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Deutsches Reich

Begriff und rechtliche Einordnung des Deutschen Reichs

Der Begriff „Deutsches Reich“ bezeichnet historisch und rechtlich den deutschen Staat, der von 1871 bis 1945 unter dieser Bezeichnung bestand und dessen staatliche Existenz im Sinne des Völkerrechts über 1945 hinaus als Subjekt fortgedacht wurde. Der Ausdruck ist keine gebräuchliche Staatsbezeichnung mehr; seit 1949 tritt der deutsche Staat nach innen und außen als „Bundesrepublik Deutschland“ auf. Im heutigen Sprachgebrauch ist „Deutsches Reich“ vor allem ein Begriff der historischen und staatsrechtlichen Einordnung.

Definition und Begriffsumfang

„Deutsches Reich“ ist eine historische Staatsbezeichnung, die verschiedene Verfassungsordnungen umfasst: das Kaiserreich (ab 1871), die Weimarer Republik und den nationalsozialistischen Unrechtsstaat. Der Begriff selbst trifft keine Aussage über Staatsform oder Regierungsweise; er bezeichnet den Staat als solchen. Diese staatsrechtliche Linie endet nicht automatisch mit dem Wechsel der Verfassungsordnung, wohl aber die Bezeichnung als offizielle Staatsbezeichnung.

Abgrenzung zu historischen Epochen

Im historischen Sprachgebrauch wird mit „Deutsches Reich“ häufig ein bestimmter Zeitraum verbunden. Rechtlich ist zu unterscheiden zwischen dem Staat als Träger von Rechten und Pflichten und den jeweiligen Regierungs- und Verfassungsordnungen. Nicht jede politische Zäsur beendet die Existenz des Staates als Völkerrechtssubjekt.

Staats- und völkerrechtliche Kontinuität

Identität als Völkerrechtssubjekt

Nach allgemeinem Verständnis des Völkerrechts bestand der deutsche Staat als Subjekt über 1945 hinaus fort. Er war zeitweise in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt, blieb als Völkerrechtssubjekt jedoch bestehen. Die Bundesrepublik Deutschland trat ab 1949 als handlungsfähige organisatorische Ausprägung dieses Staates auf und repräsentiert ihn seitdem in Kontinuität. Diese Identität bedeutet keine Gleichsetzung mit einer bestimmten historischen Ordnung; sie betrifft die rechtliche Staatsperson.

Namensfrage und Staatsbezeichnung seit 1949

Seit 1949 lautet die offizielle Staatsbezeichnung „Bundesrepublik Deutschland“. Der Begriff „Deutsches Reich“ wird im staatlichen Verkehr nicht mehr als Name verwendet. Rechtlich ist damit klargestellt, dass der Staat in seiner heutigen verfassungsmäßigen Ordnung eine neue Bezeichnung führt, ohne die völkerrechtliche Kontinuität zu verlassen.

Grenzen, Gebiet und Staatsvolk

Die Identität des Staates als Völkerrechtssubjekt setzt keine unveränderten Grenzen voraus. Territoriale Veränderungen nach 1945 und die Wiedervereinigung 1990 führten zu einer endgültigen Festlegung des heutigen Staatsgebiets. Das Staatsvolk bilden die Inhaber der deutschen Staatsangehörigkeit. Die Zugehörigkeit richtet sich nach geltendem Recht und knüpft nicht an historische Grenzziehungen an.

Innerstaatliche Bedeutung heute

Verwaltung, Register und historische Bezeichnungen

In historischen Grundbüchern, Urkunden oder Karten können Bezeichnungen wie „Deutsches Reich“ weiterhin auftauchen. Sie sind Ausdruck der damaligen Rechts- und Eigentumslage zum Zeitpunkt der Eintragung. Ihnen kommt heute keine eigenständige staatsorganisatorische Bedeutung zu; aktuelle hoheitliche Handlungen erfolgen ausschließlich im Namen der Bundesrepublik Deutschland.

Staatsangehörigkeit und Ausweise

Die deutsche Staatsangehörigkeit besteht unabhängig von der historischen Staatsbezeichnung. Ausweise, Pässe und sonstige Identitätsdokumente werden ausschließlich von den heute zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland ausgegeben. Dokumente mit der Bezeichnung „Deutsches Reich“ haben keine Gültigkeit und entfalten keine amtliche Wirkung.

Symbole, Dokumente und deren rechtliche Bewertung

Die bloße Verwendung des Begriffs „Deutsches Reich“ ist nicht verboten. Unzulässig können jedoch Kennzeichen und Darstellungen sein, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen oder strafbare Inhalte transportieren. Ebenso sind privat gefertigte „Reichsdokumente“ rechtlich wirkungslos; sie begründen weder Rechte noch Pflichten gegenüber staatlichen Stellen.

Wiedervereinigung und abschließende Regelungen

Ende der Vorbehaltsrechte und Berlin-Status

Mit den abschließenden politischen und völkerrechtlichen Regelungen des Jahres 1990 endeten die besatzungsrechtlichen Vorbehalte, und die volle Souveränität wurde hergestellt. Der besondere völkerrechtliche Status Berlins wurde beendet; das gesamte Staatsgebiet wird seitdem einheitlich von der Bundesrepublik Deutschland vertreten.

