Begriff und Grundlagen der Erdwärme
Erdwärme, auch als Geothermie bezeichnet, ist die im zugänglichen Bereich der Erdkruste gespeicherte thermische Energie. Sie resultiert sowohl aus dem Zerfall radioaktiver Isotope im Erdinneren als auch aus der fortwährenden Hitze, die beim Entstehungsprozess der Erde generiert wurde. Im rechtlichen Kontext spielt Erdwärme eine immer bedeutendere Rolle, insbesondere im Hinblick auf das Bergrecht, das Energiewirtschaftsrecht, das Umweltrecht sowie private und öffentliche Interessen an Grundstücken und Bodenschätzen.
Rechtliche Einordnung der Erdwärme
Eigentumsordnung und Herrschaftsrechte
Das Recht zur Nutzung von Erdwärme wird primär im deutschen Recht durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Bundesberggesetz (BBergG) und ergänzende landesrechtliche Regelungen beeinflusst.
Erdwärme als Bestandteil des Grundstücks
Nach § 94 Absatz 1 BGB gilt Erdwärme grundsätzlich als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Daraus folgt, dass das Eigentum am Grundstück auch das Recht zur Nutzung der unter der Oberfläche vorhandenen Energieformen – und damit der Erdwärme – einschließt. Jedoch unterliegt diese Nutzung weiteren Einschränkungen und Vorgaben, sobald technische Eingriffe wie Bohrungen oder das Betreiben von Anlagen zur Gewinnung der Erdwärme erforderlich werden.
Erdwärme und das Bergrecht
Mit fortschreitender Tiefe und zunehmender Bedeutung für die öffentliche Energieversorgung werden bestehende bergrechtliche Vorgaben einschlägig. Das Bundesberggesetz regelt, dass bestimmte Bodenschätze, sogenannte bergfreie Bodenschätze, nicht im Eigentum des Grundstückseigentümers, sondern dem Staat (bzw. dem Gemeinwesen) zustehen. Geothermische Energie wird seit der Novellierung des BBergG 1980 in § 3 Absatz 3 zu den bergfreien Bodenschätzen gezählt. Damit bedarf die Aufsuchung und Gewinnung in der Regel einer bergrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung.
Genehmigungsverfahren und behördliche Zuständigkeiten
Bergrechtliche Erlaubnis- und Bewilligungsverfahren
Wer Erdwärme gewinnen will, muss bei tiefen geothermischen Projekten eine Aufsuchungs- oder Gewinnungsbewilligung beantragen. Diese Bewilligungen werden von den zuständigen Bergämtern auf Landesebene erteilt und können mit weiteren Auflagen, beispielsweise zum Schutz von Trinkwasservorkommen, verbunden sein. Das Verfahren umfasst oftmals eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP).
Wasserrechtliche Anforderungen
Bohrungen zur Nutzung der oberflächennahen Geothermie, etwa für Wärmepumpenanlagen, unterliegen zusätzlich wasserrechtlichen Genehmigungen nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Insbesondere das Entnehmen, Einleiten oder Ableiten von Grundwasser und das Einbringen von Stoffen in das Grundwasser sind erlaubnispflichtig (§§ 8, 9 WHG).
Baurechtliche Regelungen
Die Errichtung ober- und unterirdischer Anlagen zum Zweck der Erdwärmegewinnung unterliegt je nach Tiefe und Umfang bauordnungsrechtlichen Bestimmungen der jeweiligen Länder. In vielen Fällen ist eine Baugenehmigung erforderlich, wobei die jeweiligen Landesbauordnungen differenzierte Vorgaben zur Anlagensicherheit, zum Immissionsschutz und zu Abständen zu Nachbargrundstücken enthalten.
