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Corps diplomatique


Corps diplomatique

Das Corps diplomatique (abgekürzt häufig als „CD“ bezeichnet) ist ein zentraler Begriff im diplomatischen und völkerrechtlichen Kontext und bezeichnet die Gesamtheit der diplomatischen Vertreter eines fremden bzw. aller fremden Staaten in einem Gastland. Neben diesem allgemeinen Begriffsverständnis umfasst der Terminus auch Fragen zur Rechtsstellung, zu den Privilegien und Immunitäten sowie zur Funktion und Organisation des diplomatischen Personals. Im Folgenden werden die vielschichtigen rechtlichen Aspekte des Begriffs Corps diplomatique ausführlich dargestellt.


Begriff und Entstehung des Corps diplomatique

Das Corps diplomatique besteht aus allen Leitern und akkreditierten Angehörigen der diplomatischen Missionen (Botschaften und Gesandtschaften) in einem Empfangsstaat. Historisch hat sich der Begriff mit dem Erstarken des Völkerrechts ab dem 17. Jahrhundert entwickelt und ist heute wesentlicher Bestandteil internationaler Beziehungen. Das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen von 1961 kodifiziert die Grundprinzipien sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen das Corps diplomatique tätig ist.

Abgrenzung zu anderen Personengruppen

Nicht zum Corps diplomatique zählen Konsularbeamte, Vertreter internationaler Organisationen (außer in besonderen Fällen) sowie Handels- und Militärattachés, sofern sie nicht ausdrücklich diplomatischen Status genießen.


Rechtsstellung des Corps diplomatique

Die Rechtsstellung und die damit verbundenen Rechte und Pflichten des Corps diplomatique sind weitgehend durch internationales Völkerrecht und insbesondere durch das erwähnte Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen geregelt.

Akkreditierung und Exequatur

Mitglieder des Corps diplomatique bedürfen der Akkreditierung durch den Empfangsstaat. Der Leiter einer diplomatischen Mission (etwa ein Botschafter) überreicht sein Beglaubigungsschreiben dem Staatsoberhaupt des Empfangsstaates. Erst durch eine offizielle Bestätigung (Erteilung des Exequaturs) wird der diplomatische Status erworben.

Rangfolge und Dekanprinzip

Das Protokoll regelt eine feste Rangordnung innerhalb des Corps diplomatique. In der Regel übernimmt der dienstälteste Missionschef die Funktion des Doyens (Dekan), es sei denn, dass das Gastland hiervon per Gesetz oder Tradition abweicht (beispielsweise mit dem Vorrang des Vertreters des Heiligen Stuhls in vielen katholischen Ländern). Die Rangfolge ist insbesondere bei offiziellen Zeremonien (Empfängen, Nationalfeiertagen) sowie in protokollarischen Belangen relevant.


Privilegien und Immunitäten des Corps diplomatique

Eine der zentralen Eigenschaften des Corps diplomatique sind umfangreiche Vorrechte, sogenannte diplomatische Immunitäten und Privilegien, welche die ungestörte Amtsausübung sichern sollen.

Diplomatische Immunität

Mitglieder des Corps diplomatique genießen persönliche Immunität, d. h. sie sind vor der Straf-, Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit des Empfangsstaates grundsätzlich geschützt. Ausnahmen bestehen nur in speziellen Fällen (z. B. bei zivilrechtlichen Streitigkeiten aus privaten Grundstückserwerben oder Nachfolgeschaften). Die Immunität besteht auch nach Beendigung der Funktion für Handlungen fort, die während der Amtszeit vorgenommen wurden.

Unverletzlichkeit

Mitglieder des diplomatischen Corps haben Anspruch auf Unverletzlichkeit der Person (Art. 29 Wiener Übereinkommen). Auch Wohnräume, Fahrzeuge und Schriftwechsel sind vor Zutritt, Durchsuchung und Beschlagnahme geschützt. Die Immunität erstreckt sich auch auf die diplomatische Post und den Schutz von Kommunikationsmitteln.

