Legal Lexikon

Displaced persons


Begriff und rechtliche Grundlagen von Displaced Persons

Der Ausdruck Displaced persons (deutsch: „Vertriebene“ oder „displaced persons/DPs“) beschreibt Personen, die aufgrund von bewaffneten Konflikten, Menschenrechtsverletzungen, Naturkatastrophen oder anderen zwingenden Umständen ihr Herkunftsland oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort verlassen mussten. Im rechtlichen Kontext bezeichnet „displaced persons“ sowohl Geflüchtete im grenzüberschreitenden Sinne als auch Binnenvertriebene (englisch: Internally Displaced Persons, IDPs). Die Behandlung, der Status und der Schutz von displaced persons sind international und national durch verschiedene Rechtsinstrumente geregelt.


Internationale Rechtsgrundlagen für Displaced Persons

Völkerrechtliche Definitionen

Im internationalen Recht existiert keine einheitliche Definition des Begriffs „displaced person“. Weit verbreitet sind jedoch folgende Abgrenzungen:

  • Flüchtlinge gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 (englisch: Refugee Convention) sind Personen, die „aus begründeter Furcht vor Verfolgung“ ihr Heimatland verlassen haben.
  • Binnenvertriebene (IDPs) sind Menschen, die aus ähnlichen Gründen wie Flüchtlinge vertrieben wurden, sich aber innerhalb der Grenzen ihres Heimatstaates bewegen.

Relevante internationale Verträge

Genfer Flüchtlingskonvention (1951) und das Protokoll von 1967

Die Genfer Flüchtlingskonvention stellt das zentrale internationale Regelwerk zum Flüchtlingsschutz dar. Sie gewährt anerkannten Flüchtlingen bestimmte Rechte, beispielsweise Schutz vor Zurückweisung („Non-Refoulement“), Zugang zu Gerichten, Bildung und Arbeit. Das Protokoll von 1967 hebt die ursprünglich geografischen und zeitlichen Beschränkungen der Konvention auf.

Guiding Principles on Internal Displacement (1998)

Für Binnenvertriebene gibt es keine eigene völkerrechtlich bindende Konvention. Die von den Vereinten Nationen entwickelten „Leitlinien über Binnenvertreibung“ („Guiding Principles on Internal Displacement“) dienen als maßgeblicher Standard für den Schutz und die Unterstützung von IDPs auf nationaler und internationaler Ebene. Sie stützen sich auf bestehende Menschenrechtsabkommen und international-humanitäres Recht.

Weitere völkerrechtliche Instrumente

  • Die Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen (z. B. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte) gelten grundsätzlich auch für displaced persons.
  • In regionalen Kontexten, wie der Afrikanischen Union, existieren ergänzende Übereinkommen (z. B. die Kampala-Konvention von 2009 zum Schutz und zur Hilfe für Binnenvertriebene in Afrika).

Merkmale und rechtlicher Status von Displaced Persons

Differenzierung zwischen Geflüchteten und Binnenvertriebenen

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal von displaced persons ist, ob sie eine internationale Grenze überschritten haben. Flüchtlinge unterfallen als grenzüberschreitend Vertriebene den Regeln der Genfer Flüchtlingskonvention. Binnenvertriebene hingegen verbleiben im Gebiet ihres Staates und sind auf den innerstaatlichen Schutz angewiesen, unterstützt durch internationale Menschenrechts- und humanitäre Standards.

Rechte von Displaced Persons

Flüchtlinge

Anerkannte Flüchtlinge erhalten unter bestimmten Voraussetzungen:

  • Recht auf Nichtzurückweisung (Non-Refoulement)
  • Recht auf Schutz, Unterkunft, Gesundheitsversorgung und Bildung
  • Arbeitsrechtliche Gleichstellung mit Inländern
  • Recht auf Dokumentation (z. B. Reisedokumente)

Binnenvertriebene

IDPs besitzen formell weiterhin die vollen staatsbürgerlichen Rechte. Die „Guiding Principles“ betonen u. a.:

  • Schutz vor Zwangsrückkehr an gefährliche Orte
  • Erleichterter Zugang zu humanitärer Hilfe
  • Maßnahmen gegen Diskriminierung aufgrund von Vertreibung

Völkerrechtliche Schutzmechanismen und Überwachung

Rolle der Vereinten Nationen und ihrer Organisationen

UNHCR

Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) ist die zentrale internationale Organisation für Schutz, Unterstützung und dauerhafte Lösungen für Flüchtlinge und andere displaced persons. Mandat, Umfang und Kompetenzen sind im Abkommen von 1950 und der Flüchtlingskonvention geregelt.

OCHA und der Schutz von IDPs

Das Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) übernimmt zusammen mit UNHCR und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) koordinierende Aufgaben beim Schutz von IDPs.

