Legal Lexikon

Dauerarrest


Begriff und rechtliche Einordnung des Dauerarrests

Der Begriff Dauerarrest bezeichnet im deutschen Recht eine spezielle Form des Freiheitsentzugs, die im Wesentlichen im Bereich des Jugendrechts Anwendung findet. Der Dauerarrest unterscheidet sich von anderen Arrestformen sowie von der Freiheitsstrafe und weist besondere rechtliche Voraussetzungen, Zielsetzungen und Anwendungsbereiche auf. Die Normierung und Anwendung des Dauerarrests sind maßgeblich durch das Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt.

Legaldefinition und gesetzliche Grundlagen

Der Dauerarrest ist in den §§ 16 ff. Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt und stellt eine spezifische Form des Jugendarrests dar. Im Gegensatz zum Kurz- oder Freizeitarrest ist der Dauerarrest auf eine längere Zeitdauer angelegt, darf jedoch die durch das Gesetz festgelegten Höchstfristen nicht überschreiten.

Abgrenzung zu anderen Arrestformen

Das JGG differenziert zwischen verschiedenen Arrestarten:

  • Freizeitarrest: Wird an Wochenenden verhängt, um Jugendlichen die Folgen ihres Fehlverhaltens eindringlich vor Augen zu führen.
  • Kurzarrest: Kurzzeitiger Freiheitsentzug, meist auf wenige Tage beschränkt.
  • Dauerarrest: Insoliert sich durch seine längere Dauer, die zwischen einer Woche und höchstens vier Wochen beträgt (§ 16 I JGG).

Im Unterschied zu Jugendarrestformen dient die Jugendstrafe der Sanktionierung schwerer oder wiederholter Delikte und weist dabei eine Mindestdauer von sechs Monaten auf. Der Dauerarrest ist somit als mildere Form der Reaktion auf Jugendkriminalität einzustufen.

Voraussetzungen für die Anordnung des Dauerarrests

Tat- und Tätervoraussetzungen

Der Dauerarrest kann nach § 16 JGG gegen Jugendliche (14 bis unter 18 Jahre) oder Heranwachsende (18 bis unter 21 Jahre) angeordnet werden, sofern ihre Schuldfähigkeit bejaht wird. Voraussetzungen für die Verhängung sind ein besonders schweres oder wiederholtes Fehlverhalten, das nicht mehr allein durch Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel wie den Kurzarrest oder Freizeitarrest oder durch die Verwarnung angemessen beantwortet werden kann.

Zielrichtung des Dauerarrests

Ziel des Dauerarrests ist es, erzieherisch auf den jungen Menschen einzuwirken und die Motivation zur Begehung weiterer Straftaten zu verringern. Der Dauerarrest soll erzieherisch wirksam sein und eine sogenannte Abschreckungs- und Denkzettelwirkung entfalten, ohne jedoch die Persönlichkeit des Jugendlichen negativ zu beeinflussen.

Maß und Dauer des Arrests

Die Dauer des Dauerarrests muss in einem angemessenen Verhältnis zum begangenen Unrecht und zur Entwicklung sowie dem Erziehungsbedarf des Betroffenen stehen. Die rechtlich zulässige Höchstdauer beträgt nach § 16 I JGG vier Wochen. Ein Arrest über diesen Zeitraum hinaus ist gesetzlich nicht zulässig.

Verfahrensrechtliche Besonderheiten

Anordnung und Vollstreckung

Die Anordnung des Dauerarrests erfolgt durch das Jugendgericht in einem förmlichen Verfahren. Das betroffene Jugendgericht prüft, ob mildere Mittel (z.B. Erziehungsmaßregeln, Geldbuße) nicht ausreichend sind und wägt die persönlichen, sozialen und deliktbezogenen Umstände des Jugendlichen sorgfältig ab.

Die Vollstreckung des Dauerarrests erfolgt in besonderen Jugendarrestanstalten, die auf erzieherische Maßnahmen, sozialpädagogische Betreuung und individuelle Förderung ausgerichtet sind. Während des Arrestvollzugs werden die Jugendlichen schulisch unterstützt und – soweit möglich – an gesellschaftliche Regeln und Strukturen herangeführt.

Rechtsmittel gegen die Anordnung

Gegen die Anordnung des Dauerarrests ist die Einlegung von Rechtsmitteln gemäß den allgemeinen Vorschriften des JGG und der Strafprozessordnung (StPO) möglich. Insbesondere kann das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 55 JGG oder das der Revision (bei schweren Eingriffen) eingelegt werden.