Steuerbefreiungen und Zollprivilegien

Das Wiener Übereinkommen sieht eine umfassende Steuer- und Zollbefreiung für dienstliche und in weiten Teilen auch für persönliche Zwecke vor (Art. 34ff. Wiener Übereinkommen). Das Corps diplomatique ist in aller Regel von direkten Steuern sowie von Zöllen und Einfuhrabgaben auf bestimmte Waren ausgenommen.


Pflichten des Corps diplomatique

Trotz ihrer weitgehenden Immunitäten treffen Mitglieder des Corps diplomatique auch bestimmte Pflichten gegenüber dem Empfangsstaat.

Pflicht zur Nichteinmischung

Das diplomatische Corps ist verpflichtet, die Gesetze und Vorschriften des Empfangsstaates zu achten und sich in die inneren Angelegenheiten nicht einzumischen (Art. 41 Wiener Übereinkommen). Bei einer schwerwiegenden Missachtung kann der Empfangsstaat den/die betreffende(n) Diplomaten zur willkommenen oder persona non grata erklären.

Verlassen des Empfangsstaates

Wird ein Mitglied des Corps diplomatique für „persona non grata“ erklärt, hat dieses den Empfangsstaat binnen angemessener Frist zu verlassen. Andernfalls kann der Empfangsstaat die Anerkennung des diplomatischen Status aufheben.


Organisation und Funktion des Corps diplomatique

Interne Organisation und Vertretung

Das Corps diplomatique organisiert sich häufig in formellen oder informellen Gremien zur Abstimmung gemeinsamer Anliegen, etwa zur Klärung protokollarischer Fragen mit Behörden des Empfangsstaates.

Funktionen im diplomatischen Verkehr

Das diplomatische Corps fungiert als Vermittler zwischen den entsendenden und dem empfangenden Staat, sowohl auf offizieller als auch auf informeller Ebene. Weitere Aufgaben umfassen die Wahrung und Vertretung der Interessen des entsendenden Staates.


Kennzeichnung im Straßenverkehr

Fahrzeuge, die von Mitgliedern des Corps diplomatique genutzt werden, sind in vielen Staaten mit besonderen Kennzeichen (meist „CD“-Nummernschilder) versehen. Diese ermöglichten eine schnelle Identifikation und unterstreichen das mit dem diplomatischen Status verbundene Recht auf besondere Behandlung, etwa Verkehrsschutz oder Parkerleichterungen im Rahmen internationaler Gepflogenheiten.


Ende der Mitgliedschaft im Corps diplomatique

Die Mitgliedschaft im Corps diplomatique endet mit der Beendigung der diplomatischen Mission, der Enthebung durch das Entsendeland oder die Aberkennung des Status durch den Empfangsstaat. Rechte und Pflichten können in bestimmten Fällen nachwirken (z. B. Immunität für dienstliche Handlungen).


Internationale Rechtsgrundlagen

Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (1961)

Das entscheidende völkerrechtliche Regelwerk ist das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD) von 1961. Es wurde fast weltweit ratifiziert und schafft einen einheitlichen Rahmen für die Rechte und Pflichten des diplomatischen Corps.

Weitere Regelungen

Zusätzliche Regelungen finden sich in nationalen Umsetzungsgesetzen, bilateralen Vereinbarungen sowie in einzelnen Spezialgesetzen einzelner Staaten hinsichtlich Protokoll, Statusfragen und Verkehrsregelungen.


Zusammenfassung

Das Corps diplomatique ist ein wesentlicher Bestandteil des diplomatischen Verkehrs. Seine Mitglieder unterliegen einem eigenen rechtlichen Status, der durch internationale Verträge, insbesondere das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen, geregelt ist. Kennzeichnend sind weitgehende Vorrechte und Immunitäten zur Sicherung der Funktionsfähigkeit sowie spezifische Pflichten zur Gewährleistung respektvoller Beziehungen zwischen den Staaten. Die rechtliche Stellung des Corps diplomatique bildet somit das Fundament für stabile, geordnete und völkerrechtskonforme internationale Beziehungen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln den Status des Corps diplomatique in Deutschland?

