Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Fälschung beweiserheblicher Daten

Fälschung beweiserheblicher Daten


Begriff und gesetzliche Grundlage der Fälschung beweiserheblicher Daten

Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein Begriff des deutschen Strafrechts und bezeichnet eine besondere Form der Datenmanipulation, die darauf abzielt, digitale Informationen in einer Art und Weise zu verändern oder herzustellen, sodass sie wie echte Beweismittel erscheinen und im Rechtsverkehr zur Täuschung verwendet werden können. Die einschlägige Rechtsgrundlage findet sich in § 269 Strafgesetzbuch (StGB). Die Strafvorschrift wurde im Zuge der wachsenden Digitalisierung geschaffen, um der zunehmenden Bedeutung elektronischer Daten im Rechtsverkehr Rechnung zu tragen.

Historische Entwicklung

Die Einbeziehung elektronischer Beweismittel in den Straftatbestand der Urkundenfälschung war notwendig, da das klassische Urkundenstrafrecht (§ 267 StGB) lediglich auf körperliche Dokumente ausgerichtet war. Mit der Einführung von § 269 StGB durch das Sechste Gesetz zur Förderung der Rechtssicherheit in der Justiz vom 11. November 1998 wurde die Lücke im Schutz strafrechtlicher Beweissicherung geschlossen.


Tatbestandsmerkmale der Fälschung beweiserheblicher Daten

Objektiver Tatbestand

Der objektive Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 Abs. 1 StGB setzt voraus:

Beweiserhebliche Daten

Beweiserheblich sind Daten, die zum Beweis einer rechtlich relevanten Tatsache bestimmt sind und mit einer menschlichen Gedankenerklärung vergleichbar sind. Es muss sich um solche Informationen handeln, denen im Rechtsverkehr Beweisfunktion zukommt. Beispiele hierfür sind elektronische Dokumente, E-Mail-Verläufe, digitale Rechnungen oder Einträge in elektronischen Registern.

Datenfälschung oder unbefugte Datenveränderung

Die Vorschrift erfasst zwei Arten von Handlungen:

  1. Speichern oder Verändern unechter oder verfälschter Daten

– Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert, dass sie bei ihrer Wahrnehmung eine andere als die wirkliche Tatsache beweisen, macht sich strafbar.

  1. Gebrauchmachen von unechten oder verfälschten Daten

– Auch das spätere Verwenden oder Sichverschaffen solcher Daten im Verkehr ist von der Strafnorm umfasst.

Gleichstellung mit Urkunde

Der Gesetzgeber stellt die in § 269 StGB genannten „beweiserheblichen Daten“ ausdrücklich einer (schriftlichen) Urkunde im Sinne von § 267 StGB gleich, auch wenn ihnen die Verkörperung auf einem Papierdokument fehlt.

Subjektiver Tatbestand

Der oder die Täter*in muss mit Vorsatz handeln, d.h., er oder sie muss die Fälschung bzw. Manipulation der Daten bewusst und gewollt zur Täuschung im Rechtsverkehr vornehmen. Eventualvorsatz reicht hierfür bereits aus.

Rechtswidrigkeit und Schuld

Es dürfen keine Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe vorliegen.


Strafrechtliche Folgen

Strafrahmen

Nach § 269 Abs. 1 StGB wird die Fälschung beweiserheblicher Daten mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt etwa dann vor, wenn die Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begangen wird (§ 269 Abs. 3 StGB); hier droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Versuch

Der Versuch der Fälschung beweiserheblicher Daten, also das unmittelbare Ansetzen zur Tat ohne deren Vollendung, ist nach § 269 Abs. 2 StGB strafbar.


Abgrenzungen zu anderen Straftatbeständen

Urkundenfälschung (§ 267 StGB)

Die Urkundenfälschung betrifft ausschließlich verkörperte, schriftliche Erklärungen, wohingegen sich § 269 StGB ausdrücklich auf nichtkörperliche, digitale Daten bezieht.

Datenveränderung (§ 303a StGB)

Die reine Datenveränderung nach § 303a StGB ist auf die bloße Beeinträchtigung des Datenbestands gerichtet und erfordert keine Beweisfunktion oder Täuschungsabsicht. Der Schwerpunkt liegt auf der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit von Datenverarbeitungsvorgängen.

Besonders schwere Fälle (§ 269 Abs. 3 StGB)

Besonders schwere Fälle, wie gewerbsmäßiges oder bandenmäßiges Vorgehen, orientieren sich an der Regelung der besonders schweren Fälle von Urkundenfälschung und führen zu einem erhöhten Strafrahmen.