Monitoring und Berichterstattung

Internationale Organisationen dokumentieren die Lage displaced persons und geben Empfehlungen zu deren Schutz ab.


Nationales Recht und Umsetzung

Umsetzung internationaler Vorgaben

Staaten, die die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert haben, sind verpflichtet, deren Standards ins nationale Recht zu überführen (z. B. Asylgesetze, Aufnahmegesetze). Für IDPs müssen Staaten entsprechend ihrer menschenrechtlichen Pflichten Schutz und Unterstützung gewähren, auch ohne bindenden Spezialvertrag.

Asylverfahren und Anerkennung

In Deutschland und der Europäischen Union erfolgt die Anerkennung als Flüchtling nach detaillierten Einzelprüfungen durch Behörden (etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Der Status als IDP wird meist festgestellt, wenn internationale Organisationen im Herkunftsstaat Unterstützung leisten.


Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen

Rechtslücken und Schutzdefizite

Trotz völkerrechtlicher Mindeststandards bestehen insbesondere für IDPs Schutzdefizite, etwa bei innerstaatlichen Konflikten oder fehlender Umsetzung der Leitlinien auf nationaler Ebene. Auch der Status „displaced person“ begründet nicht außerhalb völkerrechtlicher Verträge automatisch einen Anspruch auf Aufnahme oder besonderen Schutz.

Neue Ursachen von Vertreibung

Die Auswirkungen des Klimawandels, Umweltkatastrophen und großflächige, staatenübergreifende Krisen führen zu einer Zunahme von displaced persons, ohne dass bislang spezifische internationale Rechtsmechanismen bereitstehen.


Fazit

Displaced persons ist ein Sammelbegriff für Personen, die gezwungen sind, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort infolge von Gewalt, Verfolgung oder Katastrophen zu verlassen. Der rechtliche Status dieser Personen variiert je nach Art der Vertreibung (grenzüberschreitend oder intern) und unterliegt internationalen und nationalen Regelungen. Während für Flüchtlinge umfassende Normierungen existieren, bleibt der Schutz von IDPs oft defizitär. Die fortschreitende Zunahme von Verschiebungen der Weltbevölkerung unterstreicht die Bedeutung einer fortlaufenden Entwicklung und Stärkung der rechtlichen Rahmenbedingungen für displaced persons.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Ansprüche haben Displaced Persons auf Asyl in Deutschland?

Displaced Persons können unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland Asyl beantragen. Das deutsche Asylrecht basiert auf dem Grundgesetz (Art. 16a GG), dem Asylgesetz (AsylG), der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sowie den Regularien des Europäischen Asylrechts (insbesondere der Qualifikationsrichtlinie und der Dublin-III-Verordnung). Um Asyl zu erhalten, muss eine Person individuell darlegen, dass sie aus einem der in Art. 16a GG und § 3 AsylG genannten Gründe politischer Verfolgung, aus rassistisch, religiös, nationalitäts- oder gruppenspezifischer Verfolgung oder im Sinne der GFK verfolgt wird. Daneben gibt es den subsidiären Schutz nach § 4 AsylG für Personen, denen in ihrem Herkunftsstaat ernsthafter Schaden droht, etwa durch Folter, Todesstrafe oder Krieg. Der rechtliche Ablauf des Asylverfahrens umfasst die Antragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), eine umfassende Anhörung, die behördliche Prüfung und eine mögliche gerichtliche Überprüfung negativer Entscheidungen. Displaced Persons haben im Verfahren Anspruch auf Dolmetschung, rechtliches Gehör und unter Umständen auf juristische Beratung.

Gibt es spezielle Aufenthaltsrechte für Displaced Persons, wenn sie nicht als Flüchtlinge anerkannt werden?

Ja, Displaced Persons können auch dann Aufenthaltsrechte erhalten, wenn sie nicht als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt werden. Das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sieht verschiedene Optionen vor, beispielsweise den subsidiären Schutz (§ 4 AsylG), Abschiebungsverbote (§ 60 Absatz 5 und 7 AufenthG), oder insbesondere bei humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4, 5 oder 5a AufenthG. Diese Regelungen greifen, wenn eine Abschiebung in das Herkunftsland aus rechtlichen oder humanitären Gründen unmöglich oder unzumutbar ist, etwa bei drohender Todesstrafe, Folter, unmenschlicher Behandlung oder schwerer individueller Gefahr. Der jeweilige Status ist mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten verbunden und bedarf regelmäßig einer erneuten Prüfung.

Wie werden Displaced Persons rechtlich hinsichtlich ihrer Familienzusammenführung behandelt?

