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Erwerb von Todes wegen


Erwerb von Todes wegen

Der Begriff Erwerb von Todes wegen beschreibt im deutschen Recht die Übertragung von Vermögensrechten und Pflichten auf eine andere Person aufgrund des Todes eines Menschen. Diese Form des Rechtserwerbs ist in verschiedenen Rechtsgebieten, insbesondere im Erbrecht, von zentraler Bedeutung. Grundlage der Regelungen bildet vor allem das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Der folgende Artikel erläutert umfassend die rechtlichen Aspekte, Ausgestaltungen und Besonderheiten des Erwerbs von Todes wegen.


Begriffsbestimmung und grundlegende Einordnung

Der Erwerb von Todes wegen bezeichnet alle Rechtsübergänge, die mit dem Tod einer Person kraft Gesetzes oder von Todes wegen verfügter Willenserklärungen eintreten. Dies umfasst primär die Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) sowie bestimmte Sonderformen der Einzelrechtsnachfolge.

Abgrenzung zum Erwerb unter Lebenden

Im Gegensatz zum Erwerb unter Lebenden (inter vivos), bei dem Rechte durch Schenkung, Kauf oder sonstige Vereinbarungen übertragen werden, erfolgt der Erwerb von Todes wegen ausschließlich aufgrund des Versterbens einer Person. Maßgeblicher Zeitpunkt ist stets der Todesfall.


Rechtsgrundlagen des Erwerbs von Todes wegen

Zentrale Vorschriften im BGB

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen finden sich in den §§ 1922 ff. BGB. Diese regeln, wer Erbe wird, wie der Übergang des Nachlasses erfolgt und welche Wirkungen damit verbunden sind.

Weitere gesetzliche Regelungen

Neben dem BGB enthalten auch weitere Gesetze wichtige Regelungen, unter anderem die Abgabenordnung (AO) für steuerliche Fragen (insbesondere Erbschaftsteuer), das Grundbuchrecht und das Versicherungsvertragsrecht.


Formen des Erwerbs von Todes wegen

Universalsukzession (Gesamtrechtsnachfolge)

Bei der Universalsukzession geht das Vermögen des Verstorbenen als Ganzes, einschließlich aller Rechte und Pflichten (mit bestimmten Ausnahmen), auf die Erben über (§ 1922 Abs. 1 BGB). Der Erbe tritt dadurch grundsätzlich in alle Vermögenspositionen und Verpflichtungen des Erblassers ein.

Ausnahmen von der Universalsukzession

Nicht auf die Erben übergehen höchstpersönliche Rechte und Pflichten, beispielsweise das Nießbrauchrecht, Arbeitsverhältnisse oder persönliche Schadensersatzansprüche.

Einzelrechtsnachfolge

Einzelrechte können im Rahmen von Vermächtnissen (§§ 2147 ff. BGB) oder Auflagen (§ 1940 BGB) an bestimmte Personen übergehen. Der Erwerber wird nicht Erbe, sondern erhält nur das bezeichnete bzw. zugewandte Recht oder Vermögensobjekt.

Sonderformen: Begünstigungen durch Verträge

Bestimmte Verträge entfalten ebenfalls Rechtsfolgen von Todes wegen, etwa Lebensversicherungen mit Bezugsberechtigten, Bank- oder Depotsverträge mit Todesfallregelungen (Kontoguthaben, Depotwerte) sowie Gemeinschaftskonten mit sog. „Oder-Konten“-Klauseln.


Erwerbsgrundlagen von Todes wegen im Detail

Gesetzliche Erbfolge

Fehlt eine letztwillige Verfügung (Testament, Erbvertrag), gilt die gesetzliche Erbfolge aus §§ 1924 ff. BGB. Hierbei treten Angehörige entsprechend einer festgelegten Rangordnung (Ordnungen) an die Stelle des Verstorbenen.

Folgerungen der gesetzlichen Erbfolge

Die gesetzlichen Erben sind verpflichtet, den Nachlass als Gesamthandsgemeinschaft (Erbengemeinschaft) nach Maßgabe des Gesetzes zu verwalten und auseinanderzusetzen.

Letztwillige Verfügung

Durch Testament (§§ 1937 ff. BGB) oder Erbvertrag (§§ 2274 ff. BGB) kann der Erblasser von der gesetzlichen Erbfolge abweichen und seine Rechtsnachfolge individuell regeln.

Formen der testamentarischen Verfügung

Ein Testament kann eigenhändig oder notariell errichtet werden; ein Erbvertrag bedarf stets der notariellen Beurkundung.

Vermächtnis und Auflage

Neben der Einsetzung als Erbe können Vermächtnisse angeordnet werden, bei denen einzelne Gegenstände, Rechte oder Geldbeträge bestimmten Personen zufallen, ohne Erbenstellung. Auflagen verpflichten die Erben zu bestimmten Handlungen.


