Erfolgsdelikt – Begriff, Bedeutung und rechtliche Einordnung
Definition und allgemeine Charakterisierung
Das Erfolgsdelikt ist ein grundlegender Begriff im deutschen Strafrecht und bezeichnet eine Straftat, bei der der Eintritt eines bestimmten Erfolges – also einer Veränderung in der Außenwelt – konstitutives Tatbestandsmerkmal ist. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit setzt dabei das Hervorrufen oder Eintreten eines gesetzlich vorausgesetzten Erfolges durch eine Handlung voraus. Erfolgsdelikte sind demnach solche Delikte, bei denen zur Erfüllung des Straftatbestands über die bloße Handlung hinaus der Eintritt eines bestimmten, tatbestandsmäßigen Ergebnisses erforderlich ist.
Dem Erfolgsdelikt steht das sogenannte Tätigkeitsdelikt gegenüber, bei dem alleine die Ausführung einer Handlung, unabhängig von einem tatsächlich eingetretenen Erfolg, strafbar ist.
Gesetzliche Regelung und Bedeutung im Strafrecht
Erfolgsdelikte finden sich in zahlreichen Vorschriften des Strafgesetzbuches (StGB) sowie in Nebengesetzen. Typisch für Erfolgsdelikte ist im Gesetzestext die Verwendung von Begriffen wie „verletzen”, „zerstören”, „töten” oder „beschädigen”, die auf das Eintreten eines konkreten Ergebnisses abzielen.
Zu den bekanntesten Erfolgsdelikten zählen beispielsweise:
- Totschlag (§ 212 StGB): Der Tod eines Menschen ist der strafbare Erfolg.
- Sachbeschädigung (§ 303 StGB): Der Erfolg ist die Beschädigung oder Zerstörung fremder Sachen.
- Körperverletzung (§ 223 StGB): Der Eintritt einer körperlichen Misshandlung oder Gesundheitsschädigung als tatbestandlicher Erfolg.
- Brandstiftung (§ 306 StGB): Hier muss ein Brand verursacht bzw. eine Zerstörung infolge des Brandes erfolgen.
Im Vergleich dazu sind Tätigkeitsdelikte Beispiele wie die Trunkenheit im Straßenverkehr (§ 316 StGB), bei denen allein das Führen eines Fahrzeugs unter Alkoholeinfluss sanktioniert werden kann, unabhängig von weiteren Folgen.
Abgrenzung: Erfolgsdelikt und Tätigkeitsdelikt
Merkmale des Erfolgsdelikts
Erfolgsdelikte zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:
- Kausalität: Es besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Handlung und dem Eintritt des tatbestandlichen Erfolges (Kausalitätsprinzip).
- Objektiv zurechenbarer Erfolg: Der Erfolg muss objektiv der Handlung zurechenbar sein.
- Tatbestandliche Voraussetzung: Der Erfolg bildet ein zwingendes Element des gesetzlichen Tatbestandes.
- Außenwelterfolg: Der Eintritt einer relevanten Veränderung in der Außenwelt – etwa Tod, Verletzung, Zerstörung.
Tätigkeitsdelikte
Bei Tätigkeitsdelikten kommt es demgegenüber allein auf das Vornehmen einer Handlung an, ohne dass ein bestimmter Erfolg eintreten muss. Beispiele hierfür sind das Falschaussagen (§ 153 StGB) oder das Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG).
Kausalität und objektive Zurechnung beim Erfolgsdelikt
Im Rahmen des Erfolgsdeliktes sind die Begriffe Kausalität und objektive Zurechnung von zentraler Bedeutung:
- Kausalität („conditio sine qua non”)
Es muss festgestellt werden, ob die Handlung ursächlich für den Eintritt des Erfolges war. Die gängige Bedingungstheorie fragt, ob der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, wenn die in Frage stehende Handlung hinweggedacht wird.
- Objektive Zurechnung
Nicht jede verursachte Folge kann dem Täter angelastet werden. Die objektive Zurechnung verlangt, dass der Täter mit seiner Handlung eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, die sich im tatbestandlichen Erfolg realisiert hat.
Versuch und Vollendung beim Erfolgsdelikt
Ein Erfolgsdelikt ist im Regelfall erst mit dem Eintritt des tatbestandlichen Erfolges vollendet. Ein Versuch liegt vor, wenn bereits eine Handlung vorgenommen wurde, die auf die Herbeiführung des Erfolges abzielt, dieser jedoch noch nicht eingetreten ist. Nach deutschem Recht ist der Versuch bei Verbrechen und in einigen Fällen auch bei Vergehen strafbar (§§ 22 ff. StGB).
