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COVID-19-Pandemie


Begriff und Entstehung der COVID-19-Pandemie

Die COVID-19-Pandemie, ausgelöst durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2, bezeichnet die weltweite Verbreitung dieser Infektionskrankheit ab Ende 2019. Erstmals identifiziert wurde das Virus im Dezember 2019 in der chinesischen Stadt Wuhan. Die Ausbreitung entwickelte sich rasch zu einer weltweiten Gesundheitskrise und wurde am 11. März 2020 von der Weltgesundheitsorganisation als Pandemie eingestuft. Die Pandemie führte zu umfangreichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und insbesondere rechtlichen Auswirkungen in zahlreichen Staaten.

Rechtlicher Rahmen der COVID-19-Pandemie

Nationale und internationale Rechtsgrundlagen

Infektionsschutzrecht

In Deutschland stellt das Infektionsschutzgesetz (IfSG) die rechtliche Basis für Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten dar. Das IfSG regelt unter anderem die Meldepflichten, Maßnahmen zur Verhinderung von Infektionen sowie Befugnisse der zuständigen Behörden. Erste Gesetzesänderungen im März 2020 erweiterten den Instrumentenkasten des IfSG und ermöglichten zusätzliche Befugnisse für Bund und Länder.

Internationales Gesundheitsrecht

Die internationalen Reaktionen erfolgten maßgeblich auf Basis der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR, International Health Regulations) der Weltgesundheitsorganisation, die Staaten zu Meldungen und internationalen Kooperationen verpflichten. Innerhalb der Europäischen Union wurde zudem das Krisenmanagement ab- und abgestimmt.

Ausnahmezustand und Notstandsgesetzgebung

Viele Staaten führten aufgrund der Pandemie weitreichende Notstandsregelungen ein. In Deutschland wurde kein klassischer Ausnahmezustand verhängt, allerdings sah das Infektionsschutzgesetz bereits weitgehende Eingriffsrechte vor. Durch die Feststellung einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ nach § 5 IfSG erhielt die Bundesregierung erweiterte Befugnisse, etwa bei der Anordnung von Schutzmaßnahmen sowie bei der Steuerung und Verteilung medizinischer Ressourcen.

Rechtliche Maßnahmen und Auswirkungen

Eingriffe in Grundrechte

Bewegungsfreiheit und Versammlungsrecht

Zur Eindämmung der Pandemie wurden zahlreiche Grundrechte zeitweise eingeschränkt. Hierzu zählten Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverbote sowie Beschränkungen öffentlicher und privater Versammlungen. Die Einschränkungen stützten sich regelmäßig auf das Infektionsschutzgesetz und unterlagen immer einer Verhältnismäßigkeitsprüfung, wie es das Grundgesetz fordert.

Berufs-, Religions- und Eigentumsfreiheit

Die Schließung von Betrieben, Schulen, Kultureinrichtungen sowie Gottesdiensten war mit weiteren intensiven Eingriffen in mehrere Grundrechte verbunden. Diese Eingriffe mussten stets rechtlich gerechtfertigt und einer Kontrolle durch Verwaltungsgerichte unterzogen werden. Im Verlauf der Pandemie wurden zahlreiche Verordnungen und Allgemeinverfügungen von Gerichten überprüft, aufgehoben oder angepasst.

Impf- und Testpflicht

Rechtsgrundlagen für Impfstoffzulassung und Immunisierung

Die Entwicklung, Zulassung und Anwendung von COVID-19-Impfstoffen erfolgte unter besonderer gesetzlicher und aufsichtsrechtlicher Regelung, etwa durch beschleunigte Verfahren der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Zeitweise trat eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen (z.B. in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen) in Kraft, gestützt auf § 20a IfSG.

Testpflichten und Zugangsbeschränkungen

Regelungen zur Testpflicht wurden mit Blick auf verschiedene Bereiche des öffentlichen Lebens erlassen, etwa im Zusammenhang mit Schulen, am Arbeitsplatz oder beim Zugang zu Veranstaltungen. Die Umsetzung erfolgte größtenteils durch Verordnungen der Länder.

