Legal Lexikon

Einzelausgebot


Begriff und Definition des Einzelausgebots

Das Einzelausgebot ist ein zentraler Begriff im Vergaberecht sowie im Bauvertragsrecht und bezeichnet die gesonderte, eigenständige Ausschreibung einzelner Teilleistungen oder Gewerke im Rahmen eines umfassenden Projekts, insbesondere bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Im Gegensatz zum Gesamt- oder Losausgebot werden bei der Vergabe durch Einzelausgebote einzelne Leistungspositionen, Gewerke oder Fachlose separat ausgeschrieben und vergeben. Diese Vorgehensweise ermöglicht eine detaillierte, trennscharfe Abgrenzung der jeweiligen Aufgaben und wird häufig im Bauwesen, bei Dienstleistungs- sowie Lieferaufträgen angewendet.

Rechtliche Grundlagen des Einzelausgebots

Einzelausgebot im Vergaberecht

Das Vergaberecht in Deutschland, maßgeblich geprägt durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Vergabeverordnung (VgV) sowie die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), kennt das Einzelausgebot als Instrument zur Förderung des Wettbewerbs und zur effizienten Mittelverwendung bei öffentlichen Auftraggebern. Die Vorschriften über die Bildung von Losen gemäß § 97 Abs. 4 GWB fordern, dass Leistungen grundsätzlich in Teil- oder Fachlosen zu vergeben sind, wenn dies wirtschaftlich sinnvoll ist.

Das Einzelausgebot dient hierbei insbesondere der Losaufteilung und der Möglichkeit, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu erleichtern. Die gesonderte Ausschreibung erfolgt auf der Ebene der jeweiligen Leistungspositionen, wodurch der Auftraggeber die Übersicht und Steuerungsmöglichkeiten über die Vergabe einzelner Bestandteile eines Gesamtprojekts erhöht.

Einzelausgebot im Bauvertragsrecht

Nach den Regelungen der VOB/A ist das Einzelausgebot die übliche Form, Bauleistungen zu beschreiben und auszuschreiben. In einer Leistungsbeschreibung mit Einzelausgeboten werden die einzelnen Teilleistungen detailliert aufgelistet und unabhängig voneinander bewertet und vergeben. Die Vergabe von Einzelausgeboten stellt sicher, dass die bauausführenden Unternehmen nur für die jeweils ausgeschriebenen Positionen haften.

Das Einzelausgebot unterscheidet sich grundlegend von globalen Loseinheiten, in denen mehrere Leistungen gebündelt vergeben werden (Global- oder Gesamtvergabe). Die Leistungsbeschreibung nach Einzelausgeboten erfolgt dabei in der Regel nach Positionen mit Mengeneinheiten und spezifischen Leistungsanforderungen, sodass eine differenzierte Kalkulation und Angebotsabgabe möglich ist.

Einzelausgebot und Kartellrecht

Die getrennte Vergabe von Einzelausgeboten hat durchaus auch eine wettbewerbsrechtliche Relevanz. Durch die möglichst kleinteilige Vergabe soll der Bildung von Angebotskartellen vorgebeugt werden, indem die Auftragsvergabe auf mehrere Bieter verteilt wird. Ebenso können dadurch Manipulationen bei der Vergabe verhindert und die Chancengleichheit erhöht werden.

Praxis der Einzelausgebotsvergabe

Ablauf der Ausschreibung mit Einzelausgeboten

Im Rahmen eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens erstellt der Auftraggeber eine detaillierte Leistungsbeschreibung, in der die zu erbringenden Leistungen einzeln aufgeführt werden. Unternehmen können daraufhin Angebote für einzelne ausgeschriebene Positionen (Einzelausgebote) oder für mehrere Positionen abgeben. Die Zuschlagserteilung erfolgt getrennt nach den jeweiligen Einzelausgeboten und basiert auf der Bewertung der jeweiligen Wirtschaftlichkeit nach den geltenden Zuschlagskriterien.

