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Diskriminierungsverbot


Definition und Rechtsgrundlagen des Diskriminierungsverbots

Das Diskriminierungsverbot ist ein zentrales Rechtsprinzip in nationalen und internationalen Rechtsordnungen, das die Benachteiligung von Personen oder Gruppen aufgrund bestimmter persönlicher Merkmale untersagt. Es dient dem Schutz der Menschenwürde, der Chancengleichheit sowie der gesellschaftlichen Teilhabe und ist insbesondere im Grund- und Menschenrechtsschutz verankert. Das Diskriminierungsverbot bildet damit einen elementaren Bestandteil moderner Rechtsstaaten und wird durch zahlreiche Normen und Regelwerke konkretisiert.


Historische Entwicklung

Das Diskriminierungsverbot entwickelte sich im Zuge des internationalen Menschenrechtsschutzes. Bereits die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) von 1948 enthält in Art. 2 ein Diskriminierungsverbot. Die Weiterentwicklung dieser Prinzipien spiegelt sich in unterschiedlichsten internationalen und nationalen Rechtsinstrumenten wider, wie etwa der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) oder den Verfassungen der Staaten.


Nationales Recht: Diskriminierungsverbot in Deutschland

Verfassungsrechtliche Verankerung

In Deutschland ist das Diskriminierungsverbot grundrechtlich in Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) geregelt. Der Artikel schreibt in Abs. 1 die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz fest und verbietet in Abs. 3 ausdrücklich die Benachteiligung oder Bevorzugung wegen Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben, religiösen oder politischen Anschauungen und einer Behinderung.

Auszug aus Art. 3 GG:

  • Absatz 1: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
  • Absatz 2: Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
  • Absatz 3: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Einfachgesetzliche Ausgestaltung

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auch als Antidiskriminierungsgesetz bekannt, konkretisiert das Diskriminierungsverbot für das Arbeitsleben und den Alltag. Es schützt vor Benachteiligung aus den Gründen Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität. Das AGG regelt Ansprüche, Verfahren und Sanktionen bei Verstößen gegen das Diskriminierungsverbot.

Weitere einfachgesetzliche Regelungen

Auch andere Rechtsgebiete enthalten spezifische Diskriminierungsverbote, etwa im Sozialrecht (§ 33c SGB I), Schulrecht, Mietrecht, Strafrecht oder öffentlichen Dienstrecht.


Internationales und Europäisches Recht

Europäische Union

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh), insbesondere Art. 21, enthält ein umfassendes Diskriminierungsverbot. Darüber hinaus existieren zahlreiche EU-Richtlinien, die explizit Schutzmechanismen gegen Diskriminierung vorsehen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt (z.B. Richtlinie 2000/43/EG zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft).

Weitere internationale Menschenrechtsverträge

Zentrale internationale Abkommen wie der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) und die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) regeln das Diskriminierungsverbot als verbindliches Menschenrecht. Besondere Bedeutung haben zudem Konventionen wie die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW).


Anwendungsbereiche des Diskriminierungsverbots

Arbeitsrecht

Das Diskriminierungsverbot findet im Arbeitsrecht umfassende Anwendung, etwa bei Einstellungen, Arbeitsbedingungen, Entlohnung, Beförderung und Kündigungen. Arbeitgeber haben Vorkehrungen zu treffen, um eine Benachteiligung von Beschäftigten zu verhindern.

Zivilrechtliche Beziehungen

Im Privatrechtsverkehr, z.B. bei der Vermietung von Wohnraum, beim Zugang zu Dienstleistungen und beim Abschluss von Verträgen, ist die Diskriminierung ebenso untersagt. Das Diskriminierungsverbot schützt Betroffene vor Benachteiligung und eröffnet Ansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung.

Öffentliche Verwaltung und staatliches Handeln

Staatliche Behörden sind zur Gleichbehandlung verpflichtet und dürfen in Verwaltungsverfahren oder beim Erlass von Rechtsakten keine sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierungen treffen.


Begriffe und Abgrenzungen

Direkte und indirekte Diskriminierung

  • Direkte Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person wegen eines Diskriminierungsmerkmals unmittelbar benachteiligt wird.
  • Indirekte Diskriminierung bezeichnet Maßnahmen oder Praktiken, die zwar scheinbar neutral sind, aber tatsächlich Angehörige bestimmter Gruppen benachteiligen.

Positive Maßnahmen (Affirmative Action)

Das Diskriminierungsverbot schließt bestimmte Maßnahmen zur Beseitigung bestehender Nachteile (positive Maßnahmen) nicht aus. Ziel ist die Herstellung tatsächlicher Gleichbehandlung.


Durchsetzung des Diskriminierungsverbots und Rechtsfolgen

Rechtsschutz und Ansprüche

Betroffene können vor Gerichten und/oder Antidiskriminierungsstellen Schutz und Abhilfe suchen. Entsprechende Ansprüche umfassen etwa Ersatz des Schadens, Unterlassung, Beseitigung von Nachteilen und ggf. Entschädigung.

