Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Strafrecht»Fälschung beweiserheblicher Daten

Fälschung beweiserheblicher Daten


Begriff und rechtlicher Hintergrund der Fälschung beweiserheblicher Daten

Die Fälschung beweiserheblicher Daten ist ein Straftatbestand aus dem deutschen Strafgesetzbuch (StGB), der die Manipulation digitaler Daten erfasst, die für Beweisführungen im Rechtsverkehr von Bedeutung sind. Sie wurde in § 269 StGB im Zuge der digitalen Entwicklung geschaffen, um den strafrechtlichen Schutz klassischer Urkundenfälschung auf elektronische Daten zu übertragen und so den Anforderungen moderner Informations- und Kommunikationstechnologien gerecht zu werden.


Gesetzliche Regelung und Normtext (§ 269 StGB)

Der Straftatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten ist in § 269 StGB normiert. Der Gesetzestext lautet:

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, dass bei ihrer gedanklichen Wiedergabe eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Die Vorschrift ist Teil der Urkundendelikte und schützt die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs im digitalen Zeitalter.


Tatbestandsmerkmale

Tathandlung: Speichern oder Verändern von Daten

Die Fälschung beweiserheblicher Daten setzt voraus, dass beweiserhebliche Daten gespeichert oder verändert werden. Daten im Sinne des § 269 StGB sind alle kodierten Informationen, die mit Hilfe eines technischen Geräts verarbeitet werden können. Die Tathandlung unterscheidet sich folglich von der physischen Fälschung von Schriftstücken, indem sie auf elektronische Informationen abzielt.

Beweiserheblichkeit der Daten

Beweiserheblich sind Daten dann, wenn sie geeignet und bestimmt sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen. Dies betrifft etwa elektronische Geschäftsbriefe, Fahrkarten, Prüfungsunterlagen, Verträge in digitaler Form sowie Protokolle und elektronische Signaturen, soweit diese für die Beweisführung verwendet werden können.

Gedankliche Wiedergabe als unechte oder verfälschte Urkunde

Voraussetzung ist, dass die manipulierten Daten bei ihrer „gedanklichen Wiedergabe“ – etwa der Umwandlung der Daten in eine für Menschen lesbare Form – wie eine unechte oder verfälschte Urkunde erscheinen würden. Dies stellt die Parallele zur klassischen Urkundenfälschung her.

Täuschungsabsicht im Rechtsverkehr

Die Tathandlung muss mit dem Vorsatz erfolgen, im Rechtsverkehr zu täuschen. Es genügt, wenn der Täter die Möglichkeit in Kauf nimmt, dass jemand durch die Manipulation getäuscht wird. Ein Irrtum eines Dritten oder gar ein Schaden müssen nicht eintreten.

Strafbarkeit des Versuchs

Bereits der Versuch ist nach § 269 Abs. 2 StGB strafbar. Somit genügt es, wenn der Täter unmittelbar zur Tat ansetzt, ohne dass die Tat vollendet sein muss.


Subjektiver Tatbestand: Vorsatz und Absicht

Beim subjektiven Tatbestand erfordert § 269 StGB Vorsatz hinsichtlich aller objektiven Tatbestandsmerkmale sowie die Absicht, eine Täuschung im Rechtsverkehr herbeizuführen. Dies umfasst Wissen und Wollen der Datenmanipulation, deren Beweiserheblichkeit sowie die beabsichtigte Täuschung.


Rechtswidrigkeit und Schuld

Wie bei allen Straftaten muss die Tat rechtwidrig und schuldhaft begangen werden. Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe – wie Notwehr, Notstand oder fehlende Schuldfähigkeit – schließen die Strafbarkeit aus.


Strafrahmen und Strafzumessung

Die Fälschung beweiserheblicher Daten wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen – insbesondere bei gewerbsmäßiger oder bandenmäßiger Begehung oder wenn ein großer Schaden verursacht wird – droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren (§ 269 Abs. 3 StGB). Bei der Strafzumessung sind Art, Ausmaß und Folgen der Manipulation, die kriminelle Energie sowie Vorstrafen zu berücksichtigen.


