Legal Lexikon

Diebstahl

Begriff und Grundzüge

Diebstahl bezeichnet die vorsätzliche Wegnahme einer fremden beweglichen Sache mit dem Ziel, sie sich oder einer dritten Person rechtswidrig zuzueignen. Geschützt wird dabei das Eigentum an körperlichen Gegenständen. Der Diebstahl setzt voraus, dass eine Person den tatsächlichen Gewahrsam eines anderen an einer Sache bricht und neuen Gewahrsam begründet.

Der Kern des Verhaltens liegt in der heimlichen oder offenen Entziehung von Sachen, die einer anderen Person zustehen. Nicht erfasst sind immaterielle Güter wie reine Daten; für solche Konstellationen bestehen eigene Straftatbestände. Umgangssprachlich verwendete Begriffe wie „Stromdiebstahl“ bezeichnen rechtlich eigenständige Sachverhalte.

Tatbestandsmerkmale

Schutzgut

Im Mittelpunkt steht der Schutz des Eigentums und des hierzu gehörenden tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses über Sachen (Gewahrsam). Die Rechtsordnung gewährleistet, dass niemand unbefugt den Herrschaftsbereich des Berechtigten aufhebt und sich eine Sache zueignet.

Sache, Fremdheit und Beweglichkeit

Diebstahl bezieht sich auf körperliche Gegenstände. „Fremd“ ist eine Sache, wenn sie nicht im alleinigen Eigentum des Täters steht und nicht herrenlos ist. „Beweglich“ bedeutet, dass die Sache fortgeschafft werden kann; nötigenfalls kann sie beweglich gemacht werden. Tiere nehmen eine besondere Stellung ein, werden aber in diesem Kontext wie Sachen behandelt, soweit es um ihren Schutz vor Wegnahme geht.

Wegnahme

Wegnahme ist der Bruch fremden Gewahrsams und die Begründung neuen Gewahrsams. Gewahrsam ist die tatsächliche Sachherrschaft, getragen von einem entsprechenden Herrschaftswillen und den Umständen des Einzelfalls.

Gewahrsamskonstellationen

  • Alleingewahrsam: Eine Person hat die alleinige tatsächliche Herrschaft über die Sache.
  • Mitgewahrsam: Mehrere Personen üben gemeinsam Herrschaft aus; die Wegnahme kann auch hier vorliegen, wenn gegen den Willen anderer Mitgewahrsamsinhaber gehandelt wird.
  • Gelockerter Gewahrsam: Auch ohne unmittelbare körperliche Nähe (z. B. abgestellte Gegenstände) kann Herrschaft fortbestehen.
  • Gewahrsamsenklave: Ein kleiner Herrschaftsbereich innerhalb eines fremden (z. B. die eigene Tasche in einem Laden).

Vorsatz und Zueignungsabsicht

Erforderlich ist Vorsatz bezüglich aller objektiven Umstände (Fremdheit, Wegnahme, Beweglichkeit) sowie die Absicht, sich die Sache rechtswidrig zuzueignen. Zueignung bedeutet Aneignung der Sache oder ihres Wertes unter Inkaufnahme der dauerhaften Verdrängung des Berechtigten. Rechtswidrig ist die Zueignung, wenn kein fälliger, einredefreier Anspruch auf Übereignung besteht.

Abgrenzungen zu verwandten Delikten

Raub

Bei Raub erfolgt die Wegnahme unter Einsatz von Gewalt oder Drohung gegen eine Person. Die Wegnahme bleibt Kern, wird aber durch den Übergriff auf die Person qualifiziert.

Unterschlagung

Hier wird der bestehende Gewahrsam nicht gebrochen; der Täter hat die Sache bereits in seiner Verfügungsgewalt und führt sie dem eigenen Vermögen zu, obwohl sie ihm nicht zusteht.

Betrug

Beim Betrug gibt das Opfer die Sache freiwillig heraus, jedoch aufgrund einer Täuschung. Die Vermögensverschiebung beruht auf einer irrtumsbedingten Verfügung, nicht auf einer Wegnahme.

Gebrauchsanmaßung

Die unbefugte kurzfristige Nutzung einer fremden Sache ohne Zueignungsabsicht ist von der Zueignung abzugrenzen. Für bestimmte Gegenstände bestehen eigenständige Regelungen.

