Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Rechtsbegriffe (allgemein)»Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)

Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)


Definition und Zielsetzung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)

Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ist ein Strukturfonds der Europäischen Union. Sein Hauptziel besteht darin, den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt innerhalb der EU-Mitgliedstaaten zu stärken. Hierzu fördert er vor allem Investitionen in Infrastruktur, Innovation, Energieeffizienz sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in strukturschwachen Regionen.

Rechtsgrundlagen des EFRE

Die rechtlichen Grundlagen des EFRE sind im Primär- und Sekundärrecht der Europäischen Union verankert:

Primärrechtliche Einordnung

Die Grundlage für den EFRE findet sich im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere in den Art. 174 bis 178 AEUV. Diese Bestimmungen verpflichten die EU, die Entwicklung ihrer Regionen unter besonderer Berücksichtigung der weniger entwickelten Gebiete zu fördern.

Sekundärrechtliche Ausgestaltung

Die Einzelheiten zur Funktionsweise und Implementierung des EFRE werden regelmäßig durch Verordnungen geregelt. Für die aktuelle Förderperiode 2021-2027 gelten insbesondere:

  • Verordnung (EU) 2021/1058 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds
  • Verordnung (EU) 2021/1060 mit gemeinsamen Bestimmungen für die Fonds der Kohäsionspolitik (Gemeinsame Bestimmungen-Verordnung, ABER)
  • Außerdem sind die jeweiligen Durchführungs- und Delegierten Rechtsakte der Europäischen Kommission relevant.

Diese Regelungen definieren den Anwendungsbereich, förderungsfähige Maßnahmen, Durchführungsstrukturen sowie die Kontrolle der EFRE-Mittel.

Förderfähige Maßnahmen und Schwerpunkte

Der EFRE finanziert im Rahmen seiner rechtlichen Bestimmungen insbesondere folgende Maßnahmen:

  • Förderung von Innovation, Forschung und technologischer Entwicklung
  • Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen
  • Stärkung des Umweltschutzes, Anpassung an den Klimawandel und Förderung erneuerbarer Energien
  • Investitionen in die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)
  • Ausbau nachhaltiger und hochwertiger Infrastruktur
  • Förderung der städtischen Entwicklung

Förderfähige Regionen

Laut Verordnung werden insbesondere weniger entwickelte Regionen, Übergangsregionen und stärker entwickelte Regionen unterschieden (gemäß Art. 108 der Verordnung (EU) 2021/1060). Die Förderquote und Förderintensität richten sich nach diesen drei Kategorien.

Ausschlusskriterien

Im Rahmen der EFRE-Förderung sind bestimmte Bereiche ausgeschlossen. Hierzu zählen etwa Verwaltungsgebäude, Kernkraftwerke oder reine Umschuldungsmaßnahmen (vgl. Art. 7 der Verordnung (EU) 2021/1058).

Verwaltungsstrukturen und Kontrollmechanismen

Verwaltungsbehörden

Die Zuständigkeit für die Verwaltung der EFRE-Mittel liegt bei den einzelnen EU-Mitgliedstaaten und deren Regionen. Diese entwickeln Programme (operationelle Programme) und richten Verwaltungs-, Prüf- sowie Bescheinigungsbehörden ein.

Partnerschaftsprinzip

Gemäß Art. 8 der Verordnung (EU) 2021/1060 ist das Partnerschaftsprinzip zu beachten. Demnach erfolgen Programmierung, Durchführung und Kontrolle der Maßnahmen unter Einbeziehung von Vertretern öffentlicher Stellen, Wirtschaft, Sozialpartnern und Zivilgesellschaft.

Aufsichts- und Kontrollmechanismen

Die Europäische Kommission überwacht die ordnungsgemäße Mittelverwendung durch jährliche Berichte, Prüfverfahren und Evaluierung. Fehlverwendungen unterliegen Rückforderungs- und Sanktionsmechanismen nach Art. 103 ff. der Verordnung (EU) 2021/1060.

Rechtsschutz und Beschwerden

Begünstigte und potenzielle Antragsteller können im Fall von Abweichungen, Ablehnungen und Rückforderungen den nationalen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, sich an den Europäischen Rechnungshof oder das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) zu wenden.

Finanzierung und Kofinanzierung

Mittelausstattung

Die Höhe der EFRE-Mittel wird jeweils mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen der EU festgelegt. In der Förderperiode 2021-2027 stehen dem EFRE rund 200 Milliarden Euro zur Verfügung.

Kofinanzierungsprinzip

Die Förderung durch den EFRE erfolgt grundsätzlich auf Basis der Kofinanzierung. Das bedeutet, die Projekte werden gemeinschaftlich von der EU und den jeweiligen Mitgliedstaaten oder Regionen getragen. Die genauen Kofinanzierungsraten variieren je nach Status der Region und Art des geförderten Projekts (bis zu 85 % in weniger entwickelten Regionen).

