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EFRE


Begriff und rechtliche Grundlagen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)

Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ist eines der wichtigsten Förderinstrumente der Europäischen Union im Bereich der Regionalpolitik und der Kohäsionspolitik. Ziel des EFRE ist die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in der Union durch Ausgleich von regionalen Entwicklungsunterschieden. Der EFRE wurde mit der Verordnung (EWG) Nr. 724/75 des Rates vom 18. März 1975 geschaffen und ist seither ein zentrales Förderinstrument innerhalb des EU-Finanzrahmens.

Rechtliche Grundlagen des EFRE

Primärrechtliche Verankerung

Die rechtliche Grundlage für den EFRE findet sich primär im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere in den Artikeln 174 bis 178 AEUV. Diese bestimmen die Grundsätze der Kohäsionspolitik, zu deren Umsetzung auch der EFRE beiträgt. Ziel ist es, den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu fördern und Unterschiede in der Entwicklung zwischen den Regionen abzubauen.

Sekundärrechtliche Ausgestaltung

Die spezifische Ausgestaltung und Verwaltung des EFRE erfolgt durch EU-Verordnungen. Im Zeitraum 2021-2027 gelten insbesondere folgende Regelwerke:

  • Verordnung (EU) 2021/1058 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 über den EFRE und den Kohäsionsfonds (EFRE/KF-VO).
  • Verordnung (EU) 2021/1060 (Allgemeine Dachverordnung) mit gemeinsamen Bestimmungen für die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds).

Diese Verordnungen regeln die Ziele, Anwendungsbereiche, Prioritäten, förderfähigen Maßnahmen sowie die Verwaltung und Überwachung der Mittel.

Ziele und Förderbereiche des EFRE

Hauptziele

Der EFRE konzentriert sich auf folgende prioritäre Ziele:

  1. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovation in regionalen Volkswirtschaften.
  2. Förderung einer nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung, insbesondere durch Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), Forschung und Entwicklung, Digitalisierung und den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft.
  3. Unterstützung benachteiligter Regionen und sozialer Integration, um die Entwicklung in rückständigen Gebieten zu fördern.

Thematische Konzentration

Nach den Vorgaben der EU-Kommission werden die Fördermittel des EFRE auf sogenannte „politische Ziele” (PO) konzentriert, u. a.:

  • PO 1: Ein intelligenteres Europa durch innovative und intelligente wirtschaftliche Umstrukturierung;
  • PO 2: Ein grüneres, CO2-armes Europa;
  • PO 3: Ein besser vernetztes Europa;
  • PO 4: Ein sozialeres Europa;
  • PO 5: Ein bürgernäheres Europa.

Förderfähige Maßnahmen

Der EFRE fördert insbesondere Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Innovation, die Digitalisierung der Wirtschaft, Klimaschutz und den Schutz der natürlichen Ressourcen. Förderwürdig können sowohl öffentliche als auch private Projekte sein, sofern sie den Regionalentwicklungszielen entsprechen.

Strukturen und Verfahren der EFRE-Förderung

Verwaltungsstrukturen

Die Umsetzung der EFRE-Förderung erfolgt im Rahmen einer geteilten Mittelverwaltung (shared management) zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten. Zentrale Elemente hierbei sind:

  • Operationelle Programme: Die Mitgliedstaaten bzw. Regionen erstellen operationelle Programme, die von der EU-Kommission genehmigt werden.
  • Verwaltungsbehörden: Für jedes Programm wird eine Verwaltungsbehörde benannt, die für Auswahl, Steuerung und Kontrolle der Vorhaben verantwortlich ist.
  • Zertifizierungsbehörden und Prüfbehörden: Sie sorgen für die ordnungsgemäße Abwicklung, Abrechnung und Kontrolle der verausgabten Mittel.

Förderverfahren und Auswahlkriterien

Die Auswahl und Bewilligung von EFRE-geförderten Projekten erfolgt nach festen Auswahlkriterien, bei denen wirtschaftliche, ökologische, soziale und nachhaltige Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Die Projekte müssen zu den Zielen der operationellen Programme beitragen und in einem transparenten Auswahlverfahren bewertet werden.

Die EFRE-Verordnungen verpflichten die Programmbehörden zudem zu jährlicher Berichterstattung und umfassender Überwachung der Ergebnis- und Mittelverwendung (Monitoring).