Fund und Herrenlosigkeit

Wer eine herrenlose Sache an sich nimmt, verwirklicht keinen Diebstahl. Wird eine verlorene Sache jedoch behalten und zugeeignet, können andere Tatbestände einschlägig sein. Ob eine Sache herrenlos ist, hängt davon ab, ob der Eigentümer erkennbar auf sein Eigentum verzichtet hat.

Typische Erscheinungsformen

Ladendiebstahl

Das unbefugte Einstecken und Behalten von Waren im Einzelhandel ist ein häufiges Beispiel. Der Gewahrsamsbruch erfolgt regelmäßig beim Verlassen des Kassenbereichs, kann aber je nach Sicherungskonzept auch früher vorliegen.

Taschendiebstahl und Fahrraddiebstahl

Bei Taschendiebstahl wird Gewahrsam unbemerkt gebrochen, etwa durch Entnahme aus Kleidung oder Taschen. Fahrraddiebstahl betrifft bewegliche Sachen, oft mit zusätzlichen Sicherungen; deren Überwindung ändert nichts an der Einordnung als Wegnahme.

Diebstahl in und aus Wohnungen

Das Eindringen in geschützte Räume oder das Überwinden von Sicherungen kann die Bewertung verschärfen. Dringt der Täter in eine Wohnung ein oder benutzt besondere Methoden zur Überwindung von Schutzvorrichtungen, handelt es sich regelmäßig um eine schwerwiegendere Form.

Qualifizierende und besonders schwere Fälle

Bestimmte Umstände erhöhen die Strafwürdigkeit. Dazu zählen insbesondere:

  • Einbrechen, Einsteigen oder Eindringen mithilfe falscher oder nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmter Schlüssel sowie das Überwinden von besonderen Sicherungen.
  • Begehen mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen.
  • Bandenmäßiges Vorgehen.
  • Gewerbsmäßiges Handeln mit der Absicht, sich aus wiederholten Taten eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen.
  • Besonders geschützte Tatobjekte, etwa Sachen von bedeutendem kulturellen Wert oder aus besonders gesicherten Behältnissen.

Strafbarkeit, Rechtsfolgen und Strafzumessung

Diebstahl wird mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet. Die Höhe richtet sich nach Tatbild, Wert der Sache, Vorgehensweise, Vorbelastungen und weiteren Umständen. Qualifizierende Merkmale führen zu einem erhöhten Strafrahmen.

Bei Sachen geringen Wertes kann in bestimmten Konstellationen eine mildere rechtliche Bewertung oder eine verfahrensrechtliche Besonderheit greifen. Innerhalb von Haushalts- oder Familienbeziehungen bestehen in Einzelfällen besondere Voraussetzungen für die Strafverfolgung.

Der Versuch ist strafbar. Auch eine Beteiligung als Mitwirkender ohne eigene Wegnahmehandlung kann rechtlich erfasst sein. Bei Jugendlichen gelten die Regeln des Jugendstrafrechts mit eigener Ausrichtung auf Erziehung und Verantwortungsübernahme.

Beteiligung und Versuch

Versuch

Ein Versuch liegt vor, wenn nach der Vorstellung des Handelnden unmittelbar zur Tat angesetzt wird, die Wegnahme jedoch scheitert oder nicht vollendet wird. Der Versuch wird eigenständig bewertet.

Mittäterschaft, Anstiftung, Beihilfe

Wer die Tat gemeinsam plant und ausführt, kann als Mittäter verantwortlich sein. Anstiftung erfasst das Hervorrufen des Tatentschlusses bei einem anderen. Beihilfe liegt vor, wenn die Haupttat bewusst gefördert wird. Die individuelle Rolle beeinflusst die rechtlichen Folgen.

Rechtswidrigkeit und Einwilligung

Einverständnis und Einwilligung

Kein Diebstahl liegt vor, wenn der Berechtigte mit der Wegnahme einverstanden ist. Ein Irrtum über das Bestehen eines Einverständnisses kann die Bewertung beeinflussen. Ebenso entfällt die Fremdheit, wenn der Eigentümer erkennbar auf sein Eigentum verzichtet hat.

Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe

In seltenen Ausnahmefällen können allgemeine Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe eingreifen. Diese setzen besondere Voraussetzungen voraus und werden restriktiv angewendet.

Verfahren und zivilrechtliche Bezüge

Verfolgung und Verfahren

Diebstahl wird grundsätzlich von Amts wegen verfolgt. Je nach Konstellation können besondere Verfahrensvoraussetzungen erforderlich sein. Das Verfahren umfasst regelmäßig Ermittlungen, gegebenenfalls eine Anklage oder einen schriftlichen Abschluss durch Entscheidung ohne Hauptverhandlung.

Rückgabe, Herausgabe- und Schadensersatzansprüche

Unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung bestehen zivilrechtliche Ansprüche auf Herausgabe der Sache und auf Ersatz entstandener Schäden. Werden Gegenstände durch Ermittlungsbehörden sichergestellt, ist eine Rückgabe an Berechtigte vorgesehen.

Opferrechte

Betroffene haben Rechte auf Information, auf Teilnahme an bestimmten Verfahrensschritten und auf Geltendmachung von Ansprüchen. Ein Ausgleich zwischen Tatbeteiligten kann bei der Bewertung berücksichtigt werden, wenn er zustande kommt.

Internationale und digitale Aspekte

Grenzüberschreitende Sachverhalte

Bei grenzüberschreitenden Taten können Fragen der örtlichen Zuständigkeit, der Zusammenarbeit von Behörden und der Rückführung von Vermögenswerten eine Rolle spielen. Innerhalb der EU bestehen Mechanismen der Kooperation.

Daten und Energie

Reine Daten sind keine körperlichen Gegenstände und fallen nicht unter den klassischen Diebstahlsbegriff. Für das unbefugte Erlangen oder Verwenden von Daten und Energie existieren eigenständige Tatbestände mit eigenen Voraussetzungen.

Häufig gestellte Fragen

Was zählt als „fremde bewegliche Sache“?

Fremd ist eine Sache, wenn sie im Eigentum einer anderen Person steht und nicht herrenlos ist. Beweglich ist sie, wenn sie körperlich transportiert werden kann oder beweglich gemacht wird. Der Eigentumsstatus bestimmt sich nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen am Tatort.

Wann liegt eine Wegnahme vor?

Eine Wegnahme liegt vor, wenn der bestehende Gewahrsam des Berechtigten ohne dessen Willen aufgehoben und neuer Gewahrsam begründet wird. Maßgeblich sind die tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse und ob der Täter die Verfügungsgewalt an sich zieht.

Ist der Versuch des Diebstahls strafbar?

Ja. Wird nach der Vorstellung des Handelnden unmittelbar zur Wegnahme angesetzt, ohne dass die Tat vollendet wird, liegt ein strafbarer Versuch vor. Der Erfolgs- und Handlungsunwert werden eigenständig bewertet.

Wodurch unterscheidet sich Diebstahl von Raub?

Beim Raub erfolgt die Wegnahme unter Einsatz von Gewalt oder Drohung gegen Personen. Der Diebstahl ist dagegen die Wegnahme ohne solche Nötigungsmittel. Die zusätzliche Beeinträchtigung der persönlichen Freiheit führt beim Raub zu einer deutlich strengeren Bewertung.

Spielt der Wert der Sache eine Rolle?

Der Wert beeinflusst die Strafzumessung und kann verfahrensrechtliche Besonderheiten auslösen, insbesondere bei Sachen geringen Wertes. An der Einordnung als Diebstahl ändert der Wert nichts, solange die übrigen Voraussetzungen vorliegen.

Ist Diebstahl innerhalb der Familie gesondert geregelt?

In häuslichen oder familiennahen Beziehungen bestehen teilweise besondere Voraussetzungen für die Strafverfolgung. Diese dienen dem Schutz des inneren Friedens im privaten Bereich und können die Einleitung oder Durchführung eines Verfahrens beeinflussen.

Können Daten oder Strom „gestohlen“ werden?

Der klassische Diebstahl erfasst körperliche Gegenstände. Für Daten und Energie bestehen eigenständige Straftatbestände. Umgangssprachliche Bezeichnungen wie „Stromdiebstahl“ meinen daher rechtlich etwas anderes als Diebstahl.