Einheitsgesellschaft: Begriff, Aufbau und Grundstruktur
Die Einheitsgesellschaft beschreibt eine besondere Ausprägung der GmbH & Co. KG, bei der die Kommanditgesellschaft (KG) sämtliche Anteile an ihrer Komplementär-GmbH hält. Die GmbH ist persönlich haftende Gesellschafterin der KG, führt deren Geschäfte und haftet unbeschränkt – allerdings nur mit ihrem eigenen Vermögen. Da die KG zugleich alleinige Gesellschafterin der GmbH ist, entsteht eine rechtlich zulässige, aber strukturell anspruchsvolle Einheit auf zwei Ebenen. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist dafür die Bezeichnung Einheits-GmbH & Co. KG gebräuchlich.
Die Besonderheit liegt in der zirkulären Beteiligung: Die KG kontrolliert als Alleingesellschafterin die GmbH, während die GmbH die KG als Komplementärin leitet. Diese Verflechtung prägt die Willensbildung, die Vertretung, die Haftungszuordnung sowie Bilanz- und Registerpflichten.
Rechtliche Einordnung und Abgrenzung
Rechtlich handelt es sich um zwei eigenständige Gesellschaften mit jeweils eigener Rechtspersönlichkeit (GmbH) bzw. teilrechtsfähiger Struktur (KG). Im Unterschied zur klassischen GmbH & Co. KG sind hier die Kommanditisten nicht (oder nicht zwingend) Gesellschafter der Komplementär-GmbH; diese Rolle übernimmt die KG selbst. Damit wird die Leitungsmacht auf der Ebene der KG gebündelt.
Im Verhältnis zu konzernrechtlichen Strukturen weist die Einheitsgesellschaft Besonderheiten auf: Die KG kontrolliert die GmbH über die Gesellschafterstellung; gleichzeitig führt die GmbH die KG. Es handelt sich nicht um ein abhängiges Tochterunternehmen im Sinne eines hierarchischen Konzernverhältnisses im üblichen Verständnis, da die wechselseitige Verknüpfung den klassischen Unterordnungsfall durchbricht. Gleichwohl gelten allgemeine Grundsätze zur Leitung, Kontrolle, Sorgfalt und zum Schutz von Gläubigern und Anteilseignern.
Organe, Willensbildung und interne Zuständigkeiten
Organstruktur auf zwei Ebenen
- Kommanditgesellschaft (KG): persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) ist die GmbH; daneben bestehen Kommanditisten als beschränkt haftende Gesellschafter.
- GmbH: Organe sind Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung; Alleingesellschafterin ist die KG.
Die Geschäftsführung der KG liegt bei der Komplementär-GmbH, vertreten durch deren Geschäftsführer. Die Gesellschafterrechte in der GmbH übt die KG aus, die ihrerseits durch die Komplementär-GmbH vertreten wird. Diese Konstellation erfordert klare Regelungen, um Zirkularität und Interessenkonflikte beherrschbar zu machen.
Willensbildung zwischen KG und GmbH
Ausübung der Gesellschafterrechte der KG in der GmbH
Da die KG Alleingesellschafterin der GmbH ist, nimmt sie deren Gesellschafterrechte (etwa Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer, Beschlussfassung über wesentliche Maßnahmen) wahr. Praktisch wird hierfür festgelegt, wer die KG in der GmbH-Gesellschafterversammlung vertritt und wer Weisungen erteilen darf.
Weisungs- und Zustimmungsrechte
In Gesellschafts- und Beteiligungsverträgen sind häufig Zustimmungs- und Weisungsrechte der Kommanditisten oder eines Beirats vorgesehen. So lässt sich sicherstellen, dass die von der GmbH gesteuerte Geschäftsführung der KG mit den Interessen der KG und ihrer Gesellschafter übereinstimmt. Die Ausgestaltung reicht von einfachen Zustimmungskatalogen bis hin zu umfassenden Instruktionsrechten.
Vermeidung zirkulärer Vertretung
Die rechtliche Zirkularität (GmbH führt die KG; KG kontrolliert die GmbH) kann bei Beschlussfassungen und Vertragsabschlüssen zu Doppelvertretungen und Interessenkollisionen führen. Dem wird durch klare Vertretungsregeln, interne Zustimmungsprozesse und ggf. personelle Trennung begegnet, um die Wirksamkeit von Erklärungen und die Beachtung von Verboten in Selbstkonstellationen sicherzustellen.
Vertretung, Interessenkonflikte und Transaktionen
Doppelvertretung und Selbstgeschäfte
Schließt die GmbH als Komplementärin der KG Verträge mit der GmbH in ihrer Eigenschaft als eigene Gesellschaft, entsteht eine Selbstkonstellation. Für derartige Vorgänge gelten gesteigerte Anforderungen an Vertretung, Zustimmung und Dokumentation. Ohne ordnungsgemäße interne Autorisierung können Rechtsgeschäfte anfechtbar sein oder die Verantwortlichkeit der Handelnden auslösen.
