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Doppelte Staatsbürgerschaft

Begriff und Grundprinzipien der Doppelten Staatsbürgerschaft

Die doppelte Staatsbürgerschaft, auch doppelte Staatsangehörigkeit genannt, bezeichnet den gleichzeitigen Besitz der Staatsangehörigkeit von zwei Staaten durch eine Person. Sie ist ein rechtlicher Status, der Rechte und Pflichten gegenüber beiden Staaten begründet und die Zugehörigkeit zu zwei verschiedenen Rechtsordnungen herstellt.

Abgrenzung: Doppelte Staatsbürgerschaft und Mehrstaatigkeit

Während die doppelte Staatsbürgerschaft genau zwei Staatsangehörigkeiten umfasst, bezeichnet die Mehrstaatigkeit den Besitz von drei oder mehr Staatsangehörigkeiten. Die rechtlichen Grundfragen sind vergleichbar, können aber mit zunehmender Zahl der Staatsangehörigkeiten komplexer werden.

Rechtsrahmen

Ob und unter welchen Voraussetzungen doppelte Staatsbürgerschaft anerkannt wird, legt jeder Staat eigenständig fest. Maßgeblich sind nationale Regelungen, ergänzt durch bilaterale und multilaterale Abkommen. Einheitliche internationale Vorgaben bestehen nicht; daher variieren Zulässigkeit, Erwerb, Verlust und Rechtsfolgen zwischen den Staaten deutlich.

Erwerb der Doppelten Staatsbürgerschaft

Erwerb durch Geburt

Die häufigste Entstehung beruht auf Geburt, wenn die Eltern unterschiedlichen Staaten angehören und beide Staaten den Erwerb nach Abstammung vorsehen. Auch die Geburt in einem Staat, der den Erwerb durch Geburtsort zulässt, kann neben der Abstammung zu doppelter Staatsbürgerschaft führen.

Erwerb durch Einbürgerung

Die Einbürgerung in einem weiteren Staat kann zu doppelter Staatsbürgerschaft führen, sofern der bisherige Staat den Erhalt der Staatsangehörigkeit zulässt und der aufnehmende Staat den Verzicht nicht verlangt. Manche Staaten erlauben Mehrstaatigkeit generell, andere nur in Ausnahmefällen oder unter Bedingungen.

Ehe, Partnerschaft und Adoption

Die Eheschließung mit einer Person aus einem anderen Staat führt nicht automatisch zum Erwerb einer weiteren Staatsangehörigkeit. Einzelne Staaten erleichtern jedoch den Erwerb. Bei Adoption kann eine weitere Staatsangehörigkeit erworben werden, wenn die nationalen Vorschriften dies vorsehen.

Staatennachfolge

Bei staatlichen Grenz- oder Statusänderungen kann doppelte Staatsbürgerschaft entstehen, etwa wenn Personen die ursprüngliche Staatsangehörigkeit behalten und zugleich die eines Nachfolgestaates erlangen.

Anerkennung und Beschränkungen

Zulassende und restriktive Ansätze

Einige Staaten akzeptieren doppelte Staatsbürgerschaft grundsätzlich. Andere knüpfen sie an Bedingungen oder schließen sie aus. Konsequenzen können der automatische Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit beim Erwerb einer neuen sein oder die Pflicht, sich nach Erreichen der Volljährigkeit für eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden.

Options- und Verlustmodelle

Manche Rechtsordnungen kennen Modelle, nach denen bestimmte Personen mit Mehrstaatigkeit zu einem festgelegten Zeitpunkt eine Erklärung abgeben müssen. Unterbleibt dies, kann die Staatsangehörigkeit automatisch erlöschen. Andere Staaten sehen den Entzug bei unerlaubtem Erwerb vor.

Treuepflichten und Loyalitätskonflikte

Doppelte Staatsbürgerschaft kann parallele Treuepflichten auslösen, etwa zur Beachtung staatlicher Gesetze, Leistung von Diensten oder Steuerpflichten. Konflikte werden je nach Staat unterschiedlich gelöst, beispielsweise durch vorrangige Bindungen im Aufenthaltsstaat oder durch spezielle Ausnahmeregelungen.

Rechte und Pflichten doppelt Staatsangehöriger

Politische Rechte

Wahl- und Beteiligungsrechte bestehen grundsätzlich nach den Vorschriften des jeweiligen Staates. In beiden Staaten können politische Rechte bestehen, jedoch sind sie an Bedingungen wie Wohnsitz, Aufenthaltsdauer oder Wahlregistereinträge geknüpft.