Nutzungskonflikte und Haftungsfragen
Nachbarrechtliche Ansprüche
Die Nutzung von Erdwärme kann zu Nutzungskonflikten führen, etwa wenn thermische Brunnen auf benachbarten Grundstücken Auswirkungen aufeinander haben. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, insbesondere den §§ 903 ff. BGB, sind die Eigentümer gehalten, bei der Ausübung ihrer Rechte Rücksicht auf die Interessen der Nachbarn zu nehmen. Bei Störungen oder Beeinträchtigungen besteht gegebenenfalls ein Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruch.
Haftung im Zusammenhang mit Bohrungen
Kommt es im Zusammenhang mit geothermischen Bohrungen zu Schäden, etwa durch Setzungen, Grundwasserverunreinigungen oder Erschütterungen, greifen die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften zur Haftung nach §§ 823 ff. BGB. Zusätzlich können sich Haftungsfragen nach dem Umwelthaftungsgesetz (UmwHG) ergeben, etwa bei Gewässerverunreinigungen.
Umwelt- und Naturschutzrechtliche Anforderungen
Umweltverträglichkeitsprüfung
Für die Errichtung und den Betrieb geothermischer Anlagen – insbesondere bei Tiefengeothermie – ist nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) zu prüfen, ob erhebliche Auswirkungen auf Umwelt, Natur und Landschaft zu erwarten sind. Im Regelfall ist bereits im Rahmen der Genehmigungsverfahren festzulegen, ob und in welchem Umfang solche Prüfungen durchzuführen sind.
Schutzgebiete und Einschränkungen
In Naturschutz-, Wasserschutz- oder Heilquellenschutzgebieten sind besondere Einschränkungen und weitergehende Genehmigungsvorbehalte vom jeweiligen Landes- und Bundesrecht zu beachten. Maßnahmen, die die natürlichen Schichten durchdringen oder verändern, etwa durch Bohrungen, dürfen nur durchgeführt werden, wenn die zuständigen Fachbehörden eine ausdrückliche Zustimmung erteilen.
Steuer- und Abgaberechtliche Aspekte
Die wirtschaftliche Nutzung der Erdwärme kann steuerliche und abgabenrechtliche Folgen haben. Insbesondere sind die Einnahmen aus geothermischer Energiegewinnung als Einkünfte zu versteuern, und etwaige Förderabgaben nach § 31 Absatz 1 BBergG können bei der Nutzung bergfreier Bodenschätze erhoben werden. Zudem gelten regional unterschiedliche Gebührenregelungen im Rahmen der Verwaltungsverfahren und der Erlaubniserteilung.
Europarechtliche Einflüsse
Auch das Unionsrecht nimmt Einfluss auf die nationale Ausgestaltung der Erdwärmenutzung. Die EU-Richtlinien im Bereich erneuerbare Energien (z.B. Richtlinie (EU) 2018/2001) enthalten grundsätzliche Zielvorgaben zur Förderung und zum Ausbau erneuerbarer Energien, zu denen Erdwärme zählt. Des Weiteren ist die Einhaltung von Umweltstandards, insbesondere im Hinblick auf Grundwasserschutz und Habitatschutz-Richtlinien, im Zuge der Umsetzung nationaler Rechtsvorschriften sicherzustellen.
Fazit
Erdwärme ist ein komplexer rechtlicher Begriff, der eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen aus den Bereichen Eigentum, Bergrecht, Umwelt- und Wasserrecht, Baurecht sowie Steuer- und Abgabenrecht berührt. Insbesondere die Abgrenzung zwischen Grundstückseigentum und staatlicher Bewirtschaftung, die Vielzahl an Genehmigungsverfahren und die Beachtung naturschutzrechtlicher Vorgaben machen die Rechtslage anspruchsvoll. Eine umfassende Prüfung und Koordination aller einschlägigen rechtlichen Aspekte ist für rechtssichere Projekte in diesem Bereich unerlässlich.
Hinweis: Der Artikel bietet einen Überblick, erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aufgrund fortlaufender Änderungen im Rechtsbereich können Aktualisierungen der gesetzlichen Grundlagen erforderlich sein.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Genehmigungen sind für die Nutzung von Erdwärme erforderlich?
