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Einziehung im Straßenrecht

Einziehung im Straßenrecht – Begriff und Grundidee

Die Einziehung im Straßenrecht bezeichnet die formelle Aufhebung der öffentlichen Widmung einer Straße oder eines Weges. Mit der Einziehung endet der Gemeingebrauch, also das Recht der Allgemeinheit, die Verkehrsfläche im Rahmen der straßenrechtlichen Zweckbestimmung zu benutzen. Die betroffene Fläche verliert ihren Status als öffentliche Straße und unterliegt fortan den Regeln des Privatrechts. Ziel der Einziehung ist es, Straßen aus dem öffentlichen Verkehrsnetz zu entfernen, wenn sie hierfür nicht mehr benötigt werden oder überwiegende öffentliche Belange dies erfordern.

Abgrenzungen zu verwandten Maßnahmen

Widmung und Entwidmung

Die Widmung legt fest, dass eine Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung steht. Ihre Aufhebung wird häufig als Entwidmung bezeichnet und entspricht der Einziehung. Während die Widmung den Gemeingebrauch begründet, beendet die Einziehung diesen Status.

Teileinziehung

Die Teileinziehung beschränkt den Gemeingebrauch einer Straße auf bestimmte Nutzungsarten oder Nutzergruppen, ohne den öffentlichen Charakter insgesamt aufzuheben. Beispiele sind Beschränkungen für den Fahrzeugverkehr, die Bevorzugung bestimmter Verkehrsmittel oder zeitlich begrenzte Nutzungsbeschränkungen, sofern sie straßenrechtlich verankert sind.

Umstufung

Bei der Umstufung wird die Zugehörigkeit einer Straße zu einer bestimmten Straßenklasse geändert (etwa von einer überörtlichen zu einer örtlichen Straße oder umgekehrt). Die Straße bleibt öffentlich; lediglich die Bedeutung und die Zuständigkeit ändern sich. Eine Einziehung findet dabei nicht statt.

Sperrung und Verkehrsanordnungen

Verkehrsrechtliche Sperrungen oder Beschränkungen regeln die Nutzung einer Straße vorübergehend oder dauerhaft durch Verkehrszeichen und Anordnungen. Sie lassen den statusrechtlichen Charakter als öffentliche Straße unberührt und sind von der Einziehung zu unterscheiden.

Gründe und Zielsetzungen

Wegfall des Verkehrsbedürfnisses

Häufiger Anlass ist, dass eine Straße für den öffentlichen Verkehr nicht mehr erforderlich ist, etwa nach dem Bau einer leistungsfähigen Ersatztrasse oder wegen dauerhaft geringem Verkehrsaufkommen.

Überwiegende öffentliche Belange

Auch Gründe des öffentlichen Wohls können eine Einziehung rechtfertigen, beispielsweise Belange der Verkehrssicherheit, des Umwelt- und Lärmschutzes oder der städtebaulichen Neuordnung.

Planerische Neuordnung und Ersatztrassen

Im Rahmen größerer Infrastrukturmaßnahmen kann die Einziehung Teil eines umfassenden Planungsakts sein. Die Verkehrsfunktion wird dann häufig durch neue oder verlegte Straßen übernommen.

Zuständigkeit und Verfahren

Zuständige Stellen

Zuständig sind die Träger der Straßenbaulast oder die dafür vorgesehenen Behörden. Die Aufsicht liegt bei den jeweiligen Straßenaufsichtsbehörden. Die konkrete Zuständigkeit richtet sich nach der Straßenklasse und der örtlichen Einordnung.

Verfahrensablauf

Vorbereitung und Prüfung

Vor der Entscheidung wird geprüft, ob die Voraussetzungen für die Einziehung vorliegen und welche öffentlichen und privaten Belange berührt sind. Dazu gehören Verkehrsbedeutung, Sicherheit, Erschließung sowie städtebauliche und umweltbezogene Aspekte.

Beteiligung und Bekanntmachung

Betroffene Stellen und Anlieger werden regelmäßig beteiligt. Die beabsichtigte Maßnahme wird öffentlich bekannt gemacht, sodass Einwände vorgetragen werden können. Die Abwägung dieser Belange fließt in die Entscheidung ein.