Staatshaftungsrecht und Entschädigungsmöglichkeiten

Staatliche Eingriffsmaßnahmen und Entschädigungsansprüche

Die hoheitlichen Beschränkungen konnten gravierende wirtschaftliche Auswirkungen für Unternehmen und Selbstständige haben. Nach § 56 IfSG sieht das Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Entschädigung vor, insbesondere bei Tätigkeitsverboten und Quarantänemaßnahmen. Um wirtschaftliche Folgen abzumildern, wurde eine Vielzahl von Hilfsprogrammen und Sonderregelungen eingeführt.

Zivilrechtliche Aspekte und Vertragsrecht

Die Pandemie wirkte sich auch erheblich auf bestehende Vertragsverhältnisse aus. Die Frage von „höherer Gewalt“ wurde insbesondere bei Miet-, Veranstaltungs-, Reise- und Lieferverträgen relevant. Teilweise sahen gesetzliche Vorgaben Anpassungen von Fristen, Leistungsverweigerungsrechte oder außerordentliche Kündigungsrechte vor.

Datenschutz und IT-Recht

Digitale Nachverfolgung und Warn-Apps

Die Einführung digitaler Instrumente zur Nachverfolgung von Infektionsketten (z. B. Corona-Warn-App) erfolgte unter Berücksichtigung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Es wurden besondere Maßstäbe an Datenminimierung, Zweckbindung und Freiwilligkeit angelegt. Die datenschutzrechtliche Ausgestaltung dieser technischen Maßnahmen stand im Fokus zahlreicher rechtlicher Debatten.

Arbeitsrechtliche Aspekte

Beschäftigtenschutz und Kurzarbeit

Arbeitsschutzrechtlich rückten neben der Verpflichtung zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz auch Regelungen zur Verpflichtung und Möglichkeit des Homeoffice in den Mittelpunkt. Die Einführung und Ausweitung von Kurzarbeitergeld wurde durch die Bundesagentur für Arbeit mit besonderen Bestimmungen flankiert.

Gesellschaftsrechtliche und strafrechtliche Auswirkungen

Aspekte im Vereins- und Gesellschaftsrecht

Die Handlungsfähigkeit von Vereinen, Gesellschaften und Unternehmen wurde durch Pandemie-bedingte Kontaktbeschränkungen eingeschränkt. Gesetzliche Sonderregelungen ermöglichten befristet digitale Mitgliederversammlungen und Stimmrechtsausübungen.

Sanktionsrecht und Ordnungswidrigkeiten

Verstöße gegen infektionsschutzrechtliche Regelungen wurden rechtlich sanktioniert. Je nach Verstoß drohten Bußgelder oder strafrechtliche Konsequenzen bis hin zu Freiheitsstrafen.

Fazit

Die COVID-19-Pandemie wirkte als Katalysator für zahlreiche gesetzgeberische Maßnahmen, rechtliche Anpassungen und Ausnahmeregelungen auf fast allen Rechtsgebieten. Die Bewältigung der mit der Pandemie verbundenen Herausforderungen erforderte eine kontinuierliche rechtliche Neubewertung, die auch nach Abklingen der akuten Welle Eingang in die Rechtsordnung gefunden hat. Die Erfahrungen der Pandemie werden die Fortentwicklung des Gesundheits-, Datenschutz-, Arbeits- und Gesellschaftsrechts weiterhin prägen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen ermöglichten die deutschlandweiten Ausgangsbeschränkungen während der COVID-19-Pandemie?

Die rechtliche Grundlage für die deutschlandweiten Ausgangsbeschränkungen während der COVID-19-Pandemie bildete im Wesentlichen das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Das IfSG ermächtigte sowohl die Länder als auch den Bund, notwendige Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Infektionskrankheiten beim Menschen zu ergreifen. Konkret konnten auf Basis der §§ 28 ff. IfSG Gebote und Verbote zur Eindämmung von Infektionen ausgesprochen werden. Die Länder setzten diese Vorgaben durch entsprechende Rechtsverordnungen um, welche Herstellung und Umfang der Ausgangsbeschränkungen im Detail regelten. Einzelne Maßnahmen mussten dabei stets verhältnismäßig, geeignet, erforderlich und angemessen sein. Rechtsgrundlagen für Einschränkungen der Grundrechte wie der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 GG) sowie der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) waren ausdrücklich im IfSG vorgesehen. Zudem waren Gerichte regelmäßig mit Eilanträgen gegen die erlassenen Maßnahmen befasst, prüften diese auf Rechtmäßigkeit und verhältnismäßige Ausgestaltung und setzten im Einzelfall auch Beschränkungen außer Kraft. Wesentlich blieb aber, dass der Gesetzgeber pandemiebedingte Sonderregelungen schuf, unter anderem durch das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, welches dem Bund zusätzliche Eingriffsbefugnisse einräumte.

