Begriff und rechtliche Definition der eG (Eingetragene Genossenschaft)
Die eingetragene Genossenschaft (eG) ist eine eigenständige Rechtsform im deutschen Recht, die insbesondere der Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb dient. Die rechtliche Grundlage für die eG bildet in Deutschland das Genossenschaftsgesetz (GenG). Die eG steht im Spannungsverhältnis zwischen Selbsthilfeprinzip und unternehmerischer Betätigung. Sie ist keine Kapitalgesellschaft, weist aber einige Parallelen zu dieser auf und besitzt eine eigene Rechtspersönlichkeit.
Rechtsgrundlagen und Rechtsnatur der eG
Gesetzliche Grundlagen
Die maßgebliche Rechtsquelle ist das Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (GenG), ergänzt durch das Handelsgesetzbuch (HGB) und weitere gesetzliche Vorschriften, beispielsweise das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und die Insolvenzordnung (InsO).
Rechtsfähigkeit und Rechtsform
Die eingetragene Genossenschaft ist mit ihrer Eintragung in das Genossenschaftsregister eine juristische Person (§ 17 GenG) und damit rechtsfähig. Sie kann unter ihrem Namen Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.
Unterschied zur Genossenschaft ohne Eintragung
Eine Genossenschaft ist erst ab Eintragung ins Genossenschaftsregister rechtsfähig. Die vorherige Gründungsgesellschaft ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder als offene Handelsgesellschaft zu qualifizieren, je nach Ausgestaltung und Geschäftszweck.
Zweck und Wesensmerkmale
Förderprinzip
Im Zentrum steht das Förderprinzip: Die Genossenschaft ist darauf ausgerichtet, den Erwerb oder die Wirtschaft der Mitglieder oder deren soziale bzw. kulturelle Belange zu fördern (§ 1 GenG).
Mitgliederstruktur
Mitglieder einer eG können natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften sein. Die Mitglieder üben ihre Rechte gemeinschaftlich aus; typischerweise existiert das Prinzip „Ein Mitglied – eine Stimme“, unabhängig vom Geschäftsanteil.
Selbsthilfe, Selbstverwaltung, Selbstverantwortung
Die Genossenschaft ist geprägt durch die Grundprinzipien der Selbsthilfe, der Selbstverwaltung und der Selbstverantwortung, was sich insbesondere im demokratischen Organisationsprinzip und der Mitgliederbeteiligung niederschlägt.
Gründung und Eintragung der eG
Gründungsvoraussetzungen
Für die Gründung einer eG sind mindestens drei Gründungsmitglieder erforderlich (§ 4 GenG). Der Gründungsakt erfolgt durch Beschluss einer Satzung, welche schriftlich niederzulegen ist (§ 6 GenG).
Satzung
Die Satzung muss bestimmte, im GenG festgelegte Mindestinhalte aufweisen, insbesondere Angaben zur Firma, zum Sitz, zum Gegenstand des Unternehmens, zu Höhe und Anzahl der Geschäftsanteile, zu den Pflichten und Rechten der Mitglieder und zur Vertretung (§ 6 Abs. 3 GenG).
Eintragung ins Genossenschaftsregister
Der Antrag auf Eintragung wird beim zuständigen Amtsgericht (Registergericht) gestellt. Erst mit Eintragung entsteht die eG als juristische Person. Mit der Eintragung wird die Genossenschaft auch Kaufmann im Sinne des HGB (§ 1 Abs. 2 HGB i.V.m. § 17 GenG).
Prüfung vor Eintragung
Vor der Eintragung findet eine sogenannte Gründungsprüfung durch einen Prüfungsverband statt (§ 11 GenG). Die Prüfung soll sicherstellen, dass die wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzungen für eine geordnete Geschäftsführung vorliegen.
Organe und interne Struktur
Generalversammlung
Die Generalversammlung ist das oberste Willensbildungsorgan der eG und tagt mindestens einmal jährlich. Sie beschließt insbesondere über Satzungsänderungen, die Verwendung des Jahresüberschusses und die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat.
Vorstand
Der Vorstand leitet die Genossenschaft in eigener Verantwortung und vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich. Die Zahl der Vorstandsmitglieder richtet sich nach der Satzung, mindestens jedoch zwei Personen (§ 24 GenG).
Aufsichtsrat
Die Bestellung eines Aufsichtsrats ist ab 20 Mitgliedern Pflicht (§ 9 GenG). Der Aufsichtsrat überwacht und berät den Vorstand und berichtet der Generalversammlung.
Mitgliedschaft und Rechte der Mitglieder
Erwerb und Beendigung der Mitgliedschaft
Die Mitgliedschaft wird durch eine Beitrittserklärung und deren Annahme seitens der eG begründet. Eine Beendigung kann durch Kündigung, Ausschluss, Tod (bei natürlichen Personen), Auflösung (bei juristischen Personen) oder Übertragung des Geschäftsanteils erfolgen.
