Begriff und rechtliche Einordnung der Entlassung des Arbeitnehmers
Die Entlassung des Arbeitnehmers bezeichnet die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des Arbeitgebers, meist fristlos und aus einem wichtigen Grund. Dieser Begriff findet in unterschiedlichem Kontext sowohl im deutschen als auch im österreichischen Arbeitsrecht Anwendung und ist von anderen Formen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, wie der ordentlichen Kündigung oder dem Aufhebungsvertrag, abzugrenzen.
Im nachfolgenden Artikel werden die rechtlichen Aspekte, Voraussetzungen, Folgen sowie die Abgrenzung und praktische Umsetzung der Entlassung im Arbeitsverhältnis umfassend erläutert.
Abgrenzung zu anderen Beendigungsarten des Arbeitsverhältnisses
Entlassung vs. Kündigung
Eine Entlassung unterscheidet sich von der Kündigung vor allem hinsichtlich der Voraussetzungen und der sofortigen Wirksamkeit. Während eine „Kündigung“ in der Regel unter Einhaltung gesetzlicher oder vertraglicher Kündigungsfristen erfolgt, wird durch die Entlassung das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht.
Entlassung vs. Aufhebungsvertrag
Im Gegensatz zur einseitigen Entlassung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber basiert der Aufhebungsvertrag auf einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Entlassung ist dagegen eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die nicht die Zustimmung des Arbeitnehmers voraussetzt.
Entlassung vs. Eigenkündigung
Eine Entlassung ist stets arbeitgeberseitig motiviert, wohingegen eine Eigenkündigung vom Arbeitnehmer selbst ausgeht.
Voraussetzungen und rechtliche Grundlagen der Entlassung
Gesetzliche Grundlagen in Deutschland
In Deutschland ist der Begriff der Entlassung vor allem im Zusammenhang mit der außerordentlichen, fristlosen Kündigung (§ 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) gebräuchlich. Sie setzt einen wichtigen Grund voraus, der eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht. Die außerordentliche Kündigung (Entlassung) muss innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des wichtigen Grundes erfolgen (§ 626 Abs. 2 BGB).
Typische wichtige Gründe für eine Entlassung können sein:
- Diebstahl oder Unterschlagung
- Tätlichkeiten am Arbeitsplatz
- Schwerwiegende Arbeitsvertragsverletzungen
- Beharrliche Arbeitsverweigerung
Die Entlassung muss grundsätzlich schriftlich erfolgen und dem Arbeitnehmer eindeutig erklärt werden.
Gesetzliche Grundlagen in Österreich
Im österreichischen Arbeitsrecht ist die Entlassung in den §§ 27 ff. Angestelltengesetz (AngG) und §§ 82 Betriebsverfassungsgesetz (ArbVG) geregelt. Auch hier ist die Entlassung die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus einem wichtigen Grund, wobei das Gesetz eine exemplarische Aufzählung möglicher Entlassungsgründe liefert, etwa:
- Vertrauensunwürdigkeit
- Verletzung der Verschwiegenheitspflicht
- Tätlichkeiten im Betrieb
- Arbeitsverweigerung
In der Praxis ist die Entlassung im österreichischen Arbeitsrecht streng zu prüfen und regelmäßig Gegenstand arbeitsgerichtlicher Verfahren.
Verfahren und Ablauf der Entlassung
Durchführung der Entlassung
Die Entlassung muss dem Arbeitnehmer eindeutig und unmissverständlich erklärt werden. Der Zugang beim Arbeitnehmer ist Voraussetzung für die Wirksamkeit. Im Anschluss an die Erklärung endet das Arbeitsverhältnis sofort, eine Beschäftigungspflicht entfällt.
Beteiligung des Betriebsrats
In Betrieben mit Betriebsrat ist dieser vor Ausspruch der Entlassung anzuhören (§ 102 BetrVG), andernfalls ist die Entlassung unwirksam. Der Betriebsrat kann jedoch der Entlassung nicht widersprechen, sondern lediglich Einwände vorbringen.
Mitteilungspflichten
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Entlassung der zuständigen Sozialversicherung (z. B. Krankenkasse) und ggf. der Agentur für Arbeit beziehungsweise dem Arbeitsmarktservice (AMS in Österreich) anzuzeigen.
Entlassungsschutz und Rechtsschutz des Arbeitnehmers
Anfechtung der Entlassung
Ein Arbeitnehmer kann die Entlassung arbeitgeberseitig vor dem zuständigen Arbeitsgericht anfechten, etwa wenn
- kein ausreichender wichtiger Grund vorliegt
- die Zwei-Wochen-Frist (§ 626 Abs. 2 BGB) nicht eingehalten wurde
- der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde
Der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit kann in Deutschland innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Entlassung beim Arbeitsgericht gestellt werden (§ 4 KSchG).