Wie wurden arbeitsrechtliche Fragen bezüglich Homeoffice und Kurzarbeit während der Pandemie geregelt?

Im arbeitsrechtlichen Kontext führten die pandemiebedingten Beschränkungen zu vielen Fragen rund um Homeoffice und Kurzarbeit. Grundsätzlich besteht in Deutschland kein genereller gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice. Im Zuge der Pandemie wurde jedoch mit § 28b IfSG vorübergehend eine Pflicht für Arbeitgeber geschaffen, Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen, sofern keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstanden. Arbeitgeber waren verpflichtet, die dafür erforderlichen Arbeitsmittel bereitzustellen oder die Nutzung privater Geräte zu gestatten, wobei Regelungen etwa zum Datenschutz und zur Arbeitszeiterfassung eingehalten werden mussten. Hinsichtlich Kurzarbeit wurde das bestehende Instrument des Kurzarbeitergeldes durch die Bundesagentur für Arbeit massiv ausgeweitet. Die Zugangsvoraussetzungen wurden erleichtert (z. B. musste nur noch 10 % der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein), der Leistungssatz wurde erhöht, und weitere Sozialversicherungsbeiträge konnten von der Arbeitsagentur übernommen werden. Kurzarbeit setzte eine entsprechende Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag voraus oder musste individuell vereinbart werden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden mehrfach durch Sonderverordnungen angepasst und verlängert.

Welche Regelungen galten im Hinblick auf die Durchführung von Gerichtsverfahren während der Pandemie?

Auch die Justiz war erheblich von den pandemiebedingten Einschränkungen betroffen. Die Durchführung von Gerichtsverfahren wurde grundsätzlich aufrechterhalten, die Gerichte setzten hierfür jedoch umfangreiche eigene Hygienekonzepte um. Rechtsgrundlage war hier das Recht jedes Einzelnen auf ein faires Verfahren und auf rechtliches Gehör, abgeleitet aus dem Grundgesetz (Art. 103 Abs. 1 GG). Viele Verhandlungen wurden verschoben oder auf das absolut Notwendige beschränkt. Die Möglichkeit der Durchführung von Videoverhandlungen wurde insbesondere durch § 128a ZPO („Mündliche Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung“) und analoge Vorschriften in anderen Prozessordnungen erweitert und verstärkt genutzt. Nichtsdestoweniger mussten Präsenztermine garantiert werden, wenn den Beteiligten die digitale Teilnahme technisch oder aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar war. Zudem erließen die Gerichte oft hausinterne Anordnungen zur Maskenpflicht und zu Abstandsregelungen.

Welche Bußgelder und Strafen drohten bei Verstößen gegen Corona-Schutzmaßnahmen?

Verstöße gegen Corona-Schutzmaßnahmen stellten Ordnungswidrigkeiten im Sinne des Infektionsschutzgesetzes dar, für die die Gesundheitsämter und Ordnungsbehörden Bußgelder verhängen konnten. Die Höhe der Bußgelder unterschied sich – je nach Bundesland – und war jeweils in länderspezifischen Bußgeldkatalogen festgelegt. Bußgelder konnten beispielsweise wegen Missachtung von Kontaktbeschränkungen, Verstößen gegen Maskenpflicht oder wegen der unzulässigen Öffnung von Gewerbebetrieben verhängt werden und reichten von zweistelligen bis hin zu fünfstelligen Beträgen. In schwerwiegenden Fällen, etwa bei wiederholten Verstößen oder vorsätzlicher Gefährdung Dritter, konnte auch eine Strafverfolgung nach § 74 IfSG eingeleitet werden, die in besonders gravierenden Fällen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren vorsah, beispielsweise bei Veranlassung der Verbreitung von Krankheitserregern.

