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Dachfonds

Dachfonds: Begriff, Funktion und rechtliche Einordnung

Ein Dachfonds ist ein Investmentfonds, der sein Vermögen nicht direkt in einzelne Wertpapiere wie Aktien oder Anleihen anlegt, sondern in Anteile anderer Investmentfonds investiert. Er bündelt damit unterschiedliche Fondsstrategien in einem übergeordneten Produkt. Aus rechtlicher Sicht ist der Dachfonds eigenständiges Sondervermögen mit einer eigenen Verwaltung, eigenen Rechten und Pflichten sowie einem eigenständigen Informations- und Aufsichtsrahmen. Ziel ist eine rechtssichere Struktur, die Risikostreuung, Transparenz und Anlegerrechte gewährleistet.

Rechtliche Einordnung

Rechtlich werden Dachfonds im Rahmen der europäischen und nationalen Investmentregulierung verortet. Sie können als Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW/UCITS) oder als alternative Investmentfonds (AIF) ausgestaltet sein. Welche Kategorie einschlägig ist, richtet sich insbesondere nach der Anlagestrategie, der Zielanlegergruppe und bestimmten aufsichtsrechtlichen Vorgaben. OGAW-Dachfonds unterliegen einem besonders detaillierten Regelwerk zu Anlageschwerpunkten, Risikostreuung und Liquidität. AIF-Dachfonds bieten grundsätzlich flexiblere Anlagemöglichkeiten, sind jedoch im Vertrieb und bei zusätzlichen Pflichten für Verwaltung und Risikomanagement eigenständig reguliert.

Abgrenzung zu Master-Feeder-Strukturen

Ein Dachfonds investiert in mehrere Zielfonds und dient der breiten Streuung über Fondsanbieter, Anlageklassen und Strategien. Demgegenüber investiert ein Feeder-Fonds überwiegend in einen einzigen Master-Fonds. Rechtlich sind dies unterschiedliche Konzepte mit unterschiedlichen Transparenz-, Diversifikations- und Kontrollanforderungen.

Aufbau und Funktionsweise

Die Struktur eines Dachfonds verbindet mehrere Akteure und Prozesse, die rechtlich vorgegeben und überwacht werden. Der Anlageprozess folgt klaren Regeln zur Vermögensverwaltung, Verwahrung und laufenden Kontrolle.

Beteiligte Parteien

  • Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG): Verantwortlich für Verwaltung, Portfoliosteuerung, Risikomanagement, Berichtswesen und Einhaltung regulatorischer Vorgaben.
  • Verwahrstelle: Unabhängige Stelle zur Verwahrung der Vermögensgegenstände bzw. zur Überwachung der Zahlungsflüsse und zur Kontrolle der Anlagegrenzen und Anteilrücknahmen.
  • Wirtschaftsprüfer: Prüfung der Jahresberichte und ausgewählter Prozesse.
  • Vertrieb: Bereitstellung der gesetzlich geforderten Informationen an Anleger und Durchführung des zulässigen Vertriebs in den jeweiligen Ländern.

Anlageuniversum und Diversifikation

Dachfonds dürfen nur in Zielfonds investieren, die bestimmten gesetzlichen Mindeststandards genügen. Dazu zählen etwa Vorgaben zur Verwahrung, Bewertung, Transparenz und Aufsicht der Zielfonds. Häufig bestehen Beschränkungen hinsichtlich der Konzentration auf einzelne Zielfonds oder Anbieter, um Risikostreuung sicherzustellen. Die Fondsbedingungen legen fest, welche Arten von Zielfonds (z. B. OGAW, AIF mit bestimmten Merkmalen) zulässig sind.

Kostenstruktur und Offenlegung

Bei Dachfonds entsteht eine Kostenschicht auf zwei Ebenen: auf Ebene des Dachfonds (z. B. Verwaltungsvergütung, Verwahrstellenentgelt, sonstige Betriebskosten) und auf Ebene der Zielfonds (z. B. deren Verwaltungsvergütung). Rechtlich ist eine transparente Darstellung der Gesamtkosten und der Kostenbestandteile vorgeschrieben. Zudem sind Interessenkonflikte bei Zuwendungen oder Gebührenstrukturen offenzulegen.

Regulierung und Anlegerschutz

Der Anlegerschutz beruht auf Zulassung, laufender Aufsicht, Trennung von Vermögen, klaren Bewertungs- und Liquiditätsregeln sowie umfassender Information.