Grenzfragen und Souveränität

Die Grenzfragen wurden 1990 endgültig geklärt und international bestätigt. Damit wurde der territoriale Umfang des deutschen Staates verbindlich festgelegt. Etwaige Rückbezüge auf frühere Grenzen haben heute keine rechtliche Wirkung.

Vermögen, Schulden und Rechtsnachfolge

Reichsvermögen und öffentliche Körperschaften

Vermögenswerte des ehemaligen Deutschen Reichs wurden nach 1945 unter Besatzungsverwaltung gestellt, übertragen oder in nationale Vermögensordnungen überführt. Zuständig sind heute die Bundesrepublik Deutschland, die Länder oder andere öffentliche Rechtsträger, je nach Art des Vermögens und späteren Zuordnungsentscheidungen. Historische Eigentumseintragungen allein begründen keine fortbestehende Vermögensträgerschaft eines „Deutschen Reichs“ neben der Bundesrepublik.

Verträge und internationale Verpflichtungen

Vertragliche Rechte und Pflichten des deutschen Staates wurden im Zuge der staatlichen Kontinuität, der Neuordnung nach 1945 und der abschließenden Regelungen von 1990 fortgeführt, angepasst oder beendet. Die Bundesrepublik Deutschland tritt heute als alleinige Trägerin der internationalen Rechte und Pflichten des deutschen Staates auf.

Missverständnisse und Fehlinterpretationen

„Reichsbürger“-Behauptungen im Lichte der Rechtslage

Behauptungen, die Bundesrepublik Deutschland sei kein legitimer Staat oder das „Deutsche Reich“ bestehe als eigenständige, heutige Staatsorganisation fort, stehen im Widerspruch zur geltenden Rechtslage. Die Staatlichkeit Deutschlands ist unzweifelhaft, seine Handlungsfähigkeit vollständig hergestellt, und die Bundesrepublik vertritt den deutschen Staat in Kontinuität im In- und Ausland.

Zur Unzulässigkeit privater „Reichsdokumente“

Privat hergestellte Ausweise, Führerscheine oder amtlich anmutende Papiere mit der Bezeichnung „Deutsches Reich“ sind wirkungslos. Ihre Verwendung kann rechtliche Konsequenzen auslösen, etwa wenn Hoheitszeichen missbraucht oder Behörden getäuscht werden sollen.

Häufig gestellte Fragen

Existiert das Deutsche Reich rechtlich noch?

Als Begriff für den deutschen Staat bestand rechtliche Kontinuität über 1945 hinaus. Heute tritt dieser Staat ausschließlich als Bundesrepublik Deutschland auf. Ein getrennt handlungsfähiges „Deutsches Reich“ neben der Bundesrepublik existiert nicht.

Ist die Bundesrepublik Deutschland Rechtsnachfolgerin oder identisch mit dem Deutschen Reich?

Die Bundesrepublik Deutschland repräsentiert den deutschen Staat in völkerrechtlicher Kontinuität. Sie ist nicht bloß eine neue Rechtsnachfolgerin, sondern identisch mit dem fortbestehenden Völkerrechtssubjekt in neuer verfassungsmäßiger Ordnung und mit neuer Staatsbezeichnung.

Welche Bedeutung haben die Grenzen von 1937 heute?

Historische Grenzstände haben heute keine rechtliche Wirkung. Die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland sind seit 1990 endgültig festgelegt und international bestätigt.

Dürfen Behörden noch „Deutsches Reich“ in Registern führen?

Historische Eintragungen können die Bezeichnung „Deutsches Reich“ enthalten. Dies spiegelt den damaligen Rechtszustand wider, hat aber keine aktuelle staatsorganisatorische Bedeutung. Heutige hoheitliche Maßnahmen erfolgen ausschließlich im Namen der Bundesrepublik Deutschland.

Was bedeutet die Bezeichnung „Reichsbürger“ aus rechtlicher Sicht?

Die Selbstbezeichnung ändert nichts an der bestehenden Rechtsordnung. Die Bundesrepublik Deutschland ist der handlungsfähige Staat. Ansprüche, die aus einer vermeintlichen Fortexistenz eines „Deutschen Reichs“ als eigenständiger Gegenstaat hergeleitet werden, sind unbegründet.

Gibt es noch Ansprüche aus Vermögen des Deutschen Reichs?

Vermögensfragen wurden nach 1945 und bis 1990 umfassend neu geordnet. Zuständig für etwaige noch bestehende Rechte ist heute die Bundesrepublik Deutschland oder die jeweils zuständigen öffentlichen Rechtsträger, nicht ein eigenständiges „Deutsches Reich“.

Darf man Ausweise oder Kennzeichen des „Deutschen Reichs“ verwenden?

Privat erstellte „Reichsdokumente“ haben keine Gültigkeit und können rechtliche Folgen nach sich ziehen, insbesondere bei Täuschungen oder der Verwendung unzulässiger Kennzeichen. Amtliche Dokumente stellt ausschließlich die Bundesrepublik Deutschland aus.