Abgrenzungen zu anderen Straftatbeständen

Urkundenfälschung (§ 267 StGB)

Die Fälschung beweiserheblicher Daten unterscheidet sich von der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) durch ihr Schutzobjekt. Während § 267 StGB auf physische Schriftstücke abstellt, umfasst § 269 StGB gerade elektronische, für den Beweis vorgesehene Informationen.

Datenveränderung (§ 303a StGB)

Im Unterschied zu § 303a StGB (Datenveränderung) erfasst § 269 StGB ausschließlich manipulative Eingriffe in Daten, soweit diese für Beweiszwecke im Rechtsverkehr genutzt werden können. § 303a StGB schützt das „Datenwerk“ an sich, unabhängig von einer Beweisführung.

Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 StGB)

§ 268 StGB regelt die Fälschung technischer Aufzeichnungen, wie sie etwa von Maschinen oder Messgeräten erstellt werden. Eine Abgrenzung zum § 269 StGB ist dann erforderlich, wenn technisch erzeugte Aufzeichnungen sowohl für Beweiszwecke als auch als maschinelles Protokoll verwendet werden.


Tatbeispiele im Praxisbezug

Zu praxisrelevanten Beispielen zählen manipulierte Abrechnungen, gefälschte digitale Unterschriften bei Online-Verträgen, fingierte elektronische Dokumente in der Buchhaltung oder die nachträgliche Veränderung von gespeicherten Daten in Datenbanksystemen mit Beweisfunktion (z. B. Prüfungsunterlagen, Arbeitszeiterfassung, digitale Rechnungen).


Strafverfolgung und Verfahren

Die Fälschung beweiserheblicher Daten wird als Offizialdelikt von Amts wegen verfolgt. Ermittlungen werden typischerweise durch Strafanzeigen von Unternehmen, Privatpersonen oder Behörden ausgelöst. Im Rahmen der Ermittlungen wird regelmäßig digitale Forensik eingesetzt, um die Manipulationen festzustellen und zu sichern.


Verhältnis zum internationalen Recht

Der Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten ist Ausdruck der Anpassung des nationalen Rechts an internationale Vorgaben der Europarats-Konvention über Computerkriminalität (Cybercrime Convention), welche die Mitgliedstaaten zur Strafbarkeit von Datenmanipulationen verpflichtet.


Bedeutung für die Praxis und Digitalisierung

Mit der Verbreitung digitaler Beweisführungen in Wirtschaft, Verwaltung und Justiz hat der Tatbestand der Fälschung beweiserheblicher Daten hohe praktische Relevanz gewonnen. Er trägt dem Bedürfnis Rechnung, die Integrität und Authentizität elektronischer Informationen im modernen Rechtsverkehr effektiv strafrechtlich zu schützen.


Literaturhinweise und weiterführende Links

  • BeckOK StGB, § 269, aktuelle Kommentare und wissenschaftliche Aufsätze
  • Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Kommentar zu § 269 StGB
  • Gesetzliche Materialien zur Cybercrime Convention und deren Umsetzung im StGB

Die Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) stellt einen leistungsfähigen und modernen Schutzmechanismus für elektronische Beweisdaten im Rechtsverkehr dar. Sie erfüllt mit klaren Tatbestandsvoraussetzungen und umfassender Strafandrohung die Anforderungen an eine digitale Gesellschaft und rechtssichere elektronische Kommunikation.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird das Delikt der Fälschung beweiserheblicher Daten im Strafverfahren festgestellt?

