Begriff und rechtliche Einordnung der Fälschung beweiserheblicher Daten
Die Fälschung beweiserheblicher Daten bezeichnet einen eigenständigen Straftatbestand im deutschen Strafrecht. Erfasst werden dabei insbesondere manipulierte digitale Daten, deren Echtheit für Beweiszwecke von Bedeutung ist. Die Vorschrift wurde 1997 im Zuge der Anpassung des Strafrechts an die zunehmende Digitalisierung eingeführt und schützt die Sicherheit und Zuverlässigkeit des elektronischen Rechts- sowie Geschäftsverkehrs.
Gesetzliche Grundlage
Die rechtliche Grundlage findet sich in § 269 Strafgesetzbuch (StGB). Die Norm lautet im Wortlaut (Stand Juni 2024):
Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, dass bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Schutzzweck und Rechtsgut
Mit der Tatbestandseinführung passt der Gesetzgeber den Schutz des klassischen Urkundenstrafrechts an die digitalen Anforderungen an. Ziel ist die Gewährleistung der Authentizität und Integrität elektronischer Beweisführung und Sicherung des Vertrauens in elektronische Dokumente.
Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten
Objektiver Tatbestand
Beweiserhebliche Daten
Der Tatbestand erfasst ausschließlich „beweiserhebliche Daten“. Dies sind elektronische Informationen, die dazu bestimmt sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen, also zum Beispiel E-Mails, digitale Verträge, elektronische Protokolle, Buchhaltungsdaten und ähnliche.
Tathandlung: Speichern oder Verändern
Das Gesetz stellt das Speichern oder Verändern von Daten unter Strafe. Dies umfasst jede Handlung, durch die Daten erstmals erzeugt oder nachträglich manipuliert werden. Entscheidend ist, dass der Täter dadurch den Inhalt von Daten beeinflusst, sodass sie bei ihrer späteren Wiedergabe einen falschen Beweiswert erhalten.
Konkrete Eignung zum Beweis
Nicht jeder Datenbestand ist tatbestandsrelevant. Die Daten müssen potentiell im Rechtsverkehr Beweisfunktion haben, etwa gegenüber Dritten oder Behörden. Dazu zählt beispielsweise das Verfälschen von Zeitstempeln, elektronischen Unterschriften, Rechnungen oder elektronisch gespeicherter Korrespondenz.
Gleichwertigkeit mit Urkunde
Die gefälschten Daten müssen in ihrer Funktion einer Urkunde gleichgestellt werden. Das bedeutet, dass das Auftreten der gefälschten Datei dazu führen würde, dass ein Dritter sie als Beweismittel akzeptiert.
Subjektiver Tatbestand
Für die Strafbarkeit muss Vorsatz vorliegen. Der Täter muss wissen und wollen, dass durch das Speichern oder Verändern beweiserheblicher Daten eine Täuschung im Rechtsverkehr herbeigeführt wird. Eine besondere Absicht darüber hinaus ist nicht erforderlich.
Rechtsfolgen und Strafmaß
Strafandrohung
Die Fälschung beweiserheblicher Daten wird gemäß § 269 StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet. In Ausnahmefällen ist auch eine höhere Freiheitsstrafe möglich, beispielsweise bei qualifizierten Fällen oder in Tateinheit mit anderen Delikten.
Versuch und Vorbereitung
Der Versuch der Tat ist strafbar (§ 269 Abs. 2 StGB). Bereits das Ansetzen zu einer entsprechenden Manipulation, auch wenn sie nicht zum Erfolg führt, kann verfolgt werden.
Täterschaft und Teilnahme
Der Tatbestand kann sowohl von Einzelpersonen als auch von mehreren Beteiligten erfüllt werden. Möglich sind auch Mittäterschaft und Beihilfe. Strafbar ist nicht nur der unmittelbare Täter, sondern auch derjenige, der zur Tat anstiftet oder Hilfe leistet.
Konkurrenzen
Die Fälschung beweiserheblicher Daten kann mit anderen Straftatbeständen zusammentreffen, insbesondere mit Urkundenfälschung (§ 267 StGB), Computerbetrug (§ 263a StGB) oder Datenveränderung (§ 303a StGB). Es gelten die allgemeinen Regeln der Konkurrenz.