Für die Nutzung von Erdwärme sind in Deutschland je nach Art und Tiefe der Erdwärmeanlage unterschiedliche rechtliche Genehmigungen erforderlich. Bei oberflächennaher Geothermie (bis ca. 400 Meter Tiefe) ist in der Regel eine wasserrechtliche Erlaubnis nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) oder dem jeweiligen Landeswassergesetz notwendig, da Bohrungen das Grundwasser beeinflussen können. Auch kleinere Erdsonden- oder Erdwärmekollektoranlagen sind häufig anzeigepflichtig. Handelt es sich um tiefe Geothermieprojekte (mehr als 400 Meter), ist zusätzlich eine bergrechtliche Genehmigung nach Bundesberggesetz (BBergG) erforderlich. Für beide Formen sind zudem mögliche Anforderungen aus dem Bauordnungsrecht zu beachten; hierzu zählen beispielsweise Baugenehmigungen und die Einhaltung von Abstandsflächen. Da Erdwärmenutzungen Auswirkungen auf die Nachbarschaft, speziell das Grundwasser und benachbarte Grundstücke, haben können, sind auch Regelungen zum Immissionsschutz und ggf. öffentlich-rechtliche Nachbarschaftsrechte zu berücksichtigen. Je nach Bundesland können weitergehende lokale Vorschriften bestehen, sodass die Einholung einer rechtlichen Beratung empfohlen wird.
Wie wirkt sich das Nachbarschaftsrecht auf Erdwärmeanlagen aus?
Das Nachbarschaftsrecht spielt beim Betrieb von Erdwärmeanlagen eine beträchtliche Rolle, da Konflikte insbesondere durch mögliche Beeinträchtigungen des Grundwasservorkommens oder der Temperatur auftreten können. Gemäß § 909 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) müssen Grundstückseigentümer den Boden ihres Grundstücks so benutzen, dass den Nachbarn keine Nachteile entstehen. Bedeutsam ist auch § 1004 BGB, der dem Nachbarn einen Anspruch auf Unterlassung von Störungen gewährt. Werden durch Erdwärmeanlagen unerwünschte Wärmeeinträge, Senkung des Grundwassers oder Bodensetzungen auf benachbarte Grundstücke übertragen, kann dies zu Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen führen. Daher ist vor der Errichtung insbesondere bei Grenzbebauung oder gemeinsamer Grundwassernutzung eine umfassende rechtliche Prüfung notwendig. Das Nachbarschaftsrecht kann zudem regional durch Landesnachbarrechtsgesetze ergänzt und erweitert sein.
Welche Haftungsfragen entstehen bei Schäden durch Erdwärmeanlagen?
Haftungsfragen bei Erdwärmeanlagen ergeben sich sowohl aus dem privaten Nachbarrecht als auch aus öffentlich-rechtlichen Vorgaben. Der Betreiber einer Erdwärmeanlage haftet für auf seinem Betrieb beruhende Schäden, beispielsweise für Verunreinigungen des Grundwassers, Erdabsenkungen oder Beeinträchtigungen benachbarter Brunnen. Die Haftung kann verschuldensunabhängig eintreten, insbesondere nach Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG), sofern eine Umweltbeeinträchtigung verursacht wird. Weiterhin können Haftungsansprüche nach § 823 BGB (Schadensersatzpflicht) im Falle unerlaubter Handlungen sowie nach § 22 WHG (Wasserhaushaltsgesetz) bei Gewässerverunreinigungen bestehen. Betreiber sind verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Risikovermeidung und -begrenzung einzuhalten. Eine Betriebshaftpflichtversicherung für Betreiber von Erdwärmeanlagen ist daher dringend zu empfehlen, um sich gegen etwaige Schadensersatzansprüche abzusichern.
Welche Vorschriften gelten hinsichtlich des Grundwasser- und Umweltschutzes?