Entscheidung und Wirksamkeit

Die Einziehung erfolgt durch Verwaltungsakt oder in einem planungsrechtlichen Beschluss. Sie wird in der Regel öffentlich bekannt gemacht und wirkt ab dem darin bestimmten Zeitpunkt. Kartenwerke oder Verzeichnisse werden entsprechend fortgeschrieben.

Rechtsschutzmöglichkeiten

Gegen die Einziehung bestehen die üblichen verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten. Maßgeblich ist, ob eine Person durch die Maßnahme in eigenen schutzwürdigen Rechten betroffen ist. Fristen und Zuständigkeiten richten sich nach dem einschlägigen Verfahrensrecht.

Rechtsfolgen der Einziehung

Wegfall des Gemeingebrauchs

Mit der Wirksamkeit der Einziehung endet das Recht der Allgemeinheit zur Nutzung als öffentliche Straße. Sondernutzungsrechte erlöschen. Verkehrsvorschriften, die an den Status als öffentliche Straße anknüpfen, finden keine Anwendung mehr.

Eigentum, Nutzungsrechte und Grundbuch

Die Einziehung ändert grundsätzlich nichts am zivilrechtlichen Eigentum. Gehört die Fläche dem bisherigen Träger, bleibt sie in dessen Eigentum; bei vorherigem Privateigentum bleibt es dabei. Dienstbarkeiten und sonstige Rechte Dritter bestehen fort, soweit sie unabhängig vom Straßenstatus begründet wurden. Grundbuchliche Anpassungen können erforderlich sein, wenn Eintragungen den öffentlichen Zweck abbildeten.

Unterhaltung, Verkehrssicherung und Haftung

Die straßenrechtliche Unterhaltungspflicht und die damit verbundene hoheitliche Verkehrssicherung enden. Danach trifft den Eigentümer die Verkehrssicherungspflicht nach Zivilrecht entsprechend der tatsächlichen Nutzung und Gefahrenlage.

Auswirkungen auf Anlieger und Dritte

Der anliegerbezogene Gemeingebrauch (insbesondere der straßenrechtliche Zugang zu Grundstücken) entfällt. Ob und in welchem Umfang Zufahrten und Zuwegungen weiter bestehen, richtet sich nach zivilrechtlichen Ansprüchen, öffentlich-rechtlichen Erschließungsbindungen oder gesonderten Nutzungsrechten. Sondernutzungsbewilligungen und straßenbezogene Erlaubnisse erlöschen mit dem Ende des Gemeingebrauchs.

Kosten und Rückbau

Nach der Einziehung können Rückbau-, Sicherungs- oder Umgestaltungsmaßnahmen anfallen, etwa zur Herstellung eines anderen Nutzungszustands. Die Kostentragung richtet sich nach der Zuständigkeit und den getroffenen Entscheidungen. Eine Verwertung oder anderweitige Nutzung der Fläche ist privatrechtlich möglich, soweit keine öffentlich-rechtlichen Bindungen entgegenstehen.

Besondere Konstellationen

Teileinziehungen in sensiblen Bereichen

In Bereichen mit besonderen Schutz- oder Funktionsanforderungen kann der Gemeingebrauch beschränkt werden, ohne den öffentlichen Charakter vollständig aufzugeben. Dies geschieht über eine Teileinziehung mit klar umrissener Zweckbestimmung.

Feld- und Waldwege

Für Wege in der freien Landschaft gelten häufig besondere Regelungen zur Benutzung. Eine Einziehung kann den bisherigen Zugang für die Allgemeinheit beenden oder beschränken; Nutzungsrechte der Bewirtschaftenden und bestehende Dienstbarkeiten bleiben gesondert zu betrachten.

Privatstraßen und private Wege

Privatstraßen ohne öffentliche Widmung unterliegen nicht der Einziehung. Ihre Nutzung richtet sich nach privatrechtlicher Gestattung oder Beschränkung. Wurde eine Privatfläche jedoch öffentlich gewidmet, ist ihre Rückführung in den privaten Status grundsätzlich nur über die Einziehung möglich.

