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Drittelbeteiligungsgesetz


Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) – Rechtliche Einordnung und umfassende Darstellung

Das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) regelt die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Aufsichtsratsarbeit in Unternehmen der Privatwirtschaft in Deutschland. Es stellt innerhalb des deutschen Mitbestimmungsrechts eine zentrale Regelung dar und gilt als bedeutendes Modell der sogenannten „einfachen“ Arbeitnehmermitbestimmung.
Im Folgenden wird das Drittelbeteiligungsgesetz detailliert erläutert, rechtlich eingeordnet und in seinen Auswirkungen dargestellt.


Entwicklung und Rechtsgrundlage

Das Drittelbeteiligungsgesetz trat am 1. Mai 2004 in Kraft und löste das bisher geltende Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hinsichtlich der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat weitgehend ab. Das Gesetz fußt auf langjährigen politischen und gesellschaftlichen Diskussionen über die Mitbestimmung und wurde im Zuge der Reform des Mitbestimmungsrechts eingeführt.
Rechtliche Grundlage findet sich im Drittelbeteiligungsgesetz selbst, das Teil des deutschen Arbeitsrechts ist. Das Gesetz ist veröffentlicht im Bundesgesetzblatt und wurde seither mehrfach – zuletzt im Detail – angepasst.


Anwendungsbereich des Drittelbeteiligungsgesetzes

Persönlicher und sachlicher Geltungsbereich

Das Drittelbeteiligungsgesetz findet Anwendung auf Kapitalgesellschaften im Sinne des Aktiengesetzes (AktG), der GmbH und bestimmten weiteren Gesellschaftsformen. Voraussetzung ist, dass die jeweilige Gesellschaft in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt (§ 1 Abs. 1 DrittelbG).

Von der Anwendung ausgenommen sind Unternehmen

  • des Bergbaus und der Eisen- und Stahlindustrie (sofern sie unter das Montanmitbestimmungsgesetz fallen),
  • des öffentlichen Rechts,
  • bestimmte gemeinnützige oder kirchliche Unternehmen.

Stichtagsregelungen und Zurechnung von Arbeitnehmern

Die Zahl der Beschäftigten wird als Durchschnittszahl während des letzten Geschäftsjahres berechnet. Tochterunternehmen werden einbezogen, wenn die Muttergesellschaft die Leitungsmacht ausübt. Ausländische Arbeitnehmer zählen mit, sofern sie nicht dauerhaft im Ausland eingesetzt sind.


Ausgestaltung der Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat

Zusammensetzung des Aufsichtsrates

Laut Drittelbeteiligungsgesetz muss der Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen. Die übrigen zwei Drittel werden von der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung bestimmt (§ 4 DrittelbG). In Unternehmen mit paritätischer Mitbestimmung (in der Regel ab 2.000 Beschäftigten) kommen die Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes zur Anwendung, das umfassendere Arbeitnehmerbeteiligung vorsieht.

Wahl der Arbeitnehmervertreter

Die Arbeitnehmervertreter werden durch unmittelbare und geheime Wahl aller im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer gewählt. Wahlberechtigt sind sämtliche Angestellten, sofern sie mindestens 18 Jahre alt sind.
Die Einzelheiten zum Wahlverfahren, Einreichung von Wahlvorschlägen, Wahlvorstand und Wahldurchführung regelt das Drittelbeteiligungsgesetz in enger Anlehnung an die Wahlgrundsätze der betrieblichen Mitbestimmung.


Rechte und Pflichten der Arbeitnehmervertreter

Die gewählten Arbeitnehmervertreter besitzen grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten wie die von der Anteilseignerseite entsandten Aufsichtsratsmitglieder. Sie nehmen somit uneingeschränkt an den Beratungen und Entscheidungen des Aufsichtsrates teil. Das umfasst insbesondere:

  • Teilnahme- und Stimmrecht bei Sitzungen
  • Recht auf Information durch den Vorstand bzw. die Geschäftsführung
  • Verschwiegenheitspflichten sowie Wahrung der Unternehmensinteressen

Eine besondere Bindung an die Belegschaft besteht nicht; Arbeitnehmervertreter vertreten das Gesamtinteresse des Unternehmens und unterliegen denselben Verantwortlichkeiten wie alle anderen Mitglieder des Aufsichtsrates.


Rechtsstellung und Schutz der Arbeitnehmervertreter

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat genießen besonderen Kündigungsschutz während ihrer Amtszeit sowie für einen nachträglichen Zeitraum, um Rechtsschutz vor Benachteiligungen zu gewährleisten. Für Verstöße gegen Verschwiegenheitspflichten oder das Gebot der Interessenwahrung bestehen zivil- und strafrechtliche Sanktionsmöglichkeiten.


