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Erbeserbe

Begriff und Grundgedanke des Erbeserben

Der Begriff Erbeserbe bezeichnet die Person, die als Erbe einer bereits berufenen Erbin oder eines bereits berufenen Erben die von dieser oder diesem erlangte Erbschaft in der nächsten Stufe wieder erbt. Es handelt sich also um den „Erben des Erben“. Voraussetzung ist, dass die ursprünglich berufene Person den Erbfall der erstverstorbenen Person zumindest kurz überlebt hat, sodass die Erbschaft zunächst auf sie übergehen konnte. Verstirbt diese Person anschließend, fällt ihr gesamtes Vermögen – einschließlich der zuvor erlangten Erbschaft – an ihre eigenen Erben. Diese werden in Bezug auf den zuerst eröffneten Nachlass als Erbeserben bezeichnet.

Der Erbeserbe erlangt seine Rechtsstellung nicht unmittelbar vom ersten Erblasser, sondern mittelbar über die Erbfolge nach der zwischengeschalteten Person. Dies wirkt sich auf Rechte, Pflichten und Nachweisfragen aus und grenzt den Erbeserben von anderen erbrechtlichen Rollen deutlich ab.

Abgrenzung zu ähnlichen Rechtsinstituten

Ersatzerbe

Der Ersatzerbe tritt an die Stelle einer vorgesehenen Erbin oder eines vorgesehenen Erben, wenn diese Person den Erbfall nicht erlebt, die Erbschaft ausschlägt oder aus anderen Gründen nicht Erbin oder Erbe wird. Der Ersatzerbe erbt unmittelbar vom ersten Erblasser. Demgegenüber erhält der Erbeserbe die Erbenstellung erst in der nachfolgenden Stufe über den bereits berufenen Erben.

Vorerbe und Nacherbe

Bei einer angeordneten Vor- und Nacherbschaft fällt der Nachlass zunächst dem Vorerben zu und geht später – mit Eintritt des Nacherbfalls – auf den Nacherben über. Die Erben des Vorerben werden in dieser Konstellation nicht Erben des ursprünglichen Nachlasses; sie werden daher nicht zu Erbeserben des ersten Erblassers. Der Übergang richtet sich ausschließlich nach der angeordneten Nacherbfolge.

Vermächtnisnehmer

Der Vermächtnisnehmer erwirbt keinen Erbenstatus, sondern einen Anspruch auf einen zugewandten Gegenstand oder Betrag. Stirbt ein Vermächtnisnehmer, erwerben seine Erben lediglich den Anspruch, nicht aber eine Erbenstellung in Bezug auf den ursprünglichen Nachlass. Ein Erbeserbe liegt hier nicht vor.

Entstehung und Voraussetzungen

Überleben des Erstberufenen

Erbeserbe wird nur, wer eine Person beerbt, die ihrerseits bereits Erbin oder Erbe des ursprünglichen Erblassers geworden war. Dafür genügt, dass der Erstberufene den Erbfall des ursprünglichen Erblassers überlebt hat; ein längeres Zeitintervall ist nicht erforderlich.

Fälle ohne Erbeserbe

  • Vorversterben: Stirbt die zunächst bedachte Person vor dem ursprünglichen Erblasser, kann sie nicht Erbin oder Erbe werden; es entsteht kein Erbeserbe. Es greifen Ersatzberufung oder gesetzliche Erbfolge.
  • Ausschlagung der Erbschaft: Schlägt die zunächst bedachte Person die Erbschaft aus, wird sie nicht Erbe; auch hier entsteht kein Erbeserbe, sondern die Erbfolge richtet sich nach Ersatzberufung oder Gesetz.
  • Erbunwürdigkeit: Wird die zunächst bedachte Person als erbunwürdig behandelt, gilt sie als nicht berufene Person; ein Erbeserbe entsteht nicht.

Erbengemeinschaft

War die zunächst bedachte Person nur Miterbin oder Miterbe, erbt deren Erbeserbe den entsprechenden Bruchteil innerhalb der Erbengemeinschaft. Er tritt an die Stelle der verstorbenen Miterbin oder des verstorbenen Miterben mit allen entsprechenden Rechten und Pflichten bezogen auf den Anteil.