Für Erdwärmeanlagen gelten strenge Vorgaben zum Schutz des Grundwassers und der Umwelt, maßgeblich geregelt im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie in den entsprechenden Ausführungsgesetzen der Bundesländer. Zentrale Vorgaben betreffen das Verbot der Grundwassergefährdung, das Gebot zur Reinhaltung des Grundwassers (§ 48 WHG) und die Pflicht zur sicheren technischen Planung und Ausführung der Anlage (§ 60 WHG). Darüber hinaus können Naturschutzgesetze greifen, etwa bei Anlagen in Landschaftsschutz- oder Naturschutzgebieten. Immissionsschutzrechtliche Vorschriften aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) können bei größeren Anlagen ebenfalls relevant werden. Betreiber haben Auflagen zur Überwachung und Dokumentation von Bohrarbeiten sowie zur Nachsorge nach Stilllegung der Anlage zu beachten.
Muss für Erdwärmeanlagen eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden?
Ob für eine Erdwärmeanlage eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben ist, hängt von deren Größe, Tiefe und Leistung ab. Laut UVP-Gesetz (Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung – UVPG) unterliegen insbesondere tiefe Geothermieprojekte einer UVP-Pflicht, die in Anhang 1 UVPG geregelt ist. Oberflächennahe Anlagen überschreiten die Schwellenwerte für eine UVP hingegen meist nicht, können aber einer standortbezogenen Vorprüfung unterliegen, falls besondere Schutzbedürftigkeit des Standorts vorliegt (z.B. in Wasserschutzgebieten). Wird eine UVP notwendig, sind umfassende Unterlagen zu den Umweltauswirkungen vorzulegen, das Verfahren ist mit Öffentlichkeitsbeteiligung verbunden und Voraussetzung für die Erteilung wesentlicher Genehmigungen.
Welche Rolle spielen kommunale Satzungen und Bebauungspläne für die Errichtung von Erdwärmeanlagen?
Kommunale Satzungen und Bebauungspläne können erheblichen Einfluss auf die Zulässigkeit und Ausgestaltung von Erdwärmeanlagen haben. Viele Städte und Gemeinden regeln in ihren Bebauungsplänen oder gemeindlichen Satzungen, in welchen Bereichen Erdwärmeanlagen zulässig oder ausgeschlossen sind. Insbesondere im Hinblick auf das Ortsbild, spezielle Nutzungsarten (z.B. reine Wohngebiete) oder städtebauliche Belange können einschränkende Vorschriften bestehen. Ein Verstoß gegen planungsrechtliche Vorgaben kann zur Untersagung des Vorhabens und zur Rückbauverpflichtung führen. Es ist daher zwingend erforderlich, vor Errichtung einer Erdwärmeanlage eine Bauvoranfrage bezüglich etwaiger kommunaler Regelungen zu stellen.
Welche Melde- und Dokumentationspflichten bestehen beim Betrieb von Erdwärmeanlagen?
Beim Betrieb von Erdwärmeanlagen bestehen vielfältige Melde- und Dokumentationspflichten, etwa nach wasser-, bau- und bergrechtlichen Vorschriften. Die Bohrung und Errichtung der Anlage ist in der Regel der zuständigen unteren Wasserbehörde anzuzeigen, wobei genaue technische Angaben zur Bohrung und Ausführung zu übermitteln sind. Nach Erstellung der Anlage kann die Behörde die Vorlage weiterer Nachweise, wie Wassergutachten oder technische Zertifikate, verlangen. Bei tiefer Geothermie sind fortlaufende Betriebsberichte, Monitoringprogramme zur Überwachung von Temperatur und Grundwasserqualität, sowie Abschalt- oder Störfallpläne vorzuhalten. Nach Beendigung des Anlagenbetriebs besteht eine Dokumentationspflicht zur ordnungsgemäßen Stilllegung und fachgerechten Verfüllung der Bohrungen, um spätere Umweltrisiken zu minimieren.