Corps diplomatique: Begriff, Funktion und rechtliche Einordnung
Das Corps diplomatique bezeichnet die Gesamtheit der in einem Staat akkreditierten Mitglieder ausländischer diplomatischer Missionen. Es bildet keinen eigenen Hoheitsträger, sondern ist ein protokollarischer Zusammenschluss von Personen, die im Namen ihrer Entsendestaaten diplomatische Aufgaben im Empfangsstaat wahrnehmen. Seine Stellung und Arbeitsweise beruhen auf allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts und dem Protokollrecht des Empfangsstaats.
Definition und Abgrenzung
Zum Corps diplomatique zählen in erster Linie die Leiterinnen und Leiter der Auslandsvertretungen (z. B. Botschafterinnen und Botschafter) sowie die akkreditierten Mitglieder des diplomatischen Personals. Nicht dazu gehören das Konsularcorps (konsularische Vertretungen) und Interessensvertretungen ohne diplomatischen Status. Vertreter internationaler Organisationen können gesonderten Regelungen unterliegen und bilden in der Praxis häufig einen eigenen Kreis.
Protokollarische Rolle
Das Corps diplomatique besitzt keine eigenständige Entscheidungsgewalt. Seine Bedeutung liegt in der Protokollpraxis (Rangfragen, Vortritt, Teilnahme an Staatshandlungen), in der koordinierten Kommunikation mit staatlichen Stellen des Empfangsstaats und in der Pflege der Beziehungen zwischen den Missionen.
Zusammensetzung und interne Ordnung
Mitglieder und Ränge
Die Zusammensetzung spiegelt die Struktur der Missionen wider. Zu den typischen Funktionen zählen Leitung der Mission, stellvertretende Leitung, Gesandte, Gesandtschaftsrätinnen und -räte, Sekretärinnen und Sekretäre sowie Attachés, einschließlich Fachattachés (beispielsweise für Verteidigung oder Kultur). Auch bestimmte Verwaltungs- und technisches Personal kann je nach Akkreditierung zum diplomatischen Personal gehören.
Doyen (Dean) des Corps diplomatique
Dem Corps diplomatique steht protokollarisch ein Doyen (Dean) vor. Üblicherweise ist dies die dienstälteste Leiterin oder der dienstälteste Leiter einer Mission im Empfangsstaat. In manchen Ländern bestimmt das Protokoll abweichend, wer den Vorsitz führt. Der Doyen ist Ansprechperson in allgemeinen korpsbezogenen Fragen und kann die Position des Corps gegenüber staatlichen Stellen koordinieren.
Rechtsstellung im Empfangsstaat
Die Rechtsstellung der Mitglieder des Corps diplomatique beruht auf weltweit anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen, die gegenseitige Achtung, reibungslose Amtsausübung und Schutz der Missionen gewährleisten. Diese Grundsätze werden durch das innerstaatliche Protokollrecht konkretisiert.
Akkreditierung und Anerkennung
Voraussetzung für die Zugehörigkeit ist die ordnungsgemäße Akkreditierung im Empfangsstaat. Der Empfangsstaat erteilt vorher seine Zustimmung zur Person der Leiterin oder des Leiters (Zustimmungsverfahren) und erkennt nach Ankunft die Funktion durch Entgegennahme des Beglaubigungsschreibens an. Für weitere diplomatische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgt eine formelle Notifizierung bei den zuständigen Behörden.
Privilegien und Immunitäten
Mitglieder des Corps diplomatique genießen bestimmte Vorrechte, um die unabhängige Amtsausübung sicherzustellen. Diese sind funktional begründet, nicht persönlich. Sie gelten innerhalb festgelegter Grenzen und unterliegen Missbrauchsschranken.
Persönliche Unverletzlichkeit
Die Person diplomatischer Vertreterinnen und Vertreter ist geschützt. Zwangsmaßnahmen sind im Grundsatz ausgeschlossen. Der Empfangsstaat trifft besondere Schutzpflichten hinsichtlich Sicherheit und Bewegungsfreiheit.
