Begriff und allgemeine Einordnung von Extremisten
Extremisten sind Personen oder Zusammenschlüsse, die die grundlegenden Werte der freiheitlichen demokratischen Ordnung ablehnen und darauf abzielen, diese zu beseitigen oder wesentlich zu beeinträchtigen. Im Mittelpunkt steht die Ablehnung der Menschenwürde, der Volkssouveränität, der Gewaltenteilung, der Verantwortlichkeit der Regierung, der Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns, der Unabhängigkeit der Gerichte sowie der Mehrparteien- und Chancengleichheit im politischen Wettbewerb. Extremismus kann sich politisch rechts, links, religiös oder in sonstigen ideologischen Ausprägungen manifestieren.
Abgrenzung zu Radikalismus und Terrorismus
Radikalismus beschreibt zugespitzte, grundlegende Kritik an bestehenden Verhältnissen, die sich noch innerhalb des demokratischen Diskurses bewegen kann. Extremismus geht darüber hinaus, weil er die demokratische Ordnung in ihren Fundamenten ablehnt. Terrorismus wiederum ist eine Methode schwerer, in der Regel gewaltsamer Straftaten zur Durchsetzung politischer Ziele. Nicht jede extremistische Bestrebung ist terroristisch; umgekehrt können terroristische Taten aus extremistischen Ideologien hervorgehen.
Erscheinungsformen
Typische Erscheinungsformen umfassen rechtsextreme Bestrebungen (z. B. völkischer Nationalismus, rassistische Ideologien), linksextreme Bestrebungen (z. B. revolutionäre Überwindung der bestehenden Ordnung), religiös begründeten Extremismus sowie auslandsbezogene oder sonstige antidemokratische Strömungen. Gemeinsamer Kern ist die Missachtung demokratischer Grundwerte und grundlegender Freiheitsrechte anderer.
Rechtliche Leitprinzipien
Freiheitliche demokratische Grundordnung
Maßstab für die rechtliche Einordnung von extremistischen Bestrebungen ist die freiheitliche demokratische Grundordnung. Sie begrenzt, was politisch verlangt oder betrieben werden darf. Bestrebungen, die auf Beseitigung oder wesentliche Einschränkung dieser Ordnung gerichtet sind, können rechtliche Maßnahmen auslösen.
Grundrechte und ihre Grenzen
Meinungs-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit schützen auch scharfe, unbequeme und provokante Positionen. Diese Freiheiten enden dort, wo menschenverachtende, gewaltverherrlichende oder auf Unterdrückung gerichtete Inhalte in strafbare Handlungen umschlagen oder die demokratische Grundordnung in ihren Fundamenten angegriffen wird. Der Ausgleich zwischen Freiheit und Schutz der Ordnung erfolgt nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit.
Verhältnismäßigkeit und rechtsstaatliche Kontrolle
Jede staatliche Maßnahme gegen extremistische Bestrebungen unterliegt verfassungsrechtlichen Schranken. Eingriffe müssen einem legitimen Zweck dienen, geeignet, erforderlich und angemessen sein. Unabhängige Gerichte und parlamentarische Kontrolle gewährleisten, dass Eingriffe überprüfbar sind.
Zuständigkeiten und staatliche Maßnahmen
Verfassungsschutzbehörden
Die Inlandsnachrichtendienste des Bundes und der Länder beobachten extremistische Bestrebungen. Die Beobachtung dient der Informationsgewinnung über Strukturen, Ziele, Aktivitäten und Gefahrenlagen. Sie kann – unter gesetzlichen Voraussetzungen – offene und verdeckte Mittel einschließen. Ergebnisse werden regelmäßig in Berichten dargestellt.
Beobachtungsschwellen und Kategorien
Je nach gesicherter Erkenntnislage differenzieren die Behörden zwischen Hinweisen auf extremistische Bestrebungen, Verdachtsfällen und gesicherten Beobachtungsobjekten. Diese Einstufungen haben Bedeutung für die Intensität der Beobachtung und die Art zulässiger Mittel.
Vereins- und Organisationsrecht
Vereine und sonstige Zusammenschlüsse können untersagt werden, wenn ihre Zwecke oder ihre Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind. Ein Verbot setzt eine gefestigte, auf Dauer angelegte Bestrebung voraus und wird durch eine zuständige Behörde ausgesprochen. Mit dem Verbot sind Auflösungs-, Vermögenseinziehungs- und Kennzeichenverbote verbunden; Ersatzorganisationen sind unzulässig.