Transparenz und Kontrolle
Transaktionen zwischen KG und GmbH (z. B. Darlehen, Nutzungsüberlassungen, Dienstleistungen) unterliegen dem Gebot ordnungsgemäßer Geschäftsführung. Üblich ist eine Ausrichtung an marktüblichen Bedingungen, um verdeckte Ausschüttungen, Kapitalgefährdungen oder Benachteiligungen einzelner Beteiligter zu vermeiden. Protokollierte Beschlüsse und klare Kompetenzordnungen dienen der Nachprüfbarkeit.
Haftungssystem und Vermögensschutz
In der Einheitsgesellschaft haftet die Komplementär-GmbH der KG unbeschränkt, jedoch nur mit ihrem eigenen Vermögen. Die Kommanditisten haften grundsätzlich beschränkt bis zur vereinbarten Haftsumme. Durch die Einheitsstruktur ist die KG wirtschaftlich an die Vermögenslage der GmbH gebunden, da sie deren Alleingesellschafterin ist. Gleichwohl bleiben die Vermögenssphären rechtlich getrennt.
Kapitalerhaltungs- und Ausschüttungsregeln sind auf der Ebene der GmbH strikt zu beachten. Unzulässige Vermögensverschiebungen können Rückgewähransprüche, Haftungsfolgen und Verantwortlichkeiten der Geschäftsführung nach sich ziehen. Auch auf Ebene der KG sind vertragliche Gewinn- und Entnahmeregelungen maßgeblich, die an die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft anknüpfen.
Gewinne, Ausschüttungen und Finanzierung
Gewinne der GmbH können als Ausschüttungen an die KG fließen; Gewinne der KG werden nach dem Gesellschaftsvertrag auf die Gesellschafter verteilt. Zwischen beiden Einheiten sind klare Vereinbarungen zu Leistungsbeziehungen (z. B. Geschäftsführungsvergütung der GmbH, Nutzungsentgelte, Darlehenszinssätze) üblich. Die Einhaltung üblicher Marktmaßstäbe unterstützt die Trennung der Vermögenssphären und die Wahrung von Gläubigerinteressen.
Finanzierungen können auf Ebene der KG, der GmbH oder beider erfolgen. Bei wechselseitigen Darlehen und Sicherheiten sind die Unabhängigkeit der Gesellschaften, die Kapitalerhaltung und mögliche Benachteiligungen Dritter zu berücksichtigen. Vertragsgestaltung und Beschlussfassungen sollten die Besonderheiten der Einheitsstruktur widerspiegeln.
Rechnungslegung, Offenlegung und Registerfragen
GmbH und KG unterliegen jeweils eigenen Buchführungs- und Rechnungslegungspflichten. Je nach Größenmerkmalen und Beteiligungsverhältnissen kann eine Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses entstehen. Die Einheitsstruktur ändert an den gesetzlichen Publizitäts- und Offenlegungspflichten beider Gesellschaften grundsätzlich nichts.
Registerrechtlich ist die Eintragung der Gesellschaften im Handelsregister maßgeblich. Die Gesellschafterliste der GmbH weist die KG als Alleingesellschafterin aus. Meldepflichten im Transparenzregister können ausgelöst werden, insbesondere im Hinblick auf wirtschaftlich Berechtigte und mittelbare Beteiligungsverhältnisse.
Gründung, Umwandlung und Gestaltungsvarianten
Die Einheitsgesellschaft kann durch Neugründung oder durch nachträgliche Umstrukturierung entstehen, beispielsweise indem die KG die Anteile an der Komplementär-GmbH erwirbt oder im Zuge von Einbringungen und Umwandlungen zu Alleingesellschafterin wird. Gesellschaftsverträge enthalten typischerweise spezielle Regelungen zur Willensbildung, zu Zustimmungsrechten und zur Ausübung der Gesellschafterrechte der KG in der GmbH. Beiräte, Sonderrechte oder besondere Mehrheiten sind verbreitete Mittel zur Ausbalancierung der Doppelrolle von Leitung und Kontrolle.
Insolvenz- und Beendigungsszenarien
Die Insolvenz einer der Gesellschaften wirkt sich auf die jeweils andere Ebene aus, ohne die rechtliche Trennung aufzuheben. Wird die GmbH insolvent, betrifft dies die KG als Gesellschafterin und Nutzerin der Geschäftsführung; umgekehrt beeinflusst eine Insolvenz der KG die Gesellschafterstellung an der GmbH und deren Leitung. Insolvenzspezifisch können Organzuständigkeiten auf Verwalter übergehen und bisherige Weisungs- und Beteiligungsrechte neu geordnet werden. Bei Beendigung oder Liquidation sind die wechselseitigen Rechtsbeziehungen geordnet abzuwickeln.
