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Einfuhrzoll


Definition und Begriff des Einfuhrzolls

Der Einfuhrzoll, auch als Zoll auf Importe bezeichnet, ist eine Abgabe, die beim Verbringen von Waren aus einem Drittland in das Zollgebiet eines Staates oder eines Staatenverbunds, wie der Europäischen Union, erhoben wird. Der Einfuhrzoll ist ein zollrechtliches Instrument zur Umsetzung von Handelspolitik, zur Sicherung von Staatseinnahmen und zum Schutz einheimischer Wirtschaftszweige vor ausländischer Konkurrenz. Die Erhebung von Einfuhrzoll erfolgt auf Grundlage des jeweiligen Zolltarifs, der für jede Warengruppe spezifische Sätze und Einreihungsregeln vorgibt.

Internationale rechtliche Grundlagen

Welthandelsorganisation (WTO) und internationale Abkommen

Die rechtlichen Bestimmungen zum Einfuhrzoll sind international durch Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) und bilaterale beziehungsweise multilaterale Handelsabkommen geprägt. Zentrale Rechtsquellen sind insbesondere das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) sowie die WTO-Verträge, die Grundsätze wie das Verbot diskriminierender Zölle und die Meistbegünstigungsklausel festlegen. Einfuhrzölle dürfen demnach zwischen WTO-Mitgliedsstaaten grundsätzlich nicht willkürlich diskriminierend erhoben werden; Ausnahmen bestehen nur im Zuge besonderer Schutzmaßnahmen oder Anti-Dumping-Verfahren.

Europäische Union und Harmonisierung des Zollrechts

In der Europäischen Union regelt das Unionszollkodex (UZK, Verordnung (EU) Nr. 952/2013) als unmittelbar geltende Rechtsvorschrift die Erhebung von Einfuhrzoll bei der Einfuhr von Waren aus Drittstaaten in das Gebiet der EU. Die Systematik und Administration des Einfuhrzolls ist unionsweit harmonisiert. Die einheitliche Zoll- und Handelspolitik der EU bestimmt damit, welche Zölle auf eingeführte Waren anzuwenden sind, und schließt nationale Alleingänge bei der Festsetzung von Zöllen weitgehend aus.

Erhebung und Bemessung des Einfuhrzolls

Zolltarif und Klassifizierung

Die Höhe des Einfuhrzolls richtet sich nach dem Zolltarif des betreffenden Staates oder Staatenbundes. In der EU ist hierfür die Kombinierte Nomenklatur (KN) in Verbindung mit dem Gemeinsamen Zolltarif (TARIC) maßgeblich. Die Einreihung einer Ware in die korrekte Zolltarifnummer entscheidet darüber, welcher Zollsatz und welche weiteren Abgaben Anwendung finden.

Wertzoll und spezifischer Zoll

Abhängig vom Zolltarif kann der Einfuhrzoll als Wertzoll (prozentualer Anteil des Warenwerts), als spezifischer Zoll (Betrag pro Mengeneinheit) oder als Mischform aus beiden Varianten erhoben werden.

Bemessungsgrundlage

Die Bemessungsgrundlage für den Einfuhrzoll ist in der Regel der sogenannte Zollwert der Ware, der sich vornehmlich am Transaktionswert orientiert, also am tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis. Als Grundlage dienen das WTO-Zollwertabkommen und die jeweils nationalen oder supranationalen Umsetzungsvorschriften.

Entstehung und Fälligkeit

Die Zollschuld entsteht grundsätzlich mit der Überlassung der Ware zum zollrechtlich freien Verkehr. Dieser Zeitpunkt markiert zugleich die zollrechtliche Einfuhr im eigentlichen Sinn. Die Fälligkeit der Einfuhrzollschuld tritt mit deren Festsetzung gemäß den zollrechtlichen Verfahrensregeln ein.

Funktion und Zielsetzung des Einfuhrzolls

Fiskalische und wirtschaftspolitische Ziele

Einfuhrzölle dienen der Generierung staatlicher Einnahmen (fiskalisches Ziel), der Steuerung von Außenhandelsströmen (handelspolitisches Ziel) und dem Schutz der inländischen Wirtschaft vor unerwünschtem Wettbewerbsdruck durch günstige Importe (protektionistisches Ziel). In der EU ist die protektionistische Funktion durch die einheitliche Handelspolitik und das Ziel des Binnenmarktes jedoch eingeschränkt.