Auswirkungen und Bedeutung in der Praxis

Erzieherische Funktion und gesellschaftlicher Stellenwert

Der Dauerarrest nimmt eine Mittelstellung im Sanktionssystem des Jugendrechts ein. Ziel ist nicht allein die Bestrafung, sondern vorrangig die erzieherische Förderung junger Menschen mit problematischem Sozialverhalten. Untersuchungen und Praxiserfahrungen zeigen, dass ein maßvoll eingesetzter Dauerarrest unter bestimmten Umständen positive Effekte auf die Entwicklung und Rückfallquote jugendlicher Straftäter haben kann, vorausgesetzt, der Arrest wird mit ergänzenden sozialpädagogischen Interventionen verbunden.

Statistische Verbreitung

Der Dauerarrest wird im Vergleich zu den übrigen Arrestarten eher selten verhängt. Die Mehrheit jugendrichterlicher Entscheidungen setzt auf Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel geringerer Eingriffsintensität.

Rechtspolitische Diskussionen und Kritik

Der Einsatz und die Ausgestaltung des Dauerarrests sind Gegenstand fortlaufender rechtspolitischer Diskussionen. Kritische Stimmen monieren einen möglichen Widerspruch zur erzieherischen Zielsetzung des Jugendstrafrechts durch freiheitsentziehende Maßnahmen und fordern eine noch stärkere Ausrichtung auf individualisierte, sozialpädagogische Lösungen. Befürworter sehen im Dauerarrest hingegen ein notwendiges erzieherisches Instrument, um auf besonders gravierende Verstöße adäquat zu reagieren.

Dauerarrest im Jugendstrafvollzugsgesetz

Mit Inkrafttreten des Jugendstrafvollzugsgesetzes (JStVollzG) wurden ergänzende Vorgaben zur Gestaltung und Ausführung des Freiheitsentzugs für Jugendliche geschaffen. Auch für den Dauerarrest gelten die Prinzipien des Erziehungs- und Wohlfahrtsgedankens, insbesondere im Hinblick auf die Wahrung der Menschenwürde, medizinische Versorgung und individuelle Förderung während des Arrestvollzugs.

Internationaler Vergleich

Im internationalen Vergleich existieren vergleichbare Maßnahmen des Freiheitsentzugs für Jugendliche in vielen europäischen Staaten, jedoch unterscheiden sich Dauer und Ausgestaltung teils beträchtlich. Die deutsche Regelung zum Dauerarrest gilt als besonders streng reglementiert und auf das erzieherische Wohl des Jugendlichen ausgerichtet.

Literaturhinweise und weiterführende Regelungen

Fundierte Informationen zum Dauerarrest finden sich insbesondere in Kommentaren zum Jugendgerichtsgesetz, Veröffentlichungen zu Jugendstrafrecht und in aktuellen wissenschaftlichen Analysen zum Jugendstrafvollzug.


Fazit:
Der Dauerarrest ist eine legal definierte Maßnahme des Jugendarrests im deutschen Recht. Er dient der erzieherischen Einflussnahme auf Jugendliche und Heranwachsende bei gravierenden oder wiederholten Verstößen und ist als milderes Zuchtmittel gegenüber der Jugendstrafe konzipiert. Seine Anordnung ist an strenge gesetzliche Voraussetzungen und eine Vielzahl von Schutzmechanismen geknüpft. Die Anwendung des Dauerarrests ist Gegenstand fortlaufender rechtlicher und gesellschaftlicher Diskussionen über Sinn, Wirksamkeit und pädagogische Zielrichtung des Jugendstrafrechts.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Anordnung von Dauerarrest vorliegen?

Für die Anordnung von Dauerarrest müssen strenge rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein, da diese Maßnahme einen erheblichen Grundrechtseingriff, insbesondere in das Freiheitsgrundrecht, darstellt. Voraussetzungen sind in der Regel eine gesetzliche Grundlage, wie sie beispielsweise in den Polizei- oder Ordnungsgesetzen der Länder vorliegt, sowie eine konkrete, gegenwärtige Gefahr, die nicht durch mildere Mittel abgewendet werden kann. Dauerarrest kann nur angeordnet werden, wenn eine Person in besonderer Weise uneinsichtig oder renitent ist und die Annahme besteht, dass ohne die Anordnung eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung droht. Darüber hinaus ist regelmäßig die Entscheidung eines Richters erforderlich (Richtervorbehalt), es sei denn, es handelt sich um eine Gefahr im Verzug. Zudem muss die Maßnahme verhältnismäßig sein, das heißt, das Mittel des Dauerarrests darf nicht außer Verhältnis zur angestrebten Sicherung stehen.