Im Strafverfahren wird das Delikt der Fälschung beweiserheblicher Daten zunächst durch Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden festgestellt. Zentrale Beweisquelle sind häufig digitale Spuren, wie Protokolldateien, digitale Signaturen oder Metadaten, die auf eine unrechtmäßige Manipulation von Daten hinweisen. Experten für IT-Forensik analysieren die gespeicherten Informationen auf den betroffenen Datenträgern, um die Authentizität und Integrität der Daten zu überprüfen. Dabei wird insbesondere geprüft, ob Daten nachträglich verändert oder erstellt und als echt ausgegeben wurden, sodass sie für Beweiszwecke verwendet werden könnten. Im weiteren Verlauf des Verfahrens werden Tatbestandsmerkmale wie das Vorliegen beweiserheblicher Daten und eine Täuschungsabsicht rechtlich gewürdigt. Auch Sachverständigengutachten und Zeugenaussagen können zur Feststellung des Delikts beitragen. Die Staatsanwaltschaft muss den Tathergang und die subjektiven Merkmale, beispielsweise den Vorsatz des Täters, nachweisen, wobei ein erhöhter technischer Sachverstand erforderlich sein kann.

Welche Beweisprobleme können im Hinblick auf digitale Datenmanipulation entstehen?

Bei der strafrechtlichen Verfolgung der Fälschung beweiserheblicher Daten treten mehrere spezifische Beweisprobleme auf. Digitale Daten können schnell, unauffällig und nahezu spurlos manipuliert werden, wodurch die Identifizierung des Täters erschwert wird. Zudem sind viele Manipulationen sehr professionell durchgeführt und erfordern spezielle forensische Werkzeuge zu ihrer Aufdeckung. Die Authentizität von Beweismitteln muss oft durch externe Sicherungsmechanismen (z.B. Blockchain, digitale Signaturen) nachgewiesen werden. Ein weiteres Problem liegt in der Nachweispflicht: Es muss nicht nur gezeigt werden, dass eine Manipulation vorliegt, sondern auch, dass genau der Beschuldigte diese vorgenommen hat und mit Täuschungsabsicht handelte. Die Komplexität technischer Abläufe macht es für Gericht und Staatsanwaltschaft oft schwierig, die erforderliche Überzeugung zu gewinnen. Schließlich spielt die Sicherung der Beweismittel eine zentrale Rolle, da digitale Daten leicht veränderbar und zerstörbar sind. Die Anforderungen an die Beweiskette (chain of custody) sind daher besonders hoch.

Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Fälschung beweiserheblicher Daten?

Die Strafandrohung für die Fälschung beweiserheblicher Daten ergibt sich aus § 269 StGB. Wer sich dieses Delikts schuldig macht, kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. In besonders schweren Fällen oder bei gewerbsmäßigem Handeln sind auch höhere Strafen möglich. Ein besonders schwerer Fall liegt etwa dann vor, wenn der Täter eine große Anzahl von Daten gefälscht, erhebliche wirtschaftliche Schäden verursacht oder im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gehandelt hat. Die konkrete Strafzumessung hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Ausmaß der Datenmanipulation, der Bedeutung der betroffenen Beweise, dem entstandenen Schaden und dem Vorliegen von Vorstrafen. Das Gericht berücksichtigt auch, ob der Täter geständig war und ob Reue oder Wiedergutmachung vorliegt. Neben strafrechtlichen Konsequenzen können berufsrechtliche Folgen oder Schadensersatzforderungen entstehen.

Welche Rolle spielt das subjektive Tatbestandsmerkmal „Täuschungsabsicht“?

Das subjektive Tatbestandsmerkmal der Täuschungsabsicht ist im Kontext der Fälschung beweiserheblicher Daten von zentraler Bedeutung und muss von der Staatsanwaltschaft nachgewiesen werden. Der Täter muss nicht nur mit Wissen und Wollen Daten manipulieren, sondern dies auch zum Zweck der Täuschung im Rechtsverkehr tun, also um eine andere Person, ein Gericht oder eine Behörde über rechtserhebliche Tatsachen zu täuschen. Eine bloße Manipulation aus Unachtsamkeit oder ohne Betrugsabsicht erfüllt den Tatbestand nicht. Das Merkmal der Täuschungsabsicht grenzt das strafbare Verhalten somit deutlich von bloßem unsachgemäßem Umgang mit Daten ab. Die erforderliche zielgerichtete Absicht kann unter anderem durch Indizien wie Kommunikationsverläufe, Aussagen des Täters oder den Gesamtzusammenhang des Vorgangs belegt werden. In der Praxis ist die Feststellung oft schwierig, da Tatnachweise im digitalen Raum selten direkt vorliegen.