Varianten und Anwendungsfelder
Neben der Einheits-GmbH & Co. KG existieren Varianten mit anderen Haftungs- oder Leitungsvehikeln, etwa Einheits-UG & Co. KG oder Konstellationen mit einer anderen Kapitalgesellschaft als Komplementärin. Die Grundlogik bleibt gleich: Die KG ist Alleingesellschafterin der Komplementärin. Die rechtlichen Konsequenzen, insbesondere zu Vertretung, Rechnungslegung und Kapitalerhaltung, richten sich nach dem jeweils beteiligten Gesellschaftstyp.
Häufig gestellte Fragen zur Einheitsgesellschaft
Was unterscheidet die Einheits-GmbH & Co. KG von der klassischen GmbH & Co. KG?
Bei der Einheits-GmbH & Co. KG ist die KG Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH. In der klassischen Struktur halten typischerweise die Kommanditisten die Anteile an der GmbH. Dadurch bündelt die Einheitsgesellschaft die Kontrolle auf Ebene der KG, während die GmbH weiterhin die Geschäftsführung der KG übernimmt.
Wie werden Stimmrechte und Weisungen in der Einheitsgesellschaft ausgeübt?
Die KG übt als Alleingesellschafterin die Stimmrechte in der GmbH aus. Intern regeln der Gesellschaftsvertrag der KG und der Satzungstext der GmbH, wer die KG in der Gesellschafterversammlung der GmbH vertritt und welche Weisungs- oder Zustimmungsrechte Kommanditisten oder ein Beirat haben. So wird verhindert, dass die Geschäftsführung der GmbH unkontrolliert über die KG entscheidet.
Welche Haftungsfolgen ergeben sich bei Pflichtverletzungen der Komplementär-GmbH?
Die Komplementär-GmbH haftet unbeschränkt, jedoch nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Bei Pflichtverletzungen kommen Ansprüche gegen die GmbH und gegebenenfalls gegen deren Geschäftsführung in Betracht. Die Kommanditisten haften grundsätzlich beschränkt; ihre Haftungsposition wird durch die Einheitsstruktur nicht aufgehoben.
Gibt es Besonderheiten bei Verträgen zwischen KG und GmbH?
Ja. Verträge zwischen KG und GmbH betreffen zwei rechtlich getrennte Einheiten, die allerdings eng miteinander verflochten sind. Zur Vermeidung von Interessenkonflikten und Wirksamkeitsproblemen sind ordnungsgemäße Vertretung, interne Zustimmungen und marktübliche Bedingungen von besonderer Bedeutung.
Führen die wechselseitigen Verflechtungen zu einem Konzern im rechtlichen Sinn?
Die Einheitsgesellschaft begründet regelmäßig kein klassisches Unterordnungskonzernverhältnis, da die KG die GmbH kontrolliert und zugleich von ihr geführt wird. Unabhängig davon gelten allgemeine Grundsätze zu Leitung, Kontrolle und Schutz von Minderheiten und Gläubigern. Ob zusätzliche Konzernpflichten einschlägig sind, hängt von der konkreten Ausgestaltung und den beteiligten Gesellschaftsformen ab.
Sind Gewinnabführungs- oder Beherrschungsabreden möglich?
Grundsätzlich können Vereinbarungen zur Ergebnisabführung oder Steuerung in Betracht kommen. Bei der Einheitsgesellschaft ist dabei die Selbstkonstellation zu beachten: Vertretung, Zustimmung und inhaltliche Ausgestaltung müssen so erfolgen, dass die rechtlichen Anforderungen an Selbstgeschäfte und Kapitalerhaltung gewahrt bleiben.
Welche register- und transparenzrechtlichen Pflichten bestehen?
Beide Gesellschaften unterliegen den handelsregisterlichen Eintragungs- und Offenlegungspflichten. Die Gesellschafterliste der GmbH weist die KG als Alleingesellschafterin aus. Je nach Struktur und Beteiligung können Meldepflichten im Transparenzregister entstehen, insbesondere im Hinblick auf wirtschaftlich Berechtigte.
Welche Auswirkungen hat die Insolvenz einer der beteiligten Gesellschaften?
Die Insolvenz der GmbH oder der KG berührt die jeweils andere Gesellschaft, ohne ihre Eigenständigkeit aufzuheben. Organzuständigkeiten und Stimmrechte können auf Insolvenzverwalter übergehen; laufende Verträge sind auf Fortführung und Abwicklung zu prüfen. Die wechselseitige Beteiligung erschwert die Koordination, ändert aber nicht die rechtliche Trennung der Vermögensmassen.