Welche Verfahrensgarantien gelten für die betroffene Person beim Dauerarrest?

Die betroffene Person genießt eine Vielzahl von Verfahrensgarantien. Insbesondere ist ihr rechtliches Gehör zu gewähren, womit sie Gelegenheit erhält, sich zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen oder der beabsichtigten Maßnahme zu äußern. Bei einer richterlich angeordneten Maßnahme besteht zudem die Möglichkeit, Rechtsmittel wie Widerspruch oder Beschwerde einzulegen. Die Entscheidung muss unter Darlegung der wesentlichen Gründe schriftlich ergehen, und der Betroffenen ist ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung zu eröffnen. Darüber hinaus muss die Dauer des Arrests exakt festgelegt werden, und es gilt das Gebot der fortwährenden Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung.

Wie lange darf ein Dauerarrest höchstens andauern?

Die maximale Dauer des Dauerarrests ist gesetzlich festgelegt und variiert je nach Rechtsgrundlage, beispielsweise nach dem jeweiligen Landesrecht. In der Regel sehen die einschlägigen Vorschriften vor, dass die Dauer nur so lange andauern darf, wie der Sicherungszweck dies erfordert, in der Praxis üblicherweise jedoch für maximal 14 Tage, in einigen Ausnahmesituationen bis zu einem Monat. Eine längere Freiheitsentziehung bedarf einer erneuten und besonders eingehenden gerichtlichen Prüfung. Mit Fortfall der die Maßnahme rechtfertigenden Umstände ist der Arrest unverzüglich zu beenden. Verlängerungen bedürfen einer erneuten gerichtlichen Entscheidung, stets unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit.

In welchen Fällen ist der Dauerarrest unzulässig?

Ein Dauerarrest ist unzulässig, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen, insbesondere wenn eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht besteht oder diese durch weniger eingreifende Maßnahmen abgewendet werden kann. Auch bei Verstößen gegen Verfahrensvorschriften, etwa fehlendem Rechtsschutz oder nicht ausreichender richterlicher Kontrolle, ist die Maßnahme rechtswidrig. Ebenso darf ein Dauerarrest nicht als Ersatz für eine strafrechtliche Sanktion oder vorbeugende Allgemeinmaßnahme verhängt werden. Der Zweck des Dauerarrests muss stets klar bestimmt, restriktiv gehandhabt und individualisiert sein.

Welche Unterschiede bestehen zwischen Dauerarrest und polizeilichem Gewahrsam?

Dauerarrest und polizeilicher Gewahrsam sind beide Formen präventiver Freiheitsentziehung, unterscheiden sich aber in Zielsetzung und Dauer. Während der polizeiliche Gewahrsam häufig kurzfristig zur Gefahrenabwehr, etwa zum Schutz vor Selbst- oder Fremdgefährdung, erfolgt und in der Regel auf wenige Stunden bis Tage begrenzt ist, dient der Dauerarrest der Abwehr besonders nachhaltiger und wiederholter Gefährdungen durch uneinsichtige Personen und ist daher ausdrücklich auf längere Zeit angelegt. Rechtlich gelten für den Dauerarrest meist strengere Anforderungen an Begründung, Dauer und gerichtliche Kontrolle. Auch an die Dokumentation und Begründung der Maßnahme werden höhere Anforderungen gestellt.

Müssen besondere Haftbedingungen beim Dauerarrest gewährleistet werden?

Ja, auch im Dauerarrest unterliegt die Unterbringung den allgemeinen menschenrechtlichen und rechtsstaatlichen Haftstandards. Hierzu gehört, dass die Würde der festgehaltenen Person gewahrt bleiben muss, sowie die Trennung von Strafgefangenen und Personen im Dauerarrest, um eine Vermischung strafrechtlicher und gefahrenabwehrrechtlicher Maßnahmen zu vermeiden. Ebenso müssen Möglichkeiten für Rechtsberatung, Besuch und medizinische Versorgung garantiert und dokumentiert werden. Darüber hinaus ist der Zeitraum des Dauerarrests regelmäßig zu überprüfen, und jede Verlängerung muss mit einer neuen Verhältnismäßigkeitsprüfung einhergehen. Besondere Einschränkungen, wie etwa Kontaktsperren oder die Verweigerung von Informationen, bedürfen einer weiteren gesonderten rechtlichen Rechtfertigung.