Parteien im demokratischen Wettbewerb
Parteien genießen einen besonderen verfassungsrechtlichen Status. Selbst wenn sie als extremistisch eingestuft werden, dürfen sie am politischen Wettbewerb teilnehmen, solange kein gerichtliches Verbot vorliegt. Ein Parteiverbot kommt nur in Betracht, wenn eine Partei darauf ausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand des Staates zu gefährden, und dies mit aktiv-kämpferischer Haltung betreibt. Das Verbot ist einem besonderen Gericht vorbehalten.
Strafrechtliche Relevanz
Extremistische Einstellungen sind als solche nicht strafbar. Strafrechtlich relevant sind konkrete Handlungen, etwa Gewaltdelikte, Bedrohungen, Volksverhetzung, öffentliche Billigung schwerer Straftaten, Propagandadelikte und das Verwenden von Kennzeichen verbotener Organisationen. Hinzu kommen Delikte der Bildung, Unterstützung oder Werbung für kriminelle oder terroristische Vereinigungen sowie Waffen- und Sprengstoffdelikte. Strafverfolgung richtet sich nach der individuellen Tat und Schuld; eine bloße Zugehörigkeit ohne strafbare Handlung genügt regelmäßig nicht.
Propaganda und Symbolik
Die Verbreitung bestimmter verfassungsfeindlicher Propaganda und das Verwenden von Symbolen verbotener Organisationen können strafbar sein. Dies gilt unabhängig von der Plattform – offline oder online. Schon der Besitz bestimmter Schriften kann je nach Zweck und Art der Verbreitung rechtliche Folgen haben.
Polizei- und Ordnungsrecht
Zur Gefahrenabwehr können präventive Maßnahmen ergriffen werden, etwa Platzverweise, Auflagen für Veranstaltungen, Durchsuchungen, Sicherstellungen oder Aufenthalts- und Kontaktbeschränkungen. Die Maßnahmen richten sich nach einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und müssen verhältnismäßig sein.
Versammlungsrecht
Versammlungen genießen einen hohen Schutz. Behörden können jedoch bei zu erwartenden Straftaten, Gewalt, paramilitärischem Auftreten oder dem Verwenden verbotener Kennzeichen einschreiten, Auflagen erteilen oder Versammlungen untersagen. Die Entscheidung ist einzelfallbezogen und gerichtlich überprüfbar.
Grundrechte im Kontext von Extremismus
Meinungsfreiheit
Die Meinungsfreiheit schützt die Äußerung politischer, auch radikaler Ansichten. Grenzen bestehen insbesondere bei Aufrufen zu Gewalt, bei Angriffen auf die Menschenwürde, bei gezielter Herabwürdigung von Gruppen sowie bei Billigung oder Förderung schwerer Straftaten.
Vereinigungs- und Religionsfreiheit
Organisationen und Religionsgemeinschaften sind grundsätzlich frei in ihrer Betätigung. Werden jedoch verfassungsfeindliche Ziele verfolgt oder strafbare Handlungen begangen, können Verbote, Auflösungen oder sonstige Einschränkungen erfolgen. Auch religiös begründete extremistische Bestrebungen unterliegen denselben Maßstäben wie politischer Extremismus.
Datenschutz und Überwachung
Beobachtung und Datenerhebung durch Sicherheitsbehörden sind an strenge Voraussetzungen gebunden. Es gelten Grundsätze der Zweckbindung, Erforderlichkeit, Datensparsamkeit und Transparenz, flankiert von unabhängiger Kontrolle. Besondere Eingriffe, etwa Telekommunikationsüberwachung, sind nur auf gesetzlicher Grundlage und unter richterlicher Kontrolle zulässig.
Arbeits- und dienstrechtliche Aspekte
Öffentlicher Dienst
Für die Aufnahme und den Verbleib im öffentlichen Dienst ist eine verfassungstreue Grundhaltung erforderlich. Offenkundige Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen kann die Eignung in Frage stellen und disziplinar- oder beamtenrechtliche Maßnahmen auslösen. Die Beurteilung erfolgt anhand des konkreten Verhaltens und der Amtspflichten.
Privates Arbeitsrecht
In privaten Beschäftigungsverhältnissen ist maßgeblich, ob extremistische Betätigungen die arbeitsvertraglichen Pflichten, den Betriebsfrieden oder den Ruf des Unternehmens beeinträchtigen. Erforderlich sind stets eine einzelfallbezogene Abwägung und Beachtung der Meinungsfreiheit. Arbeitsrechtliche Maßnahmen richten sich nach Schwere und Relevanz des Verhaltens für das Arbeitsverhältnis.
Jugend- und Medienrecht
Jugendschutz
Medieninhalte mit extremistischen, gewaltverherrlichenden oder menschenverachtenden Inhalten unterliegen jugendschutzrechtlichen Beschränkungen. Dazu gehören Indizierung, Altersfreigaben, Sendezeitbegrenzungen und Zugangsbeschränkungen. Ziel ist der Schutz Minderjähriger vor entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten.
