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Erörterungstermin


Erörterungstermin – Definition und rechtliche Grundlagen

Ein Erörterungstermin ist ein zentraler Verfahrensabschnitt im deutschen Zivil-, Verwaltungs-, Sozial- und Arbeitsgerichtsprozess. Er dient der umfassenden mündlichen Erörterung zwischen den Verfahrensbeteiligten und dem Gericht. Ziel ist es, eine einvernehmliche Lösung zu finden, das Verfahren zu fördern, streitige Punkte herauszuarbeiten und die weitere Verhandlung vorzubereiten.

Erörterungstermine werden auf Basis bestehender Prozessordnungen, wie etwa der Zivilprozessordnung (ZPO), der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), der Sozialgerichtsbarkeit (SGG) und des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG), einberufen. Sie sind gegenüber einer mündlichen Verhandlung eigenständig konzipiert und besitzen im Verfahrensrecht eine besondere Funktion.


Rechtliche Einordnung des Erörterungstermins

Zivilprozess

Im Zivilprozessrecht (§ 278 ZPO, §§ 273 ff. ZPO) kann das Gericht frühzeitig einen Erörterungstermin ansetzen, um mit den Parteien tatsächliche und rechtliche Fragen des Streitstoffs zu besprechen. Nach § 278 Abs. 2 ZPO wird dabei vorrangig versucht, eine gütliche Beilegung des Streits herbeizuführen (Vergleich). Gleichzeitig dient der Erörterungstermin der Klärung des Sach- und Streitstands (§ 273 Abs. 2 ZPO), der Vorbereitung späterer Entscheidungen sowie der Beweiserhebung.

Der Erörterungstermin unterscheidet sich von der Hauptverhandlung dadurch, dass in ihm in aller Regel keine endgültigen Sach- oder Rechtsentscheidungen ergehen. Vielmehr steht die Sachverhaltsaufklärung und Verfahrensförderung im Fokus.

Verwaltungs-, Sozial- und Arbeitsgerichtsverfahren

Auch im Verwaltungsprozess (§ 87 VwGO), im Sozialgerichtsverfahren (§ 112 SGG) und im Arbeitsgerichtsprozess (§ 54 ArbGG) ist der Erörterungstermin ein häufig genutztes Instrument, um die Streitpunkte strukturiert zu besprechen. Besonders im Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren ist das Gericht verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen auf eine gütliche Einigung hinzuwirken (§ 106 VwGO, § 106 SGG).

Verwaltungsverfahren

In verwaltungsgerichtlichen Prozessen kann das Gericht entweder zu einer mündlichen Verhandlung oder zu einem gesonderten Erörterungstermin laden. Auch hier liegt der Fokus auf der Klärung des Sachverhalts und der Möglichkeiten eines Vergleichs.

Sozialgerichtliches Verfahren

Im Sozialgerichtsprozess dient der Erörterungstermin nach § 202 SGG insbesondere der Förderung einer Einigung, der Sachverhaltsaufklärung sowie der Vorbereitung der Hauptverhandlung.

Arbeitsgerichtliches Verfahren

In arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten spielt der Erörterungstermin eine herausragende Rolle, insbesondere im Rahmen des sogenannten Gütetermins (§ 54 ArbGG). Dieser dient vorrangig dem Einigungsversuch zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite und ist obligatorischer Verfahrensabschnitt bei erstinstanzlichen Klagen.


Ablauf und inhaltliche Ausgestaltung

Ablauf des Erörterungstermins

Ein Erörterungstermin wird durch das Gericht anberaumt und findet als nicht öffentliches, gerichtliches Gespräch zwischen den Parteien statt. Die Ladung erfolgt grundsätzlich schriftlich unter Angabe von Ort, Zeit und Zweck des Termins.

Im Termin benennt das Gericht die maßgeblichen Streit- und Entscheidungspunkte, stellt Fragen, gibt Hinweise auf die Rechtslage und diskutiert mit den Parteien die bestehenden Differenzen. Häufig werden Zugeständnisse, Präzisierungen oder Tatsachendarstellungen abgegeben, die zur Klärung des Sachverhalts beitragen.

Im Unterschied zu einer Hauptverhandlung werden im Erörterungstermin grundsätzlich keine Beweise erhoben oder Urteile verkündet. Er kann aber in einen förmlichen Verhandlungstermin übergehen, sofern alle Verfahrensbeteiligten anwesend und sachentscheidungsbereit sind.

Mögliche Ergebnisse und Bedeutung

Im Rahmen eines Erörterungstermins kann eine gütliche Einigung (Vergleich) erzielt oder die Zustimmung zu einer bestimmten Sachbehandlung dokumentiert werden. Scheitert eine Einigung, wird der Prozess im nachfolgenden Termin (z. B. mündliche Hauptverhandlung) oder durch weiteren Schriftverkehr fortgesetzt.

