Legal Lexikon

Erfindung


Begriff und Wesen der Erfindung

Eine Erfindung ist eine schöpferische, technische Lehre zur Lösung eines konkreten Problems auf einem Gebiet der Technik. Sie spielt in Wissenschaft, Wirtschaft und insbesondere im Recht eine zentrale Rolle, da sie Grundlage für zahlreiche Schutzrechte, wie das Patent, ist. Der Begriff „Erfindung” ist eng mit dem gewerblichen Rechtsschutz verwoben und unterliegt national und international kodifizierten Regelungen.

Rechtliche Grundlagen

Gesetzliche Definitionen und Abgrenzungen

In Deutschland ist der Begriff der Erfindung insbesondere im Patentgesetz (PatG) geregelt. § 1 PatG legt fest, dass Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt werden, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Ein vergleichbares Verständnis findet sich in internationalen Abkommen, z.B. dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) und dem TRIPS-Abkommen.

Nicht jede Schöpfung oder Idee ist eine Erfindung im Rechtssinne. Bloße Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien, mathematische Methoden oder ästhetische Formschöpfungen gelten nicht als Erfindungen gemäß § 1 Abs. 3 PatG und Art. 52 EPÜ.

Abgrenzung zu anderen geistigen Schöpfungen

  • Patent: Schutzrecht, das eine Erfindung für einen bestimmten Zeitraum gegen Nachahmung sichert.
  • Gebrauchsmuster: „Kleines Patent” – schützt technische Erfindungen, allerdings mit anderen Voraussetzungen.
  • Urheberrecht: Schützt Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst; technische Erfindungen sind nicht umfasst.
  • Geschmacksmuster/Designrecht: Schützt Gestaltungen und Designs ohne technische Funktion.

Voraussetzungen der Erfindung im rechtlichen Kontext

Neuheit

Eine Erfindung ist nur dann schutzfähig, wenn sie neu ist (§ 3 PatG; Art. 54 EPÜ). Dies bedeutet, dass sie nicht zum Stand der Technik gehört, also vor dem Anmeldetag der Öffentlichkeit nicht in irgendeiner Weise zugänglich gemacht wurde.

Erfinderische Tätigkeit

Die Erfindung muss auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (§ 4 PatG; Art. 56 EPÜ). Dies ist der Fall, wenn sie sich für einen Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.

Gewerbliche Anwendbarkeit

Eine Erfindung ist gemäß § 5 PatG gewerblich anwendbar, wenn ihr Gegenstand auf irgendeinem gewerblichen Gebiet hergestellt oder benutzt werden kann. Diese Voraussetzung ist in der Regel weit auszulegen.

Arten von Erfindungen

Arbeitnehmererfindung

Besondere Regelungen gelten für Erfindungen, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gemacht werden. Das Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbEG) regelt, wem die Rechte an einer Diensterfindung zustehen und welche Vergütung dem Erfinder zusteht.

Gemeinschaftliche Erfindung

Wird eine Erfindung von mehreren Personen zusammen gemacht, spricht man von einer gemeinsamen Erfindung. Das Recht an der Erfindung steht dann den Mit-Erfindern gemeinsam zu, § 6 PatG.

Inhaber- und Schutzrechte

Erfinder und Anmelder

Das Recht an der Erfindung steht grundsätzlich dem Erfinder zu (§ 6 PatG). Er kann das Recht auf Dritte übertragen. Im Rahmen der Patentanmeldung wird der Anmelder zum Inhaber des Patentrechts, wobei der Erfinder in der Anmeldung zu nennen ist (§ 37 PatG).

Patent und Schutzumfang

Ein erteiltes Patent gewährt dem Inhaber für eine maximale Dauer von 20 Jahren ab Anmeldedatum das ausschließliche Recht, die Erfindung zu nutzen, zu lizenzieren oder zu übertragen (§ 16 PatG). Der Schutzumfang des Patents erstreckt sich auf die im Patentanspruch definierte technische Lehre.

Publikation und Geheimhaltung

Offenlegung

Nach Prüfung und Erteilung wird die Erfindung in Form der Patentschrift veröffentlicht (§ 32 PatG), spätestens aber nach 18 Monaten ab dem Anmeldetag durch Offenlegungsschrift (§ 31 PatG).

Geheimhaltungsinteresse

Vor der Veröffentlichung besteht ein Interesse an der Geheimhaltung der Erfindung, insbesondere zum Schutz vor vorzeitiger Nutzung durch Dritte und zur Wahrung der Neuheit.

Erfindung im internationalen Kontext

Internationale Patentanmeldungen

Das Patent Cooperation Treaty (PCT) ermöglicht die Anmeldung von Erfindungen mit Wirkung für mehrere Vertragsstaaten, wobei zunächst ein zentralisiertes Verfahren zur vorläufigen Prüfung durchlaufen wird.

