Legal Lexikon

Entsorgung


Begriffsdefinition und rechtliche Einordnung der Entsorgung

Der Begriff Entsorgung bezeichnet im deutschen Recht die Gesamtheit von Maßnahmen, die darauf abzielen, Abfälle oder sonstige nicht mehr benötigte Stoffe geordnet, umweltverträglich und unter Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen oder zu verwerten. Der Gesetzgeber fasst unter Entsorgung den gesamten Prozess von der Sammlung, dem Transport, der Aufbereitung, der Verwertung bis zur Beseitigung von Abfallstoffen. Die Entsorgung ist vor allem im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie diversen abfall- und umweltrechtlichen Verordnungen geregelt.


Rechtliche Grundlagen der Entsorgung

Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)

Das zentrale Gesetz für die Entsorgung von Abfällen in Deutschland ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Es regelt die abfallrechtlichen Begriffe, die Verantwortlichkeiten der Abfallerzeuger und -besitzer, Anforderungen an die Abfallverwertung und -beseitigung sowie das Überwachungs- und Kontrollsystem.

Grundsatz der Abfallhierarchie

In § 6 KrWG ist die sogenannte Abfallhierarchie festgelegt:

  1. Vermeidung
  2. Vorbereitung zur Wiederverwendung
  3. Recycling
  4. Sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung
  5. Beseitigung

Die Entsorgung folgt somit dem Grundsatz „Verwertung vor Beseitigung”. Vorrang hat immer die Maßnahme, die die geringste Belastung für die Umwelt mit sich bringt.

Definition des Abfalls

Nach § 3 Abs. 1 KrWG sind Abfälle alle beweglichen Sachen, deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Für die rechtliche Entsorgung ist die Einstufung als Abfall maßgeblich, da hiervon zahlreiche Pflichten und Anforderungen ausgehen.

Verantwortlichkeiten und Pflichten

Abfallerzeuger und -besitzer

Die Pflicht zur Entsorgung obliegt grundsätzlich dem Abfallerzeuger (§ 7 Abs. 2 KrWG). Dieser ist verpflichtet, die von ihm verursachten Abfälle ordnungsgemäß und schadlos zu verwerten oder, soweit eine Verwertung nicht möglich ist, zu beseitigen. Im Fall der Übergabe an Dritte sind entsprechende Sorgfaltspflichten einzuhalten und Nachweise zu führen.

Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger

Für bestimmte Abfälle, insbesondere die aus privaten Haushalten stammenden Hausabfälle, besteht eine Überlassungspflicht (§ 17 KrWG) an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (meist Gemeinden oder Landkreise), die für die weitere ordnungsgemäße und umweltgerechte Entsorgung verantwortlich sind.

Überwachung und Nachweispflichten

Nachweisverordnung

Zur Gewährleistung der Rechtmäßigkeit der Entsorgung existieren umfangreiche überwachungsrechtliche Vorschriften. Nach der Nachweisverordnung (NachwV) müssen insbesondere bei gefährlichen Abfällen Nachweis- und Registerpflichten erfüllt werden, die eine lückenlose Dokumentation der Entsorgungswege sicherstellen.

Kontroll- und Überwachungssystem

Zudem sieht das KrWG ein umfangreiches Kontrollsystem vor. Die zuständigen Behörden haben zu überwachen, dass die Entsorgungspflichten sachgerecht eingehalten werden und können Verwaltungsmaßnahmen bis hin zur Anordnung der Rücknahme oder ordnungsgemäßen Entsorgung treffen (§§ 62 ff. KrWG).


Spezielle Vorschriften zur Entsorgung bestimmter Abfälle

Gefährliche Abfälle

Gefährliche Abfälle unterliegen strengeren Anforderungen nach Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV), NachwV und teilweise nach Europarecht. Die ordnungsgemäße Entsorgung erfordert häufig die Beauftragung zertifizierter Entsorgungsfachbetriebe und das Führen eines elektronischen Nachweisverfahrens.