Vorteile und Nachteile des Einzelausgebots

Vorteile:

  • Erhöhung des Wettbewerbs, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen
  • Möglichkeit der gezielten Vergabe von Spezialgewerken
  • Höhere Transparenz und Kontrolle über die einzelnen zu erbringenden Leistungen
  • Reduzierung von Abhängigkeiten zu Generalunternehmern
  • Erleichterte Nachprüfbarkeit im Rahmen von Vergabekontrollverfahren

Nachteile:

  • Koordinationsaufwand für den Auftraggeber bei gleichzeitiger Vergabe mehrerer Einzelausgebote
  • Gefahr von Schnittstellenproblemen zwischen verschiedenen Auftragnehmern
  • Erhöhter administrativer Aufwand für die Ausschreibung, Prüfung und Vergabe mehrerer Aufträge

Abgrenzung zu anderen Vergabeformen

Das Einzelausgebot ist vom Gesamtausgebot oder der Generalunternehmervergabe klar zu trennen. Während das Einzelausgebot die Ausführung einzelner Leistungen an verschiedene Unternehmer ermöglicht, bietet das Gesamt- oder Generalunternehmermodell dem Auftraggeber einen zentralen Vertragspartner. Im Einzelfall ist im Vergabeverfahren zu prüfen, ob aus Gründen der Wirtschaftlichkeit oder Zweckmäßigkeit eine Aufteilung in Einzelausgebote oder eine Gesamtvergabe vorzugswürdig ist.

Einzelausgebot in der Rechtsprechung

Die Vergabekammern und Gerichte betonen regelmäßig die Verpflichtung öffentlicher Auftraggeber zur losweisen Vergabe und damit zur Durchführung von Einzelausgeboten, sofern keine wirtschaftlichen oder technischen Gründe entgegenstehen. Ausnahmen hiervon müssen im Vergabeverfahren hinreichend dokumentiert und begründet werden. Eine unzulässige Zusammenfassung mehrerer Lose oder eine zu weitgehende Bündelung von Leistungen kann zu erfolgreichen Nachprüfungsanträgen im Vergaberecht führen.

Zusammenfassung

Das Einzelausgebot ist ein bedeutsames Instrument des deutschen Vergabe- und Bauvertragsrechts. Es gewährleistet die transparente, zielgerichtete und wettbewerbsfördernde Vergabe von einzelnen Leistungspositionen bei öffentlichen und privaten Aufträgen. Die präzise Trennung einzelner Leistungen schafft rechtliche Klarheit für die beteiligten Parteien, erhöht die Flexibilität bei der Auftragserteilung und trägt dazu bei, den Wettbewerb zu stärken. Die rechtlichen Anforderungen an die Bildung und Ausschreibung von Einzelausgeboten sind umfangreich und dienen sowohl der effektiven Rechtskontrolle als auch der praktischen Umsetzung eines fairen und effizienten Vergabeverfahrens.

Häufig gestellte Fragen

Wann ist ein Einzelausgebot aus rechtlicher Sicht zulässig?

Ein Einzelausgebot ist rechtlich zulässig, wenn es den Anforderungen des Vergaberechts entspricht, insbesondere gemäß § 97 ff. GWB sowie der Vergabeverordnungen (VgV, VOB/A, SektVO). Die Entscheidung, ob Einzel- oder Fachlose gebildet werden, liegt grundsätzlich im Ermessen des Auftraggebers. Allerdings verpflichtet das Vergaberecht den öffentlichen Auftraggeber, Leistungen grundsätzlich in Lose zu unterteilen, um die Beteiligung von mittelständischen Unternehmen zu fördern (§ 97 Abs. 4 GWB). Ein Einzelausgebot – also die Vergabe des gesamten Auftrags als einziges Los – ist zulässig, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies rechtfertigen. Der Auftraggeber muss diese Gründe dokumentieren und im Vergabevermerk festhalten. Fehlt eine ausreichende Begründung, droht eine vergaberechtliche Rüge und gegebenenfalls ein Nachprüfungsverfahren.

Welche rechtlichen Pflichten treffen den Auftraggeber bei einem Einzelausgebot?

Die wichtigste Pflicht besteht in der sorgfältigen Dokumentation und Begründung, warum vom Grundsatz der Losvergabe abgewichen wird. Gemäß § 22 VgV muss die Entscheidung, ein Einzelausgebot vorzusehen, nachvollziehbar und prüffähig dokumentiert werden. Der Auftraggeber ist verpflichtet, mittelstandsfreundliche Strukturen zu schaffen und so weit wie möglich eine losweise Vergabe vorzusehen. Ein Verstoß gegen die Losaufteilungspflicht kann als schwerer Vergabefehler gewertet werden. Zudem muss der Auftraggeber sicherstellen, dass durch die Gestaltung des Einzelausgebots keine unzulässige Diskriminierung kleinerer Bieter erfolgt.