Rechtsfolgen einer unwirksamen Entlassung
Wird die Entlassung für unwirksam erklärt, besteht das Arbeitsverhältnis fort. Dem Arbeitnehmer stehen dann Ansprüche auf Weiterbeschäftigung und Nachzahlung des Entgelts zu.
Folgen und Konsequenzen der Entlassung
Auswirkungen auf Arbeitslosengeld und Sperrzeit
Hat sich der Arbeitnehmer durch vertragswidriges Verhalten selbst einen wichtigen Grund für die Entlassung gegeben, kann dies nach §§ 159 ff. SGB III zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen.
Arbeitszeugnis
Nach einer Entlassung besteht Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis (§ 109 GewO). Die Formulierung muss wohlwollend sein und darf den weiteren beruflichen Werdegang nicht ungerechtfertigt erschweren.
Abfindungsanspruch
Im Falle der fristlosen Entlassung besteht grundsätzlich kein Anspruch auf eine Abfindung, es sei denn, dies wurde einzelvertraglich oder durch einen Sozialplan vereinbart.
Pflichten und Rechte nach der Entlassung
Rückgabe betrieblicher Gegenstände
Mit der Entlassung besteht die Verpflichtung zur Rückgabe sämtlicher firmeneigener Gegenstände, einschließlich Arbeitsmittel, Schlüssel und sensibler Unterlagen.
Wettbewerbsverbot und Verschwiegenheitspflichten
Vertraglich vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbote und Verschwiegenheitspflichten bleiben nach der Entlassung weiterhin bestehen, sofern sie rechtswirksam sind.
Zusammenfassung
Die Entlassung des Arbeitnehmers ist eine besondere Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die nur unter engen Voraussetzungen, insbesondere dem Vorliegen eines wichtigen Grundes, zulässig ist. Sie zeichnet sich durch die sofortige Beendigung und die einseitige Erklärung des Arbeitgebers aus. Die rechtlichen Anforderungen, insbesondere die Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und die Einhaltung formeller Anforderungen, sind streng. Bei nicht ordnungsgemäßer Durchführung bietet das Arbeitsrecht weitgehende Schutz- und Widerspruchsmöglichkeiten für Arbeitnehmer. Die Entlassung hat weitreichende arbeits- und sozialrechtliche Folgen für die Beteiligten und ist immer im Rahmen der geltenden nationalen Vorschriften zu überprüfen.
Häufig gestellte Fragen
Welche Fristen müssen bei einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber eingehalten werden?
Die einzuhaltenden Kündigungsfristen bei einer ordentlichen Kündigung richten sich in Deutschland primär nach § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser regelt, dass das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden kann, sofern im Arbeits- oder Tarifvertrag keine abweichenden Regelungen getroffen sind. Die Kündigungsfrist verlängert sich jedoch mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit: Nach zwei Jahren beträgt sie einen Monat, nach fünf Jahren zwei Monate, nach acht Jahren drei Monate usw., jeweils zum Monatsende. Für Arbeitnehmer gelten diese verlängerten Fristen in der Regel nicht, außer es wurde ausdrücklich vereinbart. Abweichende Regelungen durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen sind möglich und haben Vorrang, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger sind. Während einer Probezeit von maximal sechs Monaten kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Wichtig ist, dass die schriftliche Form nach § 623 BGB zwingend vorgeschrieben ist und das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer rechtzeitig zugehen muss, da erst mit Zugang die Frist zu laufen beginnt.
Muss der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund angeben?
Im deutschen Arbeitsrecht ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet, im Kündigungsschreiben selbst einen Kündigungsgrund anzugeben, es sei denn, es handelt sich um eine Kündigung während der Probezeit, durch Tarifvertrag, spezielle gesetzliche Vorschriften (wie das Mutterschutzgesetz oder das Kündigungsschutzgesetz) oder bei einer Kündigung von Auszubildenden nach dem Berufsbildungsgesetz. Beschäftigt das Unternehmen regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer und besteht das Arbeitsverhältnis mit dem betroffenen Arbeitnehmer länger als sechs Monate, gilt der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). In diesem Fall muss die Kündigung sozial gerechtfertigt sein, das heißt, sie muss auf personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen beruhen. Fordert der Arbeitnehmer nach Ausspruch der Kündigung die Angabe der Kündigungsgründe nach § 626 Abs. 2 BGB (bei außerordentlicher Kündigung), muss der Arbeitgeber den Grund unverzüglich schriftlich mitteilen. Im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses muss der Arbeitgeber dem Arbeitsgericht den Kündigungsgrund darlegen und beweisen.
Welche besonderen Schutzvorschriften gelten bei der Kündigung bestimmter Arbeitnehmergruppen?