Rechte der Mitglieder
Zu den grundlegenden Mitgliedsrechten gehören:
- Teilnahme und Mitwirkung an der Generalversammlung
- Recht auf Information und Einsicht in bestimmte Unterlagen
- Umlage von Überschüssen nach Maßgabe der Satzung
- Recht auf Auseinandersetzungsguthaben im Falle des Austritts
Pflichten der Mitglieder
Mitglieder sind zur Übernahme von Geschäftsanteilen verpflichtet und haben weitere Pflichten, insbesondere Leistung von Einlagen und ggf. Nachschusspflichten, wie sie in der Satzung geregelt sind.
Haftung und Vermögensstruktur
Haftung der eG
Die eingetragene Genossenschaft haftet für ihre Verbindlichkeiten grundsätzlich nur mit dem eigenen Vermögen. Eine persönliche Haftung der Mitglieder besteht nicht, es sei denn, die Satzung sieht Nachschusspflichten vor (§ 22 GenG).
Nachschusspflicht
Die Satzung kann eine Nachschusspflicht der Mitglieder bestimmen, deren Umfang genau zu regeln ist. Ohne eine solche Regelung ist die Haftung auf den Geschäftsanteil beschränkt.
Rechnungslegung und Prüfung
Jahresabschluss
Die eG ist verpflichtet, jährlich einen Jahresabschluss bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und ggf. einem Lagebericht zu erstellen (§ 336 HGB i.V.m. § 34 GenG).
Prüfungspflicht
Genossenschaften unterliegen der Pflicht zur regelmäßigen Prüfungen durch einen unabhängigen Prüfungsverband (§§ 53 ff. GenG). Ziel der Prüfung ist insbesondere die Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung.
Auflösung, Liquidation und Insolvenz
Auflösungstatbestände
Die Genossenschaft kann durch Beschluss der Generalversammlung, Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Ablauf der im Statut bestimmten Zeit oder durch gerichtliches Urteil aufgelöst werden (§ 77 GenG).
Liquidation
Im Fall der Auflösung erfolgt die Liquidation durch Liquidatoren, häufig der bisherige Vorstand. Das nach Befriedigung aller Gläubiger vorhandene Restvermögen wird nach Maßgabe der Satzung verteilt.
Insolvenzverfahren
Im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist das Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung zu beantragen. Mitglieder haften nur im Umfang gegebenenfalls bestehender Nachschusspflichten.
Besondere Erscheinungsformen und Anwendungsbereiche
Typische Einsatzbereiche
Eingetragene Genossenschaften sind in verschiedenen Bereichen verbreitet, etwa im Wohnungswesen (Wohnungsbaugenossenschaften), im landwirtschaftlichen Sektor, im Einzelhandel (Einkaufsgenossenschaften), im Bankenwesen (Genossenschaftsbanken) und im sozialen Bereich (bspw. Sozialgenossenschaften).
Sonderformen
Zu den Sonderformen zählen etwa Kreditgenossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die genossenschaftliche Prinzipien in speziellen Sektoren umsetzen.
Abgrenzung zu anderen Rechtsformen
Im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG) steht bei der eG nicht die Kapitalbeteiligung, sondern die Mitgliederförderung im Vordergrund. Die eG unterscheidet sich auch von Vereinen dadurch, dass sie in der Regel einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält und ihren Mitgliedern einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil verschaffen will.
Zusammenfassung und rechtliche Einordnung
Die eingetragene Genossenschaft (eG) stellt eine flexible, auf Selbsthilfe und Solidargemeinschaft zielende Rechtsform dar. Ihre besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen bieten insbesondere für gemeinschaftliche wirtschaftliche Betätigung mit Mitgliedsbezug zahlreiche Vorteile. Die klare innere Organisation, umfangreiche Rechte und Pflichten der Mitglieder sowie gesetzliche Transparenz- und Prüfungspflichten gewährleisten eine gesunde und nachhaltige Entwicklung der eG als Rechtsform des kooperativen Wirtschaftens in Deutschland.
Häufig gestellte Fragen
Wie erfolgt die Gründung einer eG rechtlich korrekt?
Die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft (eG) unterliegt klaren gesetzlichen Vorgaben, vor allem geregelt im Genossenschaftsgesetz (GenG). Zunächst müssen sich mindestens drei Gründungsmitglieder (natürliche oder juristische Personen) zusammenschließen und eine schriftliche Satzung beschließen. Diese Satzung muss gemäß § 6 GenG bestimmte Mindestangaben, wie den Zweck der Genossenschaft, Firma und Sitz, Bedingungen für die Mitgliedschaft und Formvorschriften zur Beschlussfassung enthalten. Im nächsten Schritt muss die Genossenschaft einer gesetzlichen Prüfungsstelle (Genossenschaftsverband) zur Gründungsprüfung vorgestellt werden (§ 11 GenG). Erst nach einem positiven Gutachten der Prüfungsstelle kann die eG zum Genossenschaftsregister angemeldet werden, wozu u.a. die Satzung, das Gründungsprotokoll und das Prüfungszeugnis notwendig sind. Die Eintragung im Genossenschaftsregister beim zuständigen Amtsgericht verleiht der Genossenschaft ihre Rechtsfähigkeit. Erst mit Eintragung ist sie also als eG existent und kann am Rechtsverkehr teilnehmen.