Abgrenzungen zu anderen Straftatbeständen
Fälschung beweiserheblicher Daten vs. Urkundenfälschung
Während sich die klassische Urkundenfälschung (§ 267 StGB) auf körperlich vorhandene, schriftliche Beweise bezieht, schützt § 269 StGB immaterielle, elektronische Daten. Eine Überschneidung kann vorliegen, wenn digitale und physische Dokumente nebeneinander genutzt werden.
Datenveränderung (§ 303a StGB)
§ 303a StGB schützt vor allem die Integrität fremder Datenbestände, unabhängig davon, ob sie Beweiszwecken dienen. Im Gegensatz dazu ist bei § 269 StGB die Beweisfunktion der Daten zwingend erforderlich.
Computerbetrug (§ 263a StGB)
Beim Computerbetrug steht die Vermögensschädigung im Vordergrund, nicht die Beweisfunktion der Daten. Die Tatbestände können sich überschneiden, sind aber grundsätzlich zu unterscheiden.
Strafprozessuale Aspekte
Ermittlungsverfahren
Der Verdacht auf Fälschung beweiserheblicher Daten führt regelmäßig zur Einleitung eines Strafverfahrens. Ermittlungsbehörden nutzen dabei auch digitale Forensik und Datenanalysen, um Beweise zu sichern und Manipulationen nachzuweisen.
Beweisführung und Gutachten
Die Nachweisführung erfordert häufig technische Untersuchungen, insbesondere zum Nachweis der Echtheit oder Manipulation von Daten. Forensische Gutachten spielen dabei eine wesentliche Rolle.
Relevanz im digitalen Rechts- und Geschäftsverkehr
Mit zunehmender Digitalisierung gewinnen die Themen Integrität und Authentizität digitaler Dokumente stetig an Bedeutung. Verstöße gegen § 269 StGB sind nicht nur im öffentlichen Sektor, sondern auch im privaten Umfeld (Unternehmen, Organisationen) von erheblicher Relevanz. Der Straftatbestand unterstreicht die Anforderungen an die Sicherheit von IT-Systemen und die Bedeutung sorgfältiger Datenverwaltung.
Fazit
Die Fälschung beweiserheblicher Daten nach § 269 StGB stellt einen wichtigen Baustein im Schutz des elektronischen Rechtsverkehrs dar. Sie schützt das besondere Vertrauen in die Unverfälschtheit und Authentizität digitaler Beweismittel, ist dabei eng mit anderen Straftatbeständen des IT-Strafrechts verknüpft und trägt wesentlich zur Rechtssicherheit im digitalen Zeitalter bei. Die sorgfältige Unterscheidung zu Urkundenfälschung, Computerbetrug und Datenveränderung ist in der Praxis von hoher Bedeutung. Das gilt sowohl im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen als auch für die Gestaltung sicherer und rechtskonformer digitaler Geschäftsprozesse.
Häufig gestellte Fragen
Welche Strafen drohen bei der Fälschung beweiserheblicher Daten nach deutschem Recht?
Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist nach § 269 StGB strafbar und stellt ein Vergehen dar, das mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden kann. Liegt ein besonders schwerer Fall vor, insbesondere wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, kann das Gericht auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren erkennen. Relevant ist zudem, ob die gefälschten Daten für den Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung waren oder ob wirtschaftliche Schäden großen Umfangs entstanden sind. Die Strafe kann sich im Einzelfall auch danach richten, ob der Versuch oder die Vollendung vorliegt und wie hoch der verursachte Schaden ist. Nebenstrafen wie Berufsverbote oder Schadensersatzansprüche können hinzukommen, sofern entsprechende Voraussetzungen erfüllt sind.
Welche Tathandlungen sind vom Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten umfasst?
Die Tathandlungen setzen voraus, dass der Täter darauf abzielt, beweiserhebliche Daten zu verfälschen, zu löschen, unbrauchbar zu machen oder sonst unbefugt zu verändern, um im Rechtsverkehr einen rechtlich erheblichen Beweis zu beeinflussen. Erfasst sind insbesondere Handlungen, bei denen die nachvollziehbare, beweisbare Information eines Datensatzes so manipuliert wird, dass beim Auslesen ein inhaltlich unwahrer Beweis entstehen kann. Dies umfasst beispielsweise das Verändern von digitalen Dokumenten, elektronischen Urkunden, Rechnungen oder E-Mails mit Beweiswert. Die Handlung muss geeignet sein, einen Irrtum über beweiserhebliche Tatsachen hervorzurufen, vergleichbar mit der traditionellen Urkundenfälschung im analogen Bereich.