Zollpräferenzen und Zollfreiheit

Zahlreiche internationale Übereinkommen und bilaterale Verträge sehen Zollpräferenzen oder Zollfreiheit für bestimmte Waren vor, etwa im Rahmen von Freihandelsabkommen oder für Entwicklungsländer (z. B. Allgemeines Präferenzsystem, APS). Diese Regelungen bedingen Erleichterungen oder vollständigen Wegfall des Einfuhrzolls, sofern die jeweiligen Ursprungsregeln und Dokumentationsanforderungen erfüllt sind.

Zollrechtliches Verfahren und Rechtsfolgen

Zollabfertigung und öffentliche Kontrolle

Die Einfuhr von Waren ist in der Regel mit einer förmlichen Zollanmeldung verbunden, in der Art, Wert und Ursprung der Waren anzugeben sind. Die Zollbehörden überprüfen die Anmeldung und entscheiden über die Freigabe der Waren. Neben der Zahlung des Einfuhrzolls finden weitere Prüfungen im Bereich Einfuhrumsatzsteuer, Produktsicherheit und anderer Außengrenzkontrollen statt.

Rechtsbehelfe und Verfahren im Zollrecht

Gegen die Festsetzung des Einfuhrzolls stehen Verwaltungsrechtswege offen, insbesondere Einspruchs- bzw. Widerspruchsverfahren bei den Zollbehörden und die Anrufung der Verwaltungsgerichte. Besondere zollrechtliche Korrekturverfahren (z. B. Berichtigung, Nacherhebung, Erlass oder Erstattung von Einfuhrzoll) sind in den gesetzlichen Vorschriften geregelt.

Sanktionen und Folgen von Zollverstößen

Die Nichtanmeldung, die falsche Deklaration oder das Verschweigen von Einfuhrvorgängen gelten als Zollvergehen und können empfindliche Sanktionen und Strafzahlungen nach sich ziehen. Das Zollrecht sieht hierfür sowohl verwaltungsrechtliche als auch strafrechtliche Maßnahmen vor; im Falle von Betrug ist ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren zu erwarten.

Besondere Einfuhrzollarten und Ausnahmen

Antidumping- und Ausgleichszölle

Neben den regulären Einfuhrzöllen können besondere Schutzmaßnahmen zur Anwendung kommen, wie Antidumpingzölle bei der Einfuhr von Waren unter Herstellungskosten oder Ausgleichszölle zum Ausgleich von Exportsubventionen.

Einfuhrzollbefreiungen

Unter bestimmten Voraussetzungen sind Einfuhrzollbefreiungen vorgesehen, beispielsweise für Rückwaren, bestimmte Privatwaren, Entwicklungshilfegüter oder Warenmuster. Die entsprechenden Regelungen ergeben sich aus zollrechtlichen und internationalen Vorschriften wie dem Carnet ATA oder dem Übereinkommen zur Erleichterung der Einfuhr von Warenmustern.

Literatur- und Rechtsprechungshinweise

  • Unionszollkodex (UZK), Verordnung (EU) Nr. 952/2013
  • Gemeinsamer Zolltarif (TARIC)
  • WTO-Zollwertabkommen
  • GATT/WTO Abkommen
  • Gesetz über das Zollrecht der Europäischen Union (Zollkodex-Anpassungsgesetz – ZollKodAnpG)
  • Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und Bundesfinanzhofes (BFH) zur Zolleinreihung und Zollschuldentstehung

Diese Darstellung bietet eine umfassende Übersicht zur rechtlichen Einordnung und Behandlung des Einfuhrzolls und soll insbesondere Entscheidungsträgern, Unternehmen und interessierten Rechtsanwendern eine ausführliche, faktenbasierte Orientierung zu diesem zollrechtlichen Kernbegriff bieten.

Häufig gestellte Fragen

Wann entsteht die Zollschuld beim Import von Waren in die Europäische Union?