Umsetzung in Deutschland

In Deutschland übernehmen die Bundesländer die Programmierung und Durchführung der EFRE-Maßnahmen im Rahmen von operationellen Programmen. Die Zuständigkeit und Ausgestaltung sind im Wesentlichen durch das Kohäsionsgesetz sowie spezifische Verwaltungsvereinbarungen geregelt.

Beispiele für förderfähige Maßnahmen in Deutschland sind:

  • Investitionen in innovationstreibende Betriebe und Forschungseinrichtungen
  • Programme zur urbanen und regionalen Entwicklung
  • Maßnahmen zur Energieeffizienz und CO₂-Reduktion

Berichtspflichten, Evaluierung und Transparenz

Berichtspflichten

Die Verwaltungsbehörden sind zur regelmäßigen Berichterstattung gegenüber der Europäischen Kommission verpflichtet. Dies umfasst unter anderem jährliche Durchführungsberichte, die Einhaltung der Förderkriterien und den Nachweis der Mittelverwendung.

Evaluierung

Unabhängige Evaluierungen auf Programmebene überprüfen Effektivität, Effizienz und Wirkung der eingesetzten Mittel. Die Europäische Kommission führt Meta-Evaluierungen und Wirkungsanalysen durch.

Transparenzvorschriften

Gemäß Art. 49 der Verordnung (EU) 2021/1060 unterliegen alle EFRE-Fördermaßnahmen umfangreichen Informations- und Publizitätsvorschriften. Die Mitgliedstaaten müssen Begünstigte und Fördersummen in öffentlich zugänglichen Registern veröffentlichen.

Verhältnis zu anderen EU-Struktur- und Investitionsfonds

Der EFRE ist Teil der sogenannten Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds), die folgende weitere Fonds umfassen:

  • Europäischer Sozialfonds Plus (ESF+)
  • Kohäsionsfonds (KF)
  • Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)
  • Europäischer Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF)

Eine Koordinierung der einzelnen Fonds ist gemäß den gemeinsamen Bestimmungen sicherzustellen. Hierzu regelt die Verordnung (EU) 2021/1060 abweichende Zuständigkeiten, Programmierungen und Förderbedingungen.

Ausblick und Reformbestrebungen

Die Kohäsionspolitik und damit der EFRE sind Gegenstand fortlaufender Evaluierungen und Reformdiskussionen. Zentrale Ziele sind die Vereinfachung von Verfahren, eine stärkere Ergebnisorientierung und die Unterstützung des Europäischen Grünen Deals.

Literaturverzeichnis

  • Verordnung (EU) 2021/1058 des Europäischen Parlaments und des Rates
  • Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates
  • Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), Art. 174 ff.
  • Website der Europäischen Kommission, Generaldirektion Regionalpolitik (Regio)
  • Deutsche Koordinierungsstelle für EFRE

Fazit

Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) stellt ein zentrales Instrument der europäischen Kohäsionspolitik dar. Er basiert auf detaillierten Rechtsgrundlagen und unterliegt umfangreichen Verwaltungs- und Kontrollmechanismen. Die Mittelverwendung erfolgt nach festen rechtlichen Vorgaben, wobei Transparenz, Kofinanzierung und die unmittelbare Förderung strukturell benachteiligter Regionen im Mittelpunkt stehen.

Häufig gestellte Fragen

Wie ist die rechtliche Grundlage für die Förderung durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) geregelt?

Die Förderung durch den EFRE basiert auf einer Vielzahl rechtlicher Grundlagen, deren wichtigste die Verordnung (EU) 2021/1058 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds darstellt. Darüber hinaus sind die sogenannten „Allgemeinen Verordnungen” zum Mehrjahresfinanzrahmen 2021-2027, insbesondere die Verordnung (EU) 2021/1060 („Dachverordnung”), maßgeblich. Diese Verordnungen präzisieren unter anderem die Ziele, Prioritäten, Zuteilung von Mitteln sowie Anforderungen an die Verwaltungs- und Kontrollsysteme. Zur innerstaatlichen Umsetzung werden die europäischen Vorgaben durch nationale Gesetze, Förderrichtlinien und Verwaltungsvereinbarungen ergänzt, in Deutschland vorrangig durch das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), das Haushaltsrecht des Bundes und der Länder sowie länderspezifische Förderrichtlinien.

Welche Anforderungen bestehen hinsichtlich der Transparenz und Publizität bei der Vergabe von EFRE-Mitteln?

