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Erfrischungsgetränke


Rechtliche Definition und Einordnung von Erfrischungsgetränken

Erfrischungsgetränke sind Getränke, die vornehmlich dem Genuss und der Erfrischung dienen und alkoholfrei sind. Rechtlich werden sie im Lebensmittelrecht, insbesondere im deutschen und europäischen Recht, differenziert geregelt. Die genaue Einordnung, Kennzeichnung und Beschaffenheit unterliegen strengen gesetzlichen Vorschriften, wodurch der Begriff klar von anderen Getränkearten wie alkoholischen Getränken, Heilwässern oder Getränken besonderer Zweckbestimmung abgegrenzt wird.

Begriff und rechtliche Grundlagen

Legaldefinition

Im deutschen Recht existiert keine explizite Legaldefinition für Erfrischungsgetränke. Die einschlägigen Bestimmungen ergeben sich aus verschiedenen Rechtsvorschriften, unter anderem aus:

  • Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (LMIV)
  • Verordnung (EU) Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts
  • Deutsches Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
  • Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs (insbesondere Abschnitt 2.11)

Gemäß den Leitsätzen für Erfrischungsgetränke werden diese als alkoholfreie Getränke definiert, die nicht unter die Vorschriften für Mineralwasser, Heilwasser, Tafelwasser, aromatisierte Wässer oder diätetische Getränke fallen und unter Verwendung von Trinkwasser, manchmal auch von Quell- oder Mineralwasser, durch Zugabe von Zutaten wie Zuckerarten, Fruchtsäften, Fruchtsaftkonzentraten, Aromen und Zusatzstoffen hergestellt werden.

Abgrenzung zu anderen Getränken

Erfrischungsgetränke werden von folgenden Produktgruppen abgegrenzt:

  1. Mineralwasser und Tafelwasser: Diese unterliegen besonderen Auflagen und sind keine Erfrischungsgetränke.
  2. Fruchtsäfte und Fruchtsaftgetränke: Für diese gelten eigene Qualitätsanforderungen und Mindestgehalte an Frucht.
  3. Diätische Getränke: Für diese bestehen spezifische Diätverordnungen und Kennzeichnungspflichten.
  4. Alkoholhaltige Getränke: Per Definition (LFGB, LMIV) enthalten Erfrischungsgetränke keinen Alkohol.

Rechtliche Anforderungen an Erfrischungsgetränke

Zusammensetzung und Zutaten

Die Zusammensetzung von Erfrischungsgetränken ist gesetzlich geregelt. Typische Zutaten sind Zucker, Fruchtsaft, Fruchtmark, Aromen, Kohlensäure und verschiedene Zusatzstoffe wie Farbstoffe, Konservierungsmittel oder Süßstoffe. Die Verwendung dieser Zutaten unterliegt spezifischen Regelungen, beispielsweise:

  • Lebensmittelzusatzstoff-Durchführungsverordnung (LMZDV)
  • Aromaverordnung
  • Allgemeine Zulassungsvoraussetzungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 (Zusatzstoffverordnung der EU)

Sämtliche verwendeten Zusatzstoffe müssen zugelassen sein und entsprechende Höchstmengen darf nicht überschritten werden. Farbstoffe und Süßstoffe bedingen zusätzliche Kennzeichnungspflichten.

Kennzeichnung und Informationspflichten

Nach der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 müssen Erfrischungsgetränke detailliert gekennzeichnet werden:

  • Zutatenverzeichnis in absteigender Reihenfolge
  • Hinweis auf besondere Zutaten (wie Koffein, Aspartam, Chininhalt)
  • Nettofüllmenge
  • Mindesthaltbarkeitsdatum
  • Hersteller- oder Vertreiberangabe
  • Allergene
  • Nährwertdeklaration (ab 13. Dezember 2016 verbindlich nach LMIV)
  • Bei koffeinhaltigen Erfrischungsgetränken zusätzlicher Hinweis: „Erhöhter Koffeingehalt. Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen”

Werbe- und Vertriebsrecht

Die Werbung für Erfrischungsgetränke unterliegt den Vorgaben des Lebensmittelrechts sowie des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Irreführende Angaben über Inhaltsstoffe, Wirkung oder Herkunft sind unzulässig. Besonderen Beschränkungen unterliegt die Werbung mit gesundheits- oder nährwertbezogenen Angaben (Health Claims), geregelt durch die Verordnung (EG) Nr. 1924/2006. Die Bewerbung als „vitalisierend”, „gesünder” oder „kalorienarm” ist nur zulässig, wenn die jeweiligen Rechtsvorgaben streng eingehalten werden.

Produktspezifische Regulierungen und Sonderfälle

Fruchtsaftgetränke

Fruchtsaftgetränke sind eine Unterkategorie der Erfrischungsgetränke, bei denen konkrete Mindestfruchtgehalte vorgeschrieben sind (z.B. 6 % bei Zitrusfruchtgetränken, 30 % bei Kernobst). Diese Normen finden sich in den Leitsätzen für Erfrischungsgetränke sowie der deutschen Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung.

