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Entschädigung der Abgeordneten


Definition und Bedeutung der Entschädigung der Abgeordneten

Die Entschädigung der Abgeordneten bezeichnet die finanzielle Vergütung, die Mitglieder gesetzgebender Körperschaften – insbesondere Abgeordnete des Deutschen Bundestages und der Landtage – für die Ausübung ihres Mandats erhalten. Diese Zahlungen stellen keine klassische Vergütung für eine Arbeitsleistung im Sinne eines Arbeitsverhältnisses dar, sondern dienen dem Ausgleich der durch das Mandat bedingten beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile sowie der Sicherstellung der Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit der Abgeordneten.

Rechtliche Grundlagen der Entschädigung der Abgeordneten

Verfassungsrechtliche Regelungen

Die Grundlage für die Entschädigung der Abgeordneten findet sich im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Nach Artikel 48 Absatz 3 Satz 1 GG haben Abgeordnete „Anspruch auf eine angemessene Entschädigung”. Ziel ist es, die freie Mandatsausübung und die unabhängige parlamentarische Arbeit sicherzustellen, indem wirtschaftliche Abhängigkeiten und existenzielle Risiken, die sich aus dem Mandat ergeben, ausgeglichen werden.

Einfachgesetzliche Ausgestaltung

Abgeordnetengesetz (Bundestag)

Für Mitglieder des Deutschen Bundestages regelt das Abgeordnetengesetz (AbgG) die Höhe und Struktur der Entschädigung. Zentrale Bestimmungen sind dabei:

  • § 11 AbgG: Anspruch auf eine monatliche Entschädigung (Abgeordnetenentschädigung).
  • § 12 AbgG: Zusatzleistungen, wie etwa Kostenpauschalen.
  • § 13 AbgG: Ansprüche auf Altersentschädigung und Hinterbliebenenversorgung.
  • §§ 27-28 AbgG: Transparenz- und Veröffentlichungspflichten zu etwaigen Nebeneinkünften.

Auch Landesparlamente haben vergleichbare landesgesetzliche Regelungen zur Entschädigung ihrer Mitglieder erlassen.

Europarechtliche und internationale Aspekte

Mitglieder des Europäischen Parlaments erhalten ebenfalls eine Entschädigung, die durch das „Statut der Mitglieder des Europäischen Parlaments” europaweit weitgehend vereinheitlicht ist. Ziel ist auch hier die Stärkung der Unabhängigkeit.

Struktur und Bestandteile der Entschädigung

Abgeordnetenentschädigung („Diäten”)

Die Kernleistung ist die monatliche Entschädigung, umgangssprachlich oft als „Diäten” bezeichnet. Die Höhe wird regelmäßig angepasst, orientiert sich an der Entwicklung von Reallöhnen und soll finanzielle Unabhängigkeit gewährleisten.

Bemessung

Die Entschädigung wird durch Beschluss des Bundestages festgelegt (§ 11 AbgG). Die Anpassung erfolgt regelmäßig, meist unter Berücksichtigung des Niveaus von anderen öffentlichen Bezügen, beispielsweise Bundesrichtergehälter. Besonderes Gewicht liegt auf transparenten und nachvollziehbaren Anpassungsmechanismen.

Kostenpauschale

Abgeordnete erhalten zusätzlich eine monatliche steuerfreie Kostenpauschale (§ 12 AbgG) zur Deckung mandatsbezogener Ausgaben, wie für Zweitwohnungen, Bürokosten, Fahrten und Kommunikation. Die konkrete Höhe und Verwendungsnachweise sind gesetzlich geregelt.

Altersentschädigung und Hinterbliebenenversorgung

Nach Beendigung des Mandats kann unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Altersentschädigung bestehen (§§ 19-27 AbgG). Die Versorgung berücksichtigt Dauer und Umfang der Parlamentszugehörigkeit und soll die soziale Sicherheit ehemaliger Abgeordneter sicherstellen. Zudem bestehen Regelungen zur Versorgung der Hinterbliebenen.

Sachleistungen und weitere Leistungen

Für bestimmte Tätigkeiten werden Sachleistungen (wie BahnCards, technische Ausstattung) oder Reisekostenerstattung gewährt. Diese sind zweckgebunden und dürfen ausschließlich mandatsbezogen verwendet werden.

Steuerrechtliche Behandlung

Die monatliche Entschädigung unterliegt grundsätzlich der Einkommensteuer. Die Kostenpauschale ist steuerfrei, sofern sie gemäß den gesetzlichen Vorgaben verwendet wird. Altersentschädigungen werden nach dem jeweiligen steuerlichen Status der Empfänger behandelt. Nebeneinkünfte aus anderen Tätigkeiten müssen unter Umständen zusätzlich versteuert werden.