EFRE-finanzierte Maßnahmen unterliegen strengen Anforderungen an Transparenz, Publizität und Informationspflichten, festgelegt in Artikel 49 bis 50 der Verordnung (EU) 2021/1060. Begünstigte müssen die Öffentlichkeit über die erhaltene Unterstützung informieren, etwa durch Beschilderung an geförderten Projekten und die Nennung des EFRE auf Kommunikationsmaterialien. Die Verwaltung und Vergabe der Mittel muss nachvollziehbar dokumentiert und auf Anfrage von Behörden und Institutionen wie etwa dem Europäischen Rechnungshof nachprüfbar sein. Die Bekanntmachung von Ausschreibungen und die Vergabe von Aufträgen muss gemäß den europäischen und nationalen Vergaberechtsvorschriften (u.a. GWB, VgV, UVgO, SektVO) erfolgen.

Welche Kontroll- und Sanktionsmechanismen existieren im Rahmen des EFRE?

Für den EFRE gilt ein mehrstufiges Kontrollsystem, das auf europäischer wie nationaler Ebene organisiert ist. Die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten sind verpflichtet, wirksame Prüf‑, Kontroll‑ und Auditmechanismen einzurichten, um Mittelmissbrauch, Unregelmäßigkeiten und Betrug zu verhindern. Zusätzlich kontrollieren die Europäische Kommission, der Europäische Rechnungshof und das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) die korrekte Mittelverwendung. Bei Verstößen gegen rechtliche Bestimmungen – etwa nachweislichen Unregelmäßigkeiten oder Verstoß gegen das Beihilferecht – drohen die Rückforderung der Fördermittel, die Festsetzung finanzieller Korrekturen sowie administrative Strafen nach europäischem und nationalem Recht.

Welche Rechte und Pflichten haben Zuwendungsempfänger im Rahmen der Projektdurchführung?

Zuwendungsempfänger verpflichten sich gemäß den Förderbescheiden und einschlägigen Rechtsvorschriften zur Einhaltung aller für den EFRE maßgeblichen Regelungen, insbesondere hinsichtlich Verwendungsnachweis, Dokumentationspflichten, Einhaltung von Vergabevorschriften und Vermeidung von Doppelförderung. Die Projektdurchführung ist während und nach der Laufzeit zu überwachen und alle relevanten Unterlagen sind für festgelegte Zeiträume vorzuhalten. Bei Verstößen drohen Rückforderungsmaßnahmen und etwaige Schadensersatzansprüche.

Welche Rolle spielt das europäische Beihilferecht bei EFRE-Förderungen?

Das europäische Beihilferecht (Art. 107 und 108 AEUV) ist zentral für die Zulässigkeit und Ausgestaltung von EFRE-geförderten Projekten. Jede Förderung, die als staatliche Beihilfe im Sinne des EU-Rechts gilt, muss entweder unter eine bestehende Freistellungsverordnung (wie die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung, AGVO) fallen oder muss von der EU-Kommission einzeln genehmigt werden. Verstöße gegen das Beihilferecht führen regelmäßig zur Pflicht, gewährte Fördermittel zurückzuzahlen. Die praktische Umsetzung wird durch entsprechenden Prüfvermerke und Nachweise gegenüber den Managementbehörden sichergestellt.

Welche Fristen und Verjährungsregelungen gelten für Rückforderungen und Prüfungen?

Nach Artikel 145 der Verordnung (EU) 2021/1060 kann die Europäische Kommission bis spätestens zum 31. Dezember des dritten Kalenderjahres nach demjenigen, in dem der Mitgliedstaat die Ausgaben deklariert hat, finanzielle Korrekturen beschließen. Für nationale Prüfungen und Rückforderungen gelten ergänzend die jeweiligen nationalen Verjährungsfristen, etwa gemäß §§ 48, 49 und 49a VwVfG. In der Praxis kann dies bedeuten, dass auch Jahre nach Projektende noch Rückforderungsansprüche geltend gemacht werden können, insbesondere bei schwerwiegenden Verstößen gegen elementare Fördergrundsätze.

Welche Klagemöglichkeiten bestehen für Antragsteller und Begünstigte im Förderverfahren?

Antragsteller und Begünstigte können im Förderverfahren die üblichen Rechtsmittel des Verwaltungsverfahrens in Anspruch nehmen. Gegen negative Förderbescheide oder Rückforderungsbescheide ist zunächst ein Widerspruch bzw. eine Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht möglich. In spezifischen Fällen kann auch die Europäische Kommission angerufen werden, etwa im Fall behaupteter Diskriminierung oder Unvereinbarkeit mit Unionsrecht. Die gerichtliche Kontrolle erstreckt sich auf die Einhaltung der formellen und materiellen Anforderungen der EU-Förderregularien sowie der nationalen Bestimmungen.