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Differenzbesteuerung


Definition und Grundlagen der Differenzbesteuerung

Die Differenzbesteuerung, häufig im Kontext der Umsatzsteuer angewandt, ist ein besonderes steuerliches Verfahren, das die Versteuerung der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis bei bestimmten Wirtschaftsgütern ermöglicht. Ziel der Differenzbesteuerung ist es, eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, wenn gebrauchte Gegenstände gehandelt werden. Rechtsgrundlage ist insbesondere § 25a UStG (Umsatzsteuergesetz). Die Regelung richtet sich an Wiederverkäufer, also Unternehmer, die gewerbsmäßig gebrauchte Gegenstände ankaufen und weiterveräußern.

Anwendungsbereich der Differenzbesteuerung

Begünstigte Unternehmer und Gegenstände

Differenzbesteuerung kann ausschließlich von Unternehmern angewendet werden, die gebrauchte bewegliche Gegenstände im eigenen Namen an- und verkaufen. Zu den typischen Fallgruppen zählen der Gebrauchtwagenhandel, Kunst- und Antiquitätenhandel sowie der Handel mit Sammlerstücken. Das Verfahren ist insbesondere relevant, wenn der Erwerb ohne Umsatzsteuer erfolgte, beispielsweise von Privatpersonen oder Kleinunternehmern (§ 19 UStG), die keine Umsatzsteuer ausweisen.

Erfasste Geschäfte

Nicht sämtliche Handelsgeschäfte sind begünstigt. Voraussetzungen sind, dass der Verkäufer beim Erwerb keine Vorsteuer abgezogen hat und dass es sich um ein gebrauchtes, bewegliches Wirtschaftsgut handelt. Ausgeschlossen sind Waren, bei denen die Umsatzsteuer im Ankauf bereits abgezogen wurde, sowie neue nicht bewegliche Güter, wie zum Beispiel Immobilien.

Rechtliche Regelungen und Vorgehen nach § 25a UStG

Voraussetzungen für die Anwendung

Die zentrale Norm zur Differenzbesteuerung ist § 25a UStG. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift kann die Differenzbesteuerung angewandt werden, wenn:

  • Der Erwerb der Gegenstände von einer Privatperson, einem nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer (z.B. Kleinunternehmer) oder im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Lieferungen außerhalb des Steuergebietes erfolgt ist,
  • die Gegenstände in der Regel wiederverkauft werden,
  • und der Erwerber zum Handel derartiger Gegenstände berechtigt ist.

Steuerberechnung und Steuersatz

Bei der Differenzbesteuerung wird die Umsatzsteuer ausschließlich auf die Differenz zwischen Ankaufspreis und Verkaufspreis, die sogenannte Handelsspanne, berechnet. Innerhalb dieser Regelung ist nicht der gesamte Verkaufspreis, sondern lediglich die erzielte Marge steuerpflichtig. Der Regelsteuersatz (§ 12 UStG) findet Anwendung, es sei denn, ein ermäßigter Steuersatz ist zulässig, etwa bei bestimmten Kunstgegenständen.

Beispiel zur Berechnung

  • Ankaufspreis: 4.000 Euro
  • Verkaufspreis: 5.000 Euro
  • Differenz: 1.000 Euro

Die Umsatzsteuer bezieht sich auf die 1.000 Euro (Handelsspanne), nicht auf den gesamten Verkaufspreis.

Besonderheiten und Sammelposten

Wird für ein Geschäft der Wiederverkäufer die Differenzbesteuerung angewandt, darf weder der Ankaufspreis noch die Steuer gesondert ausgewiesen werden (§ 14a Abs. 6 UStG). Auch darf die Vorsteuer aus vorgelagerten Leistungen nicht abgezogen werden.

Pflichten und Aufzeichnungserfordernisse

Gemäß § 25a Abs. 6 UStG bestehen besondere Aufzeichnungspflichten. Der Unternehmer muss nachvollziehbar die einzelnen Differenzgeschäfte dokumentieren, insbesondere den Einkaufspreis und den genauen Verkaufspreis jeden Artikels. Sogenannte Sammelposten sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, sofern die Einzelermittlung nicht zumutbar ist und die Voraussetzungen nachweislich eingehalten werden.

Praktische Bedeutung der Differenzbesteuerung

Vorteile und Ziele

Die Differenzbesteuerung dient dazu, Mehrfachbelastungen mit Umsatzsteuer im Handelsverkehr mit gebrauchten Gegenständen zu verhindern. Ohne die Regelung käme es zu einer steuerlichen Benachteiligung, da bereits beim Erstverkauf die Umsatzsteuer mit dem vollen Wert erhoben wurde.

Häufig betroffene Branchen

  • Gebrauchtwagenhandel
  • Kunst- und Antiquitätenhandel
  • Secondhand-Bekleidung
  • Elektronik- und Gebrauchtwarenhandel
  • Münz- und Briefmarkensammlerhandel

Ausnahmen und Einschränkungen

Nicht begünstigte Erwerbe

Unternehmer, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und neue Waren oder Leistungen beziehen, können die Differenzbesteuerung nicht anwenden. Ebenso ausgeschlossen ist das Verfahren bei folgenden Erwerbswegen:

  • Erwerb von anderen Unternehmern mit ausgewiesener Umsatzsteuer,
  • Innergemeinschaftliche Erwerbe mit ausgewiesener Steuer,
  • Eigenerstellung von Waren.

