Erdgassteuer

Begriff und Einordnung der Erdgassteuer

Die Erdgassteuer ist die umgangssprachliche Bezeichnung für die Besteuerung von Erdgas als Energieerzeugnis. Sie ist Teil der in der Europäischen Union harmonisierten Verbrauchsteuern auf Energieerzeugnisse und wird in Deutschland als eigener Steuerbestandteil im Energiepreis erhoben. Ziel der Steuer ist es, den Verbrauch von Energie zu erfassen, Lenkungswirkungen zu ermöglichen und staatliche Einnahmen zu erzielen. Der Begriff „Erdgassteuer“ ist keine eigenständige Steuerart neben anderen Energieabgaben, sondern bezeichnet die Besteuerung von Erdgas entsprechend seiner Verwendung, insbesondere zum Heizen oder als Kraftstoff.

Abgrenzung zu anderen Abgaben

Die Erdgassteuer ist vom Aufschlag aus der nationalen CO₂-Bepreisung sowie von Stromabgaben zu unterscheiden. Während die Erdgassteuer an die Menge beziehungsweise den Energiegehalt des eingesetzten Gases anknüpft, bezieht sich die CO₂-Bepreisung auf die verursachten Treibhausgasemissionen. Beide Instrumente bestehen nebeneinander und wirken zugleich preisbildend. Netz- und Umlagebestandteile sind wiederum keine Steuern, sondern entgelt- oder umlagebasierte Abgaben.

Steuergegenstand und Anwendungsbereich

Besteuert wird Erdgas, das im Hoheitsgebiet in den Wirtschaftskreislauf gelangt und dort zu energetischen Zwecken verwendet wird. Maßgeblich ist die tatsächliche Nutzung: als Brennstoff (z. B. für Heizzwecke) oder als Kraftstoff (z. B. komprimiertes oder verflüssigtes Erdgas im Verkehr).

Heiz- und Kraftstoffzwecke

Wird Erdgas zur Erzeugung von Wärme, Dampf oder Prozessenergie eingesetzt, unterliegt es der Besteuerung als Brennstoff. Wird es in Fahrzeugen als Kraftstoff verwendet, gelten kraftstoffspezifische Besteuerungsregeln. Die steuerliche Einordnung richtet sich nach der Zweckbestimmung des Gases beim Endverbrauch.

Nicht erfasste und begünstigte Verwendungen

Keine Steuer fällt auf Verwendungen an, die nicht als energetische Nutzung gelten, etwa bestimmte stoffliche Einsätze. Zudem existieren Begünstigungen für klar umrissene Fälle, beispielsweise für den Einsatz zur Stromerzeugung, in hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder in bestimmten industriellen Prozessen. Konkrete Voraussetzungen, Nachweis- und Antragsmodalitäten sind hierbei einzuhalten.

Entstehung der Steuer und Steuerschuld

Die Steuer entsteht regelmäßig, wenn Erdgas zum Verbrauch freigegeben wird. Dies ist typischerweise der Fall, wenn Gas aus steuerlich gesicherten Verfahren in den allgemeinen Wirtschaftskreislauf übergeht oder an Letztverbraucher geliefert wird.

Steuerschuldner und Beteiligte

Steuerschuldner sind in der Regel die am Energiehandel beteiligten Unternehmen, insbesondere registrierte Lieferanten und Marktteilnehmer, die Gas an Endnutzer abgeben oder in Verkehr bringen. Im grenzüberschreitenden Kontext können Importeure oder Empfänger bei innergemeinschaftlichen Verbringungen steuerschuldnerisch sein.

Ort und Zeitpunkt der Besteuerung

Der steuerrechtlich maßgebliche Ort ist dort, wo das Erdgas dem Verbrauch zugeführt wird. Der Zeitpunkt der Besteuerung richtet sich nach der Freigabe zum Verbrauch beziehungsweise nach den einschlägigen Liefer- und Entnahmevorgängen. Abrechnungs- und Meldezeiträume ergeben sich aus den jeweiligen steuerlichen Pflichten der beteiligten Unternehmen.

Bemessungsgrundlage und Steuersätze

Die Bemessungsgrundlage knüpft an die Menge oder den Energiegehalt des gelieferten Erdgases an. In der Praxis wird der Energiegehalt häufig aus Volumenmessungen mithilfe anerkannter Umrechnungsfaktoren ermittelt.

Unterscheidung nach Verwendungszweck

Die Steuersätze unterscheiden regelmäßig zwischen Heizzwecken und der Nutzung als Kraftstoff. Die konkreten Tarife werden gesetzlich festgelegt und können sich im Zeitverlauf ändern. Anpassungen dienen sowohl fiskalischen als auch energie- und klimapolitischen Zielen und beachten unionsrechtliche Mindestanforderungen.