Fahrlässiges und vorsätzliches Erfolgsdelikt
Erfolgsdelikte können vorsätzlich oder, sofern gesetzlich vorgesehen, fahrlässig begangen werden.
- Vorsätzliches Erfolgsdelikt: Der Täter handelt wissentlich und willentlich, um den tatbestandsmäßigen Erfolg herbeizuführen.
- Fahrlässiges Erfolgsdelikt: Der tatbestandliche Erfolg tritt aufgrund der Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ein, ohne dass der Täter dies wollte.
Ein klassisches Beispiel für ein fahrlässiges Erfolgsdelikt ist die fahrlässige Tötung (§ 222 StGB).
Sonderformen und Unterarten von Erfolgsdelikten
Erfolgsqualifizierte Delikte
Eine besondere Form stellt das erfolgsqualifizierte Delikt dar. Es handelt sich hierbei um einen Straftatbestand, bei dem über die Verwirklichung eines Grunddelikts hinaus durch eine besondere Folge (z. B. den Tod eines Menschen) eine höhere Strafe ausgelöst wird. Beispiel: Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB).
Unterlassungsdelikte mit Erfolgseintritt
Auch beim unechten Unterlassungsdelikt kommt dem Erfolgsbezug eine zentrale Rolle zu: Der Täter ist hier wegen eines Erfolges strafbar, den er durch aktives Handeln hätte verhindern können (vgl. § 13 StGB).
Zusammenfassung
Erfolgsdelikte sind zentrale Tatbestandsformen des Strafrechts, die das Eintreten eines gesetzlich definierten Erfolgs als konstitutives Merkmal voraussetzen. Für die Strafbarkeit ist neben der Tathandlung insbesondere die Kausalität und objektive Zurechnung des Erfolgs entscheidend. Die Abgrenzung zum Tätigkeitsdelikt, die Differenzierung zwischen Versuch und Vollendung sowie zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Begehungsweise sind für das Verständnis und die Anwendung erfolgsdeliktischer Vorschriften unerlässlich. Erfolgsdelikte regeln somit einen Großteil strafrechtlicher Sachverhalte und sind elementarer Bestandteil des strafrechtlichen Grundlagensystems.
Häufig gestellte Fragen
Welche Bedeutung hat das Erfolgsdelikt im Unterschied zum Tätigkeitsdelikt im deutschen Strafrecht?
Erfolgsdelikte und Tätigkeitsdelikte unterscheiden sich maßgeblich im objektiven Tatbestand. Ein Erfolgsdelikt setzt voraus, dass durch die Tathandlung ein strafrechtlich relevanter Erfolg (Veränderung in der Außenwelt) eintritt, zum Beispiel der Tod beim Totschlag (§ 212 StGB) oder die Körperverletzung (§ 223 StGB). Das Tätigkeitsdelikt verlangt demgegenüber lediglich die Vornahme der tatbestandlichen Handlung, ohne dass ein besonders hervorgehobener Erfolg eintreten muss, etwa beim Schwarzfahren oder der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB). Für das Erfolgsdelikt ist daher immer zu prüfen, ob ein Kausalzusammenhang zwischen Handlung und Erfolg besteht und ob der Erfolg vom Schutzzweck der Norm umfasst ist, was erhebliche Auswirkungen auf die Zurechnung und die Strafbarkeitsprüfung hat.
Welche Rolle spielt die Kausalität und objektive Zurechnung bei Erfolgsdelikten?
Bei Erfolgsdelikten ist eine wesentliche Voraussetzung, dass der Täter durch sein Verhalten kausal für den eingetretenen Erfolg ist. Die Kausalität wird in der Regel nach der Äquivalenztheorie überprüft, wonach jede Handlung kausal ist, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele („conditio-sine-qua-non-Formel”). Über die Kausalität hinaus muss aber noch objektiv zugerechnet werden können, dass der Erfolg dem Täter zurechenbar ist. Die objektive Zurechnung verlangt u. a., dass der Täter eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat, die sich in dem Erfolg realisiert, und dass kein atypischer Kausalverlauf oder Eigenverantwortlichkeit des Opfers die Zurechnung ausschließt. Dies führt in der Praxis oft zu Abgrenzungsfragen etwa bei Unterbrechungen des Kausalverlaufs oder beim Mitverschulden Dritter.
Inwiefern beeinflusst das Erfolgsdelikt den Versuchsbeginn und die Vollendung der Straftat?