Immunität von der Straf-, Zivil- und Verwaltungshoheit
Für die Amtsausübung besteht umfassender Schutz. Im Bereich privater Lebensverhältnisse sind Ausnahmen anerkannt, insbesondere bei bestimmten zivilrechtlichen Streitigkeiten wie privatem unbeweglichem Vermögen, Erbsachen in privater Eigenschaft oder gewerblichen Tätigkeiten außerhalb der Amtsfunktion. Die Entsendestaaten können die Immunität aufheben. Nach Beendigung einer Mission bleibt für amtliche Handlungen ein fortwirkender Schutz.
Steuer- und Zollvergünstigungen
Vorgesehen sind Erleichterungen bei direkten Steuern und bei Ein- und Ausfuhr für amtliche Zwecke. Für private Geschäfte, insbesondere bei wiederkehrenden Leistungen und indirekten Steuern, bestehen regelmäßig keine umfassenden Befreiungen.
Räumliche und kommunikative Schutzbereiche
Die Räumlichkeiten der Mission unterliegen besonderem Schutz. Akten und amtliche Kommunikation sind geschützt. Die diplomatische Kurierpost und entsprechend gekennzeichnete Sendungen genießen Unverletzlichkeit.
Familienangehörige und Hausangehörige
Familienmitglieder, die zum Haushalt gehören, können in angepasstem Umfang an den Vorrechten teilhaben. Der genaue Status hängt von der Anerkennung durch den Empfangsstaat und von der tatsächlichen Zugehörigkeit zum Haushalt ab.
Lokales Personal
Von der Mission beschäftigte Personen mit Staatsangehörigkeit oder dauerhaftem Aufenthalt im Empfangsstaat genießen regelmäßig nur in begrenztem Umfang Vorrechte. Für amtliche Handlungen bestehen Schutzwirkungen; für private Tätigkeiten gilt die allgemeine Rechtsordnung.
Pflichten und Beschränkungen
Respektierung der Rechtsordnung und Nichteinmischung
Mitglieder des Corps diplomatique haben die Rechtsordnung des Empfangsstaats zu achten und sich nicht in dessen innere Angelegenheiten einzumischen. Politische Tätigkeit erfolgt ausschließlich im Rahmen der anerkannten Aufgaben der Mission.
Berufsfremde Erwerbstätigkeit
Die Aufnahme einer persönlichen, gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit außerhalb der diplomatischen Funktion ist regelmäßig ausgeschlossen. Für Angehörige können gesonderte Regelungen bestehen, die einer vorherigen Zustimmung bedürfen.
Diplomatische Tasche und Kurier
Die diplomatische Tasche ist äußerlich erkennbar zu kennzeichnen und ausschließlich für amtliche Sendungen zu verwenden. Diplomatische Kuriere treten mit besonderer Legitimation auf und genießen Schutz bei der Erfüllung ihrer Aufgabe.
Beginn und Ende der Mission
Aufnahme der Tätigkeit
Die Amtsausübung beginnt mit Ankunft im Empfangsstaat und entsprechender Notifizierung beziehungsweise nach Übergabe des Beglaubigungsschreibens an das Staatsoberhaupt. Ab diesem Zeitpunkt greifen die Vorrechte in dem jeweils anerkannten Umfang.
Beendigung der Tätigkeit
Die Zugehörigkeit endet durch Abberufung, Ablauf der Mission, Unterbrechung der Beziehungen oder Erklärung als unerwünschte Person. Nach Beendigung bleiben für amtliche Handlungen Schutzwirkungen bestehen; private Handlungen unterliegen der allgemeinen Rechtsordnung.
Persona non grata
Der Empfangsstaat kann eine Person jederzeit zur unerwünschten Person erklären. Dies führt zum Ende der Akkreditierung und in der Praxis zur Ausreise binnen angemessener Frist.
Praktische Erscheinungsformen und Symbolik
CD-Kennzeichen und Ausweise
Fahrzeuge von Missionen und akkreditiertem Personal können besondere Kennzeichen oder Plaketten führen, die den Status sichtbar machen. Diese sind Mittel der Identifikation und erleichtern protokollarische Abläufe. Sie begründen keine eigenständigen Vorrechte jenseits des jeweiligen Status.