Bestimmte Arbeitnehmergruppen genießen in Deutschland einen besonderen Kündigungsschutz. Hierzu zählen unter anderem Schwangere und Mütter im Mutterschutz (§ 17 MuSchG), Betriebsratsmitglieder (§ 15 KSchG), Schwerbehinderte (§ 168 SGB IX), Personen in Elternzeit (§ 18 BEEG), Auszubildende (§ 22 BBiG) sowie Arbeitnehmer in Pflegezeit. Für diese Gruppen gelten strenge gesetzliche Anforderungen: Kündigungen sind entweder nur mit Zustimmung der zuständigen Behörden zulässig oder grundsätzlich unzulässig (wie etwa bei Betriebsräten während ihrer Amtszeit und bis zu einem Jahr danach). Auch bei Schwerbehinderten ist vor Ausspruch einer Kündigung die vorherige Zustimmung des Integrationsamts notwendig. Verstöße gegen diese Vorgaben führen zur Unwirksamkeit der Kündigung, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber dies wusste oder nicht.
Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Kündigung?
Ist ein Betriebsrat im Unternehmen vorhanden, muss dieser gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor jeder Kündigung angehört werden. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unter Darlegung der Gründe rechtzeitig und umfassend zu informieren. Der Betriebsrat kann innerhalb einer Frist von drei Tagen Stellung nehmen (bei außerordentlichen Kündigungen innerhalb von drei Tagen, bei ordentlichen Kündigungen innerhalb einer Woche). Wird der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört oder übergangen, ist die Kündigung allein aus diesem Grund bereits unwirksam. Der Betriebsrat kann der Kündigung zustimmen, sie ablehnen oder sich nicht äußern. Seine Meinung ist jedoch für die Wirksamkeit der Kündigung nicht zwingend maßgeblich; ihm steht lediglich ein Anhörungs-, jedoch kein Vetorecht zu. Eine ausführliche Begründung der Ablehnung kann aber im Streitfall relevant sein.
Welche Abfindungsansprüche bestehen bei einer Entlassung?
Ein gesetzlicher Anspruch auf Zahlung einer Abfindung bei einer Entlassung besteht grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme bildet die betriebsbedingte Kündigung gemäß § 1a KSchG, bei der der Arbeitgeber mit der Kündigung eine Abfindung anbietet, sofern der Arbeitnehmer innerhalb der Frist keine Kündigungsschutzklage erhebt. In der Praxis werden Abfindungen häufig im Rahmen von Aufhebungsverträgen oder gerichtlichen Vergleichen im Zusammenhang mit einer Kündigungsschutzklage vereinbart. Die Höhe der Abfindung richtet sich regelmäßig nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Bruttomonatsgehalt des Arbeitnehmers. Als Faustregel hat sich die sogenannte „Regelabfindung“ etabliert: ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Ein Anspruch auf eine höhere Abfindung kann sich aus Sozialplänen, Tarifverträgen oder Einzelverträgen ergeben.
Was ist eine Kündigungsschutzklage und wie läuft sie ab?
Die Kündigungsschutzklage ist das zentrale rechtliche Mittel, mit dem ein Arbeitnehmer die Wirksamkeit einer Kündigung gerichtlich überprüfen lassen kann. Sie muss gemäß § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Verstreicht diese Frist, gilt die Kündigung von Gesetzes wegen als wirksam. Im Verfahren hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist (sofern das KSchG Anwendung findet). Das Gericht überprüft, ob formelle und materielle Kündigungsvoraussetzungen eingehalten wurden, insbesondere ob die Kündigungsfristen gewahrt, der Betriebsrat ordnungsgemäß beteiligt und besondere Schutzvorschriften eingehalten wurden. In vielen Fällen wird das Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich mit Zahlung einer Abfindung beendet. Das Verfahren ist in erster Instanz für beide Parteien gerichtskostenfrei, aber die eigenen Anwaltskosten müssen auch im Obsiegensfall selbst getragen werden.
Wann ist eine außerordentliche und fristlose Kündigung möglich?
Eine außerordentliche und fristlose Kündigung nach § 626 BGB ist nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem kündigenden Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Wichtige Gründe können grobe Vertragsverletzungen (z. B. Diebstahl am Arbeitsplatz, schwere Beleidigung, beharrliche Arbeitsverweigerung) sein. Die Kündigung muss spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung informieren und, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt, den Kündigungsgrund schriftlich mitteilen. Eine Abmahnung ist je nach Schwere und Umständen des vertragswidrigen Verhaltens nicht immer erforderlich, bei schwerwiegenden Verstößen kann darauf verzichtet werden. Eine außerordentliche Kündigung ist immer eine Einzelfallentscheidung und unterliegt einer strengen gerichtlichen Kontrolle.