Online-Plattformen und Medienaufsicht
Diensteanbieter können verpflichtet sein, offensichtlich strafbare Inhalte nach Meldung zügig zu entfernen und Behörden zu unterstützen. Medienaufsichtsgremien wirken auf die Einhaltung inhaltlicher Standards hin. Verantwortlich bleiben stets die handelnden Personen; Plattformregeln treten ergänzend hinzu.
Internationale Bezüge
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit
Extremistische Netzwerke agieren häufig transnational. Sicherheitsbehörden arbeiten daher mit Partnerstaaten und internationalen Institutionen zusammen, etwa beim Informationsaustausch, bei Auslieferungen, bei Einreiseverboten oder Listungen von Organisationen. Nationale Maßnahmen müssen mit internationalen Menschenrechtsstandards vereinbar sein.
Abgrenzungen und typische Missverständnisse
Nicht jede scharfe Kritik oder unpopuläre Meinung ist extremistisch. Maßgeblich ist die Zielrichtung gegen die Grundprinzipien der Demokratie. Ebenso ist nicht jede Zugehörigkeit zu einer Gruppe automatisch strafbar; entscheidend sind konkrete, zurechenbare Handlungen. Umgekehrt sind Gewalttaten, Hasskriminalität oder Propaganda für verbotene Organisationen keineswegs vom Schutz der Meinungsfreiheit gedeckt.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet der Begriff „Extremisten“ im rechtlichen Sinne?
Rechtlich beschreibt der Begriff Personen oder Gruppierungen, die die freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnen und auf deren Beseitigung oder erhebliche Einschränkung hinarbeiten. Maßgeblich ist die Zielrichtung gegen Kernprinzipien wie Menschenwürde, Volkssouveränität, Gewaltenteilung und Mehrparteienprinzip.
Worin unterscheidet sich Extremismus von Radikalismus und Terrorismus?
Radikalismus ist zugespitzte, grundsätzliche Kritik, die noch innerhalb des demokratischen Rahmens liegen kann. Extremismus richtet sich gegen die Fundamente der demokratischen Ordnung. Terrorismus ist eine Methode schwerer, meist gewaltsamer Straftaten zur Durchsetzung politischer Ziele; er kann extremistisch motiviert sein, muss es aber nicht in jedem Fall.
Welche staatlichen Stellen sind für die Beobachtung extremistischen Verhaltens zuständig?
Für die Beobachtung zuständig sind die Inlandsnachrichtendienste des Bundes und der Länder. Daneben verfolgen Polizei und Staatsanwaltschaft strafbare Handlungen. Je nach Lage sind auch Versammlungsbehörden, Ausländerbehörden, Jugend- und Medienaufsicht sowie Gerichte eingebunden.
Unter welchen Voraussetzungen können Vereine mit extremistischen Zielen verboten werden?
Ein Verbot kommt in Betracht, wenn Zweck oder Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind. Erforderlich ist eine gefestigte, auf Dauer angelegte Bestrebung. Mit dem Verbot sind Auflösung, Vermögenseinziehung, Kennzeichenverbote und das Verbot von Ersatzorganisationen verbunden.
Dürfen extremistische Parteien an Wahlen teilnehmen?
Parteien nehmen am politischen Wettbewerb teil, solange kein gerichtliches Verbot besteht. Ein Verbot setzt eine aktiv-kämpferische Ausrichtung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand des Staates voraus und ist besonderen verfahrensrechtlichen Hürden unterworfen.
Welche strafrechtlichen Folgen können extremistische Handlungen haben?
Strafbar sind nicht Haltungen, sondern konkrete Taten: etwa Gewaltdelikte, Bedrohungen, Hasskriminalität, Propagandadelikte, Verwenden verbotener Kennzeichen, Bildung oder Unterstützung krimineller oder terroristischer Vereinigungen sowie Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffrecht. Die Sanktion richtet sich nach der individuellen Tat.
Wie wirkt sich Extremismus auf das Versammlungsrecht aus?
Versammlungen stehen unter besonderem Schutz. Bei erwarteten Straftaten, Gewalt, paramilitärischem Auftreten oder dem Verwenden verbotener Kennzeichen können Auflagen bis hin zu Verboten ergehen. Entscheidungen erfolgen einzelfallbezogen und unterliegen gerichtlicher Kontrolle.
Welche Bedeutung hat Extremismus für Beschäftigte im öffentlichen Dienst?
Im öffentlichen Dienst ist eine verfassungstreue Grundhaltung erforderlich. Offenkundige Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen kann Eignungszweifel begründen und disziplinar- oder beamtenrechtliche Folgen haben. Maßgeblich ist das konkrete Verhalten im Lichte der Amtspflichten.