Legal Lexikon

Entschädigung


Begriff und allgemeine Bedeutung der Entschädigung

Der Begriff Entschädigung bezeichnet im rechtlichen Kontext einen Ausgleichsanspruch für einen erlittenen Nachteil, Schaden oder Eingriff in Rechte. Die Entschädigung dient dazu, entstandene materielle oder immaterielle Verluste, die durch das Handeln oder Unterlassen einer anderen Partei verursacht wurden, finanziell oder auf andere Weise auszugleichen. Entschädigungsansprüche treten in zahlreichen Rechtsgebieten auf, insbesondere im Zivilrecht, im öffentlichen Recht sowie im Strafrecht.

Rechtsgrundlagen der Entschädigung

Zivilrechtliche Entschädigung

Im Zivilrecht ist die Entschädigung eng mit dem Schadensersatz verbunden. Während Schadensersatz typischerweise auf die Wiedergutmachung eines konkreten Schadens abzielt, stellt die Entschädigung zumeist auf den finanziellen Ausgleich für Beeinträchtigungen ohne direkten Vermögensschaden ab.

Zu den wichtigsten zivilrechtlichen Regelungen zählen:

  • § 249 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Vorschriften regeln den Schadensersatz, der auch Elemente der Entschädigung umfassen kann.
  • § 253 BGB: Hier wird insbesondere der Ausgleich immaterieller Schäden (Schmerzensgeld) geregelt.
  • Vertragsrechtliche Entschädigungen: Ansprüche auf Entschädigung können sich auch aus Vertragsbeziehungen ergeben, beispielsweise bei vertraglichen Haftungen, Kündigungsentschädigungen oder Vertragsstrafen.

Immaterielle Entschädigung

Immaterielle Entschädigungen, etwa in Form von Schmerzensgeld, existieren bei Beeinträchtigungen, die keinen direkten Vermögensschaden zur Folge haben (z. B. Körperverletzung, Gesundheitsverletzung oder Persönlichkeitsrechtsverletzung).

Materielle Entschädigung

Materielle Entschädigungen gleichen direkt messbare finanzielle Verluste aus, wie zum Beispiel Sachschäden oder entgangene Einnahmen.

Öffentlich-rechtliche Entschädigungen

Im öffentlichen Recht entstehen Entschädigungsansprüche insbesondere im Verhältnis zwischen Bürger und Staat, wenn durch hoheitliches Handeln oder durch gesetzliche Maßnahmen Eingriffe in Eigentum oder andere Rechtspositionen erfolgen.

Wichtige Regelungsbereiche sind:

  • Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 GG: Wird Eigentum im öffentlichen Interesse entzogen, ist eine angemessene Entschädigung gesetzlich vorgeschrieben.
  • Polizeirecht und Gefahrenabwehr: Über das sogenannte „Aufopferungsprinzip” wird Bürgern, die durch rechtmäßiges staatliches Handeln Nachteile erleiden, eine Entschädigung zugesprochen.
  • Staatshaftung: Bei rechtswidrigem hoheitlichen Handeln des Staates bestehen Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche nach allgemeinen Grundsätzen der Staatshaftung.

Entschädigung bei Eingriffen in Eigentumsrechte

Kommt es zu Eingriffen durch Enteignung oder durch Planfeststellungsverfahren (z. B. Bau neuer Infrastruktur), ist die Zahlung einer Entschädigung zum Ausgleich für den Verlust gesetzlich vorgeschrieben. Die Höhe bemisst sich in der Regel am Verkehrswert der entzogenen Sache sowie am Umfang des erlittenen Nachteils.

Entschädigung im Polizeirecht und Katastrophenschutz

Wer durch ordnungsgemäße Maßnahmen der Polizei oder des Katastrophenschutzes einen Nachteil erleidet, erhält eine Entschädigung nach den entsprechenden Vorschriften der Polizeigesetze der Länder bzw. des Bundes.

Entschädigung im Arbeitsrecht

Im Arbeitsrecht sieht das Gesetz diverse Entschädigungsansprüche vor, zum Beispiel:

  • Entschädigung wegen Diskriminierung: Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) steht betroffenen Personen eine Entschädigung zu, wenn sie im Arbeitsleben aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, Religion, Geschlecht oder anderer Merkmale benachteiligt werden (§ 15 AGG).
  • Entschädigung bei Kündigungen: Auch nach einer unwirksamen Kündigung kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung verlangt werden, beispielsweise nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Entschädigung im Strafverfahren

Personen, die durch Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden einen Schaden erleiden (z. B. durch Untersuchungshaft, die später als unbegründet anerkannt wird), können nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) einen gesetzlichen Anspruch auf Entschädigung geltend machen.