Besondere Regelungen für Kunst, Sammlerstücke und Antiquitäten

Im Hinblick auf Kunstgegenstände, Sammlerstücke und Antiquitäten (§ 25a Abs. 2 UStG) sind spezielle marginale Steuersätze und Sonderregelungen vorgesehen, um den internationalen Handel zu ermöglichen und zu vereinfachen.

Rechtsfolgen bei fehlerhafter Anwendung

Eine fehlerhafte Anwendung der Differenzbesteuerung kann insbesondere steuerliche Konsequenzen wie Steuerverkürzung, Bußgelder oder steuerliche Nachforderungen nach sich ziehen. Unternehmer sind daher verpflichtet, die Anwendung sorgfältig zu prüfen und die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Die Finanzverwaltung veröffentlicht regelmäßig Leitlinien und allgemeine Erläuterungen zur Auslegung der Vorschriften.

Zusammenfassung

Die Differenzbesteuerung ist ein steuerliches Instrument zur Vermeidung der Doppelbesteuerung beim Handel mit gebrauchten Gegenständen. Die umsatzsteuerliche Belastung wird hierbei auf die Handelsspanne begrenzt. Das Verfahren ist streng an gesetzliche Voraussetzungen und Dokumentationspflichten gebunden. Die zentrale Rechtsgrundlage bildet § 25a UStG, ergänzt um spezifische Ausführungsbestimmungen aus dem Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) und weiteren Verwaltungsvorschriften. Die Differenzbesteuerung leistet einen wichtigen Beitrag zur steuerlichen Gleichbehandlung im Gebrauchtwarenhandel und bietet Rechtssicherheit für Handel und Verwaltung.

Häufig gestellte Fragen

Welche Voraussetzungen müssen juristisch für die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG erfüllt sein?

Für die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG gelten mehrere strenge rechtliche Voraussetzungen. Erstens muss der Unternehmer Wiederverkäufer im Sinne des Gesetzes sein, also regelmäßig mit bestimmten beweglichen Gegenständen handeln. Zweitens darf es sich bei den verkauften Gegenständen ausschließlich um gebrauchte Gegenstände, Kunstgegenstände, Antiquitäten oder Sammlungsstücke im Sinne des Umsatzsteuergesetzes handeln. Weiterhin muss der Verkäufer die Ware entweder von einer Privatperson, einem Unternehmer, der den Gegenstand ausschließlich für Umsätze verwendet hat, die den Vorsteuerabzug ausschließen, oder nachweislich als differenzbesteuerter Händler erworben haben. Unerlässlich ist zudem eine lückenlose rechtliche Dokumentation über Herkunft und Erwerb der Ware sowie die ordnungsgemäße Darstellung auf Rechnungen und in der Buchführung. Zu beachten ist auch, dass die Differenzbesteuerung explizit zu wählen ist; sie greift nicht automatisch und kann mittels gesonderter Erklärung auf bestimmte Gruppen von Umsätzen beschränkt werden. Schließlich sind die jeweiligen nationalen und unionsrechtlichen Regelungen, insbesondere die Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG (EU-Mehrwertsteuerrichtlinie), einzuhalten.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die Rechnungsstellung bei Differenzbesteuerung?

Die ordnungsgemäße Rechnungsstellung stellt im Kontext der Differenzbesteuerung eine wesentliche rechtliche Anforderung dar. Nach § 14a Abs. 6 UStG (bzw. im Zusammenspiel mit § 25a UStG) ist der Unternehmer verpflichtet, auf der Rechnung deutlich erkennbar auf die Anwendung der Differenzbesteuerung hinzuweisen. Ein Hinweis wie „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung – Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG“ muss enthalten sein. Der Umsatzsteuerbetrag darf auf der Rechnung weder ausgewiesen noch in Prozent oder als absoluter Betrag genannt werden, da ein Ausweis zum Verlust des Rechts auf Differenzbesteuerung führen kann und gegebenenfalls steuerstrafrechtliche Konsequenzen hat. Die restlichen Pflichtangaben einer Rechnung gemäß § 14 UStG bleiben unberührt. Eine detaillierte Aufschlüsselung zwischen Bruttoverkaufspreis und Einkaufspreis ist auf der Rechnung zum Kunden nicht erforderlich, sondern nur für interne Dokumentationszwecke vorgeschrieben.

Wie muss die Buchführung rechtlich bei Differenzbesteuerung ausgestaltet werden?