Die Zollschuld beim Import von Waren in die Europäische Union entsteht grundsätzlich mit der Überführung der Waren in das zollrechtlich vorgeschriebene Verfahren, meist das sogenannte „zollrechtlich freie Verkehr“. Konkret bedeutet das, dass die Einfuhrabgabenpflicht ausgelöst wird, sobald die Ware beim Grenzübertritt zur Zollanmeldung gelangt und angenommen wird. Gemäß Art. 77 und 78 des Unionszollkodex (UZK) ist es dabei unerheblich, wo sich der Ort der physischen Übernahme befindet; entscheidend ist ausschließlich der Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung durch die zuständige Zollbehörde. Ab diesem Moment haftet der Anmelder bzw. der Zollschuldner für die ordnungsgemäße Entrichtung der fälligen Einfuhrabgaben. Ausnahmen bestehen nur, wenn eine unrechtmäßige Einfuhr vorliegt (zum Beispiel bei Waren, die ohne Zollanmeldung eingeführt werden); in diesen Fällen ergibt sich die Zollschuld nach Art. 79 UZK aus der Zuwiderhandlung. Für temporär eingeführte Waren, wie bei vorübergehender Verwendung, entsteht hingegen keine Zollschuld, sofern sämtliche Voraussetzungen und Wiederausfuhrfristen eingehalten werden.

Wer ist gesetzlich als Zollschuldner bei der Einfuhr definiert?

Der Zollschuldner ist laut Unionszollkodex (UZK) die natürliche oder juristische Person, die entweder selbst die Anmeldung zur Überführung von Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr vornimmt (meistens der Importeur oder ein von ihm beauftragter Spediteur/Zollagent), oder die Person, in deren Auftrag besagte Handlung erfolgt. Bei unrechtmäßigen oder betrügerischen Einfuhren (z.B. Nichtanmeldung, Falschanmeldung, Umgehungstatbestände) erstreckt sich die Zollschuld auf alle an der Zuwiderhandlung Beteiligten, einschließlich derjenigen, die den Vorteil aus der Zollverkürzung ziehen wollten. Mehrere Personen können gesamtschuldnerisch haften (§ 44 AO, Art. 77 Abs. 3 UZK). Allerdings bleiben Rechte und Verpflichtungen zur Rückzahlung von zu Unrecht erhobenen Zöllen oder zur Entstehung einer Nacherhebung davon unberührt.

Welche grundsätzlichen Waren unterliegen dem Einfuhrzollrecht nach dem Unionszollkodex?

Nach dem Unionszollkodex (UZK) unterliegen grundsätzlich alle aus Nicht-EU-Staaten eingeführten Waren dem Zollrecht der Europäischen Union, unabhängig von ihrem Ursprungs- oder Herkunftsland. Der Zolltarif (TARIC) legt fest, für welche Waren Tarife, mengenmäßige Beschränkungen und sonstige handelspolitische Maßnahmen gelten. Ausgenommen sind Waren im freien Verkehr innerhalb der EU, Rückwaren (zurückgeführte eigene Erzeugnisse unter bestimmten Voraussetzungen), sowie besondere Waren wie diplomatische Sendungen, Hilfsgüter oder temporär eingeführte Sachen, sofern sie die jeweiligen Bedingungen erfüllen (z.B. Carnet ATA). Neben klassischen Zöllen können auch besondere Verbrauchsteuern (z.B. Alkohol, Tabak, Mineralöl), Einfuhrumsatzsteuer und andere Abgaben (Antidumpingzölle, Ausgleichsabgaben) anfallen, die allesamt nach jeweils eigenem Recht geregelt sind.

Wer ist für die korrekte Überführung der eingeführten Ware ins Zollverfahren verantwortlich?