Im Prozessverlauf kann der Termin auch zur Streitbegrenzung, Sachstandsermittlung, Vorbereitung der Beweisaufnahme oder zur Fixierung bestimmter Verfahrensfragen (z. B. Prozessanträge, Fristsetzungen) genutzt werden.


Verfahrensrechtliche Besonderheiten

Protokollierung und Rechtsfolgen

Im Erörterungstermin gefertigte Protokolle sind wesentliche Bestandteile der Verfahrensakte. Sie dokumentieren die wesentlichen Ergebnisse der Erörterung, etwa getroffene Vergleiche, Klarstellungen oder Hinweise des Gerichts. Solche Protokolle haben prozessuale Bindungswirkung und sind für das weitere Verfahren maßgeblich.

Folgen des Ausbleibens der Parteien

Erscheinen die Parteien oder deren Vertreter nicht zum Erörterungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung, kann das Gericht je nach Verfahrensordnung Versäumnisentscheidungen treffen oder das Verfahren fortsetzen (§ 251a ZPO, § 102 Abs. 2 VwGO).

Öffentlicher Zugang

Der Erörterungstermin ist regelmäßig nicht öffentlich. Ausnahmen bestehen, wenn die mündliche Verhandlung gleich im Anschluss durchgeführt wird und insoweit die Regeln über die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen gelten.


Abgrenzungen, Bedeutung und Praxisrelevanz

Abgrenzung zur mündlichen Verhandlung

Obwohl Erörterungstermin und mündliche Verhandlung manchmal ineinander übergehen, unterscheiden sie sich: Im Erörterungstermin steht die außergerichtliche Einigung sowie die Förderung der Sachverhaltsklärung im Vordergrund. In der mündlichen Verhandlung werden Beweise erhoben und letztlich (nach Beratung) Urteile verkündet.

Bedeutung in der gerichtlichen Praxis

Der Erörterungstermin trägt erheblich zur Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Gerichte bei. Viele Verfahren enden hier bereits durch Einigung. Unter Berücksichtigung der gerichtlichen Fürsorgepflicht ist der Termin zugleich ein Mittel, Rechtsfrieden herzustellen und das Kostenrisiko der Beteiligten zu senken.


Literatur und Weblinks

  • Zivilprozessordnung (ZPO)
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
  • Sozialgerichtsgesetz (SGG)
  • Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
  • Bundesgerichtshof: Rechtsprechung zum Erörterungstermin

Fazit:
Der Erörterungstermin ist ein wesentliches Instrument des gerichtlichen Verfahrens im deutschen Prozessrecht. Er schafft die Grundlage für eine effiziente Streitbeilegung, die Förderung des Sachverhalts und die Vorbereitung der sachgerechten Entscheidung. Die Bedeutung des Erörterungstermins erstreckt sich durch alle Verfahrensarten und trägt maßgeblich zur Funktionalität und Effektivität der Rechtspflege bei.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rolle spielt der Erörterungstermin im gerichtlichen Verfahren?

Der Erörterungstermin ist im rechtlichen Kontext ein zentrales Instrument der Verfahrensförderung und dient in erster Linie dazu, den Sach- und Streitstand zwischen den Parteien sowie dem Gericht umfassend zu klären. Insbesondere findet er Anwendung im Zivil-, Verwaltungs- und Sozialprozess. Im Rahmen des Erörterungstermins werden rechtliche und tatsächliche Fragen zur Streitigkeit systematisch besprochen, Beweisanträge und Prozessanträge können vorbereitet oder erstmals erörtert werden. Darüber hinaus soll der Termin eine gütliche Einigung zwischen den Parteien fördern. Das Gericht leitet den Termin und lenkt die Besprechungen zielgerichtet, indem es auf die Problemfelder des Rechtsstreits hinweist, mögliche Vergleichslösungen aufzeigt und auf eine abschließende Klärung der offenen Fragen hinwirkt. Der Erörterungstermin kann mündliche Verhandlungen vorbereiten oder ersetzen und stellt ein wesentliches Mittel der Verfahrensökonomie dar.

Welche Pflichten bestehen für die Parteien im Hinblick auf einen anberaumten Erörterungstermin?

