Definition und Begriff des Ehrenamts
Das Ehrenamt bezeichnet eine freiwillige, gemeinwohlorientierte Tätigkeit, die regelmäßig, unentgeltlich und überwiegend in öffentlichen, sozialen, kulturellen, sportlichen oder sonstigen gemeinnützigen Bereichen ausgeübt wird. Ehrenamtliche Tätigkeiten sind ein bedeutender Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens und werden außerhalb einer klassischen Erwerbsbeschäftigung erbracht. Die rechtliche Ausgestaltung ehrenamtlicher Arbeit ist in Deutschland vielschichtig und von verschiedenen gesetzlichen Regelungen geprägt.
Rechtsgrundlagen des Ehrenamts
Zivilrechtliche Grundlagen
Das Ehrenamt findet im Zivilrecht insbesondere im Vereinsrecht (Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) Berücksichtigung. Nach § 21 BGB sind eingetragene Vereine auf einen nicht wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet und stützen sich häufig auf die Mitarbeit ehrenamtlich tätiger Mitglieder. Die Vorschriften zum Vorstand (§§ 26, 27 BGB) enthalten explizite Regelungen zur Organstellung von Ehrenamtlichen. Der Grundsatz der Unentgeltlichkeit ist in vielen Vereinssatzungen festgeschrieben, kann jedoch durch Erstattungen von Auslagen (§ 670 BGB) und pauschale Aufwandsentschädigungen ergänzt werden.
Im Gesellschaftsrecht finden sich ähnliche Regelungen, etwa bei gemeinnützigen Stiftungen oder Genossenschaften.
Öffentliche-rechtliche Grundlagen
Im öffentlichen Recht sind Ehrenämter häufig in Gesetzen über Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts geregelt. Beispiele sind Mitgliedschaften in Organen der Selbstverwaltung, wie Gemeinderäten, Elternbeiräten oder Integrationsbeiräten. Landesgesetze, beispielsweise Landesbeamtengesetze oder Gemeindeordnungen (wie § 32 Gemeindeordnung für Baden-Württemberg), enthalten rechtliche Rahmenbedingungen und Verpflichtungen für die Übernahme von Ehrenämtern in öffentlichen Organen.
Steuerrechtliche Aspekte
Das Steuerrecht begünstigt ehrenamtliches Engagement durch verschiedene Vergünstigungen. Nach § 3 Nr. 26 und 26a Einkommensteuergesetz (EStG) sind bestimmte steuerfreie Aufwandsentschädigungen möglich, insbesondere durch die sogenannte Übungsleiterpauschale (bis 3.000 Euro jährlich, Stand 2024) und die Ehrenamtspauschale (bis 840 Euro jährlich, Stand 2024).
Sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen
Ehrenamtliche Tätigkeiten begründen in der Regel kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Eine Ausnahme kann bei Zahlung regelmäßiger oder überhöhter Vergütungen drohen. Die Unfallversicherung ist ein zentrales Thema: Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind bestimmte ehrenamtlich Tätige während ihrer Amtshandlungen gesetzlich unfallversichert, sofern die Tätigkeit im Auftrag oder mit Zustimmung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erfolgt.
Arbeitsrechtliche Abgrenzung
Ehrenamtliche Tätigkeit ist grundsätzlich vom Arbeitsverhältnis (§§ 611ff. BGB) abzugrenzen, da keine Arbeitspflicht gegen Vergütung besteht. Eine Scheinselbstständigkeit oder verdeckte Arbeitnehmereigenschaft muss vermieden werden, etwa wenn Weisungsgebundenheit und Integration in eine Arbeitsorganisation vorliegen. Die genaue Abgrenzung ist insbesondere bei der Gewährung von Aufwandsentschädigungen relevant.
Rechte und Pflichten im Ehrenamt
Rechte von Ehrenamtlichen
Ehrenamtlich Tätige genießen zahlreiche Rechte, etwa auf:
- Auslagenerstattung nach § 670 BGB
- (gesetzlich vorgesehene) Vergütungen oder Aufwandsentschädigungen
- Versicherungsschutz, insbesondere Unfall- und Haftpflichtversicherung
- Schutz der Persönlichkeit und ihrer Daten (Datenschutzgrundverordnung, DSGVO)
In bestimmten Kontexten (z. B. öffentliche Mandate) gibt es Ansprüche auf Freistellung von der Arbeit oder Ersatz des Verdienstausfalls.