Für die korrekte Überführung der eingeführten Ware ins vorgesehene Zollverfahren ist im Allgemeinen der Anmelder verantwortlich. Das kann entweder der Einführer (Importeur), aber auch ein von ihm bestellter Vertreter (bspw. ein Zollagent oder Spediteur) sein. Beide müssen dafür Sorge tragen, dass alle notwendigen Papiere (wie Handelsrechnung, Ursprungszeugnis, Frachtpapiere) korrekt und vollständig sind sowie die genauen zollrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden. Gemäß Art. 15 UZK trifft jede Person, die an der Einfuhr beteiligt ist, eine umfassende Mitwirkungspflicht bei der Kontrolle und Abwicklung durch die Zollbehörden. Verstöße gegen diese Pflichten haftet der Schuldner nicht nur für die korrekte Verzollung, sondern setzt sich zugleich dem Risiko von Bußgeldern (gemäß dem deutschen Zollverwaltungsgesetz – ZollVG) und strafrechtlicher Verfolgung aus.

Welche Rechtsmittel stehen gegen die Festsetzung eines Einfuhrzolls zur Verfügung?

Gegen die Festsetzung eines Einfuhrzolls steht dem Zollschuldner das Recht auf Einspruch beziehungsweise förmlichen Widerspruch offen. In Deutschland ist dies im Rahmen eines Einspruchs gemäß den Vorschriften der Abgabenordnung (§§ 347 ff. AO) direkt beim zuständigen Hauptzollamt durchzuführen. Innerhalb der Europäischen Union hat der Betroffene zudem das Recht auf eine gerichtliche Überprüfung vor den Finanzgerichten bis hin zum Europäischen Gerichtshof, wenn unionsrechtliche Fragen berührt sind. Die Einspruchsfrist beträgt grundsätzlich einen Monat ab Bekanntgabe des Zollbescheides. Parallel kann unter Umständen ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden, um die Zahlungspflicht bis zur endgültigen Klärung auszusetzen. Bei Fehlentscheidungen besteht Anspruch auf Rückerstattung zu viel gezahlter Zölle gemäß Art. 116 ff. UZK.

Unter welchen Umständen kann eine Zollbefreiung bei der Einfuhr beantragt werden?

Eine Zollbefreiung kann gemäß Unionszollkodex und einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften für bestimmte Warengruppen und Verwendungszwecke beantragt werden. Typische Befreiungstatbestände sind unter anderem die Einfuhr von Waren im persönlichen Reisegepäck im Rahmen der Freimengen, Umzugsgut für Privatpersonen, Erbschaftsgut, Diplomaten- und Konsulargüter, wissenschaftliche Geräte, humanitäre Hilfe, bestimmte Rückwaren sowie Muster und Proben unter eingeschränkten Bedingungen. Die Befreiung setzt in jedem Fall einen schriftlichen Antrag voraus, der unter Vorlage aller relevanten Nachweise (z.B. Zollformulare, Begleitdokumente) vor der Abfertigung einzureichen ist. Die genauen Voraussetzungen sind in der Zollbefreiungsverordnung (ZBefrVO) und entsprechenden EU-Vorschriften geregelt. Ein Verstoß gegen die Auflagen kann im Nachhinein zu Nachverzollung und empfindlichen Sanktionen führen.

Wie werden die Zolltarife und die Höhe des Einfuhrzolls bestimmt?

Die Höhe des Einfuhrzolls wird anhand des Gemeinsamen Europäischen Zolltarifs (sogenannter TARIC – Tarif Intégré des Communautés Européennes) bestimmt. Grundlage ist stets die korrekte Warennummer und die darauf beruhende zolltarifliche Einreihung der einzuführenden Ware im Zolltarif, ergänzt um Ursprungs- und Wertangaben. Der Satz richtet sich nach der Art der Ware (Warentarifnummer), ihrem Wert (Zollwert nach dem Transaktionswertprinzip gemäß Art. 70 ff. UZK), dem Ursprungsland und gegebenenfalls gültigen Handelsabkommen oder Präferenzregelungen (z.B. Zollermäßigung für Entwicklungsländer oder bei Vorlage eines EUR 1-Ursprungszeugnisses). Die Zollsätze können spezifisch (pro Stück, Gewichtseinheit oder Menge) oder ad valorem (prozentual vom Wert) bestehen. Bei Unsicherheiten zur Tarifierung oder Wertbestimmung empfiehlt sich, vorab eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) bei den nationalen Zollbehörden einzuholen.