Weitere gesetzlich geregelte Entschädigungen

Darüber hinaus bestehen Entschädigungsregelungen in weiteren Rechtsbereichen, etwa:

  • Infektionsschutzgesetz (IfSG): Entschädigung für Verdienstausfall bei behördlich angeordneter Quarantäne.
  • Opferentschädigungsgesetz (OEG): Leistungen für Personen, die Opfer einer vorsätzlichen Gewalttat wurden.
  • Straßenverkehrsgesetz (StVG): Entschädigungsregelungen nach Verkehrsunfällen.

Bemessung und Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen

Grundsätze der Bemessung

Die Höhe der Entschädigung richtet sich je nach Anspruchsgrundlage und Sachverhalt nach dem tatsächlich erlittenen Nachteil. Hierbei kommen sowohl rechtliche Vorgaben (z. B. Verkehrswert bei Enteignung) als auch Billigkeitsentscheidungen und richterliches Ermessen zur Anwendung. Während materielle Schäden möglichst konkret beziffert werden, erfolgt die Bemessung immaterieller Entschädigungen (z. B. Schmerzensgeld) anhand von Richtwerten und aktuellen Entscheidungen der Rechtsprechung.

Verfahren zur Durchsetzung

Entschädigungsansprüche können außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht werden. Im Streitfall entscheidet das zuständige Gericht aufgrund der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen und des jeweiligen Einzelfalls.

Ein Anspruch besteht grundsätzlich nur, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen im Einzelnen erfüllt sind, beispielsweise der Nachweis des Schadens, ein rechtswidriger Eingriff oder ein hoheitliches Handeln als Anspruchsgrundlage.

Abgrenzung zum Schadensersatz

Obwohl Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche häufig in engem Zusammenhang stehen, unterscheiden sie sich in der Zielrichtung. Schadensersatz soll den Zustand vor dem schädigenden Ereignis wiederherstellen (“Naturalrestitution”), während Entschädigung regelmäßig dann eintritt, wenn eine Rückgängigmachung nicht möglich ist oder aufgrund besonderer Rechtsvorschriften ein finanzieller Ausgleich vorgesehen ist.

Relevanz und Bedeutung

Entschädigungsregelungen nehmen im deutschen Recht einen zentralen Stellenwert ein, da sie einen finanziellen oder immateriellen Ausgleich für betroffene Personen oder Unternehmen ermöglichen und dadurch einen Beitrag zum sozialen und rechtlichen Ausgleich leisten. Die Entwicklung gesetzlicher Entschädigungsregelungen spiegelt das Bedürfnis wider, besonders schwere oder staatlich veranlasste Eingriffe mit einem gerechten Ausgleich zu verbinden.

Literatur und weiterführende Links

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG)
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
  • Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG)
  • Informationsportal der Bundesregierung zu Entschädigungsfragen

Hinweis: Die obenstehende Darstellung fasst die wichtigsten Aspekte der Entschädigung im deutschen Recht zusammen und bietet einen Überblick über zentrale rechtliche Rahmenbedingungen, Anspruchsvoraussetzungen und die Praxis der Anspruchsdurchsetzung. In Einzelfällen ist eine vertiefende Auseinandersetzung mit den jeweils einschlägigen gesetzlichen Grundlagen erforderlich.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Anspruchsgrundlagen gibt es für Entschädigungen im deutschen Recht?

Im deutschen Recht ergeben sich Entschädigungsansprüche aus verschiedenen gesetzlichen Regelungen. Hierzu zählen insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das öffentlich-rechtliche Entschädigungsrecht sowie spezielle Gesetze wie das Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG). Im Zivilrecht kann ein Entschädigungsanspruch etwa aus § 253 Abs. 2 BGB („immaterieller Schadenersatz”, etwa bei Körperverletzung oder Persönlichkeitsrechtsverletzung) resultieren. Im öffentlichen Recht bestehen Entschädigungsansprüche beispielsweise bei entschädigungspflichtigen Enteignungen nach Art. 14 Abs. 3 GG. Das IfSG regelt Entschädigungen für Tätigkeitsverbote im Zusammenhang mit meldepflichtigen Krankheiten. Darüber hinaus existiert sogenanntes enteignungsgleiches oder enteignender Eingriff im Staatshaftungsrecht, das eine Entschädigungspflicht bei hoheitlichem Handeln nach sich ziehen kann, das zwar rechtmäßig, aber im Ergebnis über das zumutbare Maß hinausgeht. Die Anspruchsvoraussetzungen sowie die Höhe und Art der Entschädigung sind stets im jeweiligen Spezialgesetz bzw. anhand der Gerichtsentscheidungen zu prüfen.

In welchen Fällen kann ein Entschädigungsanspruch geltend gemacht werden?