Abgrenzung zu anderen Mitbestimmungsgesetzen

Das Drittelbeteiligungsgesetz steht im System des deutschen Mitbestimmungsrechts neben dem Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) und dem Montanmitbestimmungsgesetz (MontanMitbestG). Die wichtigsten Unterschiede sind:

  • DrittelbG: Drittelbeteiligung (1/3 Arbeitnehmer, 2/3 Anteilseigner); ab 501 bis 2.000 Beschäftigten.
  • MitbestG: Paritätische Mitbestimmung (1/2 Arbeitnehmer, 1/2 Anteilseigner; der Vorsitzende hat Stichentscheid); ab 2.001 Beschäftigten.
  • MontanMitbestG: Besondere Regelungen in Bergbau, Eisen und Stahl (paritätisch mit neutralem Mitglied und Vetorechten).

Das Drittelbeteiligungsgesetz ist damit für zahlreiche mittlere Unternehmen die maßgebliche Grundlage der Mitbestimmung.


Aktuelle Entwicklungen und Reformdiskussion

Es bestehen immer wieder Diskussionen über die Weiterentwicklung und Harmonisierung des Mitbestimmungsrechts, insbesondere angesichts europarechtlicher Vorgaben und der Internationalisierung von Unternehmen. In der Praxis wird regelmäßig die Effektivität der Vertretung und die Bedeutung für die Unternehmensführung untersucht.


Literatur, Rechtsprechung und Praxisbezug

Namhafte Kommentarliteratur und zahlreiche Urteile haben den Anwendungsbereich und die Einzelfragen des Drittelbeteiligungsgesetzes näher präzisiert. Die Regelungen zur Wahl und zum Kündigungsschutz sind wiederholt Gegenstand arbeitsgerichtlicher Verfahren.


Zusammenfassung

Das Drittelbeteiligungsgesetz sichert die Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat mittelgroßer Kapitalgesellschaften und stellt eine bedeutende Säule der Unternehmensmitbestimmung in Deutschland dar. Es regelt präzise die Rechte, Pflichten und den Schutz der Arbeitnehmervertreter und gewährleistet so ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Anteilseignern und Belegschaft in der Unternehmensaufsicht. Durch die gesetzliche Festlegung der Beteiligungsrechte trägt das Drittelbeteiligungsgesetz zur sozialen Marktwirtschaft und zum Interessenausgleich in deutschen Unternehmen bei.

Häufig gestellte Fragen

Welche Unternehmen sind vom Drittelbeteiligungsgesetz erfasst?

Das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) gilt für Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (insbesondere GmbH, AG, KGaA) sowie für Genossenschaften und eingetragene Vereine, sofern sie in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Maßgeblich für die Schwellenwertberechnung ist die durchschnittliche Beschäftigtenzahl im letzten Kalenderjahr. Zu berücksichtigen sind dabei grundsätzlich auch ausgegliederte Betriebsteile, Leiharbeitnehmer (soweit die Einsatzdauer sechs Monate überschreitet), Teilzeitbeschäftigte anteilig und Auszubildende. Das Gesetz findet keine Anwendung auf Tendenzunternehmen, also Betriebe, die unmittelbar und überwiegend kulturellen, pädagogischen, politischen oder religiösen Zwecken dienen, soweit diese Eigenschaft vom Unternehmen nachgewiesen wird. Auch öffentliche Unternehmen und solche mit überwiegend öffentlichen Mehrheitsbeteiligungen können ausgenommen sein, abhängig von ergänzenden Spezialvorschriften. Die Schwellenwertberechnung muss jährlich erfolgen, da ein wiederholtes Über- oder Unterschreiten zu einer Pflicht zur Änderung der Aufsichtsratszusammensetzung führen kann.

Wie erfolgt die Arbeitnehmerbeteiligung am Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz?

Nach den Regelungen des Drittelbeteiligungsgesetzes besteht der Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer. Die übrigen zwei Drittel werden von den Anteilseignern bestimmt. Die konkrete Zahl der Aufsichtsratsmitglieder ergibt sich entweder aus gesellschaftsrechtlichen Vorgaben oder der Satzung der jeweiligen Gesellschaft. Die Arbeitnehmervertreter werden im Rahmen einer Listenwahl durch die Arbeitnehmer des Unternehmens direkt gewählt. Wahlberechtigt sind grundsätzlich alle Arbeitnehmer, wahlfähig sind solche, die mindestens 18 Jahre alt und seit mindestens einem Jahr im Unternehmen beschäftigt sind. Die Wahl der Arbeitnehmervertreter folgt detaillierten gesetzlichen und ggf. satzungsmäßigen Vorgaben, wobei bestimmte Gruppen (wie leitende Angestellte) separat ihre Vertreter wählen können. Geregelt ist außerdem die Einberufung und Zusammensetzung eines Wahlvorstands, das Wahlverfahren sowie die Anfechtbarkeit und der Rechtsschutz gegen Wahlergebnisse.

Wie unterscheidet sich das Drittelbeteiligungsgesetz von der paritätischen Mitbestimmung?

Das Drittelbeteiligungsgesetz unterscheidet sich maßgeblich von der paritätischen Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976. Während beim Drittelbeteiligungsgesetz lediglich ein Drittel der Aufsichtsratssitze von Arbeitnehmervertretern besetzt wird, ist bei der paritätischen Mitbestimmung deren Anzahl grundsätzlich genauso hoch wie die der Anteilseignervertreter („halbe-halbe“). Damit kommt den Arbeitnehmern bei der paritätischen Mitbestimmung ein erheblich stärkeres Mitspracherecht in unternehmensrelevanten Entscheidungen zu. Die paritätische Mitbestimmung gilt für Unternehmen ab 2.000 Beschäftigten (MitbestG 1976), während das Drittelbeteiligungsgesetz ab 500 Beschäftigten Anwendung findet. Auch die Wahlmodalitäten, die Rolle des Aufsichtsratsvorsitzenden und die Einbindung leitender Angestellter unterscheiden sich in beiden Modellen.

Welche Rechte und Pflichten haben die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat?

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nehmen an sämtlichen Sitzungen, Beratungen und Abstimmungen des Gremiums gleichberechtigt mit den Anteilseignervertretern teil. Sie haben das Recht, Auskünfte über sämtliche Unternehmensbelange zu verlangen, können Anträge stellen, und genießen besonderen Schutz vor Benachteiligung oder Kündigung aufgrund ihres Mandats. Gleichzeitig unterliegen sie der Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich vertraulicher Aufsichtsratsangelegenheiten, was auch nach Beendigung ihrer Amtszeit fortwirkt. Darüber hinaus verpflichten sie sich zur loyalen Wahrnehmung des Unternehmenswohls und müssen Interessenkonflikte offenlegen. Verstöße können persönliche Haftung oder eine Anfechtung von Aufsichtsratsbeschlüssen nach sich ziehen. Arbeitnehmervertreter vertreten nicht nur die Interessen der Belegschaft, sondern müssen ihre Entscheidungen im Sinne des Gesamtunternehmens treffen.

Wie wird die Einhaltung der Vorgaben des Drittelbeteiligungsgesetzes überwacht?

Die Einhaltung der Bestimmungen des Drittelbeteiligungsgesetzes wird in erster Linie unternehmensintern durch Geschäftsleitung, Aufsichtsrat und ggf. Betriebsrat überprüft. Eine besondere externe staatliche Aufsicht sieht das Gesetz nicht explizit vor. Allerdings kann die fehlerhafte Bildung des Aufsichtsrats – etwa durch eine zu geringe Anzahl von Arbeitnehmervertretern – sowohl zivilrechtliche Anfechtungs- als auch Nichtigkeitsklagen nach sich ziehen. Hierbei sind sowohl einzelne Arbeitnehmer, Vertreter der Gesellschaft als auch Minderheitsgesellschafter klageberechtigt. Zudem können Gewerkschaften oder bestimmte Vereinigungen als Wahlhelfer oder Beobachter auftreten. Aufsichtspflichten obliegen ebenfalls dem Registergericht im Rahmen der Anmeldung und Eintragung von Aufsichtsratsmitgliedern. Bei systematischen Verstößen können Bußgelder sowie Ordnungsgelder gegen Verantwortliche verhängt werden.

Welche Fristen und Voraussetzungen sind bei der Aufsichtsratswahl nach Drittelbeteiligungsgesetz zu beachten?

Bei Überschreiten oder Unterschreiten der Beschäftigtenschwelle von 500 Arbeitnehmern sind unverzüglich die notwendigen Schritte zur Neubildung des Aufsichtsrats einzuleiten, d.h. eine Anpassung der Sitzzahl der Arbeitnehmervertreter, sofern die Schwelle zum Ende des Geschäftsjahres maßgeblich überschritten wurde. Die Wahl der Arbeitnehmervertreter muss rechtzeitig vor dem Ablauf der regulären Amtszeit des bestehenden Aufsichtsrats durchgeführt werden. Die Einleitung der Wahl erfolgt durch einen Wahlvorstand, dessen Bildung mindestens acht Wochen vor dem Wahltermin beginnen sollte. Die Fristen für Einreichung von Wahlvorschlägen sowie Einspruchs- und Anfechtungsfristen ergeben sich aus den jeweiligen Wahlordnungen, müssen aber die gesetzlichen Mindestfristen einhalten, die eine ordnungsgemäße Durchführung gewährleisten. Die Beachtung dieser Fristen ist zwingend, da eine nicht ordnungsgemäße Wahl rechtlich angreifbar ist.

Wie werden Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Drittelbeteiligungsgesetz gelöst?

Streitigkeiten über die Anwendung und Auslegung des Drittelbeteiligungsgesetzes, z. B. Fragen zur Anzahl der Arbeitnehmer, zur Wählbarkeit einzelner Kandidaten oder zur Gültigkeit von Aufsichtsratswahlen, obliegen grundsätzlich den ordentlichen Gerichten. Spezifisch für Fragen aus innerbetrieblichen Wahlverfahren sind dagegen die Arbeitsgerichte zuständig. Typische Streitgegenstände sind Anfechtung der Wahl, Feststellung der Wahlberechtigung oder Streit um die Berechnung der Beschäftigtenzahl. Das Verfahren richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung bzw. des Arbeitsgerichtsgesetzes. In eiligen Fällen kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Anordnung erwirkt werden, beispielsweise zur Sicherung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Daneben besteht die Möglichkeit, vorab eine gutachterliche Äußerung durch das zuständige Registergericht einzuholen.