Wie wird eine Fälschung beweiserheblicher Daten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nachgewiesen?
Zum Nachweis einer Fälschung beweiserheblicher Daten bedient sich die Strafverfolgung häufig forensischer Methoden der digitalen Beweissicherung. Ermittler sichern und analysieren Datenträger, Logdateien, Metadaten und können digitale Signaturen oder Hashwerte überprüfen, um Manipulationen nahezulegen oder auszuschließen. Dabei ist die Beweissicherung im Sinne der Integrität und Authentizität der Daten essenziell, um eine strafrechtliche Verwertung zu ermöglichen. Häufig sind IT-Sachverständige erforderlich, die gerichtsfest belegen, welche Veränderungen an entscheidungsrelevanten Daten vorgenommen wurden. Ergänzend wird geprüft, ob ein Vorsatz zur Täuschung im Rechtsverkehr bestand.
Unterscheidet sich die Fälschung beweiserheblicher Daten von der klassischen Urkundenfälschung?
Ja, obwohl die Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) und die klassische Urkundenfälschung (§ 267 StGB) ein vergleichbares Rechtsgut – nämlich die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Beweisverkehrs – schützen, bestehen wesentliche Unterschiede. Während § 267 StGB auf die Fälschung bzw. Verfälschung einer physischen Urkunde abstellt, richtet sich § 269 StGB speziell auf Informationen in digitalen Systemen, die für den Beweis im Rechtsverkehr von Bedeutung sind. Die Beweisfunktion wird hier allein durch elektronische Daten ausgeübt, weshalb spezifische Anforderungen an den Nachweis von Authentizität, Unverändertheit und die Manipulation dieser Daten im digitalen Kontext bestehen.
Welche Rolle spielt der Vorsatz bei der Fälschung beweiserheblicher Daten?
Für eine Strafbarkeit nach § 269 StGB ist Vorsatz erforderlich. Der Täter muss also wissen und wollen, dass er beweiserhebliche Daten verfälscht, und dabei zumindest billigend in Kauf nehmen, dass ein Irrtum über rechtlich erhebliche Tatsachen im Rechtsverkehr hervorgerufen wird. Fahrlässiges Handeln reicht zur Strafbarkeit nicht aus. Der Vorsatz muss sich nicht allein auf die technische Manipulation erstrecken, sondern auch darauf, dass diese Manipulation im konkreten Fall beweiserhebliche Konsequenzen im Rechtsverkehr haben kann.
Können bereits der Versuch oder die Vorbereitungshandlung strafbar sein?
Ja, der Versuch der Fälschung beweiserheblicher Daten ist nach § 269 Abs. 2 StGB strafbar, sobald der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur unmittelbaren Ausführung ansetzt. Vorbereitungshandlungen, wie das bloße Beschaffen von technischen Mitteln zur späteren Manipulation, sind hingegen außerhalb spezifischer Straftatbestände wie des § 202c StGB (Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten) noch nicht ausreichend für eine Strafbarkeit nach § 269 StGB. Der Versuch muss sich auf eine unmittelbar bevorstehende Manipulation beweiserheblicher Daten richten.
Ist eine Tatbeteiligung als Mittäter oder Gehilfe ebenfalls strafbar?
Ja, wie bei anderen Straftaten des StGB sind auch Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) und Beihilfe (§ 27 StGB) zur Fälschung beweiserheblicher Daten strafbar. Ein Mittäter ist, wer gemeinsam mit einem oder mehreren anderen die tatbestandlichen Handlungen in arbeitsteiliger Koordination ausführt, während ein Gehilfe die Haupttat vorsätzlich unterstützt, beispielsweise durch Bereitstellen von Software oder Zugangswegen für die Manipulation der Daten. Auch der Anstifter, der einen anderen zur Tat anstiftet, ist gem. § 26 StGB strafrechtlich verantwortlich.