Zulassung, Aufsicht und Vermögensschutz

Die Auflage eines Dachfonds setzt eine Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde voraus. Die Verwaltungsgesellschaft benötigt eine Erlaubnis und unterliegt laufender Aufsicht. Das Fondsvermögen ist vom Vermögen der Verwaltungsgesellschaft getrennt und wird durch die Verwahrstelle überwacht. Diese Trennung schützt das Fondsvermögen vor Ansprüchen Dritter im Insolvenzfall der Verwaltungsgesellschaft.

Informations- und Transparenzpflichten

Vor und während der Anlage sind standardisierte Informationen bereitzustellen. Dazu zählen insbesondere der Verkaufsprospekt bzw. das Basisinformationsblatt für Privatkunden, regelmäßige Berichte (Jahres- und Halbjahresberichte) sowie gegebenenfalls Angaben zu Nachhaltigkeitsmerkmalen. Änderungen wesentlicher Fondsmerkmale werden veröffentlicht, teilweise mit Fristen und Rechten für Anleger.

Risikomanagement, Liquidität und Bewertung

Die Verwaltungsgesellschaft muss ein unabhängiges Risikomanagement etablieren. Dazu gehören Verfahren zur Messung und Überwachung von Marktrisiken, Kreditrisiken, Liquiditätsrisiken und operationellen Risiken. Die Bewertung erfolgt nach klaren, vorab festgelegten Grundsätzen. Der Nettoinventarwert (NAV) wird regelmäßig ermittelt und veröffentlicht. Für Rückgaben von Anteilen gelten vertraglich und aufsichtsrechtlich definierte Prozesse; in Ausnahmesituationen können rechtlich vorgesehene Maßnahmen zur Stabilisierung der Liquidität Anwendung finden, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.

Interessenkonflikte und Governance

Interessenkonflikte können entstehen, etwa wenn Zielfonds von verbundenen Unternehmen stammen. Die Verwaltungsgesellschaft muss über Richtlinien verfügen, um diese zu identifizieren, zu steuern und transparent zu machen. Governance-Regeln betreffen zudem Delegationen von Aufgaben, Vergütungssysteme und die Überwachung von Dienstleistern.

Steuerliche Einordnung in Grundzügen

Die steuerliche Behandlung von Dachfonds folgt einem zweistufigen System: Fonds- und Anlegerebene. Die konkrete Ausgestaltung hängt vom Sitz des Fonds, der Art der Einkünfte und der Anlegerkategorie ab. Es bestehen besondere Regeln für Erträge, die der Fonds aus Zielfonds bezieht, einschließlich möglicher Entlastungen oder Pauschalansätze. Angaben zur steuerlichen Behandlung werden im Prospekt und in den Berichten beschrieben.

Fondsebene

Auf Fondsebene gelten besondere steuerliche Vorschriften, die eine transparente oder pauschalierte Behandlung von Erträgen, Gewinnen und Verlusten vorsehen können. Doppelbesteuerungsaspekte bei grenzüberschreitenden Investitionen werden durch einschlägige steuerliche Regelungen adressiert.

Anlegerebene

Auf Anlegerebene sind insbesondere Ausschüttungen, Thesaurierungen und Veräußerungsgewinne relevant. Für private und professionelle Anleger gelten teilweise unterschiedliche steuerliche Mechanismen. Detaillierte Angaben ergeben sich aus den steuerlichen Hinweisen der Fondsunterlagen.

Vertrieb und Zielgruppen

Der Vertrieb richtet sich nach der Ausgestaltung des Dachfonds und den anwendbaren Vertriebsregeln im jeweiligen Land.

Öffentliche Platzierung und qualifizierte Anleger

Dachfonds können für die breite Öffentlichkeit zugelassen sein oder ausschließlich an bestimmte professionelle Anleger gerichtet sein. Je nach Zielgruppe variieren die Informationspflichten und die zulässigen Anlagespielräume. Die Vertriebszulassung in einem Land setzt die Erfüllung der dortigen Anzeige- oder Genehmigungsanforderungen voraus.

Grenzüberschreitender Vertrieb

Für Dachfonds bestehen in der Europäischen Union Mechanismen, die den Vertrieb nach Erfüllung bestimmter Formalitäten auch in anderen Mitgliedstaaten ermöglichen. Die Einhaltung der jeweiligen Landesanforderungen, insbesondere zu Anlegerinformationen und Marketinginhalten, ist sicherzustellen.