Praxisbeispiele

  • Manipulation einer digitalen Patientenakte zur Verschleierung eines Behandlungsfehlers.
  • Verfälschen von digitalen Kontoauszügen mit Täuschungsabsicht gegenüber einem Kreditinstitut.
  • Erstellung einer Scheinrechnung in einem ERP-System eines Unternehmens.

Bedeutung im digitalen Rechtsverkehr

Mit der fortschreitenden Digitalisierung spielt § 269 StGB im wirtschaftlichen und privaten Rechtsverkehr eine zunehmend bedeutende Rolle. Insbesondere im Zusammenhang mit elektronischen Rechnungsstellung, digital signierten Dokumenten und allgemein im E-Commerce gewinnt der Schutz vor Fälschung digital gespeicherter Daten an Relevanz sowohl für Unternehmen als auch Privatpersonen.


Rechtsprechung und Literatur

Die Rechtsprechung der deutschen Gerichte hat den Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten in zahlreichen Entscheidungen konkretisiert, beispielsweise bezüglich der Anforderungen an die Beweiserheblichkeit und der Auslegung der Täuschungsabsicht. Umfangreiche Kommentarliteratur widmet sich zudem der dogmatischen Einordnung dieses Tatbestandes.


Zusammenfassung

Die Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 StGB schützt die Integrität und Zuverlässigkeit elektronischer Beweismittel und schließt die Lücke, die durch die fortschreitende Digitalisierung des Rechtsverkehrs entstanden ist. Sie ist im deutschen Strafrecht ein zentraler Baustein zur Gewährleistung der Beweissicherheit im digitalen Zeitalter und richtet sich gegen jede Täuschungshandlung, die sich auf elektronische Daten mit Beweisfunktion bezieht.


Literaturhinweise

  • Fischer, Strafgesetzbuch, Kommentar, § 269 StGB
  • Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, § 269 StGB
  • MüKo-StGB, § 269 StGB
  • BT-Drs. 13/8587 (Begründung der Einführung des Tatbestandes)

Siehe auch:

  • Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
  • Datenveränderung (§ 303a StGB)
  • Beweisrecht im Zivil- und Strafverfahren
  • IT-Strafrecht

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei der Fälschung beweiserheblicher Daten?

Im rechtlichen Kontext ist die Fälschung beweiserheblicher Daten in Deutschland (§ 269 StGB) als Straftat erfasst und wird ähnlich streng wie die Urkundenfälschung verfolgt. Personen, die wissentlich falsche oder manipulierte beweiserhebliche Daten erzeugen, verändern oder gebrauchen, um damit im Rechtsverkehr zu täuschen, machen sich strafbar. Die Sanktionen reichen von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren, wobei der konkrete Strafrahmen von den Umständen der Tat und dem Ausmaß des angerichteten Schadens abhängt. Besonders schwer fällt das Gewicht der Straftat ins Gewicht, wenn Existenzbeweise, Vertragsunterlagen, Geschäftsabrechnungen oder andere juristisch relevante Daten betroffen sind. Die Erfolglosigkeit des Täuschungsversuchs oder ein lediglich versuchtes Inverkehrbringen können strafmildernd wirken, allerdings reicht bereits die Erstellung gefälschter beweiserheblicher Daten zur Erfüllung des Straftatbestandes aus. Auch der Versuch sowie die Beihilfe oder Anstiftung zur Tat sind strafbar.

Welche Rolle spielt die Beweiszweckbestimmung bei der Strafbarkeit?

Im rechtlichen Rahmen ist es entscheidend, dass die gefälschten oder manipulierten Daten tatsächlich für Beweiszwecke im Rechtsverkehr bestimmt sind. Das bedeutet, die Daten müssen geeignet und dazu bestimmt sein, im Fall eines Rechtsstreits oder behördlicher Prüfung als Beweismittel zu dienen. Daten, die keinen solchen Bezug zur Beweisführung haben, zum Beispiel rein interne Notizen ohne weitere juristische Relevanz, fallen grundsätzlich nicht unter den Straftatbestand. Umgekehrt genügt es bereits, wenn der Täter die Möglichkeit in Kauf nimmt, dass die manipulierten Daten zu Beweiszwecken verwendet werden könnten. Das subjektive Element des Täters, also der Vorsatz, spielt hierbei eine entscheidende Rolle und ist stets zu prüfen.

Wie unterscheiden sich die Tatbestände „Fälschung beweiserheblicher Daten“ und „Urkundenfälschung“?