Beweislastumkehr

Das AGG sieht in bestimmten Fällen eine Beweislastumkehr zugunsten der benachteiligten Person vor. Liegen Indizien für eine Diskriminierung vor, muss die Gegenseite beweisen, dass keine Benachteiligung erfolgt ist.

Sanktionen und Folgen bei Verstößen

Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot können arbeitsrechtliche, zivile und auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Besonders im Arbeitsverhältnis sind Abmahnung, Kündigung oder Schadensersatzansprüche mögliche Folgen.


Bedeutung und Bewertung

Das Diskriminierungsverbot ist ein zentrales Element der Rechtsstaatlichkeit, der demokratischen Werteordnung und der sozialen Gerechtigkeit. Es garantiert, dass niemand wegen persönlicher Merkmale ausgeschlossen, benachteiligt oder bevorzugt wird und trägt wesentlich zu einer offenen, pluralistischen Gesellschaft bei.


Literaturhinweise

  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG)
  • Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh)
  • Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)
  • Richtlinien der Europäischen Union zum Antidiskriminierungsrecht
  • Internationale Menschenrechtsverträge (AEMR, IPbpR, UN-BRK)

Siehe auch

  • Gleichbehandlungsgrundsatz
  • Menschenrechte
  • Gleichberechtigung
  • Antidiskriminierungspolitik

Hinweis: Dieser Beitrag bietet eine umfassende Übersicht über das Diskriminierungsverbot in rechtlicher Hinsicht für ein Rechtslexikon und adressiert zahlreiche Aspekte, die für eine detaillierte Recherche und Verständnis relevant sind.

Häufig gestellte Fragen

Gilt das Diskriminierungsverbot sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor?

Das Diskriminierungsverbot entfaltet seine Wirkung in Deutschland sowohl im öffentlichen Sektor als auch im privaten Bereich, wobei die rechtlichen Grundlagen unterschiedlich ausgestaltet sind. Im öffentlichen Sektor, also für staatliche Institutionen und deren Handeln, ergibt sich das Diskriminierungsverbot unmittelbar aus dem Grundgesetz, insbesondere aus Artikel 3 GG, welcher die Gleichheit vor dem Gesetz garantiert und jede Benachteiligung aus Gründen der Rasse, Abstammung, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben, religiösen oder politischen Anschauungen ausdrücklich untersagt. Behörden, Gerichte, Schulen oder andere öffentliche Einrichtungen sind verpflichtet, das Diskriminierungsverbot bei all ihren Maßnahmen und Entscheidungen einzuhalten. Im privaten Bereich, also beispielsweise bei Arbeitsverhältnissen, Mietverträgen, Vereinszugehörigkeiten oder Dienstleistungen, kommt vorrangig das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zur Anwendung, das detaillierte Regelungen zum Schutz vor Benachteiligungen aufgrund bestimmter Merkmale vorsieht. Private Arbeitgeber, Vermieter oder Dienstleistungsanbieter sind verpflichtet, die darin vorgesehenen Benachteiligungsverbote zu beachten. Allerdings gibt es im Privatrecht Ausnahmen, etwa im sogenannten „unmittelbaren familiären Bereich“ (§ 19 Abs. 1 AGG), sodass das Diskriminierungsverbot hier nicht schrankenlos gilt.

Welche Merkmale werden durch das Diskriminierungsverbot geschützt?

Das Diskriminierungsverbot schützt rechtlich bestimmte persönliche Merkmale vor Benachteiligungen. Im deutschen Recht werden durch Artikel 3 GG unter anderem Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Abstammung, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen sowie Behinderung als besonders schutzwürdig genannt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erweitert diese Liste und nennt explizit die Merkmale Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität (§ 1 AGG). Diese Aufzählung ist abschließend, das heißt, Diskriminierungen aus anderen Gründen fallen nicht unter das AGG, es sei denn, sie verstoßen gegen andere spezielle Gesetze. Für bestimmte Lebensbereiche, wie den öffentlichen Dienst, kann sich das Diskriminierungsverbot jedoch aus weiteren Rechtsquellen oder über die allgemeine Gleichbehandlungspflicht auch auf andere Merkmale erstrecken.

Was muss eine betroffene Person bei einer Diskriminierung im Arbeitsleben tun, um ihre Rechte gerichtlich geltend zu machen?

Um im Falle einer Diskriminierung im Arbeitsleben rechtlich gegen Benachteiligungen vorgehen zu können, sind bestimmte Fristen und formelle Anforderungen zu beachten. Das AGG sieht vor, dass Benachteiligte ihren Anspruch auf Entschädigung oder Schadenersatz grundsätzlich innerhalb von zwei Monaten schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen müssen, nachdem sie von der Benachteiligung Kenntnis erlangt haben (§ 15 Abs. 4 AGG). Nach erfolgter Geltendmachung und ausbleibender Abhilfe durch den Arbeitgeber, kann binnen weiterer drei Monate Klage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Es gilt eine abgestufte Beweislast: Das Opfer muss Indizien darlegen, die vermuten lassen, dass eine Benachteiligung aus einem durch das AGG geschützten Grund vorliegt. Gelingt dies, ist der Arbeitgeber verpflichtet nachzuweisen, dass kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vorliegt. Die betroffene Person kann zudem Unterstützung durch den Betriebsrat, eine Antidiskriminierungsstelle oder Gewerkschaften in Anspruch nehmen.