Pflichten im Ehrenamt
Ehrenamtliche sind zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Aufgaben verpflichtet, wobei Umfang und Art der Verpflichtung durch Satzungen, Statute oder Arbeitsanweisungen vorgegeben sein können. Typische Pflichten umfassen:
- Sorgfaltspflicht
- Verschwiegenheitspflicht
- Rechenschaftspflicht gegenüber dem auftraggebenden Verein oder der Institution
- Rücksichtnahme auf das Ansehen des Trägers
Pflichtverletzungen können nach Maßgabe des Schadensersatzrechts oder vereinsinternen Disziplinarregelungen geahndet werden.
Haftungsfragen
Die Haftung von Ehrenamtlichen ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 31a BGB für Vereinsvorstände, § 31b BGB für einfache Vereinsmitglieder) ausdrücklich beschränkt. Es besteht eine Haftungsfreistellung bei leichter Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz führen hingegen zur vollen Haftung. Nach § 44b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind ehrenamtliche Repräsentanten gemeinnütziger Organisationen zusätzlich privilegiert.
Formen des Ehrenamts
Das Ehrenamt kann sich nach Ausübungsort und -zweck unterscheiden, etwa:
- Klassisches Vereinsamt (Sportvereine, Musikvereine, Kulturvereine)
- Kommunale Mandate (Mitgliedschaft in Räten, Beiräten)
- Tätigkeit in kirchlichen Institutionen
- Engagement im Katastrophenschutz oder bei Hilfsorganisationen (z. B. Feuerwehr, THW)
- Unterstützung in Einrichtungen wie Krankenhäusern, Sozialstationen oder Schulen
Insbesondere im Bereich der gemeinnützigen Arbeit, in Wohlfahrtsverbänden und Initiativen im Umweltschutz ist das Ehrenamt weit verbreitet.
Ehrenamt im Verhältnis zu Erwerbstätigkeit und Sozialleistungen
Vereinbarkeit mit dem Beruf
Arbeitnehmende, die ein Ehrenamt übernehmen, müssen darauf achten, etwaige arbeitsrechtliche Pflichten nicht zu verletzen. Arbeitgeber können verpflichtet sein, für bestimmte öffentliche Ehrenämter (z. B. Schöffen, Wahlhelfer) eine Freistellung zu gewähren (§ 616 BGB, beamtenrechtliche Sondergesetze).
Auswirkungen auf Sozialleistungen
Bestimmte ehrenamtliche Tätigkeiten mit Aufwandsentschädigung können auf Sozialleistungen angerechnet werden. Im Sozialhilferecht (§ 11 SGB II, § 82 SGB XII) bleiben die steuerfreien Pauschalen meist anrechnungsfrei, können aber im Einzelfall dennoch berücksichtigt werden.
Versicherungsschutz im Ehrenamt
Unfallversicherung
Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht für eine Vielzahl ehrenamtlicher Tätigkeiten, insbesondere wenn sie im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder eines als gemeinnützig anerkannten Vereins erfolgen. Details regelt § 2 SGB VII.
Haftpflichtversicherung
Ergänzend schließen viele Träger eigene Haftpflichtversicherungen für ihre Ehrenamtlichen ab. Haftungserleichternde Sonderregelungen im BGB verringern das persönliche Risiko beim ehrenamtlichen Engagement.
Bedeutung und Förderung des Ehrenamts
Das Ehrenamt ist in Deutschland ein elementarer Pfeiler der Zivilgesellschaft. Staatliche Programme zur Förderung und Würdigung ehrenamtlichen Engagements umfassen die Vergabe von Ehrenamtskarten, Engagementpreisen und weiteren Anreizen wie der steuerlichen Begünstigung.