Energydrinks

Energydrinks zählen zu den koffeinhaltigen Erfrischungsgetränken und müssen gemäß LMIV einen erhöhten Koffeingehalt klar kennzeichnen. Darüber hinaus sind die Zusammensetzung (z. B. Gehalt an Koffein, Taurin, Glucuronolacton) und die Bewerbung restriktiv reguliert.

Light- und zuckerfreie Getränke

Enthält ein Erfrischungsgetränk Süßstoffe anstelle von Zucker, so muss dies im Zutatenverzeichnis und ggf. in der Verkehrsbezeichnung angezeigt werden. Die Verwendung der Bezeichnung „light” und „zuckerfrei” unterliegt gesetzlichen Voraussetzungen gemäß Health-Claims-Verordnung.

Lebensmittelhygiene und Produktsicherheit

Herstellung und Hygienevorschriften

Die Herstellung und das Inverkehrbringen von Erfrischungsgetränken unterliegen den Hygienevorschriften der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene. Betriebe müssen ein HACCP-Konzept (Hazard Analysis and Critical Control Points) umsetzen, um die Unbedenklichkeit der Produkte sicherzustellen.

Rückverfolgbarkeit und Produkthaftung

Erfrischungsgetränke müssen gemäß LFGB und der General Food Law Regulation (EG) Nr. 178/2002 rückverfolgbar sein. Im Falle eines Mangels oder gesundheitsschädlichen Produkts trifft den Lebensmittelunternehmer eine umfangreiche Rückruf- und Informationspflicht.

Nationale Besonderheiten und internationale Einordnung

Deutschland folgt bei der Regulierung von Erfrischungsgetränken EU-weit harmonisierten Vorgaben, ergänzt um nationale Regelungen. Dabei gelten in manchen Nicht-EU-Staaten abweichende Standards bezüglich Inhaltsstoffen, Kennzeichnung und Vermarktung. Für Hersteller und Händler ist die Beachtung dieser Regelungen bei Import und Export unerlässlich.

Zusammenfassung

Erfrischungsgetränke unterliegen in Deutschland und der Europäischen Union klaren und detaillierten rechtlichen Vorgaben in Bezug auf Zusammensetzung, Kennzeichnung, Bewerbung und Vertrieb. Die einschlägigen Vorschriften dienen dem Schutz der Verbraucher und der Gewährleistung der Produktsicherheit. Eine Missachtung dieser Bestimmungen kann zu Ordnungswidrigkeiten oder strafrechtlichen Konsequenzen führen. Die umfassende Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorgaben ist für das Inverkehrbringen von Erfrischungsgetränken obligatorisch.

Häufig gestellte Fragen

Müssen Erfrischungsgetränke in Deutschland mit einer Zutatenliste versehen werden?

Ja, nach der Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV, Verordnung (EU) Nr. 1169/2011) müssen alle verpackten Erfrischungsgetränke mit einer vollständigen Zutatenliste versehen werden. Diese Zutatenliste muss alle verwendeten Zutaten in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung enthalten. Weiterhin sind bestimmte Zusatzstoffe, wie Farbstoffe oder Konservierungsmittel, mit ihrer spezifischen Funktionsklasse und ihrem genauen Namen oder der entsprechenden E-Nummer zu deklarieren. Außerdem gelten besondere Kennzeichnungspflichten für Koffein und Süßstoffe: Koffeinhaltige Erfrischungsgetränke ab einem Gehalt von mehr als 150 mg/l müssen deutlich mit dem Hinweis „Erhöhter Koffeingehalt. Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen” gekennzeichnet werden. Für Süßstoffe ist die Angabe „mit Süßungsmittel(n)” verpflichtend.

Wo liegt der gesetzliche Mindestfruchtgehalt für Fruchtsaftgetränke und Limonaden?

In Deutschland regelt insbesondere die Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung (FrSaftErfrischGetrV), dass sogenannte Fruchtsaftgetränke einen Mindestfruchtgehalt aufweisen müssen, der abhängig von der verwendeten Fruchtart und dem Getränketyp variiert. Zum Beispiel muss ein Orangennektar mindestens 50% Fruchtgehalt besitzen, während andere Fruchtsaftgetränke für bestimmte Obstsorten, wie z. B. schwarze Johannisbeere, mindestens 25% aufweisen müssen. Für Limonaden – also Erfrischungsgetränke mit Zusatz von Zitronensaft oder anderen Fruchtsäften – ist meist ein Mindestfruchtgehalt von 3% vorgeschrieben, sofern sie als „mit Frucht” ausgelobt werden. Wird weniger Frucht zugesetzt, darf das Produkt zwar als Limonade, jedoch nicht als Fruchtlimonade bezeichnet werden. Bei Mischgetränken und sogenannten „Near-Water”-Produkten bestehen spezielle Vorgaben.