Welche Organe sind für eine eG gesetzlich vorgeschrieben?
Rechtlich vorgeschrieben sind nach §§ 9, 24, 37 GenG mindestens drei Organe für die eG: die Generalversammlung (Mitgliederversammlung), der Vorstand und der Aufsichtsrat. Die Generalversammlung ist oberstes Beschlussorgan, in dem alle Mitglieder ihre Rechte ausüben. Der Vorstand führt die Geschäfte und vertritt die eG gerichtlich und außergerichtlich. Der Aufsichtsrat, der ab 20 Mitgliedern verpflichtend einzurichten ist, überwacht und kontrolliert die Geschäftsführung des Vorstands. Die genauen Befugnisse und Zusammensetzung dieser Organe müssen in der Satzung geregelt sein. Ergänzend kann die Satzung weitere Gremien vorsehen.
Welche Haftungsverhältnisse gelten bei der eG für Mitglieder und Organe?
Im rechtlichen Sinne haftet die eG grundsätzlich als juristische Person mit ihrem Vereinsvermögen für Verbindlichkeiten (§ 17 Abs. 2 GenG). Die Haftung der Mitglieder ist laut Satzung i.d.R. auf den Geschäftsanteil beschränkt. Allerdings kann durch die Satzung eine Nachschusspflicht vereinbart werden (§ 22 GenG), die im Insolvenzfall eine darüber hinausgehende Haftung der Mitglieder bis zur vereinbarten Höchstsumme auslöst. Der Vorstand und der Aufsichtsrat haften bei Pflichtverletzungen gem. § 34 Abs. 2 GenG gesamtschuldnerisch gegenüber der Genossenschaft und ihren Mitgliedern, sofern sie schuldhaft ihre Sorgfaltspflichten verletzen.
Welche Prüfpflichten bestehen für eine eG gemäß Genossenschaftsgesetz?
Gemäß §§ 53 ff. GenG unterliegen eGs einer regelmäßigen Pflichtprüfung durch einen Prüfungsverband. Zu prüfen sind u.a. die wirtschaftlichen Verhältnisse und die ordnungsgemäße Geschäftsführung. Für kleine Genossenschaften (weniger als 20 Mitglieder mit geringem Umsatz) gelten Erleichterungen. Die Prüfungsverbandsmitgliedschaft ist zudem Zulassungsvoraussetzung für die Eintragung. Prüfungsberichte sind den Organen und, in der Generalversammlung, den Mitgliedern vorzulegen. Versäumnisse bei der Prüfpflicht können zur Amtslöschung der eG führen.
Wie gestaltet sich der Austritt und Ausschluss von Mitgliedern rechtlich?
Die Modalitäten des Austritts regelt primär die Satzung, wobei § 65 GenG Mindestvorgaben macht: Es muss grundsätzlich ein ordentliches Kündigungsrecht mit Fristen bestehen. Der Ausschluss eines Mitglieds ist nur aus wichtigen, in der Satzung bezeichneten Gründen zulässig (§ 67 GenG). Das ausgeschlossene oder ausgetretene Mitglied bleibt bis zur Auseinandersetzung nach § 73 GenG an bestimmte Pflichten, u.a. eine eventuell bestehende Nachschusspflicht, gebunden und hat grundsätzlich Anspruch auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens.
Wie erfolgt die Beschlussfassung in der Generalversammlung rechtlich?
Die rechtlichen Regelungen zur Beschlussfassung finden sich in §§ 43 ff. GenG: Jedes Mitglied hat in der Regel eine Stimme (unabhängig von der Anzahl der Geschäftsanteile). Beschlüsse kommen mit einfacher Mehrheit der anwesenden Stimmen zustande, falls die Satzung nichts anderes vorsieht. Für Satzungsänderungen und wichtige Beschlüsse, etwa Fusion oder Auflösung der eG, sind qualifizierte Mehrheiten erforderlich. Die Generalversammlung muss mindestens einmal jährlich einberufen werden, wobei bestimmte Form- und Fristerfordernisse gelten.
Welche besonderen Regelungen gelten im Insolvenzfall einer eG?
Im Insolvenzfall unterliegt eine eG dem allgemeinen Insolvenzrecht nach der Insolvenzordnung (InsO), mit den Besonderheiten des Genossenschaftsgesetzes. Zunächst haftet die eG nur mit ihrem Vermögen, Mitglieder können jedoch für noch nicht geleistete Einzahlungen auf Geschäftsanteile und ggf. Nachschüsse herangezogen werden. Im Insolvenzverfahren sind Rechte und Ansprüche der Mitglieder (insb. das Auseinandersetzungsguthaben) nachrangig zu bedienen (§ 87 InsO). Organe können im Insolvenzfall haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Pflichten (insb. rechtzeitige Antragstellung) schuldhaft verletzen.