Elektronikschrott und ElektroG

Für Elektro- und Elektronik-Altgeräte gilt das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG). Hersteller sind verpflichtet, Altgeräte zurückzunehmen und einer umweltgerechten Entsorgung zuzuführen. Private Verbraucher können Altgeräte bei kommunalen Sammelstellen abgeben.

Medizinische und infektiöse Abfälle

Durch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) und spezielle Verordnungen sind medizinische Abfälle besonders reglementiert. Sie müssen sicher gesammelt, besonders gekennzeichnet und durch dafür zugelassene Entsorgungswege entsorgt werden.

Entsorgung von Bau- und Abbruchabfällen

Für Bau- und Abbruchabfälle gilt die Ersatzbaustoffverordnung (EBV) und Teile des KrWG sowie des BImSchG. Spezielle Pflichten zu Recycling, Verwertung und Deponierung sind zu beachten. Asbesthaltige und andere gefährliche Stoffe sind getrennt und nach besonderen Vorschriften zu entsorgen.


Entsorgungswege und Entsorgungsnachweise

Verwertung

Verwertung umfasst alle Maßnahmen, bei denen Abfälle im Rahmen eines Verwertungsverfahrens einem nützlichen Zweck zugeführt werden, wie Recycling oder energetische Verwertung. Im Sinne des Ressourcenschutzes ist eine stoffliche Verwertung vorrangig.

Beseitigung

Unter Beseitigung versteht das Gesetz Maßnahmen, die nicht der Verwertung dienen, wie z.B. die Ablagerung auf einer Deponie oder die thermische Behandlung ohne Energienutzung. Die Deponierung ist nach deutschen und europäischen Vorschriften streng reguliert und darf nur erfolgen, wenn eine Verwertung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist.

Nachweispflichten

Die Verpflichtung zur lückenlosen Dokumentation der Abfallentsorgung dient der Rückverfolgung und der Verhinderung illegaler Entsorgung. Jeder Besitzer von gefährlichen Abfällen muss die Entsorgung nachweisen, aufzeichnen und fünf Jahre lang aufbewahren.


Umwelt-, Haftungs- und Ordnungsrechtliche Bedeutung

Umweltschutzrecht und Emissionskontrolle

Die Entsorgung berührt zahlreiche umweltrechtliche Vorgaben. Neben dem KrWG finden das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie das Chemikalienrecht Anwendung, um Umweltbelastungen sowie Gefahren für Menschen, Tiere und Pflanzen zu minimieren.

Haftung bei Pflichtverletzungen

Unterlassene oder unsachgemäße Entsorgung kann zu zivil-, ordnungswidrigkeiten- und strafrechtlichen Konsequenzen führen. Neben Bußgeldern und Ordnungsverfügungen ist eine Rücknahmeverpflichtung, Schadensersatz oder gar Freiheitsstrafe möglich. Das Verursacherprinzip steht im Vordergrund: Wer Abfälle verursacht, ist grundsätzlich verantwortlich für deren ordnungsgemäße Entsorgung.

Ordnungsrechtliche Maßnahmen

Die Behörden verfügen über weitreichende Befugnisse, nicht ordnungsgemäß entsorgte Abfälle sicherzustellen und zu beseitigen, notwendige Anordnungen zu treffen und Ersatzvornahmen auf Kosten des Verpflichteten durchzuführen.


Europarechtliche und internationale Vorgaben

Die deutschen Regelungen zur Entsorgung sind maßgeblich durch EU-Vorgaben geprägt, insbesondere durch die Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG und einschlägige Verordnungen wie die Abfallverbringungsverordnung (EG) Nr. 1013/2006. Über das Basler Übereinkommen bestehen zudem internationale Regelungen über den grenzüberschreitenden Transport gefährlicher Abfälle.


Zusammenfassung

Die Entsorgung von Abfällen ist ein rechtsgebietübergreifendes und hochkomplexes Thema, das in Deutschland durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz und zahlreiche Spezialgesetze detailliert geregelt ist. Verantwortlichkeiten bestehen für Erzeuger, Besitzer und Entsorgungsträger, wobei der Umweltschutz und das Vorsorgeprinzip im Mittelpunkt stehen. Die Einhaltung nachweisbarer und kontrollierter Entsorgungswege ist rechtlich verpflichtend und unterliegt restriktiver Überwachung durch die zuständigen Behörden.