Transparenz- und Veröffentlichungspflichten

Abgeordnete sind verpflichtet, bestimmte Nebeneinkünfte sowie Beteiligungen und Spenden anzuzeigen und zu veröffentlichen (§§ 27-28 AbgG). Diese Transparenzregelungen dienen der Vertrauenssicherung in die Integrität des Parlaments und der Nachvollziehbarkeit möglicher Interessenkonflikte.

Beschränkungen und Unvereinbarkeiten

Die Ausübung des Mandats und der Anspruch auf Entschädigung unterliegen gewissen Beschränkungen: In bestimmten Fällen können öffentliche Amtsträger nicht gleichzeitig dem Bundestag oder Landtag angehören. Zudem wird eine Doppelfinanzierung aus verschiedenen öffentlichen Ämtern verhindert.

Kritik, Rechtsprechung und Reformdebatten

Die Höhe und Anpassung der Entschädigungen ist regelmäßig Gegenstand politischer und gesellschaftlicher Debatten. Streitpunkte sind insbesondere die Selbstfestsetzung der Entschädigung durch die Parlamentsmitglieder sowie deren steuerliche Privilegierung einzelner Pauschalen. Das Bundesverfassungsgericht hat die grundgesetzliche Verpflichtung zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Mandatsausübung wiederholt betont und die Angemessenheit und Transparenz der Regelungen eingefordert.

Internationale Vergleiche

Ein Vergleich mit anderen parlamentarischen Systemen zeigt erhebliche Unterschiede hinsichtlich Höhe, Struktur und Nebeneinkünften der Abgeordnetenentschädigung. Die Systematik der deutschen Entschädigungsregelung verfolgt das Ziel, Unabhängigkeit und Transparenz in besonderer Weise abzusichern.

Zusammenfassung

Die Entschädigung der Abgeordneten stellt einen wesentlichen Baustein der Funktionsfähigkeit eines demokratischen Parlaments dar. Rechtliche Grundlagen und Ausgestaltungen dienen der Wahrung der Unabhängigkeit, der finanziellen Absicherung und der Transparenz der parlamentarischen Arbeit. Kontinuierliche Reformen und eine breite gesellschaftliche Debatte begleiten die Entwicklung der Entschädigungsregelungen und deren praktische Umsetzung.

Häufig gestellte Fragen

Nach welchem rechtlichen Verfahren wird die Entschädigung der Abgeordneten festgelegt?

Die Entschädigung der Abgeordneten wird in Deutschland auf Grundlage des Abgeordnetengesetzes (AbgG) geregelt. Dabei legt das Gesetz fest, dass die Abgeordneten eine finanzielle Entschädigung erhalten, die nicht dem Charakter eines Gehalts entspricht, sondern der Unabhängigkeit des Mandats dient. Die Festsetzung und Anpassung der Bezüge erfolgt durch Gesetzesbeschluss des Bundestages. Für den Deutschen Bundestag richtet sich die Höhe gemäß § 11 AbgG grundsätzlich nach der Besoldung eines Bundesrichters am Bundesgerichtshof (Besoldungsgruppe R 6). Der Bundestag ist verpflichtet, regelmäßig zu prüfen, ob die Entschädigung noch angemessen ist und kann auf Basis von Vorschlägen der Bundesstatistik über die allgemeine Einkommensentwicklung eine Anpassung vornehmen. Jede Änderung muss als Gesetz beschlossen und veröffentlicht werden. Zudem unterliegt das Verfahren dem Transparenzgebot; d.h., alle Entscheidungen sind öffentlich zugänglich und nachvollziehbar.

Gibt es rechtliche Vorgaben zur Höhe der Entschädigung?

Ja, die Höhe der Abgeordnetenentschädigung ist gesetzlich festgelegt und orientiert sich an vergleichbaren öffentlichen Ämtern. Nach § 11 AbgG darf die Entschädigung das Maß der Verantwortung sowie die wirtschaftliche Situation des Landes nicht außer Acht lassen. Sie soll verhindern, dass wirtschaftliche Abhängigkeit entsteht, aber auch nicht übermäßig hoch ausfallen. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, dass die Festsetzung der Entschädigung im Einklang mit dem Prinzip der Mandatsfreiheit und dem Alimentationsprinzip stehen muss. Die Entschädigungsregelung unterliegt zudem dem Gleichbehandlungsgrundsatz und darf keine besonderen Privilegien begründen, die nicht sachlich gerechtfertigt sind. Im internationalen Vergleich und nach Rücksprache mit der Steuerzahlerbelastung wird die Höhe regelmäßig überprüft.