Wie unterscheidet sich die Fälschung beweiserheblicher Daten von der klassischen Urkundenfälschung?

Während die klassische Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB voraussetzt, dass eine körperliche Urkunde mit Beweisfunktion verfälscht, hergestellt oder gebraucht wird, bezieht sich die Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) auf elektronische Beweise, also Daten, die eine rechtsgeschäftliche oder beweiserhebliche Bedeutung haben. Klassische Urkunden bestehen aus einer verkörperten Gedankenerklärung, wohingegen bei digitalen Daten die Beweisfunktion durch elektronische Informationsträger erfüllt wird. Der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift des § 269 StGB auf die fortschreitende Digitalisierung reagiert und eine Strafbarkeitslücke geschlossen, um auch die Manipulation nicht-verkörperter, aber für Beweiszwecke maßgeblicher Daten zu erfassen. Beide Delikte setzen eine Täuschungsabsicht voraus und unterscheiden sich vor allem im Tatobjekt sowie in der Art der Fälschungshandlung. In der Praxis können beide Delikte auch nebeneinander verwirklicht werden, wenn zum Beispiel ausgedruckte, zuvor gefälschte digitale Daten als Urkunden verwendet werden.

In welchen Konstellationen ist eine Strafverfolgung besonders herausfordernd?

Strafverfolgung ist besonders herausfordernd in Fällen, in denen der Täter hochentwickelte technische Mittel wie Verschlüsselungen, Anonymisierung oder spezielle Datenverbergungstechniken einsetzt. Solche Konstellationen erschweren die Nachweisführung und Identifizierung des Täters erheblich. Auch wenn mehrere Personen gemeinsam auf Daten Zugriff hatten, ist die Individualisierung der Tat erschwert. Internationale Sachverhalte und Cloud-Computing-Lösungen führen zu rechtlichen Schwierigkeiten, insbesondere wenn Daten außerhalb der deutschen Hoheitsgewalt gespeichert oder manipuliert wurden. Darüber hinaus kann eine unzureichende Dokumentation oder Protokollierung digitaler Systeme Ermittlungen erschweren oder verhindern, dass eine lückenlose Beweiskette hergestellt werden kann. Auch der schnelle technische Wandel erfordert eine laufende Anpassung der Ermittlungs- und Auswertungsstrategien der Behörden.

Welche zivilrechtlichen und berufsrechtlichen Folgen drohen bei Feststellung einer Datenfälschung?

Neben der strafrechtlichen Sanktionierung kann die Fälschung beweiserheblicher Daten erhebliche zivilrechtliche und berufsrechtliche Konsequenzen haben. Im Zivilrecht kommt insbesondere die Haftung auf Schadensersatz in Betracht, wenn durch die Fälschung Vermögensschäden oder andere Nachteile entstanden sind. Die geschädigten Parteien können Schadensersatzklagen anstrengen, um den entstandenen Schaden geltend zu machen. Berufsrechtlich kann eine Verurteilung oder auch schon der Verdacht der Datenfälschung zum Entzug von Berufszulassungen, zur Einleitung von Disziplinarverfahren oder zur fristlosen Kündigung führen, insbesondere in Berufen mit besonderen Vertrauenseigenschaften wie im öffentlichen Dienst, bei Rechtsanwälten, Notaren oder Versicherungsvertretern. In Fällen mit internationalem Bezug können darüber hinaus Einträge in internationale Register oder Listen erfolgen, die die weitere Berufsausübung nachhaltig beeinträchtigen.