Häufig gestellte Fragen

Wer ist nach deutschem Recht für die Entsorgung von Abfällen verantwortlich?

Die Verantwortung für die Entsorgung von Abfällen ist im deutschen Recht ausführlich geregelt, insbesondere im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Grundsätzlich ist der Abfallerzeuger, also die Person oder das Unternehmen, bei dem der Abfall anfällt, für die ordnungsgemäße und schadlose Entsorgung verantwortlich (§ 7 KrWG). Diese sogenannte „Abfallerzeugerverantwortung” umfasst sowohl die Pflicht zur bestmöglichen Vermeidung als auch zur Verwertung und, falls das nicht möglich ist, zur Beseitigung des Abfalls. In bestimmten Fällen kann die Entsorgungsverantwortung jedoch auf Dritte, z. B. beauftragte Entsorgungsfachbetriebe, übergehen. Dennoch besteht die Kontrollpflicht des ursprünglichen Abfallerzeugers fort – sogenannte Überwachungspflichten gemäß Nachweisverordnung und Dokumentationspflichten bleiben erhalten. Für bestimmte Abfallarten, insbesondere gefährliche Abfälle, gelten weitergehende Nachweis- und Dokumentationspflichten. Im Bereich kommunaler Siedlungsabfälle tragen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, meist die Städte und Gemeinden, die Entsorgungsverantwortung (§ 17 KrWG). Sie organisieren die Sammlung, Beförderung und Entsorgung dieser Abfälle und können dabei auch private Dritte einbinden.

Welche Genehmigungen sind für die gewerbliche Abfallentsorgung erforderlich?

Wer gewerbsmäßig Abfälle sammelt, befördert, behandelt, verwertet oder beseitigt, benötigt in der Regel eine behördliche Erlaubnis nach § 54 KrWG. Für besonders überwachungsbedürftige Tätigkeiten, wie das Entsorgen gefährlicher Abfälle, ist eine gesonderte Genehmigung erforderlich, die an besondere Zuverlässigkeits-, Fach- und Sachkundenachweise gebunden ist. Darüber hinaus müssen Unternehmen, die gefährliche Abfälle transportieren, oftmals eine sogenannte „Speditionsgenehmigung” nach dem Güterkraftverkehrsgesetz vorlegen. Auch die Betreiber von Abfallanlagen (z. B. Recycling- oder Deponieanlagen) benötigen Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) sowie ggf. abfallrechtliche Plangenehmigungen. Zudem gibt es die Möglichkeit, sich als „Entsorgungsfachbetrieb” zertifizieren zu lassen, was neben einer vereinfachten Nachweisführung auch eine Anerkennung von Kompetenz und Zuverlässigkeit darstellt.

Wann gilt ein Abfall als gefährlich und welche besonderen Anforderungen bestehen dann?

Gefährlicher Abfall wird nach der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) anhand eines festgelegten Kriterienkatalogs und unter Bezugnahme auf die Abfallartenliste klassifiziert. Als gefährlich gelten Abfälle insbesondere dann, wenn sie physikalische oder chemische Eigenschaften besitzen, die eine besondere Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen, darunter z. B. Giftigkeit, Explosivität oder Infektionsgefahr. Für die Entsorgung gefährlicher Abfälle gelten strenge Rahmenbedingungen: Sie unterliegen der Nachweisverordnung, wonach jeder Entsorgungsweg dokumentiert und überwacht werden muss. Die Beförderer, Sammler und Entsorger müssen entsprechende Genehmigungen besitzen und die anfallenden Abfälle mittels Begleitscheinen und elektronischer Nachweisführung nachverfolgen. Zudem bestehen Melde- und Aufbewahrungspflichten, sowie spezifische Anforderungen an Verpackung, Kennzeichnung, Transport und Lagerung.

Was sind die rechtlichen Folgen bei einer nicht ordnungsgemäßen Abfallentsorgung?