Rechtsfolgen der Erbeserbschaft

Universalsukzession und Vermögensverschmelzung

Mit dem Tod des Erstberufenen fällt dessen gesamtes Vermögen einheitlich an dessen Erben. Dazu gehören sowohl das Eigenvermögen als auch der zuvor von der ersten Erblasserin oder dem ersten Erblasser stammende Nachlass. Aus rechtlicher Sicht erbt der Erbeserbe damit den zusammengeführten Vermögensbestand, nicht zwei getrennte Vermögen. Das kann bedeuten, dass auf den Erben mehrere Erbfälle nacheinander einwirken.

Haftung für Nachlassverbindlichkeiten

Zum Nachlass gehören auch Verbindlichkeiten. Schulden aus dem ursprünglichen Nachlass wirken über die Stufe des Erstberufenen in dessen Nachlass fort und treffen den Erbeserben in seiner Eigenschaft als Erbe des Erstberufenen. Eine Beschränkung der Haftung auf den Nachlass ist rechtlich vorgesehen und kann durch geregelte Instrumente erreicht werden; ihre Ausgestaltung richtet sich nach den gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Testamentsvollstreckung und Auflagen

Ist für den ursprünglichen Nachlass eine Testamentsvollstreckung angeordnet, bindet deren Wirkung auch den Erbeserben. Der Testamentsvollstrecker verwaltet den Nachlass unabhängig davon, dass er über den Erstberufenen auf den Erbeserben gelangt ist. Ebenso bleiben Auflagen und Teilungsanordnungen wirksam.

Pflichtteilsrechte

Plichtteilsansprüche richten sich gegen die Erbinnen und Erben des jeweiligen Erblassers. Hat der Erstberufene Pflichtteilsansprüche aus dem ersten Erbfall zu erfüllen, gehen diese Verpflichtungen mit seinem Tod auf seine Erben über und treffen den Erbeserben als Teil der Gesamtrechtsnachfolge.

Gegenständliche Zuordnung und Register

Rechte an Grundstücken, Gesellschaftsanteilen oder Forderungen bleiben dem ursprünglichen Nachlass zugeordnet. In Registern – etwa im Grundbuch – wird der Übergang regelmäßig über eine lückenlose Nachweiskette dokumentiert: Zunächst der Übergang auf den Erstberufenen, sodann auf dessen Erben. Die Nachweisanforderungen sind darauf ausgerichtet, beide Stufen der Erbfolge klar zu belegen.

Annahme und Ausschlagung durch den Erbeserben

Eigenständiges Ausschlagungsrecht

Stirbt der Erstberufene, bevor er die Erbschaft aus dem ersten Erbfall angenommen oder ausgeschlagen hat, steht dem Erbeserben ein eigenständiges Recht zu, diese Erbschaft auszuschlagen. Dabei kann die Ausschlagung gesondert für den ursprünglichen Nachlass erklärt werden, ohne zwingend auch den übrigen Nachlass des Erstberufenen auszuschlagen.

Fristen und Kenntniserfordernisse

Für die Ausschlagung gelten gesetzliche Fristen, die grundsätzlich mit der Kenntnis von der Erbenstellung und dem Anfall der Erbschaft beginnen. In bestimmten Konstellationen – etwa bei Auslandsbezug – gelten verlängerte Fristen. Versäumte Fristen können zur Annahme der Erbschaft führen.

Wirkungen einer bereits erfolgten Annahme

Hat der Erstberufene die Erbschaft bereits angenommen – ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten – ist der ursprüngliche Nachlass Teil seines Vermögens geworden. Der Erbeserbe kann dann die Annahme nicht mehr rückgängig machen; ihm steht nur die Ausschlagung der Erbschaft nach dem Erstberufenen als solcher offen.

Verfahrens- und Nachweisfragen

Erbnachweise und Erbschein

Zur Legitimation gegenüber Banken, Versicherungen, Grundbuchamt oder anderen Stellen wird regelmäßig ein Erbnachweis verlangt. Für den Erbeserben kann ein Erbnachweis erforderlich sein, der die Erbfolge über beide Stufen ausweist – also sowohl nach dem Erstberufenen als auch den vorgelagerten Erwerb aus dem ersten Erbfall. Entsprechend ausgestaltete Nachweise dienen der Lückenschließung in der Rechtskette.

Grundbuch und sonstige Register

Bei Grundstücken wird die Rechtsnachfolge in zwei Stufen nachvollzogen. Die Umschreibung kann durch Eintragung der Erbfolge in der Kette erfolgen. Vergleichbare Anforderungen bestehen bei anderen öffentlichen Registern, etwa bei Anteilen an Gesellschaften, wenn diese registerlich erfasst sind.