Fazit
Das Ehrenamt ist rechtlich vielschichtig geregelt und von grundlegender gesellschaftlicher Bedeutung. Die Ausgestaltung ehrenamtlicher Tätigkeiten ist im Privat-, öffentlichen, Steuer- und Sozialrecht komplex und von einer Vielzahl gesetzlicher Vorschriften und Grundprinzipien geprägt. Rechtliche Besonderheiten wie Haftungsbeschränkungen, steuerliche Privilegierungen und Versicherungsschutz bieten einen umfangreichen Rahmen, der ehrenamtliches Engagement rechtssicher ermöglicht und fördert.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Grundlagen regeln das Ehrenamt in Deutschland?
Das Ehrenamt wird in Deutschland durch verschiedene gesetzliche Regelungen geschützt und definiert, wobei es kein eigenständiges Ehrenamtsgesetz auf Bundesebene gibt. Die relevanten Bestimmungen finden sich je nach Tätigkeit und Organisation in unterschiedlichen Gesetzen, beispielsweise im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 26 ff. für Vereine, im Sozialgesetzbuch (SGB), im Steuerrecht sowie in den jeweiligen Landesgesetzen zum Ehrenamt (z.B. Ehrenamtsgesetze der Länder). Zudem besteht nach § 31a BGB eine spezielle Haftungsprivilegierung für ehrenamtlich tätige Vereinsvorstände. Je nach Art des Engagements können auch arbeitsrechtliche, datenschutzrechtliche und haftungsrechtliche Vorschriften betroffen sein. Für spezifische Beratungs- oder Betreuungsaufgaben sind zudem besondere Gesetze wie das Betreuungsrecht oder das Jugendhilfegesetz einschlägig.
Welche Haftungsrisiken bestehen für ehrenamtlich Tätige?
Ehrenamtlich Engagierte unterliegen grundsätzlich dem allgemeinen Haftungsrecht. Das bedeutet, dass sie sowohl für vorsätzlich als auch grob fahrlässig verursachte Schäden Dritten gegenüber haften können. Allerdings sieht das Bürgerliche Gesetzbuch in § 31a und § 31b für Mitglieder von Organen (Vorstand, Geschäftsführer u. Ä.) und besondere Vertreter eine Haftungsprivilegierung vor, sofern der Schaden nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde. Bei leichter Fahrlässigkeit entfällt die persönliche Haftung. Viele Organisationen schließen zusätzliche (Vereins- oder Gruppen-)Haftpflichtversicherungen ab, die Ehrenamtliche im Schadensfall absichern. In einigen Bundesländern besteht auch ein ergänzender Versicherungsschutz über Landesrahmenverträge für ehrenamtlich Tätige. Dennoch sollten sich Ehrenamtliche vor Aufnahme ihrer Tätigkeit über bestehenden Versicherungsschutz informieren.
Besteht ein Anspruch auf Aufwendungsersatz und Vergütung?
Grundsätzlich wird das Ehrenamt unentgeltlich ausgeübt, das heißt, ein genereller Anspruch auf Vergütung besteht nicht (§ 662 BGB für Auftrag, ähnlich bei Vereinsrecht). Allerdings regelt § 670 BGB und oft auch die Satzung des jeweiligen Vereins einen Anspruch auf den Ersatz tatsächlich entstandener und nachgewiesener Auslagen, etwa für Fahrtkosten oder Ausgaben im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit (sog. Aufwendungsersatz). Vereine können außerdem eine Ehrenamtspauschale (aktuell bis zu 840 Euro jährlich, Stand 2024) steuerfrei auszahlen, sofern dies in der Satzung vorgesehen ist und die Tätigkeit entsprechend anerkannt wird (nach § 3 Nr. 26a EStG). Darüber hinaus kann für bestimmte Tätigkeiten eine Übungsleiterpauschale (§ 3 Nr. 26 EStG) gezahlt werden. Ein rechtlicher Anspruch auf solche Zahlungen besteht jedoch grundsätzlich nur, wenn dies ausdrücklich vereinbart oder satzungsgemäß geregelt ist.
Wie ist der Versicherungsschutz im Ehrenamt geregelt?