Wirkungen des Erwerbs von Todes wegen

Automatischer Rechtsübergang

Der Nachlass geht im Zeitpunkt des Todes kraft Gesetzes auf die Erben über. Ein zivilrechtlicher Erwerbsakt ist nicht erforderlich; der Erwerb erfolgt ipso iure.

Haftungsfragen

Erben haften grundsätzlich unbeschränkt für Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB). Sie können die Haftung jedoch durch Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenzverfahren begrenzen.

Annahme und Ausschlagung der Erbschaft

Eine Erbschaft wird durch schlüssiges Verhalten angenommen oder ausdrücklich erklärt. Die Ausschlagung ist nur innerhalb bestimmter Fristen (§ 1944 BGB) möglich.


Steuerliche Aspekte

Erbschaftsteuerrecht

Der Erwerb von Todes wegen unterliegt der Erbschaftsteuer nach dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). Steuerpflichtig ist jeder Erwerb, unabhängig von der Form (Erben, Vermächtnisnehmer etc.).

Steuerbefreiungen und Freibeträge

Das ErbStG regelt verschiedene steuerliche Freibeträge und Steuerbefreiungen, insbesondere für nahe Angehörige und bestimmte Vermögensgegenstände (z. B. Familienheim, Betriebsvermögen).


Sonderfragen und internationale Aspekte

Ehegatten- und Partnererbrecht

Für Ehegatten und registrierte Lebenspartner gelten besondere erbrechtliche Regelungen (§§ 1931, 1371 BGB), insbesondere im Hinblick auf den sogenannten „gesetzlichen Güterstand“.

Internationaler Erwerb von Todes wegen

Durch die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) ergeben sich bei grenzüberschreitenden Sachverhalten neue rechtliche Rahmenbedingungen für den Erwerb von Todes wegen, wie die Bestimmung des anwendbaren Rechts und die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses.


Literatur und Rechtsprechung

Zur Rechtsfigur des Erwerbs von Todes wegen existieren zahlreiche Kommentierungen und gerichtliche Entscheidungen, insbesondere des Bundesgerichtshofs (BGH) und der Oberlandesgerichte (OLG), die komplexe Einzelfragen klären und fortlaufend die Rechtsprechung prägen.


Zusammenfassung

Der Erwerb von Todes wegen ist ein zentrales Institut des deutschen Erbrechts. Er regelt, wie Vermögensrechte und Pflichten mit dem Tod einer Person auf andere übergehen – sei es als Gesamtheit (Erbe), als Einzelrecht (Vermächtnis) oder auf andere Weise (Lebensversicherung, Bankkonto). Die Regelungen umfassen sowohl zivilrechtliche als auch steuerliche und internationale Aspekte und bilden das Fundament für eine geordnete Vermögensnachfolge im Todesfall.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt der Erwerb von Todes wegen im deutschen Erbrecht?

Der Erwerb von Todes wegen im rechtlichen Sinne bezeichnet den Übergang von Vermögensrechten des Verstorbenen (Erblassers) auf eine andere Person infolge des Todes. Rechtlich basiert dieser Vorgang in erster Linie auf den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), insbesondere auf den §§ 1922 ff. Der Regelfall ist die gesetzliche oder testamentarische (gewillkürte) Erbfolge. Neben dem Erben können auch Vermächtnisnehmer und Pflichtteilsberechtigte Rechte erwerben, wobei sich der genaue Rechtsübergang nach der zugrundeliegenden Verfügung und den jeweiligen Vorschriften richtet. Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger (Universalsukzessor) in die Rechtsposition des Erblassers ein, das heißt, das gesamte Vermögen, aber auch Schulden und Verbindlichkeiten, gehen auf ihn über. Der Erwerb erfolgt regelmäßig mit dem Tod des Erblassers automatisch, ist jedoch hinsichtlich seiner Durchsetzung oft an die Vorlage eines Erbscheins gebunden.

Welche Unterschiede gibt es zwischen gesetzlicher und gewillkürter Erbfolge beim Erwerb von Todes wegen?

Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass bei der gesetzlichen Erbfolge die gesetzlichen Regelungen des BGB (§§ 1924 ff.) ohne Berücksichtigung eines Testaments Anwendung finden, während bei der gewillkürten Erbfolge der Erblasser durch Testament oder Erbvertrag selbst bestimmt, wer Erbe oder Vermächtnisnehmer sein soll. Im ersten Fall richtet sich die Reihenfolge und der Anteil der Erben strikt nach dem Gesetz, im zweiten Fall wird dem Willen des Erblassers Vorrang eingeräumt. Allerdings schränkt der Pflichtteilsanspruch naher Angehöriger die Testierfreiheit des Erblassers ein; gesetzliche Erben können durch Testament enterbt werden, haben dann allerdings Anspruch auf den Pflichtteil.