Entlastungen, Begünstigungen und Befreiungen

Für bestimmte Verwendungen sieht das Rechtssystem Entlastungen vor. Diese sollen Doppelbelastungen vermeiden oder energiepolitische Zielsetzungen berücksichtigen. Eine Entlastung setzt regelmäßig eine eindeutige Zweckbindung des eingesetzten Gases sowie ordnungsgemäße Nachweise voraus.

Stromerzeugung und Kraft-Wärme-Kopplung

Erdgas, das unmittelbar zur Stromerzeugung eingesetzt wird, ist typischerweise besonders behandelt, um eine mehrfache Belastung bei der nachgelagerten Strombesteuerung zu vermeiden. Für hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung bestehen gesonderte Regelungen, die an Effizienz- und Einsatzkriterien anknüpfen.

Industrielle Prozesse und Sektoren

In bestimmten Produktionsprozessen oder in ausgewählten Sektoren können Entlastungen in Betracht kommen, sofern die Nutzung des Erdgases spezifischen, nicht substituierbaren Prozessanforderungen dient. Diese Begünstigungen sind eng umrissen und an strikte Dokumentationspflichten geknüpft.

Nachweis- und Verfahrenserfordernisse

Begünstigungen setzen in der Regel voraus, dass die Zweckbestimmung des Erdgases zweifelsfrei nachgewiesen, getrennt erfasst und abgerechnet wird. Üblich sind Antrags- und Meldeverfahren mit Fristen sowie die Führung geeigneter Aufzeichnungen.

Lieferkette, Messung und Abrechnung

Im liberalisierten Gasmarkt sind verschiedene Marktrollen beteiligt: Netzbetreiber, Lieferanten, Bilanzkreisverantwortliche, Speicher- und Handelsteilnehmer. Steuerlich entscheidend ist, an welcher Stelle das Gas in den Verbrauch überführt wird und wer die Abgabe an den Endnutzer verantwortet.

Messung und Energiegehalt

Die Ermittlung der steuerlich relevanten Mengen erfolgt über geeichte Messstellen. Für die Abrechnung wird das Volumen unter Anwendung von Zustandsgrößen und Brennwerten in eine Energieeinheit umgerechnet. Qualitätssicherungs- und Plausibilitätsprüfungen dienen der Verlässlichkeit der Daten.

Rechnungsstellung an Endverbraucher

Bei Haushalten und nicht registrierten Kleinkunden ist die Erdgassteuer als Bestandteil des Arbeitspreises im Liefervertrag enthalten. Sie wird vom Lieferanten vereinnahmt und im Rahmen seiner steuerlichen Pflichten abgeführt. Auf Rechnungen erscheint sie üblicherweise nicht als gesonderte Position.

Grenzüberschreitende Sachverhalte

Der Handel mit Erdgas über Grenzen hinweg folgt unionsweit koordinierten Verbrauchsteuergrundsätzen. Innerhalb der EU sind Mindestanforderungen an Steuersätze und Bewegungsverfahren vorgegeben. Für Pipelinegas gelten angepasste Dokumentations- und Abwicklungsmechanismen.

Innergemeinschaftliche Verbringungen

Bei Lieferungen innerhalb der EU kommt es auf den Ort der Freigabe zum Verbrauch an. Elektronische Verfahren und Begleitdokumente dienen der Nachverfolgung, bis das Gas in einen steuerpflichtigen Endverbleib gelangt.

Einfuhr aus Drittstaaten

Bei der Einfuhr aus Drittstaaten entsteht die Steuer, wenn das Erdgas in den freien Verkehr übergeht und zum Verbrauch bestimmt ist. Neben zollrechtlichen Prozessen sind die verbrauchsteuerlichen Pflichten zu beachten.

Biomethan und andere Gase

Aufbereitetes Biomethan, das die Eigenschaften von Erdgas erfüllt und in das Gasnetz eingespeist wird, wird verbrauchsteuerlich grundsätzlich nach seiner tatsächlichen energetischen Verwendung behandelt. Gleiches gilt für synthetische Gase, soweit sie als Erdgasäquivalente eingesetzt werden.

Beimischung und Nachverfolgung

Durch die Fungibilität im Gasnetz erfolgt die Zuordnung zu bestimmten Verwendungen häufig über Nachweis- und Massenbilanzsysteme. Diese Dokumentation ist für die steuerliche Einordnung und etwaige Begünstigungen von Bedeutung.