Im Rahmen des Aufenthaltsrechts haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Geschützte grundsätzlich ein Recht auf Familiennachzug (§§ 29 ff. AufenthG). Der Kreis der berechtigten Familienangehörigen ist gesetzlich klar umrissen und umfasst in der Regel Ehegatten und minderjährige ledige Kinder. Besondere Fristen sind einzuhalten, insbesondere beim Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten, der strengen Voraussetzungen und einen fristgerechten Antrag erfordert. Für Personen mit einem humanitären Aufenthaltsrecht oder lediglich Duldung gelten hingegen erheblich eingeschränkte Rechte auf Familiennachzug, die im Einzelfall von der Behörde unter besonderer Berücksichtigung schutzwürdiger Belange geprüft werden.

Welche rechtlichen Beschränkungen bestehen für Displaced Persons im Hinblick auf Arbeitsaufnahme und Ausbildung?

Die Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme und zum Zugang zu Ausbildung hängt vom jeweiligen Aufenthaltsstatus der Displaced Person ab. Während Asylsuchende und Personen mit Duldung für einen bestimmten Zeitraum einem Beschäftigungsverbot (§ 61 AsylG) unterliegen können, haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte grundsätzlich freien Zugang zum Arbeitsmarkt und können eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Die Arbeitsaufnahme ist jedoch stets an eine Zustimmung der Ausländerbehörde sowie ggf. der Bundesagentur für Arbeit gebunden, wobei Vorrang- und Arbeitsmarktprüfungen zur Anwendung kommen können. Für Ausbildungen bestehen Sonderregelungen, etwa Ausbildungserlaubnisse für Geduldete unter bestimmten Voraussetzungen (§ 60a Absatz 2 Satz 4 AufenthG). Die jeweiligen Regelungen unterliegen fortlaufenden rechtlichen Anpassungen.

Unterliegen Displaced Persons besonderen Melde- oder Residenzpflichten in Deutschland?

Displaced Persons unterliegen spezifischen Melde- und Aufenthaltspflichten, die je nach Aufenthaltsstatus und Verfahrensstand unterschiedlich ausgestaltet sind. Während des laufenden Asylverfahrens besteht die Pflicht zur Meldung und Residenz in einer zugewiesenen Erstaufnahmeeinrichtung (§ 47 AsylG). Dazu kommt in der Regel eine räumliche Beschränkung für einen bestimmten Zeitraum (§ 56 AsylG) und bei Duldung eine Wohnsitzauflage (§ 61 Absatz 1d AufenthG). Verstöße gegen diese Pflichten können aufenthaltsrechtliche und ordnungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Nach Anerkennung oder Erteilung eines anderweitigen Aufenthaltstitels können diese Beschränkungen aufgehoben werden, wobei Sonderregelungen etwa zur Wohnsitzzuweisung (§ 12a AufenthG) weiterhin gelten können.

Wie werden minderjährige Displaced Persons rechtlich besonders geschützt?

Minderjährige Displaced Persons genießen nach deutschem Recht (SGB VIII, BGB), europäischen und internationalen Maßgaben (z.B. UN-Kinderrechtskonvention) einen besonderen Status und Schutz. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden vom Jugendamt in Obhut genommen (§ 42 SGB VIII) und erhalten einen Vormund. Im Asylverfahren sind spezielle Verfahrensgarantien und besonders geschulte Anhörer vorgesehen, um kindgerechte Abläufe und Anhörungen sicherzustellen. Ihre Rechte auf Schulbildung, Gesundheitsversorgung und Betreuung sind gesetzlich besonders gewährleistet. Abschiebungen minderjähriger Displaced Persons erfolgen unter besonders strengen Voraussetzungen und unter Berücksichtigung des Kindeswohls.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen für Displaced Persons gegen eine ablehnende Behördenentscheidung vorzugehen?

Gegen ablehnende Entscheidungen im Asylverfahren oder aufenthaltsrechtliche Ablehnungen steht Displaced Persons der Rechtsweg offen. Das Asylgesetz sieht detaillierte Rechtsbehelfe vor, z.B. die Klage zum Verwaltungsgericht (§ 74 AsylG) gegen einen abgelehnten Asylantrag. Es gelten jeweils spezifische Fristen: Regelmäßig beträgt die Klagefrist zwei Wochen, bei sogenannten „offensichtlich unbegründeten“ Entscheidungen eine Woche. Auch im Aufenthaltsrecht bestehen Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen ablehnende oder ableitende Verwaltungsakte (§ 80 ff. VwGO). Im gerichtlichen Verfahren besteht Anspruch auf Prozesskostenhilfe unter bestimmten Voraussetzungen sowie auf anwaltliche Unterstützung. Ein Eilverfahren zum Stoppen von Abschiebemaßnahmen ist ebenfalls möglich.