Nachlassabwicklung in mehreren Stufen

Praktisch bedeutet die Erbeserbschaft oftmals, dass zwei Nachlässe hintereinander abzuwickeln sind. Verfügungen des Erstberufenen über Nachlassgegenstände bleiben maßgeblich; der Erbeserbe tritt in die daraus resultierenden Rechte und Pflichten ein. Schwebende Rechtsverhältnisse, Ansprüche und Lasten werden über die Stufen hinweg fortgeführt.

Steuerliche Einordnung in Grundzügen

Erbschaftsteuerlich liegt für den Erbeserben grundsätzlich ein Erwerb vom Erstberufenen vor. Die Werte des ursprünglichen Nachlasses werden dabei Teil des steuerpflichtigen Erwerbs aus dem zweiten Erbfall. Freibeträge, Steuerklassen und Bewertungsmaßstäbe richten sich nach dem Verhältnis zum Erstberufenen und den allgemeinen steuerlichen Regeln. In zeitlich eng aufeinanderfolgenden Erbfällen können Besonderheiten der steuerlichen Behandlung relevant sein.

Internationale Bezüge

Weist der Sachverhalt Auslandsbezüge auf – etwa durch gewöhnlichen Aufenthalt, Staatsangehörigkeit oder Belegenheit von Vermögensgegenständen im Ausland -, stellen sich zusätzlich Fragen des anwendbaren Rechts und der internationalen Zuständigkeit. Europäische Regelungen und nationale Kollisionsnormen können dazu führen, dass für die einzelnen Erbfälle unterschiedliche Rechtsordnungen oder Gerichte zuständig sind. Die Nachweiskette für Register im In- und Ausland ist entsprechend auszurichten.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Erbeserben

Was bedeutet Erbeserbe in einfachen Worten?

Erbeserbe ist die Person, die denjenigen beerbt, der zuvor selbst Erbin oder Erbe geworden war. Sie erhält den Nachlass des Erstberufenen, zu dem auch der zuvor geerbte Nachlass des ursprünglichen Erblassers gehört.

Wann entsteht die Stellung als Erbeserbe?

Die Stellung entsteht, wenn die zunächst bedachte Person den ersten Erbfall überlebt hat und deshalb Erbin oder Erbe wurde, anschließend aber verstirbt. Die Erbfolge läuft dann in einer zweiten Stufe weiter.

Worin liegt der Unterschied zwischen Erbeserbe und Ersatzerbe?

Der Ersatzerbe erbt unmittelbar vom ursprünglichen Erblasser, weil die zunächst bedachte Person nicht Erbe wird. Der Erbeserbe erbt vom Erstberufenen und damit mittelbar den zuvor erlangten Nachlass.

Kann der Erbeserbe die ursprüngliche Erbschaft ausschlagen?

Ja, sofern der Erstberufene die Erbschaft aus dem ersten Erbfall noch nicht angenommen hatte, steht dem Erbeserben ein eigenes Ausschlagungsrecht in Bezug auf diese Erbschaft zu. Es gelten gesetzliche Fristen ab Kenntnis der maßgeblichen Umstände.

Haftet der Erbeserbe für Schulden aus dem ersten Nachlass?

Verbindlichkeiten aus dem ersten Nachlass wirken über den Erstberufenen in dessen Nachlass fort und treffen den Erbeserben im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge. Eine haftungsbeschränkte Abwicklung ist rechtlich vorgesehen und richtet sich nach den allgemeinen Regeln zur Nachlasshaftung.

Welche Nachweise benötigt ein Erbeserbe gegenüber Banken oder dem Grundbuchamt?

Regelmäßig werden Erbnachweise verlangt, die die Erbfolge über beide Stufen dokumentieren. Das kann durch entsprechende öffentliche Urkunden und Nachweise erfolgen, die die Erbfolge nach dem Erstberufenen und dessen Erwerb aus dem ersten Erbfall lückenlos ausweisen.

Welche Rolle spielt eine Testamentsvollstreckung beim Erbeserben?

Ist Testamentsvollstreckung für den ursprünglichen Nachlass angeordnet, bindet sie auch den Erbeserben. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse des Testamentsvollstreckers bestehen unabhängig von der zwischengeschalteten Erbfolge fort.

Wie wirkt sich eine Erbengemeinschaft auf die Erbeserbschaft aus?

War der Erstberufene Miterbe, tritt der Erbeserbe in dessen Anteil an der Erbengemeinschaft ein. Er übernimmt die Rechte und Pflichten in Bezug auf den Anteil, nicht den gesamten Nachlass.