Konsularischer Schutz und staatliche Zuständigkeit

Im Ausland kann konsularische Unterstützung in Anspruch genommen werden. Befindet sich eine Person im Hoheitsgebiet eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, ist die Unterstützung durch den anderen Staat häufig eingeschränkt. Zuständigkeiten richten sich nach dem Aufenthaltsort und den nationalen Regeln.

Steuerliche Aspekte

Steuerpflichten ergeben sich nach den Regeln der jeweiligen Staaten. Einige Staaten knüpfen die Steuerpflicht an den Wohnsitz, andere an die Staatsangehörigkeit oder die Herkunft der Einkünfte. Doppelte Staatsbürgerschaft kann zu Überschneidungen führen, die durch Abkommen zur Vermeidung doppelter Besteuerung oder innerstaatliche Anrechnungsmechanismen gemildert werden können.

Wehrpflicht und Ersatzdienste

Staaten können Dienste wie Wehr- oder Ersatzdienst vorsehen. Doppelstaater können dadurch verschiedenen Regelungen unterfallen. Lösungen reichen von Befreiungen über Anerkennung bereits erbrachter Dienste bis hin zu Verpflichtungen in beiden Staaten, abhängig von nationalen Regeln und zwischenstaatlichen Absprachen.

Reisedokumente und Grenzübertritt

Doppelt Staatsangehörige verfügen regelmäßig über mehrere Reisedokumente. Viele Staaten verlangen, dass eigene Staatsangehörige mit dem nationalen Pass ein- und ausreisen. Visapflichten und Einreisebedingungen können je nach verwendetem Pass variieren.

Öffentliche Ämter und Sicherheitsanforderungen

Für bestimmte Ämter und Funktionen bestehen in einigen Staaten Einschränkungen für Personen mit Mehrstaatigkeit oder besondere Offenlegungspflichten. Dies betrifft häufig sicherheitsrelevante Tätigkeiten oder hohe Staatsämter.

Konflikte zwischen Rechtsordnungen

Parallel geltende Rechtsbindungen

Doppelte Staatsbürgerschaft führt zu gleichzeitiger Unterworfenheit unter zwei Rechtsordnungen. Bei Kollisionen greifen Kollisionsregeln, vorrangige Zuständigkeiten oder Absprachen zwischen Staaten. Die Lösung hängt von den jeweiligen nationalen und zwischenstaatlichen Regelungen ab.

Auslieferung und Überstellung

Einige Staaten liefern eigene Staatsangehörige nicht aus, andere kennen Ausnahmen. Bei Doppelstaatern kann sich die Zulässigkeit nach der betroffenen Staatsangehörigkeit, dem Tatort und bestehenden Abkommen richten.

Familien- und Namensrecht

Fragen zu Eheschließung, Namensführung, Abstammung und elterlicher Sorge können je nach anwendbarer Rechtsordnung unterschiedlich beantwortet werden. Bei Mehrstaatigkeit können mehrere Rechtsordnungen in Betracht kommen, was zu divergierenden Ergebnissen führen kann.

Minderjährige

Bei Kindern stehen regelmäßig Kindesschutz und klare Zuständigkeiten im Vordergrund. Entscheidungen zu Sorgerecht, Aufenthaltsbestimmung oder Passangelegenheiten richten sich nach dem Aufenthaltsort, dem Kindeswohl und den einschlägigen nationalen Regelungen.

Verlust, Entzug und Aufgabe

Freiwillige Aufgabe

Einige Staaten ermöglichen den Verzicht auf die Staatsangehörigkeit unter bestimmten Voraussetzungen, etwa zur Vermeidung von Mehrstaatigkeit. Der Verzicht setzt meist einen gesicherten anderen Status voraus.

Automatischer Verlust

Rechtsordnungen können den automatischen Verlust an den Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit knüpfen oder an das Ausbleiben vorgeschriebener Erklärungen. Die Rechtsfolgen hängen von den nationalen Bestimmungen ab.

Entzug

Ein Entzug kann vorgesehen sein, etwa bei Täuschung im Erwerbsverfahren oder bei schweren Pflichtverletzungen. Dabei gelten hohe Anforderungen an Verfahren, Verhältnismäßigkeit und Schutz vor Staatenlosigkeit, soweit nationale Regeln dies vorsehen.