Das deutsche Abfallrecht sieht bei Verstößen gegen die ordnungsgemäße Entsorgung empfindliche Sanktionen vor. Dies umfasst sowohl Ordnungswidrigkeiten (z. B. illegale Ablagerung, fehlende Nachweise) als auch Straftatbestände (etwa bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Gefährdung der Umwelt). Ordnungswidrigkeiten können mit Bußgeldern bis zu 100.000 Euro, in besonders schweren Fällen sogar darüber hinaus, geahndet werden (§ 69 KrWG). Bei Straftaten ist auch Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren möglich (§ 326 StGB – Unerlaubter Umgang mit Abfällen). Zusätzlich können die zuständigen Behörden Sofortmaßnahmen wie Sicherstellungen, Ersatzvornahmen und Betretungsverbote anordnen. Weiterhin können Verursacher gegebenenfalls zur vollständigen Kostenübernahme der Entsorgung und Beseitigung unrechtmäßig abgelagerter Abfälle verpflichtet werden (sogenannte „Kostenerstattungspflicht”).

Welche Dokumentationspflichten bestehen im Rahmen der Abfallentsorgung?

Die Dokumentationspflichten hängen von der jeweiligen Abfallart und der Tätigkeit im Rahmen der Entsorgungskette ab. Für gefährliche Abfälle ist die lückenlose Dokumentation über das elektronische Nachweisverfahren (eANV) vorgeschrieben (§ 50 KrWG, NachwV). Dies umfasst das Ausstellen von Begleitscheinen für jede Übergabe des Abfalls, Annahmeerklärungen, Entsorgungsnachweise und Registerführung. Für nicht gefährliche Abfälle bestehen ebenfalls Registerpflichten, jedoch in reduziertem Umfang. Hier müssen insbesondere Herkunft, Menge, Art, Verbleib und Entsorgungsweg nachweislich erfasst und mindestens drei Jahre aufbewahrt werden. Unternehmen, die Rücknahmepflichten treffen (z. B. nach Verpackungsgesetz, ElektroG, BattG), haben ergänzende Aufzeichnungs- und Meldepflichten.

Wer trägt die Kosten für eine erforderliche Entsorgung von Abfällen?

Grundsätzlich trägt der Abfallerzeuger die Kosten für die ordnungsgemäße Entsorgung seiner Abfälle, sei es privat oder gewerblich. Im Falle kommunaler Siedlungsabfälle werden die Kosten über Abfallgebühren auf die Nutzer umgelegt (Benutzungsgebühren oder -entgelte, Gebührenbescheide i.S.d. Kommunalabgabengesetze). Bei illegal abgelagerten oder aufgefundenen Abfällen haftet zunächst der Verursacher („Verursacherprinzip”). Ist dieser nicht zu ermitteln, können Grundstückseigentümer, Pächter oder andere Nutzungsberechtigte in Anspruch genommen werden (§ 15 KrWG). Erfolgt die Entsorgung im Rahmen von Rücknahmepflichten (wie Batterien, Elektrogeräte, Verpackungen), sind die jeweils verantwortlichen Hersteller und Vertreiber zur Kostentragung verpflichtet.

Welche besonderen Vorschriften gelten bei der Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten?

Für Elektro- und Elektronikgeräte regelt das Elektrogesetz (ElektroG) besondere Anforderungen an die Entsorgung. Ziel ist insbesondere die getrennte Sammlung, das Recycling und die umweltgerechte Beseitigung gefährlicher Inhaltsstoffe. Hersteller und Importeure müssen sich bei der Stiftung EAR registrieren, Rücknahmesysteme einrichten und die Verwertung quotenmäßig sicherstellen. Verbraucher sind verpflichtet, Altgeräte an spezielle Sammelstellen, z. B. beim Wertstoffhof oder beim Händler, abzugeben; eine Entsorgung über den Hausmüll ist unzulässig. Transport, Behandlung und Verwertung dürfen ausschließlich durch zertifizierte Fachbetriebe erfolgen. Zudem sind strikte Melde- und Berichtspflichten sowie Regeln zur Finanzierung und zum Nachweis der korrekten Entsorgung vorgesehen.