Ein Entschädigungsanspruch kann in diversen Konstellationen geltend gemacht werden, insbesondere wenn durch staatliches oder privates Verhalten Rechte oder geschützte Interessen beeinträchtigt werden, ohne dass dies im Rahmen einer „normalen” Schadensersatzhaftung (meist für unerlaubte Handlungen) erfolgt. Typische Fälle sind hoheitliche Eingriffe in das Eigentum – beispielsweise durch Enteignung, sogenannte administrative Maßnahmen (z. B. Behördenauflagen, die einen besonderen Vermögensnachteil verursachen) oder entschädigungspflichtige Inanspruchnahme von Sachen oder Personen im Katastrophenfall nach speziellen Landesgesetzen. Weitere Beispiele sind schuldrechtliche Verträge mit Entschädigungsklauseln sowie arbeitsrechtliche und versicherungsrechtliche Sonderregelungen. Die Rechtsprechung differenziert dabei nach den Voraussetzungen des jeweiligen Entschädigungstatbestands und prüft das Vorliegen der Anspruchsmerkmale, insbesondere die Rechtswidrigkeit bzw. Rechtmäßigkeit des Eingriffs, den kausalen Nachteil und die Erkennbarkeit des Schadenseintritts.

Wie wird die Höhe der Entschädigung ermittelt?

Die Ermittlung der Entschädigungshöhe richtet sich im Regelfall nach dem Wert des entstandenen Schadens beziehungsweise dem Umfang des erlittenen Nachteils. Im Enteignungsrecht wird regelmäßig der volle Wertverlust am Eigentum ersetzt, wobei Verkehrswertgutachten (z. B. im Grundstücksrecht) oder Wertermittlungsverfahren maßgeblich sind. Bei immateriellen Schäden, wie Schmerzengeld, legt das Gericht unter Berücksichtigung der Schwere der Beeinträchtigung, der Dauer des Schadens und der Auswirkungen auf die betroffene Person einen angemessenen Betrag fest (§ 253 BGB). In Fällen von öffentliche-rechtlichen Entschädigungen, etwa bei Betriebsschließungen nach dem IfSG, wird häufig der „nachgewiesene Verdienstausfall” zugrunde gelegt, der durch Einkommensnachweise zu belegen ist. Soweit Gesetze pauschale oder Mindestentschädigungen vorsehen, gelten diese vorrangig. Zudem ist bei komplexen Schadensfolgen häufig eine gutachterliche Bewertung erforderlich.

Welche Fristen gelten für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen?

Die Fristen zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen variieren je nach Anspruchsgrundlage. Im Bereich des Zivilrechts beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre (§ 195 BGB), beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 BGB). Für bestimmte öffentlich-rechtliche Ansprüche bestehen ebenfalls Verjährungs- oder Ausschlussfristen, beispielsweise nach dem IfSG sechs Monate ab Kenntnis von der Maßnahme (§ 56 Abs. 11 IfSG), bei Enteignung gemäß Baugesetzbuch drei Jahre. Wird die Entschädigung nicht fristgerecht geltend gemacht, kann der Anspruch verfallen. Es empfiehlt sich daher, die jeweils einschlägige Gesetzesnorm auf genaue Fristvorgabe zu prüfen.

Wer trägt die Beweislast für anspruchsbegründende Tatsachen bei Entschädigungen?

Grundsätzlich trägt im deutschen Recht der Anspruchsteller die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen, das heißt, er muss im Streitfall darlegen und nachweisen, dass die Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs vorliegen. Dies umfasst regelmäßige den eingetretenen Schaden, den Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Nachteil, und – sofern erforderlich – das ordnungsgemäße Vorliegen der geltend gemachten Rechtsverletzung oder des tatbestandlichen Eingriffs. Gelangt der Anspruch aus einer spezialgesetzlichen Regelung zur Anwendung, richten sich die Anforderungen an die Beweislastumkehr oder Erleichterung nach den jeweiligen Gesetzesvorgaben. In Schadensersatzfällen kommt gegebenenfalls eine Umkehr der Beweislast in Betracht, wenn eine besondere Gefährdungshaftung besteht.

Besteht ein Anspruch auf Verzinsung der Entschädigungsleistung?

Entschädigungsansprüche können grundsätzlich auch die Zahlung von Zinsen umfassen, sofern gesetzliche Regelungen dies vorsehen oder eine entsprechende Säumnis des Schuldners eingetreten ist. Gemäß § 291 BGB fallen Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit der Forderung an, sofern die Entschädigungssumme noch nicht gezahlt wurde. Im Bereich der Enteignung (etwa nach dem Baugesetzbuch) besteht häufig eine ausdrückliche Verzinsungspflicht für die Dauer des Zeitraums zwischen wirksamem Entzug des Eigentums und Auszahlung der Entschädigung (§ 100 BauGB). Für öffentlich-rechtliche Entschädigungen regeln die jeweiligen Spezialgesetze die Verzinsungspflichten. In vielen Fällen bedarf es dabei eines gesonderten Antrags oder geltend gemachten Verzugs. Die Zinshöhe orientiert sich an den gesetzlichen Verzugs- und Basiszinssätzen.