Beim Erfolgsdelikt ist der Versuch nach § 22 StGB dann gegeben, wenn der Täter zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt, der tatbestandliche Erfolg jedoch noch nicht eingetreten ist. Die Vollendung tritt bei Erfolgsdelikten erst dann ein, wenn alle objektiven Tatbestandsmerkmale, also Handlung und Erfolg, verwirklicht sind. Maßgeblich ist dabei das tatsächliche Eintreten des Erfolgs, wie zum Beispiel der Eintritt des Todes des Opfers beim Totschlag. Der Versuchsbeginn ist bei Erfolgsdelikten häufig einfacher als bei Tätigkeitsdelikten zu bestimmen, weil das Ausbleiben des Erfolgs klar zwischen Versuch und Vollendung trennt. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Strafbarkeit und das Strafmaß.
Welche Besonderheiten gibt es bei Unterlassungsdelikten im Hinblick auf Erfolgsdelikte?
Auch Unterlassungsdelikte können Erfolgsdelikte sein, vor allem das sogenannte unechte Unterlassungsdelikt (§ 13 StGB). Beim unechten Unterlassungsdelikt wird wie beim Begehungsdelikt verlangt, dass durch das pflichtwidrige Nicht-Handeln ein tatbestandlicher Erfolg eintritt. Die Besonderheit liegt darin, dass der Täter nicht aktiv handelt, sondern es unterlässt, einen tatbestandlichen Erfolg abzuwenden, wozu er rechtlich verpflichtet ist. Die Kausalitätsprüfung wird hierbei anhand der Quasi-Kausalität vorgenommen: Es ist zu prüfen, ob der Erfolg bei vorschriftsgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeblieben wäre. Zusätzlich muss die objektive Zurechnung des Erfolgs geprüft werden.
Wie wirken sich Fahrlässigkeitsdelikte auf die Prüfung von Erfolgsdelikten aus?
Fahrlässigkeitsdelikte sind häufig als Erfolgsdelikte ausgestaltet, für deren Strafbarkeit der Eintritt des Erfolgs unerlässlich ist. Der Unterschied zur vorsätzlichen Begehung liegt im subjektiven Tatbestand, denn hier genügt die Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Dennoch müssen auch im Fahrlässigkeitsdelikt neben dem Handlungs- und Erfolgszusammenhang die Kausalität und objective Zurechnung (insbesondere der Vermeidbarkeitszusammenhang) geprüft werden. Das bedeutet, dass beim Fahrlässigkeitserfolgsdelikt eingehend zu prüfen ist, ob die Vernachlässigung der erforderlichen Sorgfalt für den Erfolg ursächlich war und ob der eingetretene Erfolg für den Täter auch tatsächlich voraussehbar und verhinderbar gewesen wäre.
Welche Probleme ergeben sich bei der erfolgsqualifizierten Straftat?
Erfolgsqualifizierte Delikte (§ 18 StGB) sind Delikte, deren Grundtatbestand bereits durch eine bestimmte Handlung (zumeist als Tätigkeits- oder Erfolgsdelikt definiert) verwirklicht wird und die eine schwerwiegendere Folge als strafschärfenden zusätzlichen Erfolg voraussetzen, etwa bei der Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB). Problematisch ist insbesondere das Erfordernis des tatbestandsspezifischen Gefahrzusammenhangs („Unmittelbarkeitszusammenhang”). Es muss nicht nur ein Kausal-, sondern auch ein spezifischer Zusammenhang zwischen der Grundtat und dem qualifizierenden Erfolg bestehen. Dieser Zusammenhang ist häufig Gegenstand schwieriger Wertungen in Rechtsprechung und Literatur.
Welche Bedeutung besitzen Erfolgsdelikte im Rahmen des Rücktritts nach § 24 StGB?
Der Rücktritt vom Versuch nach § 24 StGB ist bei Erfolgsdelikten nur möglich, solange der tatbestandliche Erfolg noch nicht eingetreten ist. Insbesondere muss abgegrenzt werden, ob der Täter den Eintritt des Erfolgs noch verhindern kann oder ihm dies nach Vollendung des Delikts bereits unmöglich ist. Der Rücktritt ist daher bei Erfolgsdelikten regelmäßig mit dem Eintritt des Erfolgs abgeschnitten. Lediglich bei Versuchsstadien oder fehlgeschlagenem Versuch ist ein Rücktritt bei Erfolgsdelikten relevant. Dies ist beispielsweise besonders praxisrelevant bei Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten, deren Erfolgseintritt meist eindeutig feststellbar ist.