Korpsinterne Abstimmung
Das Corps diplomatique koordiniert sich zu Fragen des Protokolls, organisiert gemeinsame Auftritte bei staatlichen Anlässen und dient als Kommunikationsforum. Entscheidungen über bilaterale Beziehungen verbleiben stets bei den einzelnen Staaten und ihren Missionen.
Sonderkonstellationen
Multilaterale Standorte
Bei Missionen zu internationalen Organisationen gelten teils eigene Anerkennungs- und Schutzregeln. Die dort vertretenen Delegationen bilden im Empfangsstaat nicht automatisch Teil des bilateralen Corps diplomatique.
Interessenvertretung und Schutzmacht
Bei unterbrochenen Beziehungen können dritte Staaten als Schutzmacht die Interessen eines Staates wahren. Das hierfür eingesetzte Personal richtet sich nach den anerkannten diplomatischen Regeln; es wird protokollarisch gesondert behandelt.
Abgrenzung zum Konsularcorps
Konsularische Vertreterinnen und Vertreter gehören einem eigenen Korps an. Ihr Aufgabenbereich betrifft in erster Linie Hilfe für eigene Staatsangehörige, Urkundstätigkeiten und wirtschaftliche Kontakte. Ihr Status unterscheidet sich in Reichweite und Umfang der Vorrechte von dem des Corps diplomatique.
Häufig gestellte Fragen
Wer gehört zum Corps diplomatique?
Zum Corps diplomatique zählen die Leiterinnen und Leiter ausländischer diplomatischer Missionen und das akkreditierte diplomatische Personal im Empfangsstaat. Je nach Anerkennung können bestimmte Familienangehörige in den Status einbezogen sein.
Welche Immunitäten genießen Mitglieder des Corps diplomatique?
Sie genießen Schutz der Person und der Amtsführung, Immunität von der Strafverfolgung und in begrenztem Umfang von zivil- und verwaltungsrechtlichen Verfahren. Für private Tätigkeiten bestehen Ausnahmen. Für amtliche Handlungen kann der Schutz auch nach Missionsende fortwirken.
Wer ist der Doyen des Corps diplomatique und welche Rolle hat er?
Der Doyen ist in der Regel die dienstälteste Missionsleiterin oder der dienstälteste Missionsleiter im Empfangsstaat. Er repräsentiert das Corps in protokollarischen Fragen und koordiniert korpsbezogene Anliegen gegenüber den Behörden.
Wie unterscheidet sich das Corps diplomatique vom Konsularcorps?
Das Corps diplomatique umfasst diplomatische Vertreterinnen und Vertreter; das Konsularcorps umfasst konsularische Amtsträgerinnen und Amtsträger. Aufgaben, Rangfragen und Vorrechte unterscheiden sich, da konsularische Funktionen anderen Regeln unterliegen.
Sind Familienangehörige von Diplomatinnen und Diplomaten mitgeschützt?
Familienangehörige, die als zum Haushalt gehörig anerkannt sind, können an Vorrechten und Immunitäten in angepasstem Umfang teilhaben. Umfang und Anerkennung richten sich nach den Regeln des Empfangsstaats.
Können Diplomatinnen und Diplomaten strafrechtlich belangt werden?
Während der Amtsausübung besteht Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung im Empfangsstaat. Der Entsendestaat kann die Immunität aufheben. Nach Missionsende bleibt für amtliche Handlungen Schutz bestehen; private Handlungen unterliegen der allgemeinen Rechtsordnung.
Was bedeutet die Erklärung als persona non grata?
Die Erklärung als persona non grata ist eine Mitteilung des Empfangsstaats, dass eine bestimmte Person nicht akzeptiert wird. Die Akkreditierung endet; in der Praxis erfolgt die Ausreise innerhalb einer angemessenen Frist.
Verleihen CD-Kennzeichen eigenständige Rechte?
CD-Kennzeichen dienen der Identifikation und dem Protokoll. Rechte und Schutzwirkungen ergeben sich aus dem persönlichen und funktionalen Status, nicht aus dem Kennzeichen selbst.