Wechselwirkungen mit Planungs- und Naturschutzrecht

Einziehungen können Teil städtebaulicher Konzepte, Maßnahmen des Flächenmanagements oder naturschutzrechtlicher Zielsetzungen sein. In solchen Fällen werden die straßenrechtlichen Entscheidungen mit planungs- und umweltbezogenen Belangen abgestimmt und in ein Gesamtverfahren integriert.

Entschädigung und Ausgleich

Grundsätze

Die Einziehung hebt den öffentlichen Verkehrszweck auf, ohne zwangsläufig Vermögenspositionen zu entziehen. Ein allgemeiner Ausgleichsanspruch besteht daher nicht. Ob Ansprüche in Betracht kommen, hängt von der Intensität der Betroffenheit und von bestehenden Rechten ab.

Typische Fallgruppen

Anspruchsrelevante Konstellationen kommen vor allem bei erheblichen Beeinträchtigungen der gesicherten Erschließung oder bei Eingriffen in dinglich gesicherte Rechte in Betracht. Maßgeblich ist die Frage, ob eine unzumutbare Belastung entsteht, die einen Ausgleich erfordert.

Alternativen zur Sicherung der Erreichbarkeit

Ist die verkehrliche Erschließung betroffen, können sich Lösungen aus zivilrechtlichen Wegerechten, öffentlich-rechtlichen Erschließungsbindungen oder aus planungsrechtlichen Festsetzungen ergeben. Welche Option im Einzelfall einschlägig ist, hängt von der örtlichen Rechts- und Tatsachenlage ab.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet die Einziehung einer Straße?

Die Einziehung ist die formelle Aufhebung der öffentlichen Widmung. Dadurch endet der Gemeingebrauch, und die Fläche ist keine öffentliche Straße mehr. Die Nutzung richtet sich anschließend nach privatrechtlichen Regeln und bestehenden Rechten.

Worin unterscheidet sich die Einziehung von Teileinziehung und Umstufung?

Die Einziehung beendet den öffentlichen Straßenstatus vollständig. Die Teileinziehung beschränkt den Gemeingebrauch auf bestimmte Nutzungen, lässt den öffentlichen Charakter aber bestehen. Die Umstufung ändert nur die Straßenklasse und die Zuständigkeit, nicht den öffentlichen Status.

Wer entscheidet über die Einziehung und wie läuft das ab?

Entscheidungszuständig sind die jeweils für die Straße verantwortlichen Stellen. Das Verfahren umfasst eine Prüfung der Voraussetzungen, die Beteiligung Betroffener, die öffentliche Bekanntmachung und eine Entscheidung, die ab dem festgelegten Zeitpunkt wirksam wird.

Welche Folgen hat die Einziehung für Anliegerinnen und Anlieger?

Der anliegerbezogene Gemeingebrauch entfällt. Zufahrten und Zugänge richten sich fortan nach zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Erschließungsregelungen. Straßenbezogene Erlaubnisse und Sondernutzungen erlöschen.

Bleibt die Erreichbarkeit eines Grundstücks nach der Einziehung gesichert?

Die Sicherung der Erreichbarkeit hängt von bestehenden Rechten, Planungen und Erschließungsbindungen ab. In Betracht kommen zivilrechtliche Wegerechte, öffentlich-rechtliche Festsetzungen oder alternative Erschließungen.

Gibt es Entschädigung bei einer Einziehung?

Ein genereller Entschädigungsanspruch besteht nicht. Ein Ausgleich kann in Betracht kommen, wenn geschützte Positionen in unzumutbarer Weise betroffen sind oder besondere Rechte beeinträchtigt werden.

Ab wann wirkt eine Einziehung und wie wird sie bekannt gemacht?

Die Wirksamkeit tritt zu dem im Beschluss genannten Zeitpunkt ein. Die Entscheidung wird öffentlich bekannt gemacht; Verzeichnisse und Karten werden entsprechend angepasst.