Ein adäquater Versicherungsschutz für Ehrenamtliche ist nicht automatisch gewährleistet. Viele Träger, insbesondere Vereine, unterhalten Haftpflicht- und ggf. Unfallversicherungen für ihre Freiwilligen. Darüber hinaus bieten mehrere Bundesländer einen erweiterten Versicherungsschutz für Ehrenamtliche im Rahmen von Sammelversicherungen an, die subsidiär greifen, wenn kein anderweitiger Schutz besteht. Für bestimmte Tätigkeiten, etwa bei Feuerwehr, Katastrophenschutz oder Rettungsdiensten, besteht zudem gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nach SGB VII. Vor Aufnahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit empfiehlt sich eine schriftliche Klärung der Versicherungsfragen mit dem jeweiligen Träger oder Verband.
Welche arbeitsrechtlichen Besonderheiten sind im Ehrenamt zu beachten?
Ehrenamtliche Tätigkeit begründet grundsätzlich kein Arbeitsverhältnis, weshalb das Arbeitsrecht, wie etwa das Kündigungsschutzgesetz, Mindestlohngesetz oder das Arbeitszeitgesetz, nur eingeschränkt oder gar nicht zur Anwendung kommt. Es gelten keine festen Arbeitsverträge, sondern häufig nur formlose Vereinbarungen oder Berufungen, die jederzeit kündbar sind. Arbeitnehmer, die ehrenamtliche Aufgaben beispielsweise bei der Freiwilligen Feuerwehr, im Katastrophenschutz oder als Betriebsrat übernehmen, genießen jedoch unter Umständen speziellen Freistellungs- oder Sonderkündigungsschutz nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (z. B. § 616 BGB, Arbeitsfreistellung für bestimmte Ehrenämter nach Landesrecht). Ehrenamtliche Träger sind außerdem zur Beachtung von Datenschutzbestimmungen beim Umgang mit personenbezogenen Daten verpflichtet.
Was muss bei der steuerlichen Behandlung von Ehrenamtsvergütungen beachtet werden?
Ehrenamtliche Tätigkeiten werden grundsätzlich nicht versteuert, wenn sie unentgeltlich erbracht werden. Kommt es jedoch im Rahmen von Aufwandsentschädigungen zur Auszahlung von Geldbeträgen (Ehrenamtspauschale, Übungsleiterpauschale), sind diese grundsätzlich steuerfrei, solange sie die gesetzlich festgelegten Freibeträge (z. B. 840 Euro bzw. 3.000 Euro jährlich, Stand 2024) nicht übersteigen und die übrigen Voraussetzungen nach § 3 Nr. 26 und Nr. 26a EStG erfüllt sind. Übersteigt die Vergütung die genannten Beträge, so ist der übersteigende Teil steuer- und sozialversicherungspflichtig. Für den Bezug von Sozialleistungen (z. B. Arbeitslosengeld, Grundsicherung) kann der Erhalt von Ehrenamtspauschalen Auswirkungen haben, sofern gewisse Freibeträge überschritten werden.
Können ehrenamtliche Tätigkeiten Auswirkungen auf Renten- oder Sozialleistungen haben?
Ehrenamtliche Tätigkeiten selbst begründen grundsätzlich keinen eigenen Sozialversicherungsanspruch. Wird jedoch eine Vergütung gezahlt, kann dies Auswirkungen auf den Bezug von Sozialleistungen haben. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung ist ehrenamtliche Arbeit in der Regel irrelevant, es sei denn, es handelt sich um eine dem Erwerbsleben ähnliche Tätigkeit mit Entgeltcharakter. Bei Beziehern von Arbeitslosengeld, Grundsicherung oder Sozialhilfe kann der Bezug von Ehrenamts- oder Übungsleiterpauschale unter Umständen auf die Leistungen angerechnet werden. Zudem besteht unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Unfallversicherungsschutz während der ehrenamtlichen Tätigkeit (z. B. SGB VII, § 2). Es empfiehlt sich, vor Aufnahme der Tätigkeit Rücksprache mit der eigenen Sozialleistungsstelle zu halten.