Rechtliche Verpflichtungen und Kontrolle der Mittelverwendung

Regelungen zur Einhaltung von Recht und Ordnungsmäßigkeit

Die Empfänger von EFRE-Mitteln sind zur Einhaltung der EU-rechtlichen Vorgaben und nationalen Bestimmungen verpflichtet. Dies umfasst insbesondere:

  • Vergaberechtliche Vorschriften (EU-Binnenmarktrichtlinien und nationales Vergaberecht)
  • Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
  • Vermeidung von Doppel- oder Überfinanzierungen

Antikorruptions- und Antibetrugsmechanismen

Die Regularien des EFRE schreiben die Einrichtung wirksamer Kontrollmechanismen vor, um Betrug, Korruption und Missbrauch (engl. „Irregularities”) zu verhindern. Die Europäische Antibetrugsbehörde (OLAF) kann Ermittlungen einleiten und Prüfungen durchführen. Zudem bestehen nationale Prüfstellen.

Rückforderung und Sanktionen

Bei Verstößen gegen die Vergabe- oder Verwendungsvorschriften kann die Rückforderung der gesamten oder eines Teils der EFRE-Mittel erfolgen. Sanktionsmechanismen und Prüfkriterien sind in den einschlägigen VO geregelt; Gerichtsverfahren sind am Gerichtshof der Europäischen Union möglich.

Überblick über die Entwicklung und aktuelle Herausforderungen

Entwicklungsgeschichte

Der EFRE ist seit seiner Gründung 1975 kontinuierlich weiterentwickelt und in seinen Schwerpunkten und Zielsetzungen angepasst worden, um den wirtschaftlichen, sozialen und nunmehr auch klimapolitischen Herausforderungen Europas zu begegnen. Im aktuellen Programmplanungszeitraum (2021-2027) wird ein besonderes Augenmerk auf Digitalisierung, Klimaschutz und soziale Inklusion gelegt.

Nationale Umsetzung in Deutschland

In Deutschland erfolgt die Umsetzung des EFRE über insgesamt 16 regionale und ein Bundesprogramm, die sich an den spezifischen Bedürfnissen der Bundesländer orientieren. Die Fördermaßnahmen sind in Landesrahmenrichtlinien geregelt, welche auf den Vorgaben der EU und der Dachverordnungen aufbauen.

Zukünftige Entwicklungen

Mit den gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen, unter anderem der „grünen Transformation” und der Digitalisierung, wird die inhaltliche Steuerung des EFRE auch künftig an neue Aufgaben angepasst. Die Reformen der Kohäsionspolitik werden regelmäßig durch die Europäische Kommission initiiert und durch begleitende Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene umgesetzt.


Zusammenfassung:
Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) stellt ein umfassendes rechtliches Instrumentarium für Ausgleich und Förderung von Entwicklungsunterschieden zwischen den EU-Regionen dar. Die rechtlichen Grundlagen ergeben sich aus primär- und sekundärrechtlichen Regelungen der EU, ergänzt um nationale Umsetzungsakte. Neben den inhaltlichen Vorgaben und Zielen stehen die Einhaltung von Recht, Kontrolle und Sanktionen bei Fehlverhalten im Mittelpunkt der förderrechtlichen Ausgestaltung des EFRE.

Häufig gestellte Fragen

Welche Anforderungen müssen Projektanträge für den EFRE erfüllen, um förderfähig zu sein?

Für die Förderfähigkeit eines Projekts im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gelten strenge rechtliche Vorgaben, die sich insbesondere aus der EFRE-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1301/2013), der Allgemeinen Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1303/2013) sowie den nationalen Durchführungsbestimmungen ergeben. Ein Projektantrag muss zunächst inhaltlich auf die spezifischen Ziele und Prioritätsachsen des jeweiligen EFRE-Programms ausgerichtet sein. Weiterhin muss der Antragsteller nachweisen, dass das Projekt zusätzliche Impulse zur nachhaltigen regionalen Entwicklung setzt und keine reine Ersatzinvestition oder Doppelförderung vorliegt. Die Antragsunterlagen sind form- und fristgerecht einzureichen und sämtliche relevante Unterlagen (z.B. Kosten- und Finanzierungspläne, Nachhaltigkeitsanalysen, Genehmigungen) müssen vollständig und prüffähig beigefügt werden. Ferner ist die Einhaltung europäischer Rechtsvorschriften, wie etwa des europäischen Beihilferechts (Art. 107 und 108 AEUV), des Vergaberechts und der Umweltverträglichkeitsprüfungen nachzuweisen. Die Projekte müssen über angemessene Kontroll- und Berichtssysteme verfügen, um die Einhaltung der Fördervorgaben sicherzustellen.

Welche rechtlichen Vorgaben bestehen für die Vergabe öffentlicher Aufträge innerhalb eines EFRE-geförderten Projekts?