Welche Rechte hatten Bürgerinnen und Bürger gegen Corona-Maßnahmen rechtlich vorzugehen?

Bürgerinnen und Bürger konnten sich gegen Corona-Maßnahmen grundsätzlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes an die Verwaltungsgerichte wenden. Die Rechtsgrundlage bildeten vor allem § 47 VwGO (Normenkontrollantrag gegen Rechtsverordnungen) sowie § 80 VwGO (Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte). Zahlreiche Verfahren richteten sich gegen Kontakt-, Ausgangs- und Betriebsschließungen oder Quarantäneauflagen. Die Gerichte prüften hierbei insbesondere, ob die Maßnahmen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig waren. Entscheidungen fielen je nach Sachlage unterschiedlich aus; während zahlreiche Maßnahmen im Eilverfahren bestätigt wurden, erklärten die Gerichte Ausgangsbeschränkungen oder Beherbergungsverbote in einigen Fällen für unverhältnismäßig und somit unwirksam. Bürgerinnen und Bürger hatten zudem die Möglichkeit, im Hauptsacheverfahren die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen zu prüfen oder Entschädigungsansprüche zu verfolgen, insbesondere bei erheblichen wirtschaftlichen Einbußen.

Welche besonderen Regelungen galten für Reisende, etwa bei Rückreise aus Risikogebieten?

Für Reisende galten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie umfangreiche rechtliche Regelungen und Pflichten. Bei der Rückreise aus sogenannten Risikogebieten (nach Feststellung durch das Robert Koch-Institut) ordneten die Gesundheitsämter gemäß § 30 IfSG regelmäßig Quarantäne für die Betroffenen an. Reisende mussten sich unverzüglich nach Einreise beim örtlichen Gesundheitsamt melden und gegebenenfalls einen negativen Corona-Test vorlegen. Die Quarantänedauer und die Möglichkeit zur vorzeitigen Freitestung variierten im Laufe der Pandemie mehrfach und wurden durch Rechtsverordnungen auf Landes- und Bundesebene konkretisiert. Verstöße gegen Melde- und Quarantänepflichten konnten mit hohen Bußgeldern geahndet werden. Zudem sahen Regelungen der Einreiseverordnung vor, dass bestimmte Berufsgruppen, etwa Grenzpendler oder Personen im Gesundheitswesen, unter definierten Bedingungen von der Quarantänepflicht ausgenommen waren. Öffentliche Informationspflichten der Behörden sollten sicherstellen, dass Reisen noch verantwortungsvoll und unter Berücksichtigung rechtlicher Vorgaben geplant werden konnten.

Welche Ansprüche auf Entschädigung oder Schadensersatz hatten Unternehmen infolge pandemiebedingter Betriebsschließungen?

Unternehmen, die durch behördlich angeordnete Betriebsschließungen oder Einschränkungen betroffen waren, konnten Ansprüche auf Entschädigung oder Ersatz geltend machen, die sich aus verschiedenen gesetzlichen Grundlagen ergaben. Nach § 56 IfSG besteht insbesondere ein Entschädigungsanspruch für den Verdienstausfall, wenn Mitarbeiter aufgrund von Quarantäne oder Tätigkeitsverboten nicht arbeiten konnten. Für weitergehende wirtschaftliche Schäden, zum Beispiel durch allgemeine Betriebsschließungen auf Grundlage von Landesverordnungen, bestand hingegen häufig kein Anspruch auf Entschädigung nach dem IfSG. Um wirtschaftliche Folgen abzufedern, wurden deshalb umfassende staatliche Hilfsprogramme aufgelegt, wie Soforthilfe, Überbrückungshilfen und die „Novemberhilfe“. Die Auszahlung war jeweils an spezifische Voraussetzungen und Nachweispflichten geknüpft. Parallel wurde diskutiert, ob bei nicht vorhersehbaren, hoheitlich angeordneten Schließungen zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz nach § 823 BGB infrage kommen könnten, wobei die Gerichte dies im Regelfall jedoch ausgeschlossen haben.