Obwohl beide Tatbestände dem Schutz der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs dienen, unterscheiden sie sich hinsichtlich des Tatmittels: Während bei der Urkundenfälschung ein körperliches Dokument im Mittelpunkt steht, bezieht sich die Fälschung beweiserheblicher Daten ausschließlich auf elektronische oder digitale Informationen. Die Manipulation geschieht hier auf der Ebene gespeicherter oder übermittelter Daten, unabhängig davon, ob später daraus ein physisches Dokument erstellt wird. Dennoch werden elektronische Fälschungen gleichwertig zur Urkundenfälschung behandelt, sofern ihre Beweiseignung und Beweisbestimmung feststellbar ist. Die elektronische Speicherung oder Kommunikation ist also hinreichend, um den Schutzbereich des § 269 StGB zu eröffnen.

Welche Formen der Tatbegehung werden unterschieden?

Im Strafrecht unterscheidet man bei der Fälschung beweiserheblicher Daten verschiedene Arten der Tatbegehung: Das Herstellen („erstellen“), Verändern („modifizieren“) oder Gebrauchen („verwenden“) solcher Daten. Jede dieser Handlungen kann eine selbständige Tat darstellen, sofern der Vorsatz besteht, eine Täuschung im Rechtsverkehr herbeizuführen. Das bloße Innehaben manipulierter Daten ohne eine entsprechende Täuschungsabsicht oder ohne Beweisbestimmung reicht jedoch nicht aus. Auch die Übermittlung an Dritte oder die Integration in ein automatisiertes Geschäftsvorhaben sind strafbar, wenn die notwendige Täuschungsabsicht vorliegt.

Welche Rolle spielt die digitale Signatur oder Authentifizierung?

Die Existenz digitaler Signaturen und Authentifizierungsmechanismen ist im rechtlichen Kontext besonders relevant, da sie der Beweiskraft elektronischer Dokumente besonderes Gewicht verleihen. Wird eine solche Signatur gefälscht oder missbräuchlich verwendet, kann dies nicht nur zur Strafbarkeit nach § 269 StGB führen, sondern oft auch den Tatbestand der Datenveränderung (§ 303a StGB) oder des Computerbetrugs (§ 263a StGB) erfüllen. Der Schutzumfang umfasst hier alle Maßnahmen, die dazu dienen, die Urheberschaft und Unverfälschtheit digitaler Daten sicherzustellen. Die Justiz legt bei der Bewertung von Fällen mit digital signierten Dokumenten besonderen Wert auf die Nachweisbarkeit von Manipulationen.

Wie verläuft das strafrechtliche Ermittlungsverfahren bei Verdacht auf Datenfälschung?

Erhärtet sich im Rahmen einer Anzeige oder behördlichen Überprüfung der Verdacht auf Fälschung beweiserheblicher Daten, wird ein Strafverfahren eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Strafbarkeit vorliegen. Es finden in der Regel IT-forensische Untersuchungen statt, die Herkunft, Authentizität und Manipulationsspuren der betroffenen Daten analysieren. Häufig werden Experten zur Gutachtenerstattung herangezogen. Beschuldigte Personen sind vernehmungs- und auskunftspflichtig, haben jedoch das Recht, die Aussage zu verweigern. Nach Abschluss der Ermittlungen entschieden sich die Behörden abhängig vom Ergebnis der Beweisaufnahme über die Erhebung einer Anklage oder die Einstellung des Verfahrens. Bei Anklageerhebung kommt es zu einer öffentlichen Hauptverhandlung vor dem zuständigen Strafgericht.

Können Unternehmen für Fälschung beweiserheblicher Daten haftbar gemacht werden?

Auch juristische Personen, etwa Unternehmen oder Organisationen, können im Zuge des Ordnungswidrigkeitenrechts (§ 30 OWiG) zur Verantwortung gezogen werden, wenn durch die Fälschung beweiserheblicher Daten betriebliche Interessen gefördert wurden. Geschäftsführer, Vorstände oder andere verantwortliche Personen können persönlich strafrechtlich haftbar gemacht werden, sofern ihnen ein Pflichtverstoß nachweisbar ist. Im Unternehmen kann zusätzlich die Verhängung von Geldbußen, Gewinnabschöpfungen oder sonstigen aufsichtsrechtlichen Maßnahmen erfolgen. Compliance-Maßnahmen und die angemessene Organisation interner Kontrollsysteme spielen daher eine wichtige präventive Rolle, um strafrechtliche und zivilrechtliche Risiken zu minimieren.