Besondere rechtliche Aspekte bei Dachfonds

Look-through-Ansatz und Anlagegrenzen

Bei Dachfonds wird im Rahmen von Risikostreuung und Offenlegung häufig ein Durchgriff auf die Zielfonds angewandt, um die effektive Verteilung auf Anlageklassen, Regionen und Emittenten zu bestimmen. Für die Begrenzung einzelner Risiken (z. B. Emittenten- oder Kontrahentenrisiken) können daher sowohl die direkte Fondsposition als auch die dahinterliegenden Bestände der Zielfonds maßgeblich sein.

Transparenz zu Nachhaltigkeit

Gibt ein Dachfonds Nachhaltigkeitsmerkmale an, gelten Offenlegungspflichten zu Strategie, Zielen und den verwendeten Indikatoren. Bei Investitionen in Zielfonds sind deren Nachhaltigkeitsangaben zu berücksichtigen und konsistent darzustellen, damit Anleger die Merkmalsausgestaltung nachvollziehen können.

Umgang mit illiquiden Zielfonds

Investiert ein Dachfonds in Zielfonds mit geringerer Liquidität, sind besondere Vorkehrungen beim Liquiditätsmanagement erforderlich. Dazu zählen angemessene Stresstests, definierte Bewertungsregeln und die Abstimmung der Rücknahmebedingungen des Dachfonds mit den Rücknahmezyklen der Zielfonds. Rechtlich zulässige Instrumente zur Liquiditätssteuerung müssen in den Fondsunterlagen beschrieben sein.

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Dachfonds aus rechtlicher Sicht?

Ein Dachfonds ist ein eigenständiger Investmentfonds, der in Anteile anderer Fonds investiert. Er unterliegt denselben Grundanforderungen wie vergleichbare Fonds, einschließlich Genehmigung, Aufsicht, Vermögenstrennung, Risikomanagement, Bewertung, Berichterstattung und Transparenz.

Welche regulatorischen Vorgaben gelten für Dachfonds?

Je nach Ausgestaltung gelten die Regelwerke für OGAW oder für alternative Investmentfonds. Diese bestimmen unter anderem zulässige Anlageklassen, Streuungsregeln, Liquiditätsanforderungen, Organisationspflichten der Verwaltungsgesellschaft und die Ausgestaltung der Anlegerinformationen.

Dürfen Dachfonds in jeden anderen Fonds investieren?

Nein. Zielfonds müssen bestimmte Mindeststandards bei Aufsicht, Verwahrung, Bewertung und Transparenz erfüllen. Zudem können Anlagegrenzen und Streuungsregeln den Anteil einzelner Zielfonds oder Anlagesegmente begrenzen. Details finden sich in den Fondsunterlagen.

Wie werden Kosten bei Dachfonds offengelegt?

Die Offenlegung umfasst Kosten auf Dachfonds- und Zielfondsebene. Vorgeschrieben sind klare, vergleichbare Angaben zu Vergütungen, laufenden Kosten und sonstigen Entgelten, damit die Gesamtkostenbelastung nachvollziehbar ist.

Wie erfolgt die Bewertung und wie funktionieren Rücknahmen?

Die Bewertung folgt festgelegten, überwachten Verfahren; der Nettoinventarwert wird regelmäßig berechnet und veröffentlicht. Rücknahmen erfolgen zu den in den Fondsunterlagen festgelegten Terminen und Bedingungen. In besonderen Marktsituationen können rechtlich vorgesehene Maßnahmen zur Liquiditätssteuerung Anwendung finden.

Welche Informationsdokumente müssen bereitgestellt werden?

Vorgesehen sind insbesondere Prospekt und Basisinformationsblatt für Privatkunden sowie Jahres- und Halbjahresberichte. Gegebenenfalls kommen Nachhaltigkeitsangaben hinzu. Änderungen wesentlicher Merkmale werden bekannt gemacht.

Welche steuerlichen Grundsätze gelten für Dachfonds?

Grundsätzlich gilt eine zweistufige Betrachtung von Fonds- und Anlegerebene. Für Erträge aus Zielfonds bestehen besondere Regeln. Konkrete Auswirkungen hängen von der individuellen Situation und den jeweils anwendbaren steuerlichen Vorschriften ab; maßgeblich sind die Hinweise in den Fondsunterlagen.