Welche Risiken bestehen für öffentliche Auftraggeber bei der Wahl eines Einzelausgebots?

Die Missachtung der losweisen Vergabe kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wird der Auftrag in Form eines Einzelausgebots vergeben, ohne dass dafür hinreichende wirtschaftliche oder technische Gründe dokumentiert wurden, besteht die Gefahr, dass benachteiligte Unternehmen eine Rüge einlegen oder ein Nachprüfungsverfahren anstrengen. Hierbei könnte die Vergabekammer feststellen, dass die Vergabe vergaberechtswidrig erfolgt ist, was zur Aufhebung des Vergabeverfahrens führen kann. Auch Schadensersatzansprüche von Unternehmen, die keinen Zuschlag erhalten haben, sind im Einzelfall nicht ausgeschlossen.

Wie muss die Begründung für ein Einzelausgebot rechtlich ausgestaltet sein?

Die Begründung muss den konkreten Umständen des jeweiligen Beschaffungsvorhabens gerecht werden. Pauschale Verweise auf vermeintliche Wirtschaftlichkeitsvorteile oder vereinfachte Abwicklung genügen nicht den rechtlichen Anforderungen. Der Auftraggeber muss konkret darlegen, warum eine losweise Vergabe – etwa aus Gründen der Gewährleistungsschnittstellen, Technikkohärenz oder Wirtschaftlichkeit – im Einzelfall nicht sinnvoll oder zielführend ist. Die Dokumentation muss dabei so ausgestaltet sein, dass sie einer Überprüfung durch die Vergabekammer oder Gerichte Stand hält; sie ist Teil der Vergabeakte und im Streitfall maßgebliche Entscheidungsgrundlage.

Ist ein Einzelausgebot bei Bauleistungen rechtlich problematisch?

Gerade bei Bauleistungen ist das Losprinzip besonders zu beachten (§ 5 Abs. 2 VOB/A). Die VOB/A fordert ausdrücklich die Aufteilung nach Teilleistungen und Fachlosen, soweit dies wirtschaftlich und technisch möglich ist. Ein Einzelausgebot ist nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig. Öffentliche Auftraggeber müssen genau prüfen und dokumentieren, weshalb eine losweise Vergabe beispielsweise zu unzumutbaren Koordinierungspflichten oder unverhältnismäßigen Kosten führen würde. Andernfalls droht ein Verstoß gegen das Gebot der mittelstandsfreundlichen Vergabe und damit die Rechtswidrigkeit der Vergabe.

Können Bieter gegen die Einzelausgebotsentscheidung rechtlich vorgehen?

Ja, Bieter können gegen die Entscheidung, ein Einzelausgebot statt einer losweisen Ausschreibung vorzusehen, vorgehen. Sie haben das Recht, im Vergabeverfahren eine Rüge zu erheben (§ 160 Abs. 3 GWB). Bleibt die Rüge erfolglos, kann ein Nachprüfungsantrag bei der zuständigen Vergabekammer gestellt werden. Das Gremium prüft, ob die Vergabeentscheidung den rechtlichen Anforderungen, insbesondere dem Gebot der losweisen Vergabe, genügt hat. Wird ein Verstoß festgestellt, kann die Vergabe aufgehoben oder angepasst werden.

Gibt es Ausnahmen, in denen Einzelausgebote zwingend vorgeschrieben sind?

Eine zwingende gesetzliche Vorschrift für Einzelausgebote existiert im Vergaberecht nicht. Vielmehr ist das Loskonzept der Regelfall, von dem abgewichen werden kann, wenn dies sachlich und nachvollziehbar begründet wird. Einzelausgebote sind insbesondere dann zulässig, wenn die zu vergebende Leistung technisch unteilbar oder eine einheitliche Koordination für einen funktionalen Gesamtauftrag zwingend erforderlich ist. In solchen Fällen muss die Dokumentation deutlich machen, dass und warum ein Einzelausgebot sachlich geboten ist; eine generelle Ausnahme sieht das Recht jedoch nicht vor.