Welche Rolle spielt der Erbschein beim Erwerb von Todes wegen?

Der Erbschein ist ein behördlich ausgestelltes Zeugnis, das vom Nachlassgericht auf Antrag eines Erben erteilt wird (§§ 2353 ff. BGB). Er dient im Rechtsverkehr als Nachweis über die Erbenstellung und deren Umfang. Auch wenn der eigentliche Erwerb von Todes wegen schon mit dem Tod des Erblassers erfolgt, benötigt der Erbe zur Durchsetzung seiner Rechte gegenüber Banken, Grundbuchämtern und anderen Dritten oftmals den Erbschein. Es ist zu beachten, dass der Erbschein lediglich deklaratorische Bedeutung hat und keine konstitutiven Rechte vermittelt – er bestätigt lediglich die bereits durch das Gesetz oder die Verfügung des Erblassers eingetretene Erbenstellung nach außen.

Unterliegt der Erwerb von Todes wegen besonderen steuerlichen Regelungen?

Ja, der Erwerb von Todes wegen ist ein steuerlicher Tatbestand nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). Für Erben, Vermächtnisnehmer sowie bestimmte weitere Begünstigte entsteht mit dem Erbanfall grundsätzlich eine Steuerpflicht. Die Höhe der Steuer orientiert sich nach dem Wert des erworbenen Vermögens und dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser, wobei Freibeträge und Steuerklassen zu beachten sind. Auch bei gemeinschaftlichen Testamenten oder Erbverträgen wird der Erwerb für jeden Beteiligten steuerrechtlich separat bewertet.

Welche Rechte und Pflichten übernimmt der Erbe beim Erwerb von Todes wegen?

Mit dem Erwerb von Todes wegen übernimmt der Erbe nicht nur das Vermögen, sondern auch sämtliche Verbindlichkeiten des Erblassers (§§ 1967 ff. BGB). Dazu zählen Schulden ebenso wie Verträge, Mietverhältnisse, Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis des Erblassers – letztere allerdings nur mit Einschränkungen. In manchen Fällen, etwa bei unwirtschaftlicher Überschuldung, kann der Erbe die Erbschaft ausschlagen. Die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten kann zudem durch die Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz begrenzt werden.

Wie können Ansprüche aus dem Pflichtteilsrecht beim Erwerb von Todes wegen geltend gemacht werden?

Pflichtteilsberechtigte, die durch Testament oder Erbvertrag enterbt oder weniger als ihren Pflichtteil bedacht werden, können den Pflichtteilsanspruch gegenüber dem oder den Erben geltend machen (§ 2303 ff. BGB). Die Höhe des Pflichtteils bemisst sich grundsätzlich nach der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, berechnet aus dem Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todes. Der Anspruch ist ein Geldanspruch, kein Anspruch auf bestimmte Nachlassgegenstände. Für dessen Durchsetzung kann Auskunft über den Nachlassumfang verlangt werden; notfalls kann der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden.

Was ist beim Erwerb von Todes wegen durch Vermächtnis oder Auflage zu beachten?

Während der Erbe im Wege der Universalsukzession in sämtliche Rechte und Pflichten eintritt, erwirbt der Vermächtnisnehmer nur einen konkreten Anspruch auf Zuwendung bestimmter Gegenstände oder Geldbeträge (§§ 1939, 2174 BGB). Auch dieser Erwerb erfolgt „von Todes wegen“, allerdings nicht durch automatische Rechtsnachfolge, sondern durch Geltendmachung eines schuldrechtlichen Anspruchs gegenüber dem Erben. Bei einer Auflage (§ 1940 BGB) handelt es sich um eine Verpflichtung des Erben oder Vermächtnisnehmers, zugunsten einer Dritten Person oder für einen bestimmten Zweck zu handeln, ohne dass dieser Person Erben- oder Vermächtnisnehmerstellung zukommt.

Kann der Erwerb von Todes wegen angefochten oder rückgängig gemacht werden?

Ja, eine Anfechtung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Beispielsweise kann ein Testament oder ein Erbvertrag wegen Irrtums, Drohung oder anderweitiger Anfechtungsgründe nach § 2078 ff. BGB angefochten werden. Die Anfechtungserklärung muss dem Nachlassgericht gegenüber form- und fristgerecht abgegeben werden. Auch der Erbe selbst kann die Erbschaft ausschlagen (§ 1942 BGB), was insbesondere bei Überschuldung des Nachlasses empfohlen wird. Die Ausschlagung ist innerhalb einer Frist von sechs Wochen (bei Auslandswohnsitz sechs Monate) ab Kenntnis vom Erbfall gegenüber dem Nachlassgericht zu erklären.