadaten, Hashwerten, digitalen Signaturen) überprüfen. Bei Zweifeln an der Authentizität kann ein Beweisverwertungsverbot greifen.
Gibt es Unterschiede bei der Strafverfolgung zwischen natürlichen und juristischen Personen?
Strafrechtlich haftbar gemacht werden können in Deutschland grundsätzlich nur natürliche Personen, da das Strafrecht in der Regel auf individuelles Verschulden abstellt. Juristische Personen können daher nicht unmittelbar als Täter einer Fälschung beweiserheblicher Daten verurteilt werden. Allerdings können Unternehmen für Pflichtverletzungen ihrer Organe oder Beschäftigten nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG), insbesondere nach § 30 OWiG, mit Geldbußen belegt werden. Zudem können zivilrechtliche Ansprüche gegen die Unternehmen entstehen oder Maßnahmen nach dem Berufs- oder Handelsrecht greifen (z.B. Entziehung einer Zulassung).
Wie verjähren Straftaten im Zusammenhang mit der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Die Verjährungsfrist für die Fälschung beweiserheblicher Daten richtet sich nach § 78 StGB. Da auf das Delikt grundsätzlich eine Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe steht, beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist fünf Jahre. Die Verjährung beginnt mit der Beendigung der Tat, d.h. in der Regel mit Vornahme der letzten Manipulation oder Verwendung der gefälschten Daten. Eventuelle Unterbrechungs- oder Ruhensgründe (etwa laufende Ermittlungen) wirken sich auf den Fristablauf aus. Nach Ablauf der Verjährung ist eine Strafverfolgung rechtlich ausgeschlossen.