Europäische und völkerrechtliche Bezüge

Zusätzliche Rechte innerhalb der Europäischen Union

Wer die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates besitzt, ist zugleich Unionsbürger oder Unionsbürgerin. Daraus können zusätzliche Freizügigkeitsrechte, Niederlassungsrechte und Beteiligungsmöglichkeiten auf kommunaler sowie europäischer Ebene folgen. Diese bestehen unabhängig davon, ob eine weitere Staatsangehörigkeit vorliegt.

Migration und transnationale Lebensläufe

Globale Mobilität, transnationale Familien und Arbeitsmigration erhöhen die Zahl der Fälle, in denen doppelte Staatsbürgerschaft entsteht. Staaten reagieren darauf mit liberalen, restriktiven oder hybriden Modellen, die jeweils eigene Schwerpunkte setzen.

Typische Konstellationen

Geburt in binationalen Familien

Ein Kind kann durch Abstammung von Eltern unterschiedlicher Staatsangehörigkeit oder durch Kombination mit dem Geburtsortsprinzip zwei Staatsangehörigkeiten erhalten.

Einbürgerung ohne Aufgabe der Herkunftsstaatsangehörigkeit

Wird eine Person in einem neuen Staat eingebürgert, kann die ursprüngliche Staatsangehörigkeit fortbestehen, sofern beide Staaten dies zulassen.

Aufenthalt in zwei Rechtsräumen

Wer regelmäßig zwischen zwei Staaten pendelt, kann parallel unterschiedlichen Pflichten unterliegen, etwa bei Steuern, Meldewesen oder Dokumentenpflichten. Konflikte werden je nach Rechtsordnung durch Prioritäten, Ausnahmen oder Koordinierungen gelöst.

Häufig gestellte Fragen – Doppelte Staatsbürgerschaft

Was bedeutet doppelte Staatsbürgerschaft im rechtlichen Sinne?

Sie bezeichnet den gleichzeitigen Besitz zweier Staatsangehörigkeiten mit der Folge, dass Rechte und Pflichten gegenüber beiden Staaten bestehen und beide Rechtsordnungen auf die Person einwirken können.

Wie entsteht doppelte Staatsbürgerschaft typischerweise?

Sie entsteht häufig durch Geburt bei binationalen Eltern oder durch Kombination von Abstammungs- und Geburtsortsprinzip. Weitere Wege sind Einbürgerung, erleichterter Erwerb im Familienkontext oder Staatennachfolge.

Ist doppelte Staatsbürgerschaft weltweit zulässig?

Die Zulässigkeit ist staatenabhängig. Manche Staaten erlauben sie generell, andere nur unter Bedingungen oder nicht. Unterschiede bestehen bei Erwerb, Verlust und Folgepflichten.

Welche Auswirkungen hat doppelte Staatsbürgerschaft auf Wehrpflichten?

Es können parallele Pflichten bestehen. Lösungen reichen von Befreiungen über Anerkennung geleisteter Dienste bis zu Verpflichtungen in einem oder beiden Staaten, abhängig von nationalen Regeln und Absprachen.

Welche steuerlichen Folgen können auftreten?

Je nach nationalen Regeln kann eine Steuerpflicht aufgrund von Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Staatsangehörigkeit oder Einkunftsquellen entstehen. Überschneidungen werden oft durch Anrechnungsmechanismen oder Abkommen reduziert.

Wie verhält es sich mit konsularischem Schutz bei zwei Staatsangehörigkeiten?

Im Ausland kann grundsätzlich konsularische Hilfe in Anspruch genommen werden. Im Staatsgebiet eines der eigenen Staaten ist Unterstützung durch den anderen Staat häufig eingeschränkt.

Kann doppelte Staatsbürgerschaft wieder verloren gehen?

Ja. Möglich sind freiwilliger Verzicht, automatischer Verlust bei bestimmten Ereignissen oder Entzug unter engen Voraussetzungen. Die Einzelheiten bestimmen die jeweiligen nationalen Vorschriften.

Welcher Pass ist bei Ein- und Ausreise maßgeblich?

Viele Staaten verlangen, dass eigene Staatsangehörige mit dem nationalen Pass ein- und ausreisen. Visa- und Einreisebedingungen können je nach verwendetem Pass voneinander abweichen.