Öffentliche Auftraggeber, deren Vorhaben durch den EFRE mitfinanziert werden, unterliegen zwingend den einschlägigen nationalen und europäischen Vergaberechtsnormen. Dies umfasst insbesondere das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Vergabeverordnung (VgV), die Sektorenverordnung (SektVO) sowie für Bauleistungen die VOB/A. Dabei ist das Transparenzprinzip sicherzustellen, die Gleichbehandlung aller Bieter zu gewährleisten und das Verbot der Diskriminierung zu beachten. Zudem besteht eine Dokumentationspflicht für sämtliche Verfahrensschritte. Fehlerhafte Vergabeverfahren können zu nachträglichen Korrekturen, zur Aufhebung der Förderung oder gar zu Sanktionen führen. Das Nichtbeachten der geltenden Schwellenwerte für EU-weite Ausschreibungen kann ebenfalls förderschädlich sein. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird im Rahmen von Prüfungen und Audits kontrolliert.

Wie ist die Sicherstellung der Öffentlichkeit und Publizität im Rahmen von EFRE-Projekten rechtlich vorgegeben?

Gemäß den Publizitätsvorschriften aus Art. 115 und Anhang XII der Allgemeinen Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 sind Begünstigte verpflichtet, im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit klar auf die Unterstützung durch den EFRE hinzuweisen. Dies betrifft u.a. alle Kommunikationsmaßnahmen, Beschilderungen auf der Baustelle, Informationsmaterialien sowie Websites. Verstöße gegen die vorgeschriebenen Informationspflichten (z.B. Verwendung der EFRE-Logos, Hinweistexte zur Kofinanzierung) können eine Kürzung oder Rückforderung der Zuwendung nach sich ziehen. Die Umsetzung der Publizitätsanforderungen wird dokumentiert und bei entsprechenden Prüfungen kontrolliert.

Gibt es rechtliche Anforderungen hinsichtlich der Kofinanzierung und Eigenmittel im EFRE-Programm?

Für die Bewilligung eines EFRE-Zuschusses schreibt das geltende EU-Recht vor, dass der Begünstigte eigene finanzielle Mittel (Eigenmittel) in das geplante Projekt einbringen muss (Art. 120 der Allgemeinen Verordnung). Der Anteil der Kofinanzierung durch den EFRE ist durch Programmvereinbarungen gedeckelt und variiert je nach Prioritätsachse und Fördergebiet. Eigenmittel dürfen nicht aus anderen EU-Fonds stammen, sofern nicht ausdrücklich zugelassen. Die Herkunft der Kofinanzierungsmittel sowie deren Verfügbarkeit müssen von Beginn an nachvollziehbar und prüffähig nachgewiesen werden. Die Verwendung unzulässiger Kofinanzierungsmittel kann die Rückforderung von Fördergeldern nach sich ziehen.

Welche Berichtspflichten bestehen rechtlich im Rahmen der EFRE-Förderung?

EFRE-Begünstigte unterliegen umfangreichen Berichtspflichten, geregelt u.a. in Art. 125 der Allgemeinen Verordnung (EU) Nr. 1303/2013. Hierzu zählen insbesondere regelmäßige Fortschrittsberichte, die Darlegung des Projektfortschritts, Finanzstatusberichte sowie themenspezifische Sachstandsberichte. Es sind alle Tätigkeiten, finanzielle Abwicklungen und die Einhaltung der Fördervoraussetzungen nachvollziehbar, zeitnah und prüffähig zu dokumentieren. Ergänzend sind entsprechende Nachweise (z.B. Belege zu Ausgaben, Verträge, Leistungsnachweise) beizufügen und mindestens zehn Jahre aufzubewahren. Die Berichte bilden Grundlage für die Auszahlung weiterer Fördertranchen sowie für die abschließende Verwendungsnachweisprüfung.

Welche Prüfrechte haben Behörden im Rahmen der EFRE-Förderung?

Im Rahmen der EFRE-Förderung haben die nationalen und europäischen Prüfbehörden (z.B. Europäische Kommission, Europäischer Rechnungshof, nationale Prüfstellen) nach Art. 72 bis 75 der Allgemeinen Verordnung umfassende Zugriffs- und Einsichtsrechte. Sie dürfen sämtliche, für die Förderung relevanten Unterlagen, Bücher, Belege und Unterlagen einsehen und auch Vor-Ort-Kontrollen durchführen. Die Begünstigten müssen auf Verlangen umfassend Auskunft erteilen, Zugangsrechte zu Räumlichkeiten und IT-Systemen gewähren und aktive Mitwirkung im Prüfverfahren zeigen. Verstöße gegen Prüfpflichten stellen einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Förderrichtlinien dar und können zu Rückforderungen und Sanktionen führen.