Im Rahmen der Differenzbesteuerung sind besondere Anforderungen an die Buchführung gesetzlich normiert. Die Bücher und Aufzeichnungen müssen so geführt werden, dass der Beginn und das Ende der Umsatzkette, insbesondere die Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis jedes einzelnen Gegenstands, zweifelsfrei und jederzeit nachvollziehbar sind. Entsprechend § 22 UStG in Verbindung mit § 63 UStDV gilt eine Einzelaufzeichnungspflicht. Die Auflistung der Verkäufe muss jeweils unter Angabe des Einkaufspreises, des Verkaufspreises, der differenzbesteuerten Umsatzsteuer sowie des beteiligten Vorbesitzers geführt werden. Es besteht ein ausdrückliches Verbot zur Pauschalierung dieser Angaben. Daneben ist zum Jahresende eine getrennte Ermittlung der differenzbesteuerten Umsätze auszuweisen, um eine unzulässige Mischung mit zum Regelsteuersatz versteuerten Umsätzen zu verhindern.

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei fehlerhafter Anwendung der Differenzbesteuerung?

Die fehlerhafte Anwendung der Differenzbesteuerung kann gravierende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wird die Differenzbesteuerung zu Unrecht angewandt, droht die Nachforderung der Umsatzsteuer auf den vollen Verkaufspreis statt nur auf die Differenz, oft rückwirkend für mehrere Jahre gemäß den Regeln der steuerlichen Festsetzungsverjährung. Darüber hinaus kann der unzulässige Ausweis der Umsatzsteuer auf Rechnungen dazu führen, dass der Rechnungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt erscheint, was im Sinne des § 14c UStG zum Entstehen einer sogenannten „unberechtigten Steuer“ führt. Neben zivilrechtlichen Ansprüchen können auch steuerstrafrechtliche Ermittlungen wegen Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung (§ 370 AO) eingeleitet werden. Zusätzlich drohen empfindliche Bußgelder gemäß § 26a UStG.

Wie gestaltet sich die Haftung des Wiederverkäufers aus rechtlicher Sicht bei Differenzbesteuerung?

Wiederverkäufer, die die Differenzbesteuerung anwenden, haften vollumfänglich für die korrekte Erfüllung aller gesetzlichen Pflichten rund um den Erwerb und Verkauf differenzbesteuerter Gegenstände. Speziell haften sie für die Richtigkeit der angewandten Differenzbesteuerung, die ordnungsgemäße Auswahl und Nachweisführung der Vorerwerber (insbesondere bei Ankäufen von Privatpersonen) und die exakte Ausweisung auf Rechnungen. Regressansprüche durch Behörden oder Kunden können geltend gemacht werden, wenn durch mangelnde Einhaltung der Rechtsvorschriften Dritte – etwa andere Unternehmer – einen Schaden erleiden, beispielsweise durch Entfall des Vorsteuerabzugsrechts. Zudem kann eine fehlerhafte Buchführung zu einer persönlichen Inanspruchnahme des verantwortlichen Unternehmers oder Geschäftsführers durch das Finanzamt führen.

Welche rechtlichen Sonderregelungen gelten beim innergemeinschaftlichen Erwerb und Verkauf differenzbesteuerter Gegenstände?

Beim innergemeinschaftlichen Erwerb differenzbesteuerter Gegenstände gelten verschärfte rechtliche Vorgaben. Nach § 25a Abs. 6 UStG ist die Differenzbesteuerung grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Gegenstand im Gemeinschaftsgebiet (EU) erworben und der Steuersatz im Ursprungsland nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Der Erwerb eines neu eingeführten Gegenstands aus einem Drittland ist nicht differenzbesteuerbar, sondern unterliegt der regulären Einfuhrumsatzsteuer. Beim Verkauf differenzbesteuerter Gegenstände in andere EU-Mitgliedstaaten gilt, dass diese Umsätze stets im Ursprungsland steuerbar und steuerpflichtig bleiben; eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung scheidet im Regelfall aus (§ 4 Nr. 1b UStG i.V.m. § 6a UStG).

Wie ist die Differenzbesteuerung rechtlich gegenüber der Regelbesteuerung abzugrenzen?

Rechtlich relevant ist die Differenzbesteuerung stets als Ausnahme zur Regelbesteuerung gemäß § 12 UStG. Während bei der Regelbesteuerung die Umsatzsteuer auf den vollständigen Nettoverkaufspreis zu entrichten ist und der Vorsteuerabzug möglich ist, greift die Differenzbesteuerung ausschließlich auf den Differenzbetrag zwischen Ankauf und Verkauf eines jeden Einzelgegenstandes. Dies führt insbesondere dazu, dass ein Vorsteuerabzug aus dem Erwerb im Rahmen der Differenzbesteuerung nicht möglich ist. Maßgebliche Abgrenzungskriterien sind die Herkunft des Gegenstands, der Nachweis zur Erwerbsquelle, die Einhaltung der Dokumentationspflichten und der korrekte Vermerk auf Rechnungen. Missachtet ein Unternehmer diese Voraussetzungen, kommt automatisch die Regelbesteuerung zur Anwendung – mit allen rechtlichen Konsequenzen hinsichtlich Umsatzsteuerpflicht, Vorsteuerabzug und Rechnungsausstellung.