Gibt es rechtlich zulässige Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot?

Ja, das Diskriminierungsverbot kennt nach deutschem und europäischem Recht gewisse zulässige Ausnahmen. Im Arbeitsrecht beispielsweise kann eine unterschiedliche Behandlung zulässig sein, wenn ein bestimmtes Merkmal (etwa das Geschlecht oder die Religion) eine „wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ darstellt (§ 8 AGG). Ein Beispiel ist etwa eine Schauspielrolle, für die ein bestimmtes Geschlecht verlangt werden darf, oder die Anforderung einer bestimmten Konfession bei religiösen Einrichtungen. Ebenfalls zulässig sind positive Maßnahmen, sogenannte „affirmative action“, also Maßnahmen zur Förderung von benachteiligten Gruppen (vgl. § 5 AGG). Auch im Zivilrecht können, beispielsweise beim Abschluss privater Vertragsverhältnisse im engsten familiären Bereich, Ausnahmen bestehen (§ 19 Absatz 1 AGG). Die Ausnahmen sind jedoch eng auszulegen und müssen verhältnismäßig sowie sachlich gerechtfertigt sein.

Welche Klagemöglichkeiten bestehen gegen staatliche Diskriminierung?

Gegen Diskriminierungen durch staatliches Handeln stehen dem Betroffenen mehrere Klagemöglichkeiten offen. Zunächst kann im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens oder gegen einen Verwaltungsakt Widerspruch eingelegt und anschließend Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Darüber hinaus kann das Diskriminierungsverbot auch im Rahmen der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden, etwa wenn eine Verletzung von Artikel 3 GG vorliegt. In bestimmten Fällen, insbesondere bei Diskriminierung auf Grund der Rasse oder ethnischer Herkunft, kann auch der Weg vor die Europäischen Gerichte wie den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) offenstehen, sofern innerstaatliche Rechtswege ausgeschöpft wurden. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Diskriminierung bei spezialisierten unabhängigen Stellen, wie etwa der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, anzuzeigen, die jedoch weder rechtsprechende noch sanktionierende Befugnisse hat.

Wie verhält sich das Diskriminierungsverbot zur Vertragsfreiheit?

Das Diskriminierungsverbot setzt der zivilrechtlichen Vertragsfreiheit in bestimmten Bereichen rechtlich bindende Grenzen. Zwar besteht grundsätzlich Privatautonomie, also die Freiheit, Verträge nach eigenen Vorstellungen abzuschließen oder abzulehnen. Das AGG schränkt diese Freiheit jedoch im Anwendungsbereich des Gesetzes bezüglich der genannten Diskriminierungsmerkmale ausdrücklich ein. Bei sogenannten Massengeschäften des täglichen Lebens (wie beim Einkauf, der Inanspruchnahme von Dienstleistungen, Wohnungsvermietung) oder im Arbeitsleben darf keine Benachteiligung aufgrund der geschützten Merkmale erfolgen. Zugleich werden auch hier Einschränkungen eingeräumt, etwa wenn sachliche Gründe für die unterschiedliche Behandlung vorliegen (§ 20 AGG). Die Regelung soll einen Ausgleich zwischen dem Interesse am diskiminierungsfreien Zugang zu Gütern und Dienstleistungen und der Wahrung der Privatautonomie schaffen.

Welche Rechtsfolgen drohen bei einem Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot?

Bei einem nachgewiesenen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot drohen unterschiedliche Rechtsfolgen. Im Arbeitsrecht kann dem Betroffenen ein Anspruch auf Beseitigung der Benachteiligung, Schadensersatz sowie eine angemessene Entschädigung wegen immateriellen Schadens zustehen (§§ 15, 21 AGG). Im Zivilrecht kann ein benachteiligter Vertragspartner auf Erfüllung, Schadensersatz oder Unterlassung klagen (§ 21 AGG). Darüber hinaus können Vereine, Organisationen oder Unternehmen bei Verstößen durch Gerichte auch zu Änderungen ihrer Geschäftspraktiken verpflichtet werden. In bestimmten Fällen – etwa bei Diskriminierungen, die im Zusammenhang mit rassistischen Motiven oder Volksverhetzung stehen – können strafrechtliche Konsequenzen, wie gemäß § 130 StGB (Volksverhetzung), hinzukommen. Des Weiteren können Behörden im Rahmen der Rechtsaufsicht gegen diskriminierende Maßnahmen einschreiten. In der Praxis hat sich zudem gezeigt, dass ein Verstoß erheblichen Reputationsschaden und damit wirtschaftliche Einbußen nach sich ziehen kann.