Dürfen Erfrischungsgetränke gesundheitsbezogene Angaben auf dem Etikett tragen?

Gesundheitsbezogene Angaben für Erfrischungsgetränke unterliegen strengen rechtlichen Vorgaben. Nach der Health-Claims-Verordnung (VO (EG) Nr. 1924/2006) dürfen nur solche gesundheitsbezogenen Aussagen gemacht werden, die explizit von der Europäischen Kommission zugelassen und in die Liste der zulässigen Health Claims aufgenommen wurden. Grundsätzlich sind irreführende Angaben, wie „unterstützt das Immunsystem” oder „fördert die Verdauung”, ohne wissenschaftlichen Nachweis und behördliche Genehmigung untersagt. Hersteller müssen vor Verwendung entsprechender Claims einen Antrag bei der EFSA stellen und dürfen ohne erfolgte Zulassung keine solchen Werbeaussagen verwenden. Auch Werbung mit „light” bzw. „kalorienarm” ist an die Erfüllung und Einhaltung bestimmter Kriterien bezüglich Kalorien- und/oder Zuckergehalt gebunden.

Wie müssen Allergene in Erfrischungsgetränken gekennzeichnet werden?

Allergene müssen gemäß LMIV im Zutatenverzeichnis hervorgehoben werden, zum Beispiel durch Fettdruck, Unterstreichung oder eine andere Schriftart. Zu den kennzeichnungspflichtigen Allergenen zählen unter anderem Sulfite, die in einigen Erfrischungsgetränken als Konservierungsmittel verwendet werden können. Für lose Ware, etwa beim Ausschank abgefüllte Erfrischungsgetränke, muss ebenfalls eine Allergeninformation verfügbar sein, wobei dies auch mündlich geschehen kann, sofern ein entsprechender schriftlicher Hinweis für die Kunden gut sichtbar angebracht ist.

Welche steuerrechtlichen Bestimmungen gelten für Erfrischungsgetränke?

Erfrischungsgetränke unterliegen in Deutschland der regulären Mehrwertsteuer. Der Steuersatz beträgt im Regelfall 19%. Eine Ausnahme gilt für einige Fruchtsäfte und Nektare, für die unter bestimmten Voraussetzungen der ermäßigte Steuersatz von 7% greifen kann, sofern sie ausschließlich aus Früchten bestehen und keine weiteren Zusätze (zum Beispiel Zucker) enthalten. Zudem können Erfrischungsgetränke dem pfandpflichtigen Einweg- oder Mehrwegsystem gemäß der Verpackungsverordnung (VerpackG) unterliegen, was vor allem bei Kunststoffflaschen und Dosen relevant ist. Diese Regelung sieht ein Pfand von 25 Cent für Einwegverpackungen vor, wodurch Hersteller und Inverkehrbringer verpflichtet sind, die Produkte entsprechend zu kennzeichnen und das Pfand einzuziehen.

Welche Vorschriften gelten beim Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen in Erfrischungsgetränken?

Die Anreicherung von Erfrischungsgetränken mit Vitaminen und Mineralstoffen ist in der EU durch die Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 geregelt. Diese schreibt vor, dass nur bestimmte, auf einer Positivliste geführte Vitamine und Mineralstoffe in Lebensmitteln zugesetzt werden dürfen. Zudem müssen bei der Verwendung Mindest- und Höchstmengen eingehalten werden, um Überdosierungen oder unwirksame Dosierungen zu vermeiden. Die Zugabe muss korrekt im Zutatenverzeichnis sowie im Rahmen einer Nährwertdeklaration gemäß LMIV aufgeführt werden. Die Bewerbung des Produkts mit diesen zugesetzten Mikronährstoffen unterliegt erneut den Vorgaben der Health-Claims-Verordnung.

Gelten für Erfrischungsgetränke besondere Regelungen bei Werbung und Vermarktung an Kinder?

Im deutschen und europäischen Recht existieren spezielle Vorschriften für die Werbung von Lebensmitteln, darunter Erfrischungsgetränken, die sich an Kinder richtet. Die Health-Claims-Verordnung untersagt unbegründete gesundheitsbezogene Werbung, insbesondere an Zielgruppen wie Kinder. Darüber hinaus gibt es branchenspezifische Selbstverpflichtungen, z.B. durch den Deutschen Werberat, die die Ansprache von Kindern durch Werbung für zuckerreiche oder koffeinhaltige Getränke beschränken. Lebensmittelrechtlich darf Erfrischungsgetränken keine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben oder der Eindruck erweckt werden, sie seien für die Entwicklung von Kindern besonders geeignet, sofern dies nicht wissenschaftlich nachgewiesen und zugelassen ist. Werbebotschaften wie „besonders geeignet für Schulkinder” sind daher regelmäßig unzulässig und können wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden.