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Doppelte Staatsbürgerschaft


Definition und Begriffserklärung: Doppelte Staatsbürgerschaft

Die doppelte Staatsbürgerschaft bezeichnet den rechtlichen Status einer Person, die gleichzeitig die Staatsangehörigkeit zweier Staaten besitzt. In der Rechtswissenschaft wird oft synonym der Begriff Mehrstaatigkeit oder multiple Staatsangehörigkeit verwendet, wenn eine Person drei oder mehr Staatsangehörigkeiten innehat. Die doppelte Staatsbürgerschaft hat sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene weitreichende rechtliche Konsequenzen und ist Gegenstand vielfältiger gesetzlicher Regelungen.

Rechtliche Grundlagen der doppelten Staatsbürgerschaft

Nationales Recht

Die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft wird in den meisten Ländern durch spezifische nationale Gesetze geregelt. In Deutschland regelt insbesondere das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), inwieweit doppelte oder mehrfache Staatsangehörigkeiten zulässig sind.

Deutschland

Nach deutschem Recht gilt grundsätzlich das sogenannte „Verbot der doppelten Staatsangehörigkeit“, das bedeutet, die gleichzeitige Mitgliedschaft in mehreren Staatsangehörigkeiten soll vermieden werden. Ausnahmen sind jedoch vorgesehen, etwa wenn die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit nicht möglich oder unzumutbar ist, wenn die Eltern unterschiedliche Staatsangehörigkeiten besitzen (Abstammungsprinzip), bei Geburt im Ausland (Geburtsortsprinzip) oder bei EU-Bürgern und Schweizer Staatsangehörigen. Seit 2014 verzichtet das deutsche Recht zudem auf die sogenannte Optionspflicht bei Kindern ausländischer Eltern, sofern diese in Deutschland aufwachsen.

Andere Staaten

Viele Staaten handhaben das Thema unterschiedlich: Während einige, wie die USA, Kanada oder Großbritannien, doppelte Staatsbürgerschaften weitgehend zulassen, verbieten beispielsweise Indien oder China die mehrfache Staatsangehörigkeit. Andere Länder knüpfen sie an Bedingungen oder ermöglichen sie nur unter bestimmten Voraussetzungen (zum Beispiel im Falle von Ehe, Geburt, Investitionen oder Migration aus humanitären Gründen).

Internationales Recht

Konventionen und Übereinkommen

Verschiedene internationale Abkommen regeln Fragen der Staatsangehörigkeit. Die Europäische Konvention über die Staatsangehörigkeit (EKS) von 1997 enthält grundlegende Prinzipien, wie die Vermeidung der Staatenlosigkeit und die Regelung von Mehrstaatigkeit, jedoch bleibt die konkrete Ausgestaltung Sache der Vertragsstaaten.

Im europäischen Kontext gelten weitere Abkommen, wie die Europäische Konvention zur Verringerung von Mehrstaatigkeit und über Wehrpflicht von Mehrstaatern (1963). Die internationale Rechtslage ist jedoch nicht einheitlich, da Staatsangehörigkeitsrecht als Teil des nationalen Hoheitsrechts gilt.

Erwerb der doppelten Staatsbürgerschaft

Durch Geburt

Das Staatsangehörigkeitsrecht vieler Staaten kombiniert das Abstammungsprinzip (ius sanguinis) und das Geburtsortsprinzip (ius soli). So kann ein Kind durch Geburt automatisch beide Staatsangehörigkeiten der Eltern erhalten oder aufgrund des Geburtsortes zusätzlich die Staatsangehörigkeit eines weiteren Staates erwerben.

Exemplarisches Beispiel: Deutschland

Erwirbt ein in Deutschland geborener Mensch mit ausländischen Eltern neben der Herkunftsstaatsangehörigkeit kraft Geburts im Inland auch die deutsche Staatsangehörigkeit (z. B. nach § 4 Abs. 3 StAG), ist die doppelte Staatsangehörigkeit von Geburt an gegeben.

Durch Einbürgerung

Wer durch Einbürgerung eine neue Staatsangehörigkeit erhält, muss nach nationalem Recht häufig die bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben. Viele Länder sehen hierzu Optionsregelungen oder generelle Ausnahmen vor, etwa wenn der bisherige Heimatstaat eine Entlassung verweigert oder unzumutbare Bedingungen daran knüpft. Im Rahmen der europäischen Freizügigkeit genießen EU-Bürger zudem Privilegien beim Erwerb einer doppelten Staatsbürgerschaft innerhalb der EU.

Durch Eheschließung oder Adoption

Bestimmte Rechtsordnungen ermöglichen eine erleichterte Einbürgerung durch Heirat mit einem Staatsangehörigen oder bei Adoption durch einen Staatsangehörigen. Dabei können die Erwerber die ursprüngliche Staatsangehörigkeit oftmals behalten und so eine doppelte Staatsangehörigkeit erhalten.

Durch sonstige Fälle

Weitere Wege zur mehrfachen Staatsangehörigkeit bieten sich etwa durch Wiedererwerb nach Verlust, durch Besitz nachfolgender Staatsangehörigkeiten der ehemaligen Kolonialmacht oder im Wege von Investorenprogrammen.

Rechtsfolgen der doppelten Staatsbürgerschaft

Rechte und Pflichten

Doppelstaatsangehörige werden grundsätzlich als vollwertige Mitglieder beider Staaten betrachtet und unterliegen daher deren jeweiligen Rechten und Pflichten. Dazu zählen etwa:

  • Wahlrecht: Das Recht, an Wahlen in beiden Staaten teilzunehmen, sofern lokale Regelungen dies vorsehen.
  • Schutz durch den Staat: Anspruch auf konsularischen Schutz beider Staaten im Ausland – jedoch mit Einschränkungen (z. B. in Drittstaaten kann nur einer der Staaten konsularische Vertretung wahrnehmen).
  • Wehrpflicht: In einigen Staaten kann eine Doppelstaatsangehörigkeit zu einer möglichen doppelten Wehrpflicht führen oder es bestehen gegenseitige Abkommen zur Vermeidung.
  • Steuerpflicht: Steuerliche Verpflichtungen können sich in beiden Staaten ergeben, insbesondere bei umfassender Steuerpflicht (Welteinkommensprinzip). Doppelbesteuerungsabkommen sollen jedoch Doppelbelastungen vermeiden.

Einschränkungen und Besonderheiten

Einige Staaten erkennen die zweite Staatsangehörigkeit im eigenen Recht nicht an oder ignorieren sie im Rechtsverkehr. In Krisenzeiten, etwa bei politischen oder diplomatischen Spannungen, kann die doppelte Staatsangehörigkeit zu besonderen Herausforderungen führen, z. B. hinsichtlich Auslieferung, Militärdienst oder Einreiseverbote.

Ein weiteres Risiko ergibt sich im Kontext von Visa- und Einreisebestimmungen, wenn ein Staat Einreisen von Bürgern mit doppelter Staatsangehörigkeit beschränkt oder sogar eine Ausweisung vornimmt.

Verlust und Aufgabe der doppelten Staatsbürgerschaft

Der Verlust der doppelten Staatsbürgerschaft kann durch ausdrücklichen Verzicht, Entzug, den Erwerb einer weiteren Staatsangehörigkeit gegen gesetzliches Verbot oder durch Adoption, Heirat oder andere gesetzliche Gründe eintreten. Jedes Land regelt diese Fragen eigenständig. Staaten wie Österreich oder die Niederlande können den Verlust der eigenen Staatsangehörigkeit anordnen, wenn ohne Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erworben wird.

Vor- und Nachteile der doppelten Staatsbürgerschaft

Vorteile

  • Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit: Erleichterte Möglichkeiten von Aufenthalt, Arbeit und Bildung in mehreren Staaten.
  • Rechtepolster: Zugang zu mehreren politischen Systemen, Sozialsystemen und Arbeitsmärkten.
  • Sicherheit: Konsularischer Schutz durch mehrere Staaten im Ausland.
  • Familienrechtliche Vorteile: Vereinfachung bei Aufenthalts- und Erbfragen im Familienverbund mit internationalen Bezügen.

Nachteile

  • Wehrpflicht: Mögliche doppelte Einberufung zum Wehrdienst.
  • Steuerliche Belastungen: Gefahr von Überschneidung steuerlicher Pflichten.
  • Rechtliche Unsicherheiten: Komplexität im internationalen Rechtsverkehr.
  • Komplikationen im Konsularschutz: Einschränkungen des diplomatischen Schutzes im Konfliktfall.

Fazit

Die doppelte Staatsbürgerschaft stellt einen komplexen rechtlichen Status dar, der national und international vielfältige Auswirkungen hat. Sie bietet zahlreiche Vorteile hinsichtlich Mobilität, Beteiligung an mehreren Staaten und Zugang zu vielfältigen Rechten, birgt jedoch auch Herausforderungen, vor allem bei Pflichten und Konflikten zwischen den jeweiligen Rechtsordnungen. Die konkreten Rechte und Pflichten von Doppelstaatsangehörigen hängen maßgeblich von den jeweiligen staatlichen Bestimmungen sowie von internationalen Abkommen ab.


Siehe auch:

Quellen und Literatur:

  • Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)
  • Europäische Konvention über die Staatsangehörigkeit (EKS)
  • Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI): Informationen zur deutschen Staatsangehörigkeit
  • Internationale Rechtsprechung und nationale Gesetzgebungen der jeweiligen Staaten

Häufig gestellte Fragen

In welchen Fällen erlaubt das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht die doppelte Staatsbürgerschaft?

Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht erlaubt eine doppelte Staatsbürgerschaft in bestimmten Ausnahmefällen. Zu den wichtigsten Ausnahmen zählt, wenn der Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit kraft Geburt erfolgt, zum Beispiel durch das sogenannte Geburtsorts- oder Abstammungsprinzip, wenn ein Kind also von Geburt an Eltern unterschiedlicher Nationalitäten hat oder im Ausland zur Welt kommt. Eine weitere Ausnahme greift, wenn ein Deutscher eine ausländische Staatsangehörigkeit auf Antrag annehmen will, dies aber nur mit Genehmigung durch die sogenannte Beibehaltungsgenehmigung (§ 25 Abs. 2 StAG) möglich ist. Hierfür muss nachgewiesen werden, dass die Aufgabe der deutschen Staatsangehörigkeit eine erhebliche persönliche Härte bedeuten würde und dass eine enge Bindung zu Deutschland weiterhin besteht. Ferner können EU-Bürger oder Schweizer durch die Einbürgerung in Deutschland ihre bisherige Staatsangehörigkeit behalten, sofern zwischenstaatliche Abkommen oder das jeweilige Recht ihres Heimatlandes dies gestatten. Auch bei Flüchtlingen oder Staatenlosen kann im Einzelfall von der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit abgesehen werden, wenn dies aus politischen Gründen oder aufgrund unzumutbarer Bedingungen unmöglich ist.

Welche rechtlichen Folgen hat eine doppelte Staatsangehörigkeit nach deutschem Recht?

Eine Person mit doppelter Staatsangehörigkeit wird im Inland grundsätzlich als Deutsche oder Deutscher angesehen; das bedeutet, dass in Deutschland lebende Doppelstaater rechtlich wie ausschließlich deutsche Staatsangehörige behandelt werden (§ 17 Abs. 1 Satz 2 StAG). Im Ausland können jedoch konkurrierende Rechte und Pflichten entstehen: Je nach Land gilt man als dessen Staatsangehöriger und unterliegt dortigen Gesetzen, was zu Unterschieden im konsularischen Schutz oder der Wehrpflicht führen kann. In Bezug auf das Wahlrecht, Sozialversicherungen oder Pflichten wie den Wehrdienst können daher sowohl Privilegien als auch Pflichten aus beiden Staatsangehörigkeiten entstehen. Zudem können Konflikte auftreten, etwa wenn beide Staaten einen Pflichtdienst fordern oder unterschiedliche Einreisevorschriften gelten. Doppelstaater müssen daher rechtliche Konsequenzen sowohl in Deutschland als auch im anderen Staat beachten.

Können Minderjährige eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen und was geschieht nach Erreichen der Volljährigkeit?

Minderjährige können durch Geburt oder Adoption zwei Staatsbürgerschaften erhalten, insbesondere wenn die Elternteile unterschiedliche Staatsangehörigkeiten besitzen oder das Kind im Ausland geboren wird und das Recht des Geburtslandes die sogenannte doppelte Staatsangehörigkeit zulässt. Bis 2014 galt für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern das sogenannte Optionsmodell: Sie mussten sich zwischen dem 18. und 23. Lebensjahr für eine Staatsangehörigkeit entscheiden. Seit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes im Jahr 2014 entfällt die Optionspflicht für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder, sofern sie besondere Bindungen zu Deutschland nachweisen (zum Beispiel den Schulbesuch oder längeren Aufenthalt). Minderjährige müssen beim Übergang in die Volljährigkeit also grundsätzlich keine Entscheidung mehr treffen, sofern sie die Voraussetzungen der neuen gesetzlichen Regelung erfüllen.

Wie wirkt sich eine doppelte Staatsangehörigkeit auf die Wehrpflicht aus?

Die Wehrpflicht ist ein komplexer Aspekt bei doppelter Staatsbürgerschaft, weil viele Länder, darunter auch Deutschland (bis 2011, seitdem ist sie ausgesetzt), Staatsangehörige zur Ableistung von Wehrdienst heranziehen. Ein Doppelstaater kann grundsätzlich in beiden Staaten wehrpflichtig sein, rechtlich ist das sogenannte Doppelstaaterabkommen (zwischen bestimmten Ländern) maßgeblich: Es sieht vor, dass die Wehrpflicht in einem der beiden Staaten abgeleistet werden kann und der andere Staat dies anerkennt. Gibt es ein solches Abkommen nicht, besteht die Gefahr, in beiden Ländern herangezogen zu werden, wobei bestimmte Ausnahmen und Anrechnungen greifen können. Betroffene sind verpflichtet, sich insbesondere bei längeren Auslandsaufenthalten rechtzeitig bei den zuständigen Behörden über ihre Pflichten zu informieren.

Gibt es einen automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit beim Erwerb einer weiteren?

Nach § 25 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) verliert ein Deutscher, der auf eigenen Antrag eine ausländische Staatsangehörigkeit annimmt, grundsätzlich automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit, sofern vorab keine Beibehaltungsgenehmigung von der zuständigen Behörde erteilt wurde. Dieser Verlust tritt nicht ein, wenn der Erwerb der zusätzlichen Staatsangehörigkeit kraft Geburt, durch Eheschließung oder durch Rechtsnachfolge geschieht. Für den Regelfall des freiwilligen Erwerbs gilt daher: Der Besitz beider Pässe ist nur legal, wenn die entsprechende behördliche Genehmigung vorliegt oder eine der besonderen gesetzlichen Ausnahmen zum Tragen kommt.

Welche Unterlagen sind für die Beantragung einer Beibehaltungsgenehmigung erforderlich?

Für die Beantragung einer Beibehaltungsgenehmigung nach § 25 Abs. 2 StAG müssen diverse Unterlagen vorgelegt werden. Dazu gehören ein formloser Antrag mit ausführlicher Begründung, warum der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit eine unzumutbare Härte darstellen würde, Nachweise über die fortbestehende Bindung an Deutschland (zum Beispiel Arbeitsplatz, Wohnung, familiäre Beziehungen), ein gültiger Identitätsnachweis sowie in der Regel Unterlagen zum geplanten Erwerb der anderen Staatsangehörigkeit. Die konkreten Anforderungen können je nach Bundesland abweichen, weswegen vor Antragstellung eine Beratung bei der zuständigen Behörde – der Staatsangehörigkeitsbehörde am Wohnsitz – oder ein Blick in die dortigen Merkblätter ratsam ist.

Welche Länder erkennen die doppelte Staatsangehörigkeit nicht an und was bedeutet das für Betroffene mit deutschem Pass?

Einige Länder – beispielsweise China, Indien oder Saudi-Arabien – erkennen die doppelte Staatsangehörigkeit grundsätzlich nicht an. Das bedeutet, dass Personen mit deutschem Pass, die aus einem dieser Länder stammen und dort eine weitere Staatsangehörigkeit neben der deutschen besitzen, möglicherweise erhebliche rechtliche Konsequenzen drohen. Diese reichen vom automatischen Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit, gesetzlichen Sanktionen, Einschränkungen bei der Ausreise oder im Konsularschutz bis hin zur Aberkennung des deutschen Passes im Heimatland. Es ist daher unerlässlich, sich vor dem Antrag auf eine zusätzliche Staatsangehörigkeit genau über die Gesetzeslage im Heimatland zu informieren, da Regelverstöße unter Umständen auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können.