Welche rechtlichen Kontrollmechanismen bestehen bezüglich der Entschädigungen?

Die Kontrolle über die Entschädigungen der Abgeordneten erfolgt zum einen durch die Öffentlichkeit, da alle Regelungen und Anpassungen veröffentlicht werden müssen. Zum anderen ist der Bundestag selbst gesetzlich verpflichtet, Änderungen der Entschädigung im Rahmen eines ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens zu beschließen. Weiterhin kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden, insbesondere wenn Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz bestehen (z.B. bezüglich des Gleichheitsgrundsatzes oder des Prinzips der Unabhängigkeit des Mandats). Darüber hinaus prüft der Bundesrechnungshof die Verwaltung der Entschädigungszahlungen, insbesondere im Bereich der steuerfinanzierten Aufwendungen und Nebenkostenpauschalen.

Wie wird mit Nebenverdiensten von Abgeordneten rechtlich umgegangen?

Im rechtlichen Sinne sind Nebenverdienste von Abgeordneten zulässig, jedoch unterliegen sie strengen Offenlegungspflichten nach dem Abgeordnetengesetz (§ 44a AbgG) sowie nach den Verhaltensregeln des Bundestages. Die Einkünfte aus Nebentätigkeiten müssen in gestaffelten Kategorien veröffentlicht werden, um Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit zu gewährleisten und Interessenkonflikte offenzulegen. Ein Verbot bestimmter Tätigkeiten oder eine Deckelung der Höhe besteht grundsätzlich nicht, es sei denn, die Tätigkeit steht im direkten fachlichen oder geschäftlichen Zusammenhang mit dem Abgeordnetenmandat und könnte dessen Unabhängigkeit beeinträchtigen. Verstöße gegen die Offenlegungspflichten werden gemäß den internen Regelungen des Bundestages sanktioniert.

Unterliegen die Entschädigungen der Abgeordneten der Besteuerung?

Gemäß § 22 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegt die Abgeordnetenentschädigung der vollen Einkommensbesteuerung. Die Entschädigung zählt zu den sonstigen Einkünften und ist bei der Einkommensteuererklärung anzugeben. Steuerrechtlich ist sie nicht privilegiert oder begünstigt. Aufwendungen, die unmittelbar im Zusammenhang mit der Mandatsausführung stehen, können als Werbungskosten geltend gemacht werden. Daneben existieren sogenannte Kostenpauschalen, die für bestimmte Ausgaben vorgesehen sind, und die steuerlich unterschiedlich behandelt werden (teilweise steuerfrei, sofern sie den tatsächlichen Aufwendungen entsprechen und nachweisbar sind).

Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen der Entschädigung von Bundestags- und Landtagsabgeordneten?

Zwar orientiert sich die Entschädigungsregelung für die Abgeordneten der Landesparlamente inhaltlich häufig am Bundesmodell, jedoch bestehen erhebliche Unterschiede, da jedes Bundesland gemäß seiner Landesverfassung und dem jeweiligen Landesabgeordnetengesetz das Entschädigungsrecht autonom regelt. Die Höhe, Zusammensetzung und Anpassungsverfahren der Entschädigungen, wie auch etwaige Sonderregelungen für Altersvorsorge und Nebentätigkeiten, können somit je nach Bundesland unterschiedlich sein. Soweit verfassungsrechtliche Grundsätze, wie Gleichheit, Mandatsfreiheit und Alimentationsprinzip, betroffen sind, ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch auch für Landtage bindend.

Welche Rechtsmittel stehen im Falle einer Streitigkeit über die Entschädigung zur Verfügung?

Im Falle von Streitigkeiten, zum Beispiel über die Rechtmäßigkeit von Entschädigungsregelungen oder deren Anwendung im Einzelfall (z.B. bei Kürzungen aufgrund von Pflichtverletzungen), steht betroffenen Abgeordneten der Weg zu den Verwaltungsgerichten offen. Darüber hinaus besteht bei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung oder bei Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht. Auch interne Ausschüsse des jeweiligen Parlaments, wie der Ältestenrat oder spezielle Disziplinarausschüsse, können im Vorfeld mit der Klärung befasst werden, jedoch ersetzen diese keinen ordentlichen Rechtsweg.