Die rechtlichen Grundlagen für das Corps diplomatique in Deutschland ergeben sich primär aus dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 (WÜD), das im deutschen Recht durch Zustimmungsgesetz gemäß Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) umgesetzt wurde. Das Wiener Übereinkommen regelt abschließend die Rechte, Privilegien und Immunitäten diplomatischer Vertreter und ihrer Familienangehörigen auf Gegenseitigkeit. Darüber hinaus bestehen ergänzende nationale Vorschriften, insbesondere das Gesetz über die Rechtsstellung ausländischer Staatsangehöriger im Bundesgebiet (AufenthG) sowie dienstrechtliche Ausführungsbestimmungen des Auswärtigen Amtes. Auch das Protokollhandbuch des Auswärtigen Amts enthält zur praktischen Umsetzung verbindliche Vorgaben. Die völkerrechtlichen Vorschriften erhalten durch die Listung im Diplomatenverzeichnis („Liste des diplomatischen Korps“) und die Akkreditierung gemäß Artikel 9 und 10 WÜD im deutschen Inland Gültigkeit. Bei eventuellen Streitfällen über den Status greifen sowohl völkerrechtliche als auch innerstaatliche Rechtswege nach den allgemeingültigen Grundsätzen der Staatenimmunität und des Verwaltungsverfahrensrechts.

Welche Rechte und Immunitäten genießen Mitglieder des Corps diplomatique?

Mitglieder des Corps diplomatique genießen weitreichende Immunitäten und Privilegien, die im Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen festgelegt sind. Hierzu zählen insbesondere die Immunität vor der Straf- und Zivilgerichtsbarkeit gemäß Artikel 31 WÜD (mit bestimmten Ausnahmen z.B. bei privateigenen Grundstücken oder gewerblicher Tätigkeit außerhalb des diplomatischen Auftrags) sowie die Immunität von Zwangsmaßnahmen und Vollstreckung. Auch genießen sie Steuernachlässe, etwa für Importzölle und Umsatzsteuer auf dienstliche Einkäufe (Artikel 34 WÜD), sowie Unverletzlichkeit der Person, der Familienwohnung und der Korrespondenz (Artikel 29, 30 WÜD). Ferner sind sie von der Zeugnispflicht als Zeugen entbunden. Die Rechte sind ab dem Zeitpunkt der Akkreditierung und Aushändigung des Beglaubigungsschreibens wirksam und enden mit der offiziellen Beendigung der Mission, wobei bestimmte Immunitäten für einen Übergangszeitraum erhalten bleiben können.

Wie erfolgt die Akkreditierung eines Mitglieds des Corps diplomatique rechtlich?

Die Akkreditierung erfolgt in einem völkerrechtlich streng geregelten Verfahren; sie ist ein zweiseitiger Akt zwischen dem Entsendestaat und dem Empfangsstaat. Der zu entsendende Diplomat wird vom Entsendestaat gemäß Artikel 4 WÜD nominiert und dem Empfangsstaat durch ein Agrément vorgeschlagen. Erst nach Zustimmung durch das Auswärtige Amt (in Deutschland) kann die Akkreditierung vollzogen werden. Die Akkreditierungsurkunde, das sogenannte Beglaubigungsschreiben, wird anschließend dem deutschen Staatsoberhaupt überreicht. Erst ab diesem Zeitpunkt genießt die betreffende Person vollen diplomatischen Status. Die Ablehnung der Akkreditierung kann ohne Angabe von Gründen erfolgen und gilt nicht als unfreundlicher Akt (Artikel 4 Absatz 2 WÜD). Das Verzeichnis des diplomatischen Korps wird laufend geführt und angepasst; der Status ist mit Aufnahme in dieses Verzeichnis und Aushändigung des speziellen Diplomatenpasses belegt.