Einheitlicher Patentschutz in Europa

Mit dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) wurde ein Bündelpatent geschaffen, das nach Erteilung in den benannten Vertragsstaaten Schutz bietet. Der einheitliche Patentschutz („Einheitspatent”) in der Europäischen Union strebt einen einheitlichen Schutz in mehreren Mitgliedstaaten an.

Einschränkungen und Ausschlüsse vom Patentschutz

Nicht jede Erfindung ist patentfähig. Unter anderem sind folgende Gegenstände vom Patentschutz ausgenommen (gemäß § 1 Abs. 2, 3 PatG und Art. 53 EPÜ):

  • Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien, mathematische Methoden
  • Ästhetische Formschöpfungen
  • Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, Spiele, geschäftliche Tätigkeiten
  • Computerprogramme als solche
  • Methoden zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers

Übertragung und Lizenzierung

Übertragung

Das Recht an einer Erfindung kann mittels Vertrag übertragen werden. Die Übertragung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 15 PatG).

Lizenzierung

Der Patentinhaber kann Dritten eine Lizenz zur Benutzung der Erfindung einräumen. Die Bedingungen der Lizenzvergabe sind privatrechtlich ausgestaltbar.

Rechtsschutz bei Rechtsverletzungen

Patentverletzung

Bei unbefugter Nutzung einer patentierten Erfindung stehen dem Rechteinhaber Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Vernichtung zu (§§ 139 ff. PatG).

Durchsetzung des Schutzrechts

Die Durchsetzung erfolgt in Deutschland regelmäßig vor den Zivilgerichten. Besonders bedeutend ist die Doppelstruktur von Patentnichtigkeitsverfahren (Bundespatentgericht) und Verletzungsverfahren (Landgerichte).

Erfinderpersönlichkeitsrecht

Das Recht auf Nennung als Erfinder ist ein besonderes Persönlichkeitsrecht, das vom übertragenen Vermögensrecht unabhängig besteht (§ 63 Abs. 2 PatG).

Fazit

Die Erfindung ist im Rechtssinne die Basis für technische Schutzrechte und bildet die Grundlage für zahlreiche Regelungen im Patent- und Gebrauchsmusterrecht. Ihr Schutz und die daraus resultierenden Pflichten und Rechte sind detailliert gesetzlich geregelt und unterliegen nationalen wie internationalen Bestimmungen. Bei der Geltendmachung und wirtschaftlichen Verwertung von Erfindungen sind zahlreiche rechtliche Aspekte zu beachten, die die Innovationsfähigkeit einer Volkswirtschaft maßgeblich prägen.

Häufig gestellte Fragen

Wer besitzt im rechtlichen Sinne die Rechte an einer Erfindung, wenn mehrere Personen beteiligt sind?

Sind mehrere Personen gemeinsam an einer Erfindung beteiligt, spricht man rechtlich von Miterfindern. Nach deutschem Recht steht das Erfinderrecht grundsätzlich allen natürlichen Personen zu, die einen schöpferischen Beitrag zum Gesamtgedanken der Erfindung geleistet haben. Die Rechte an der Erfindung – insbesondere das Recht auf Anmeldung und anschließende Verwertung, wie Nutzung und Lizenzierung – stehen allen Miterfindern gemeinschaftlich zu. Über diese Rechte können sie nur gemeinsam verfügen (§ 6 PatG). Eine Einzelperson darf also Handlungen wie eine Patentanmeldung oder die Übertragung des Schutzrechts ohne Zustimmung der übrigen Miterfinder nicht vornehmen. Die konkrete Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Miterfinder kann durch vertragliche Vereinbarungen – beispielsweise Miterfinderverträge – näher geregelt werden. Kommt keine Einigung zustande, greifen die gesetzlichen Regelungen zur gemeinschaftlichen Berechtigung, etwa hinsichtlich der Aufteilung eines eventuellen Erlöses.

Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für den Schutz einer Erfindung durch ein Patent?

Damit eine Erfindung patentrechtlichen Schutz genießen kann, müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Erstens muss es sich um eine technische Erfindung handeln. Zweitens muss sie neu sein, also darf sie vor dem Anmeldetag nicht zum Stand der Technik gehören. Drittens erfordert das Patentgesetz, dass die Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, was bedeutet, dass sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Außerdem muss die Erfindung gewerblich anwendbar sein, sprich, sie muss in irgendeinem gewerblichen Bereich hergestellt oder benutzt werden können (§ 3-5 PatG). Schließlich muss die Erfindung in der Patentanmeldung so deutlich und vollständig offenbart werden, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

Wie wird die Arbeitnehmererfindung rechtlich behandelt?