Aufsicht, Pflichten und Sanktionen

Unternehmen, die Erdgas in den steuerpflichtigen Verkehr bringen oder daran beteiligt sind, unterliegen Anmelde-, Anzeige- und Mitwirkungspflichten. Steuererklärungen und Meldungen erfolgen turnusmäßig oder anlassbezogen und stützen sich auf ordnungsgemäße Aufzeichnungen.

Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten

Relevante Daten zu Mengen, Qualitäten, Verwendungszwecken und Empfängern sind nachvollziehbar zu dokumentieren und über vorgegebene Zeiträume aufzubewahren. Prüfbehörden können die Einhaltung kontrollieren.

Sanktionen

Verstöße gegen Steuerpflichten, unzutreffende Deklarationen oder die unberechtigte Inanspruchnahme von Begünstigungen können steuerliche Nachforderungen und Sanktionen nach sich ziehen. Die Konsequenzen richten sich nach Art und Schwere des Verstoßes.

Verhältnis zu Klimaschutzinstrumenten

Die Erdgassteuer steht neben der nationalen CO₂-Bepreisung im Wärme- und Verkehrssektor. Beide Instrumente adressieren unterschiedliche Anknüpfungspunkte und können kumulativ wirken. Anpassungen auf einer Ebene berühren die andere nicht automatisch.

Lenkungswirkungen

Über die Ausgestaltung von Steuersätzen und Entlastungen kann die Verwendung von Erdgas in bestimmte Bahnen gelenkt werden. Gleichzeitig gewährleisten Entlastungstatbestände, dass es nicht zu systemwidrigen Doppelbelastungen kommt.

Historische Entwicklung und Trends

Die heutige Ausgestaltung der Erdgasbesteuerung ist Ergebnis einer schrittweisen Weiterentwicklung der Energieverbrauchsteuern und deren europäischer Koordinierung. Änderungen der Steuersätze, Übergangsregelungen und zeitlich befristete Begünstigungen spiegeln energie- und klimapolitische Prioritäten wider und können sich an technologische Entwicklungen anpassen.

Häufig gestellte Fragen zur Erdgassteuer

Was umfasst der Begriff Erdgassteuer?

Der Begriff bezeichnet die Verbrauchsteuer auf Erdgas als Energieerzeugnis. Sie erfasst die energetische Verwendung von Erdgas, insbesondere als Brennstoff zum Heizen oder als Kraftstoff im Verkehr, und ist ein Bestandteil des Endpreises für Gaslieferungen.

Wer ist Steuerschuldner der Erdgassteuer?

Steuerschuldner sind in der Regel die Unternehmen, die Erdgas zum Verbrauch freigeben oder an Endnutzer liefern. Im internationalen Warenverkehr können je nach Ablauf der Lieferung auch Importeure oder innergemeinschaftliche Empfänger verantwortlich sein.

Wann entsteht die Erdgassteuer?

Die Steuer entsteht, wenn Erdgas aus gesicherten Verfahren in den freien Verkehr übergeht und zum Verbrauch bestimmt ist. Praktisch ist dies meist der Zeitpunkt der Lieferung an Endverbraucher oder der Entnahme aus Netzen beziehungsweise Speichern für einen steuerpflichtigen Zweck.

Wie wird die Bemessungsgrundlage ermittelt?

Maßgeblich ist die Menge beziehungsweise der Energiegehalt des verwendeten Erdgases. Das Volumen wird hierzu anhand von Zustandsgrößen und Brennwerten in eine Energieeinheit umgerechnet. Die Messung erfolgt an geeichten Zählern, die Abrechnung nach anerkannten Verfahren.

Welche Verwendungen sind regelmäßig steuerbegünstigt oder steuerfrei?

Begünstigungen bestehen insbesondere zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen, etwa für Erdgas zur Stromerzeugung, in hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung oder in bestimmten industriellen Prozessen. Die Inanspruchnahme setzt eine eindeutige Zweckbindung und ordnungsgemäße Nachweise voraus.

Wie wirkt sich die Erdgassteuer auf den Gaspreis für Haushalte aus?

Bei Haushalten ist die Erdgassteuer im Arbeitspreis des Liefervertrags enthalten. Sie wird vom Lieferanten abgeführt und erscheint auf Rechnungen üblicherweise nicht als gesonderte Position, wirkt aber als Bestandteil des Gesamtpreises.

Welche Rolle spielt die nationale CO₂-Bepreisung im Verhältnis zur Erdgassteuer?

Die CO₂-Bepreisung existiert neben der Erdgassteuer und bezieht sich auf die Treibhausgasemissionen aus der Nutzung von Erdgas. Beide Instrumente wirken nebeneinander und beeinflussen gemeinsam die Kostenstruktur des Gasverbrauchs.