Die Parteien sind verpflichtet, zu dem vom Gericht anberaumten Erörterungstermin entweder persönlich zu erscheinen oder sich durch einen bevollmächtigten Vertreter vertreten zu lassen. Das Nichterscheinen kann prozessuale Konsequenzen nach sich ziehen, etwa im Fall des Zivilprozesses eine Säumnisentscheidung oder die Verhängung eines Ordnungsgeldes im Verwaltungsprozess. Ferner sind die Parteien gehalten, zur Vorbereitung des Termins alle relevanten Tatsachen, Beweismittel und Anträge rechtzeitig vorzulegen, damit die Erörterung effektiv durchgeführt werden kann. Das Gericht kann gemäß den jeweiligen Verfahrensordnungen weitere Anordnungen zur Vorbereitung des Erörterungstermins treffen, denen die Parteien nachzukommen haben. Die Parteien haben zudem die Obliegenheit, sich im Termin sachlich zur Sache zu äußern und auf Hinweise des Gerichts angemessen zu reagieren.

Ist die Öffentlichkeit bei einem Erörterungstermin zugelassen?

Grundsätzlich findet auch der Erörterungstermin, wie andere mündliche Verhandlungen, öffentlich statt. Allerdings kann das Gericht die Öffentlichkeit nach Maßgabe der jeweiligen Verfahrensordnung ganz oder teilweise ausschließen. Dies erfolgt etwa zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, zur Wahrung des Persönlichkeitsrechts oder aus sonstigen, gesetzlich anerkannten Gründen. Im Verwaltungsprozess kann der Erörterungstermin beispielsweise auf Antrag oder von Amts wegen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden. In reinen schriftlichen oder telefonischen Erörterungsterminen, etwa bei einem schriftlichen Verfahren oder einer telefonischen Rechtsgesprächsrunde, besteht keine Öffentlichkeit.

Kann im Erörterungstermin ein gerichtlicher Vergleich geschlossen werden?

Im Rahmen eines Erörterungstermins ist es explizit zulässig und oft gewünscht, einen gerichtlichen Vergleich zwischen den Parteien zu schließen. Das Gericht ist angehalten, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken, und kann Vorschläge zur Beilegung des Streits unterbreiten. Kommt ein Vergleich zustande, wird dieser protokolliert und erlangt die Wirkung eines vollstreckbaren Titels. Ein Vergleich kann auch schriftlich nach dem Termin abgeschlossen werden, sofern das Gericht den Parteien hierfür eine Frist einräumt. Der gerichtliche Vergleich beendet das Verfahren in der Regel vollständig.

Welche Folgen ergeben sich aus der Nichtteilnahme am Erörterungstermin?

Das unentschuldigte Fernbleiben einer Partei vom Erörterungstermin kann weitreichende prozessuale Konsequenzen haben. Beispielsweise kann das Gericht im Zivilprozess ein Versäumnisurteil fällen, soweit es sich um einen zur Verhandlung anberaumten Termin handelt. In anderen Rechtsgebieten, etwa dem Verwaltungsprozess, kann das Ausbleiben zu einer Beweislastverschiebung oder zur Begrenzung des Parteivorbringens führen. Grundsätzlich besteht die Gefahr, dass das Gericht auf Grundlage des vorhandenen Akteninhalts entscheidet, wobei Vorbringen, das nicht rechtzeitig eingebracht wurde, unberücksichtigt bleiben kann. In bestimmten Fällen kann ein Ordnungsgeld gegen die säumige Partei verhängt werden.

Welche Einflussmöglichkeiten hat das Gericht hinsichtlich der Ausgestaltung des Erörterungstermins?

Dem Gericht kommt im Zusammenhang mit dem Erörterungstermin ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu. Es bestimmt sowohl den Gegenstand als auch Umfang und Ablauf der Erörterung nach eigenem Ermessen, orientiert an den Anforderungen des konkreten Rechtsstreits. Das Gericht kann den Termin auf einzelne Aspekte begrenzen oder auch umfassende Erörterungen vorsehen. Außerdem ist das Gericht befugt, den Termin in Präsenzform, telefonisch oder – entsprechende technische Ausstattung vorausgesetzt – per Videokonferenz durchzuführen. Die Entscheidung über die Form und Durchführung erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung der Interessen der Parteien, der Verfahrensökonomie sowie etwaiger rechtlicher Vorgaben.

Welche Protokollierungspflichten bestehen für den Erörterungstermin?

Im Erörterungstermin ergeht nach den meisten Verfahrensordnungen ein gesondertes Protokoll. Darin sind der wesentliche Inhalt der Erörterung sowie gefasste Beschlüsse und Vereinbarungen, etwa ein geschlossener Vergleich, festzuhalten. Das Protokoll dient der Dokumentation und Beweissicherung für den weiteren Verfahrensverlauf. Die Parteien haben das Recht, protokollierte Erklärungen zu überprüfen und im Fall von Abweichungen Berichtigungsanträge zu stellen. Das Protokoll wird in der Regel von dem/der Vorsitzenden oder einem/einer beauftragten Justizbeschäftigten geführt und von diesem bzw. dieser unterzeichnet.