Wie werden Verstöße gegen das Recht durch Mitglieder des Corps diplomatique rechtlich behandelt?

Im Falle eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung durch Mitglieder des Corps diplomatique genießt die betreffende Person grundlegend Immunität vor Strafverfolgung, zivilrechtlicher Haftung und Verwaltungsvollstreckung, solange die Tat im Rahmen dienstlicher oder sonstiger geschützt immunisierter Tätigkeit erfolgt. Ausnahmen bestehen bei privaten und gewerblichen Handlungen („acts jure gestionis“), für die eingeschränkte Zuständigkeit deutscher Gerichte entstehen kann. Bei gravierenden Verstößen kann der Empfangsstaat die betreffende Person zur „Persona non grata“ erklären (Artikel 9 WÜD), was zur Ausweisung oder Abberufung führt. Für besonders gravierende Delikte kann der Entsendestaat dem Empfangsstaat das Privileg der Immunität ausdrücklich entziehen, auf Grundlage einer sogenannten Immunitätsverzichtserklärung nach Artikel 32 WÜD. Kommt keine solche Verzichtserklärung zustande, sind Disziplinarmaßnahmen durch den Heimatstaat und diplomatische Verhandlungen zwischen den Staaten die einzige Rechtsfolge.

Welche besonderen verfahrensrechtlichen Vorschriften gelten für Verkehrsverstöße oder Ordnungswidrigkeiten durch Diplomaten?

Verkehrsverstöße oder die Begehung von Ordnungswidrigkeiten durch Mitglieder des Corps diplomatique unterliegen nicht den gewöhnlichen Sanktionen der Straf- oder Verfolgungsbehörden. Wegen der bestehenden Immunitäten darf weder ein reguläres Ermittlungsverfahren eingeleitet, noch dürfen Bußgeldbescheide oder Fahrverbote durchgesetzt werden. Allerdings teilt das Auswärtige Amt – häufig durch sein Protokollreferat – dem Entsendestaat die Verfehlung mit der Bitte um innerstaatliche disziplinarische Maßnahmen mit. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Regelverstößen kann als ultima ratio die Aberkennung des Diplomatenstatus (Persona non grata) beantragt werden. Zu beachten ist, dass die entsprechenden Fahrzeuge mit Corps-diplomatique-Kennzeichen (CD) verkehrsrechtlich nicht von der Straßenverkehrsordnung ausgenommen sind und im Sinne der Verkehrssicherheit zumindest polizeilich kontrolliert, jedoch nicht „sanktioniert“ werden dürfen.

Welche Rolle spielt das Auswärtige Amt im rechtlichen Verfahren um den Corps diplomatique?

Das Auswärtige Amt wirkt als zentrale Schaltstelle für alle protokollarischen und rechtlichen Aspekte des Corps diplomatique. Es ist in Deutschland erster Ansprechpartner für diplomatische Vertretungen, führt das Diplomatenverzeichnis, prüft und erteilt Akkreditierungen beziehungsweise nimmt Agréments entgegen und organisiert die formelle Übergabe der Beglaubigungsschreiben. Im Falle von Rechtsverstößen agiert das Auswärtige Amt als Vermittler zwischen den zuständigen deutschen Behörden und den ausländischen Botschaften. Es koordiniert zudem Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Entzug des diplomatischen Status und setzt Völkerrecht in innerstaatliches Protokoll um, zum Beispiel durch das Protokollhandbuch oder vergleichbare Richtlinien. Ohne Kenntnis und Mitwirkung des Auswärtigen Amts sind alle formalen und substantiellen Maßnahmen hinsichtlich Status, Immunitäten und Protokoll für Mitglieder des Corps diplomatique nicht rechtswirksam.