Arbeitnehmererfindungen unterliegen in Deutschland dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfG). Demnach ist ein Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet, seinem Arbeitgeber jede während des bestehenden Arbeitsverhältnisses gemachte, im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unternehmens stehende Erfindung unverzüglich schriftlich zu melden. Der Arbeitgeber kann die Erfindung durch Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer in Anspruch nehmen; mit der vollständigen Inanspruchnahme gehen alle vermögenswerten Rechte auf den Arbeitgeber über. Dafür erhält der Arbeitnehmer einen angemessenen Ausgleich, die sogenannte Erfindervergütung. Unterbleibt die Inanspruchnahme, verbleiben die Rechte beim Arbeitnehmer. Die rechtlichen Abläufe, insbesondere zur Meldung, Inanspruchnahme und zum Vergütungsanspruch, sind im ArbnErfG detailliert geregelt.

Welche Möglichkeiten bestehen, gegen die unbefugte Nutzung einer Erfindung vorzugehen?

Wird eine Erfindung ohne Zustimmung des Schutzrechtsinhabers Dritten zugänglich gemacht, genutzt oder verwertet, spricht man von einer Schutzrechtsverletzung. Gegen eine solche kann der Rechtsinhaber verschiedene rechtliche Schritte einleiten: Im Falle eines Patents droht dem Verletzer eine Unterlassungs- und bei Verschulden auch Schadensersatzpflicht (§§ 139 ff. PatG). Möglich sind ferner Auskunfts-, Vernichtungs-, Rückruf- und Überlassungsansprüche gegenüber dem Verletzer. Die Rechte werden im Regelfall zivilrechtlich im Wege einer Klage vor den zuständigen Patentstreitkammern geltend gemacht. Zudem kann – beispielsweise im Rahmen eines Eilverfahrens – ein gerichtlicher Antrag auf einstweilige Verfügung zur schnellen Unterbindung der weiteren Nutzung gestellt werden.

Was ist die Bedeutung des Anmeldetages für den rechtlichen Schutz einer Erfindung?

Der Anmeldetag ist im Patentrecht von zentraler rechtlicher Bedeutung. Er legt den Zeitpunkt fest, zu dem die Erfindung zum Schutz angemeldet wird und damit der Stand der Technik für die Beurteilung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit eingefroren wird. Maßgeblich ist der erste formgerechte Eingang der vollständigen Anmeldung bei der zuständigen Behörde. Für gegebenenfalls mehrere identische oder ähnliche Anmeldungen gilt das Prioritätsprinzip: Wer zuerst anmeldet, erhält den besseren Rang. Zudem ist der Anmeldetag im Hinblick auf die Schutzdauer (z.B. maximal 20 Jahre für ein Patent ab Anmeldung) maßgeblich.

Welche Auswirkungen hat eine Veröffentlichung vor der Anmeldung auf den rechtlichen Patentschutz?

Eine vorzeitige Veröffentlichung der Erfindung zerstört regelmäßig die erforderliche Neuheit im Sinne des Patentrechts. Bereits jede schriftliche oder mündliche Offenbarung, Präsentation, Online-Stellung oder auch unzureichend abgesicherte Verhandlung mit Dritten vor der Anmeldung führt dazu, dass die Erfindung weltweit als Stand der Technik gilt und eine Patenterteilung in der Regel ausgeschlossen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine eigene oder fremde Offenbarung handelt (§ 3 PatG). Ausnahmen bestehen selten, etwa im Rahmen von Ausstellerprivilegien, die aber engen Regeln unterliegen. Grundsätzlich empfiehlt sich daher, stets vor jeglicher Veröffentlichung einen angemessenen Schutz, meist durch Anmeldung, zu beantragen.

Inwiefern kann eine Erfindung zusätzlich durch andere Schutzrechte abgesichert werden?

Neben dem Patentschutz stehen unterschiedliche weitere gewerbliche Schutzrechte zur Verfügung, die je nach Ausgestaltung der Erfindung bedeutsam sein können. Dazu gehören insbesondere der Gebrauchsmusterschutz als „kleines Patent” mit geringeren Schutzhürden aber auch geringerer Schutzdauer, sowie das Designrecht zum Schutz von Form- und Farbgebung. Falls für Elemente der Erfindung Software entwickelt wird, kann zudem das Urheberrecht greifen. Teilweise ist auch der Schutz durch die Geschäftsgeheimnisgesetzgebung möglich, sofern die Erfindung nicht offengelegt wird und angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen getroffen werden. Die parallele oder alternative Nutzung mehrerer Schutzrechte erfordert eine sorgfältige rechtliche Prüfung hinsichtlich Komplementarität, Überschneidungen und Prioritätsfragen.